Protocol of the Session on December 8, 2015

Danach wird der Flugverkehr massiv ansteigen. Für den Flughafen München sind bis 2025 58 Millionen Flugbewegungen prognostiziert.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Seit zehn Jahren!)

Das kann mit den beiden Bahnen nicht bewältigt werden. Herr Aiwanger, nehmen Sie das einfach einmal zur Kenntnis!

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sagen Sie das Ihrem Ministerpräsidenten! Er weiß es besser!)

Diskutieren wir über die Fakten und nicht über falsche Behauptungen. Sie kennen die maximale Auslastung, und mehr kann nicht bewältigt werden.

Inzwischen ist es im Übrigen so, dass der Münchner Flughafen für den Luftverkehrsstandort Deutschland eine entscheidende Rolle spielen wird, weil es anderswo kaum noch Möglichkeiten gibt, den steigenden Flugverkehr zu bewältigen.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN)

Das Slot-Thema und die Billig-Airlines habe ich schon angesprochen. Es scheint ja so zu sein, dass die Lufthansa auch mit so etwas anfangen will. Man sollte also solche Fluggesellschaften nicht diffamieren oder gegen die Lufthansa ausspielen, nachdem sie selber einen solchen Weg geht.

Sie haben mit einem Freud‘schen Versprecher gesagt: Die Hub-Funktion muss ausgebaut werden. – Das ist richtig; denn wenn wir die Hub-Funktion verlieren, verlieren wir nicht nur die Fernverbindungen, sondern auch eine ganze Menge Zubringerverbindungen in Europa. Es geht nicht darum, ob der Flughafen München eine Hub-Funktion hat oder nicht, sondern es geht darum, was das für den Wirtschaftsstandort bedeutet. Sie wissen genau, was passiert, wenn Sie keine Fernverbindungen haben: Für jede internationale Firma, die sich in Europa ansiedelt, ist entschei

dend, ob sie fliegen kann oder ob sie nicht fliegen kann.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Was Sie betreiben, ist Schwarz-Weiß-Malerei!)

Das ist wichtig für die Beziehungen der bayerischen Wirtschaft nach draußen und ist wichtig für die Beziehungen der Wirtschaft von draußen nach Bayern. Sie haben also völlig recht, dass die Hub-Funktion gesichert und ausgebaut werden muss.

Von einer Vernachlässigung der Flughäfen Memmingen und Nürnberg kann wirklich keine Rede sein; das wissen Sie. Der Freistaat Bayern – Sie haben das erwähnt – ist an Nürnberg beteiligt. Da fließt auch Geld, und der Aufsichtsratsvorsitzende sitzt im bayerischen Kabinett. Man bemüht sich also wirklich, den Flughafen Nürnberg weiterzuentwickeln. In Memmingen ist es genauso. Da gibt es schon eine Finanzzusage. Sie haben im Frühjahr dieses Jahres im Haushaltsausschuss gesehen, wie sich der Freistaat Bayern am weiteren Ausbau beteiligen wird. Der Bürgerentscheid ist gelaufen; da ist alles auf einem guten Weg.

Ihre Behauptung, dass man diese Flughäfen schädigt oder ihnen etwas Gutes tut, wenn man die dritte Startund Landebahn in München nicht baut, ist einfach falsch. Befassen Sie sich einmal mit Stellungnahmen von Experten zu dieser Frage. Sie können eine HubFunktion, wie sie der Flughafen München hat, nicht einfach teilen. Sie können nicht sagen: Ein Flugzeug aus Los Angeles kommt in München an, aber der Anschluss nach Italien geht von Memmingen weg. – Das wäre eine völlige Illusion. So etwas würde nicht angenommen, und keine Fluggesellschaft würde so etwas machen. Sie würde sich einen anderen Hub suchen, weil das nicht praktikabel wäre. Es wäre für die Fluggäste unattraktiv; da geht es um Umsteigezeiten, Kosten etc. Das würde überhaupt nicht weiterhelfen. Es gibt offensichtlich auch Versuche in anderen Ländern, wo man so etwas probiert hat: Sie alle sind gescheitert. Die Luftverkehrsgesellschaften würden so etwas aus guten Gründen überhaupt nicht annehmen. Es wäre im Übrigen auch für den Cargo-Verkehr sehr nachteilig; das ist klar. Denn Cargo läuft weitgehend über die Passagiermaschinen. Es würde überhaupt nicht funktionieren, wenn Güter in Nürnberg ankommen und von einem anderen Flughafen aus weitertransportiert würden. Wir wollen die beiden Flughäfen Memmingen und Nürnberg fördern. Das ist unser erklärter Wille, und das haben wir, glaube ich, auch schon vielfach unter Beweis gestellt.

Darum geht es, und das muss das Konzept sein, wie wir mit den drei Flughäfen umgehen. Das ist die Perspektive für Memmingen und die Perspektive für Nürn

berg. Mittel- und längerfristig ist aber auch die dritte Start- und Landebahn notwendig. Meine Damen und Herren, wir müssen in die Zukunft denken. Sie sprechen immer über die derzeitigen Flugbewegungen. Es geht aber um die Rolle, die der Flughafen in zehn Jahren spielen wird – bis dahin dauert es nicht sehr lange –, und darum, was notwendig ist, um ihn für den Wirtschaftsstandort Bayern attraktiv zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Wir werden uns natürlich mit den politischen und den rechtlichen Rahmenbedingungen befassen, die es bei diesem Thema gibt. Ich bin ziemlich sicher, dass wir am Ende eine gute und überzeugende Lösung finden werden.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wann ist das?)

Im Februar. Wir werden das Thema in der Fraktion, so schnell es möglich ist, behandeln. Sie wissen, dass es im Januar Klausurtagungen geben wird. Wir werden das Thema alsbald beraten. Wir und alle Beteiligten haben ein Interesse an einer baldigen Entscheidung. Aber es kommt nicht darauf an, ob das einen Monat oder zwei Monate früher oder später ist. Insofern ist das Begehren, das Sie vorgetragen haben, leider nicht sehr hilfreich.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Herr Kollege von Brunn von der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die bayerische Bevölkerung, die Menschen in Oberbayern, die Münchner Bürgerinnen und Bürger haben in einer deutlichen Mehrheit eine ganz klare Haltung zur dritten Startbahn: Sie wollen sie nicht. Das ist das Ergebnis des Bürgerentscheids in München, und das ist das Ergebnis aller Umfragen, egal, ob sie in Bayern, in Oberbayern oder in München durchgeführt werden.

Nur innerhalb der Regierungspartei gibt es keine klare Haltung. Ganz im Gegenteil. Der Ministerpräsident und CSU-Parteivorsitzende hat die Signale aus der Bevölkerung offensichtlich wahrgenommen, darf aber im Moment nicht entscheiden, weil einige CSU-Abgeordnete innerhalb der Fraktion Unterschriften für die dritte Startbahn und gegen ihn gesammelt haben. Das ist schon bemerkenswert, auch wenn Sie das hier herunterspielen. Sie haben Unterschriften gegen den eigenen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden gesammelt. Das muss man an dieser Stelle einmal festhalten.

(Beifall der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Erhebliche Teile der CSU-Fraktion sind also nicht bereit, ihrem Ministerpräsidenten zu folgen, der mit allen Beteiligten Gespräche geführt hat – man nennt das Dialog –, der nach eigenen Worten objektiv an die Frage herangehen wollte und offensichtlich auch zu einem klaren Schluss gekommen ist. Ich zitiere aus der "WELT": "Mit dem, was wir heute haben, könnte man es gegenüber der Bevölkerung nicht begründen." Die Startbahnfans bei Ihnen führen keinen Dialog mit den Kritikern; sie haben sich schon entschieden. Sie meinen offensichtlich, Sie brauchen das Volk nicht, weil Sie eh schon die absolute Mehrheit haben. Sie führen aber keine überzeugenden Gemeinwohlgründe – so hat das der Ministerpräsident genannt – ins Feld. Bayerns Gedeih und Verderb hängen nämlich nicht von der dritten Startbahn ab. Oberbayern wächst und wächst auch ohne Startbahn so stark, dass die Preise und Mieten schon in den Himmel schießen. Verkehr und Landschaftsverbrauch nehmen immer stärker zu. Tatsächlich ist die Startbahn nur eines von mehreren Verkehrsprojekten, das man einfach einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse unterziehen muss.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle kann ich Ihnen versichern: Wir von der SPD haben eine klare Haltung. Wir respektieren die Haltung der Menschen und ihre Bedürfnisse. Für uns ist der Bürgerentscheid in München weiterhin eine klare Verpflichtung.

(Beifall bei der SPD)

Vielleicht helfen Ihnen bei der Entscheidung einige Fakten. Einen Bedarf für eine dritte Startbahn gibt es nicht. Dazu zitiere ich den Bayerischen Ministerpräsidenten im Rahmen seines Besuchs in Attaching: "Mit den Bewegungen und Zahlen von heute kann man aktuell eine Notwendigkeit der Bahn nicht begründen." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Außerdem findet derzeit in Paris die Weltklimakonferenz statt. Die bayerische Umweltministerin hat hierzu letzte Woche eine Regierungserklärung abgegeben und erläutert, wie schwerwiegend Bayern vom Klimawandel betroffen werden wird. Zur Wahrheit gehört auch, dass der Flugverkehr mit weitem Abstand vor dem Auto der klimaschädlichste Verkehr ist. Dazu gibt es umfangreiche Studien. Deswegen muss man aus Rücksicht auf das Klima und auf zukünftige Generationen dort auf Flugverkehr verzichten, wo es bessere Alternativen gibt.

(Beifall bei der SPD)

Die Bahn ist eine klimafreundliche Alternative. Die Verlagerungsmöglichkeiten sind da. Das haben wir uns nicht ausgedacht. Das hat Ihr Bundesverkehrsminister Dobrindt vor Kurzem in einer Antwort auf eine Anfrage aus dem Deutschen Bundestag bestätigt. Nach heutigem Stand haben 6 % aller Münchner Flüge ein Ziel, das man mit der Bahn in unter vier Stunden erreichen könnte. An dieser Stelle besteht ein großes Verlagerungspotenzial. In Zukunft wird man noch mehr auf die Bahn verlagern können. Ende des Jahres 2017 wird die neue Bahnstrecke nach Berlin in Betrieb gehen. Dann wird man die Bundeshauptstadt in weniger als vier Stunden erreichen können. Davon sind über 14.400 Flüge betroffen. In diesem Zusammenhang erwähne ich auch gerne, dass 10.000 Flüge Frankfurt als Ziel haben. Es gibt noch viele weitere Kurzstreckenflüge von und nach Nürnberg und Stuttgart. Nach Köln, Bonn und Wien gehen 17.000 Flüge. Auch auf diesen Strecken kann die Bahn entscheidend beschleunigt werden. Insgesamt gibt es ein enormes Verlagerungspotenzial. Wenn da endlich etwas geschieht, rückt die dritte Startbahn in weite Ferne.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der CSU, Sie sind doch in Berlin und München für die Verkehrspolitik verantwortlich. Machen Sie auch endlich eine verantwortungsvolle Verkehrspolitik, und erlösen Sie die Menschen hier in der Region von diesem Damoklesschwert dritte Startbahn.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie trotzdem an der dritten Startbahn festhalten wollen, müssen Sie uns hier und heute erklären, wie das gehen soll. München wird einem Bau nicht zustimmen. München wird auch seine Flughafenanteile nicht verkaufen. Sollten Sie einen zweiten Bürgerentscheid anstreben, machen Sie das – aber Sie werden ihn verlieren.

(Isabell Zacharias (SPD): Haushoch!)

Wenn Sie auf eine Umwandlung in eine AG spekulieren, erinnere ich an das, was der Herr Finanzminister in diesem Haus öffentlich gesagt hat: Solche Tricksereien sind ausgeschlossen. – Sollten Sie es trotzdem machen, werden Sie gewaltig Schiffbruch erleiden. Das prognostiziere ich an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege

Dr. Magerl von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine Vorbemerkung machen. Offensichtlich werden die Anträge und Initiativen von den Fraktionen – mal von den FREIEN WÄHLERN, mal von der SPD – zu einer wöchentlichen Übung. Das ist Wasser auf die eigenen Mühlen. Das kommt aber draußen bei den Bürgerinitiativen nicht gut an. Diese haben klar gesagt, dass ein Anheizen dieses Themas kontraproduktiv sei.

(Markus Rinderspacher (SPD): Verzichten Sie doch auf Ihren Redebeitrag, Herr Dr. Magerl!)

Das kann ich nicht, weil einige Vorredner, insbesondere Herr Kollege Bernhard von der CSU, einen derartigen Unfug verzapft haben, dass man auf ihn eingehen muss. Das tut mir leid.

(Isabell Zacharias (SPD): Das stimmt!)

Wir sprechen uns klar und deutlich gegen eine dritte Start- und Landebahn im Erdinger Moos aus, weil sie eine extreme Belastung im Hinblick auf Lärm und Abgase für die Menschen wäre. Der Flächenverbrauch von knapp 1.000 Hektar ist nicht zu verantworten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es keinen Bedarf für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen im Erdinger Moos gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Bernhard, über die Flugbewegungen reden wir seit 2007/2008. Damals haben wir ein Maximum an Flugbewegungen von 432.000 pro Jahr erreicht. Seitdem hat es einen mehr oder weniger kontinuierlichen Rückgang auf 377.000 Flugbewegungen im letzten Jahr gegeben. Heuer werden es nicht recht viel mehr sein. Seit 2007/2008 schwafelt Herr Kerkloh, dass der Abwärtstrend bald wieder vorbei sei und es wieder aufwärtsgehe. Die Flugbewegungen steigen jedoch nicht. Die Kapazitäten des Flughafens werden für lange Zeit ausreichen. Ich zitiere den Herrn Ministerpräsidenten aus dem "Oberbayerischen Volksblatt": Er hält aktuell die Zahl der Flugbewegungen nicht für überzeugend. Auch hat ihn die Lufthansa als einer der Nutznießer der umstrittenen dritten Startbahn nicht gerade zur Eile gemahnt. Die Fluglinie hält eine Eröffnung 2025 für hinreichend. Dazu wäre kein schneller Baubeginn nötig. - Das nehmen Sie vielleicht einmal zur Kenntnis.

Herr Bernhard, Sie sagen, woanders gebe es keine Kapazitäten. Schauen Sie in die Statistiken – das stimmt nicht. Frankfurt verfügt seit vier Jahren über eine vierte Bahn. Was ist nach der Eröffnung der vier

ten Bahn passiert? – In allen vier Jahren, seit die Bahn in Betrieb ist, gibt es ein Minus bei den Flugbewegungen. Das ist auch heuer schon abzusehen. Ein Mehr an Startbahnen bringt somit kein Plus an Flugbewegungen. Es muss ein Bedarf vorhanden sein. Dieser Bedarf ist weder in Frankfurt noch bei uns vorhanden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Letzte Woche war von der CSU niemand bei der Diskussion am Flughafen dabei. Die Zahl der Sitzplätze pro Flugzeug wird weiter steigen. Wären Sie dabei gewesen, hätten Sie das Ganze von Airbus erfahren. Unser Umfeld hat sich geändert. Im Jahr 2017 wird die ICE-Strecke nach Berlin eröffnet. Die Wachstumsvereinbarung mit der Lufthansa läuft im Jahr 2017 aus. Istanbul geht im Jahr 2017 in Betrieb. Der Flughafen Berlin Brandenburg wird eröffnet.