Protocol of the Session on January 28, 2016

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! Ich eröffne die 63. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese wurde wie immer vorab erteilt.

Nach der Weihnachtspause darf ich Sie sehr herzlich begrüßen. Ich begrüße vor allem diejenigen, die schon da sind. Die anderen lade ich ein, zu kommen. Ich begrüße die Mitglieder der Staatsregierung, stellvertretend für alle Herrn Staatssekretär Eck.

Nach den sitzungsfreien Wochen beginnen wir wieder mit unserer Arbeit. Wir haben Herausforderungen zu meistern. Wir gehen sie wieder gemeinsam an.

In diesem Jahr wird wieder viel Gemeinsames auf den Weg zu bringen sein. Dazu wünsche ich Ihnen Kraft und Zeit, vor allen Dingen auch Gesundheit. Zum Stichwort "Gesundheit": Ich freue mich ganz besonders, dass unsere Kollegin Petra Dettenhöfer heute wieder hier ist. Liebe Petra, herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Schone dich noch. Wir wünschen dir weiterhin gute Genesung und freuen uns alle sehr, dass du hier bist.

Wir haben Herausforderungen zu meistern. Wir gehen sie wieder gemeinsam an.

Ich bitte Sie nun, sich zu erheben. Wir haben dreier ehemaliger Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 3. Januar verstarb der ehemalige Staatssekretär Dr. Herbert Huber im Alter von 80 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1970 bis 1996 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Landshut Stadt und Land. Von 1990 bis 1993 war er Staatssekretär im Staatsministerium des Innern, von 1993 bis 1994 Leiter der Staatskanzlei und von 1994 bis 1995 Staatssekretär im Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen.

Während seiner Zugehörigkeit zum Bayerischen Landtag war er in unterschiedlichen Ausschüssen tätig, unter anderem im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen sowie von 1987 bis 1990 als Vorsitzender des Ausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen.

Dr. Herbert Huber hat als Parlamentarier und als Mitglied der Staatsregierung einen herausragenden Bei

trag zur Entwicklung unseres Landes geleistet. Sein besonderes Engagement galt seiner niederbayerischen Heimat sowie auf Landesebene der Umwelt-, der Energie- und der Medienpolitik. Er war Vorsitzender der CSU-Filmkommission, Mitglied im Rundfunkrat und Präsident des Film-Fernseh-Fonds Bayern.

Mit Dr. Herbert Huber verliert unser Land einen allseits geachteten Politiker, der seine Überzeugungen lebte, der nah am Menschen war, viel für unser Land bewegt hat und stets fair geblieben ist. Seine Leistungen wurden mit hohen Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Bayerischen Verdienstorden.

Am 16. Januar verstarb im Alter von 94 Jahren Herr Josef Gradl. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1962 bis 1970 und von 1973 bis 1974 an und vertrat für die SPD den Wahlkreis Oberpfalz.

Während seiner Zugehörigkeit zum Landesparlament engagierte er sich im Ausschuss für Fragen des Beamtenrechts und der Besoldung, dem Vorläufer des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, dem er ebenfalls angehörte.

Sein politisches Wirken sah er als Dienst an den Menschen in seiner oberpfälzischen Heimat. Von 1966 bis 1971 war er ehrenamtlicher Erster Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Wenzenbach, deren Erscheinungsbild er nachhaltig prägte, sowie Fraktionsvorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion im Landkreis Regensburg.

Seine Leistungen für unser Land und für die Allgemeinheit wurden mit hohen Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit dem Bayerischen Verdienstorden und der Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Wenzenbach.

Am 7. Januar verstarb im Alter von 68 Jahren Herr Dieter Appelt. Er gehörte dem Bayerischen Landtag vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2003 an und vertrat für die SPD den Wahlkreis Oberpfalz. Seit den Sechzigerjahren war er gewerkschaftlich aktiv und von 1996 bis 2002 darüber hinaus Gemeinderat in PostbauerHeng. Während seiner Zeit im Landesparlament konnten die Ausschüsse für Eingaben und Beschwerden, Wirtschaft und Verkehr sowie für Landesentwicklung und Umweltfragen immer auf seine kompetente Mitarbeit zählen. Er war Träger des Bayerischen Umweltordens. Sein politisches Engagement wurde über die Parteigrenzen hinweg geschätzt und geachtet.

Der Bayerische Landtag wird den Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren und trauert mit ihren Familien und Angehörigen. - Ich danke Ihnen.

Kolleginnen und Kollegen, ich darf jetzt noch einige Glückwünsche aussprechen. Jeweils einen runden Geburtstag feierten am 12. Dezember Herr Kollege Thorsten Schwab, am 13. Januar Herr Kollege Franz Schindler und am 18. Januar Herr Kollege Hans-Ulrich Pfaffmann. Am 26. Januar feierte der Vorsitzende der Fraktion der FREIEN WÄHLER, Herr Kollege Hubert Aiwanger, einen halbrunden Geburtstag.

Im Namen des Hohen Hauses darf ich den Kollegen alles Gute, viel Erfolg bei den parlamentarischen Aufgaben und vor allem auch viel Gesundheit wünschen. Herzlichen Glückwunsch an unsere Geburtstagskinder!

(Allgemeiner Beifall)

Bevor wir beginnen, darf ich noch einen technischen Hinweis geben: Wie bereits im vergangenen Jahr findet heute ein weiterer Lautsprechertest während des Plenums statt. Lassen Sie sich davon bitte nicht irritieren. Sie wissen jetzt Bescheid.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Gegen rechte Gewalt: handeln statt zündeln! Demokratie stärken - Sicherheit schaffen Prävention ausbauen"

Als Erster darf ich für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Frau Kollegin Schulze das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ein Sicherheitsproblem, ein massives sogar. Die rechte Gewalt steigt und steigt: Aufmärsche, brennende Unterkünfte, verletzte Personen, rassistische Hetze online und offline. Das Bundeskriminalamt warnt in seinem Lagebild vor rechtsterroristischen Kleingruppen und davor, dass mit Tötungsdelikten zu rechnen sei. Einen zweiten NSU, der mordend durchs Land zieht, darf es in Bayern nicht geben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da sind wir uns doch einig.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Die Zahlen aus dem bayerischen Innenministerium belegen deutlich, dass die rechte Szene in Bayern immer gewalttätiger wird. Zwischen 2013 und 2015 haben sich die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte verfünffacht. Die Aufklärungsquote ist dabei miserabel. Außerdem steigt die Zahl der rassistischen Kampagnen gegen Flüchtlinge ebenso wie die Zahl der verletzten Personen durch rechte Gewalt. Völkisch-ras

sistische Aufmärsche gibt es mittlerweile jeden Montag in Form der Pegida-Demonstrationen. Auch bei den Pegida-Demonstrationen kann man deutlich eine Radikalisierung erkennen. Pegida bringt nicht nur Hassbotschaften und Hasstransparente auf die Straße. In der Antwort auf meine Anfrage an das bayerische Innenministerium hat Herr Herrmann eine Vielzahl rechtsextremistisch motivierter Straf- und Gewalttaten aufgelistet, die aus den Bagida- bzw. Pegida-Demonstrationen heraus begangen worden sind. Dazu zählen neben diversen Propaganda- und Volksverhetzungsdelikten auch gefährliche Körperverletzungen.

Neben vielen altbekannten Neonazis, die sich jede Woche bei Pegida tummeln, wie beispielsweise der vorbestrafte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger, sticht zudem das Vorstandsmitglied von Pegida München, Heinz Meyer, hervor, gegen den der Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Im Herbst 2015 gab es eine erfolgreiche Razzia gegen rechtsextremistische Gruppen in Ober- und Mittelfranken. Hier haben die Sicherheitsbehörden sehr gute Arbeit geleistet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was dabei ans Tageslicht kam, ist erschreckend. Konkrete Anschlagspläne wurden aufgedeckt. Die Beschuldigten unterhalten zahlreiche Kontakte in die organisierte rechtsextreme Szene und sind dort zum Teil organisatorisch in maßgeblichen Positionen tätig, vor allem in den Gruppierungen DER III. WEG und DIE RECHTE. Außerdem gibt es auch dort enge Verbindungen zu der Pegida-Bewegung. Das alles ist ein Sicherheitsproblem, und zwar für alle Menschen in Bayern, nicht nur für die Geflüchteten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Außerdem rücken dadurch die gesellschaftliche Stimmung und der gesellschaftliche Diskurs immer mehr nach rechts. Ich denke, man kann das gut zusammenfassen: Online wird gehetzt, und offline brennen Unterkünfte. Durch die Pegida-Proteste fühlen sich die Rechtsextremen bestärkt. Die steigende Anzahl von Anschlägen empfinden sie als gerechtfertigt. Bestärkt fühlen sich die Rechtsextremen auch durch die verschärfte politische Debatte. Mit an der Spitze dieser Bewegung steht die CSU-Regierung. Sie krakeelt landab, landauf in jedes Mikrofon unsinnige Forderungen hinein. Der Ton wird von Tag zu Tag schriller. Anstatt die Herausforderungen beim Thema "Flüchtlinge und Integration" anzupacken, wird die Methode der Populisten ausgepackt: Panik verbreiten und Ressentiments schüren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Unverschämtheit!)

Die Panikmache der CSU schafft ein anderes Klima im Land.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Ich wiederhole meinen Satz: Die Panikmache der CSU schafft ein anderes Klima im Land.

(Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Er wird durch die Wiederholung nicht besser!)

Diese Aussage stammt nicht von einer GRÜNEN, sondern von CDU-Politiker Heiner Geißler.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Früher war es parteiübergreifender Konsens, dass eine Brandmauer gegen Rechts errichtet werden muss. Diese Mauer hat zu bröckeln begonnen. Was tut die CSU-Führung? – Sie rückt mit der Abrissbirne an, statt einen Stützpfeiler zu errichten. Das hat mit souveräner Führung und vorausschauender Politik nichts mehr zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Florian Herrmann (CSU): Und Ihre Rede nichts mit der Wahrheit!)

Die Aussagen, zum Beispiel von Ministerpräsident Horst Seehofer, der im Herbst 2015 von "Notwehr" fabulierte, ermutigen Menschen, Dinge zu sagen und zu tun, die mit unserem Grundgesetz und der demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Den Ministerpräsidenten in die Nähe von Rechts zu rücken, ist das Allerletzte! Es reicht wirklich!)

Fremdenfeindliche Parolen sind salonfähig geworden. Als deren Vollstrecker fühlen sich dann die Rechtsextremen. Auf einmal sprießen beispielsweise Bürgerwehren wie Pilze aus dem Boden. Diese gewaltbereiten Gruppen, die sich im Pegida-Wahn im Widerstandsrecht gegen unsere Verfassung sehen, freuen die rechte Szene. Sie mischt dort eifrig mit. Unser Rechtsstaat braucht aber keine selbsternannten Bürgerwehren, die im öffentlichen Raum Streife laufen. Dafür haben wir die Polizei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Markus Söder hat gestern davon gesprochen, dass Merkels Flüchtlingspolitik eine massive Verringerung von Volksvermögen sei. Da fragt man sich langsam, ob Söder von Pegida abschreibt oder Pegida von Söder.

(Beifall bei den GRÜNEN)