Protocol of the Session on December 2, 2015

Zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der SPD: Wir werden auch diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen. Der Energiedialog ist etwas Gutes. Er hat allerdings bislang noch nicht sehr viel gebracht. Nach monatelanger Diskussion blieb nur übrig: HGÜ-Leitungen 2 - x, wobei x gleich null ist. Von daher stellen wir uns schon die Frage, was der Dialog bringt. Wir stimmen aber trotzdem diesem Dringlichkeitsantrag der SPD zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Stümpfig, bitte bleiben Sie am Rednerpult. – Zunächst einmal möchte ich bekannt geben, dass die CSUFraktion für den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion eine namentliche Abstimmung beantragt hat. – Damit komme ich zur Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Kirchner.

Herr Stümpfig, die Windkraft ist unbestritten weiterhin Bestandteil des bayerischen Energieprogramms.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir haben heute in den verschiedenen Reden gehört, dass die Windkraft für die Energieversorgung Bedeutung hat. Wir haben heute die 10-H-Regelung des Öfteren angesprochen. Sie ist an dieser Stelle nur ein Instrument, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Ich kann mich gut erinnern, dass Sie, als wir im Wirtschaftsausschuss – Sie sind dort stellvertretender Vorsitzender – über die 10-H-Regelung gesprochen haben, im Rahmen der Anhörungen vehement darauf beharrt und darauf gepocht haben, dass es in Bayern keine Widerstände bezüglich der Windkraftanlagen gebe, dass das alles easy going sei.

Jetzt stellen gerade Sie als stellvertretender Vorsitzender im Wirtschaftsausschuss und auch ich als Mitglied aber fest, dass sich ein großer Teil der Petitionen, die wir dort behandeln, gegen Windkraftanlagen richtet. Ich stelle weiterhin fest, dass sich diese Petitionen nicht gegen eine 10-H-Regelung richten, sondern gegen die Windkraftanlagen als solche, unabhängig von einer 10-H-Regelung. Jetzt würde ich gerne von Ihnen wissen, warum Sie fordern, dass man an dieser Stelle die Bürger bei den Entscheidungen außen vor lässt.

(Beifall bei der CSU – Staatssekretär Franz Josef Pschierer: Das passt nicht zu seiner Ideologie!)

Herr Kirchner, das Problem mit der Akzeptanz der Windkraftanlagen kam massiv auf, als die Diskussion im Sommer 2013 losging. Ich kann mich sehr gut erinnern: Herr Seehofer

hat damals das Stichwort 10-H-Regelung aus dem Hut gezaubert und dann das Ganze infrage gestellt.

(Peter Winter (CSU): Das hat er doch gar nicht gefragt! Das wissen wir doch!)

Der mögliche Beitrag der Windkraft wurde komplett infrage gestellt. Daraufhin waren die Menschen vor Ort natürlich verunsichert. Sie waren verunsichert, weil sie nicht wussten, jawohl, das ist ein Eingriff ins Landschaftsbild, den ich akzeptieren kann, wenn ich weiß, er trägt sinnvoll zur Energiewende bei, was die Windkraft tut. Aber wenn vonseiten des Ministerpräsidenten tagtäglich gepredigt wird, nein, das Ganze bringt nichts, die Windkraftanlagen sind schlecht, dann bricht natürlich die Akzeptanz weg. Das ist doch selbstverständlich!

(Beifall bei den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): Geben Sie ihm doch Antwort auf das, was er fragt!)

- Das war die Antwort auf die Frage, warum die Akzeptanz der Windkraft nach der Einführung der 10-HRegelung so nachließ und warum die Zahl der Petitionen im Wirtschaftsausschuss, Herr Huber, nach oben geht.

Meine Erfahrungen sind ganz andere. Wir haben viele Projekte in Zusammenarbeit mit den Bürgern vor Ort sehr gut umgesetzt. Da möchte ich auf unseren Antrag zum Thema Windkraft verweisen. Setzen Sie sich bitte im Bundesrat dafür ein, dass die De-minimis-Regelung so vereinbart wird, dass bei bis zu sechs Anlagen keine Ausschreibungen notwendig sind. In Bayern wird überhaupt nichts mehr möglich sein, wenn alle Anlagen ausgeschrieben werden müssen. Wir sind zuversichtlich, dass wir die 10-H-Regelung nächstes Jahr im März ad acta legen werden.

(Zuruf von der CSU)

Da werden wir gewinnen. Aber dann müssen die Ausschreibungen weg. Die De-minimis-Regelung muss für mindestens sechs Anlagen ausgeschöpft werden. Setzen Sie sich dafür ein! Machen Sie Nägel mit Köpfen und vergeuden Sie nicht Ihre Zeit mit irgendwelchen unsinnigen Gesetzesanträgen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist Frau Staatsministerin Aigner.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem Energiedialog haben wir uns lange über

die Frage des Ausbaus erneuerbarer Energien, deren Potenzial, die damit verbundenen Zahlen und die Versorgungssicherheit ausgetauscht. Am Ende waren sich unter den damaligen Verhältnissen alle einig, dass das Potenzial bei erneuerbaren Energien gegen den Stromverbrauch gerechnet in Bayern eine Stromversorgungslücke von 40 Terawattstunden bedeuten wird. Da waren sich alle einig. Ich habe den Kolleginnen und Kollegen von allen Fraktionen immer zeitnah berichtet. Ich kann mich nicht erinnern, dass das irgendjemand in Zweifel gezogen hätte.

Wir haben festgestellt, dass wir durch den Bau der Thüringer Strombrücke, die übrigens im Dezember mit der ersten Linie in Funktion gehen wird, 13 Terawattstunden abziehen können. Auch da war noch Konsens.

Ich kann Ihnen jetzt gerne sagen, was die Formel "2 x" dabei bedeutet hat. Die Frage ist, wie man diese weitere Lücke schließen kann. Da meine ich jetzt nicht die Leistung, die Kapazität, sondern die Frage, wie ich die Strommenge herbringen kann. Auch da war man sich im Energiedialog einig: Es gibt keine Möglichkeit, das allein mit erneuerbaren Energien, allein mit Kraft-Wärme-Koppelung oder anderweitig abzudecken – auch eine Kombination mit Gas wäre denkbar –, weil ein zweiter Faktor hereinspielt, nämlich die Kostenfrage.

Meine Damen und Herren, das war genau das Entscheidende: Wenn es gelingt, die Kapazitäten zum Beispiel in Bayern aufzubauen, und zwar so, dass uns die Kosten nicht davonlaufen, sprich bei KWK und in anderen Bereichen, sind sie schlicht und ergreifend teurer. Dann ist auch das "2 - x" eine Möglichkeit. Eine Möglichkeit wäre ein sogenannter fokussierter Kapazitätsmarkt, den Bayern, übrigens gemeinsam mit Baden-Württemberg, durchzusetzen versucht hat. Dieser Kapazitätsmarkt hätte sich an CO2-Relevanz und an einer schnellen Regelbarkeit orientiert. Das war leider nicht möglich, weil andere Länder – da muss ich leider sagen, auch das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen – unter Kapazitätsmarkt verstehen, dass dann immer noch das billigste Zurverfügungstellen einer vorgehaltenen Leistung vergütet wird. Die bestehenden alten Kohlekraftwerke stehen dann immer besser da als jede KWK-Anlage. Das ist die Wahrheit.

Wir haben aber – das ist ein wesentlicher Unterschied – erfolgreich Versorgungssicherheit hergestellt, indem wir trotzdem zwei Gigawatt in Bayern respektive Süddeutschland dazubauen können. Das steht übrigens schon im Gesetz drin. Das ist aber kein dauerlaufendes Gaskraftwerk, weil das teurer wäre, sondern dieses Gaskraftwerk ist in einem Reservefall jederzeit

schnell hochfahrbar. Daran kann man relativ leicht ablesen, dass wir immer noch ein Problem mit der Strommenge haben. Das decken wir jetzt mit Leitungen ab. Das ist in der Tat richtig. Das ist nichts Überraschendes. Das war übrigens im Energiedialog bzw. im Programm und im Ergebnis schon so enthalten. Das war im Konsens.

Die nächste Frage lautet: Wie bauen wir die Leitungen? - Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist in der Tat ein Unterschied, Frau Kohnen. Ja, Sigmar Gabriel war nicht gegen eine Erdverkabelung der Gleichstrompassagen. Aber er hat sie bisher nicht durchgesetzt. Die CSU hat, übrigens gemeinsam mit ihm, geholfen, dass wir überhaupt eine Möglichkeit -

(Zuruf der Abgeordneten Natascha Kohnen (SPD))

- Das ist so.

(Natascha Kohnen (SPD): Aber das war 2009. 2011 war es genau anders!)

- Ruhe!

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Die Frau Ministerin kann nicht mal mit Zurufen umgehen!)

Ich habe nie abgestritten, dass wir die CDU überzeugen mussten. Aber es ist letztendlich durchgesetzt worden, weil sich auch die CSU, der Ministerpräsident und meine Wenigkeit auf die Hinterfüße gestellt haben, um zu sagen, ja, wir machen da mit, aber nur bei Erdverkabelung.

Jetzt komme ich zum letzten Punkt. Wir haben im Bundesrat bzw., um korrekt zu sein, im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates, beantragt, dass bei Wechselstromleitungen auch Erdverkabelung möglich sein soll. Das wurde deutlich abgelehnt. Ich kann Ihnen jetzt leider auf die Schnelle – ich habe versucht, es herauszufinden – nicht sagen, welche Länder wie abgestimmt haben. Das kann ich Ihnen vielleicht noch nachliefern. Das weiß ich nicht. Aber wir haben es beantragt, und es wurde klar abgelehnt. Jetzt versuchen wir, das Ziel über unsere Bundestagsfraktion bzw. über unsere Abgeordneten zu erreichen. 34 Projekte sind übrigens, wenn ich das richtig im Kopf habe, in der ganzen Bundesrepublik Deutschland vorgesehen. Da versuchen wir natürlich, welche zu bekommen. Bisher waren sie leider nur in Niedersachsen möglich. Ich muss es leider so sagen. Es ist tatsächlich aus unerfindlichen Gründen so. Im Bundesrat respektive im Wirtschaftsausschuss wurde es abgelehnt.

Meine Damen und Herren, deswegen bleibt es dabei: Wir machen das, was nötig ist, aber nicht, was wünschenswert ist, sondern das, was zwingend erforderlich ist, um die Versorgungssicherheit bei uns in Bayern sicherzustellen. Da habe ich Verantwortung, nicht nur als Energieministerin, sondern auch als Wirtschaftsministerin, weil ich große Verbraucher habe. Die Versorgung mit Haushaltsstrom ist relativ schnell regelbar. Aber die großen Stromverbraucher sind Wirtschaft und Gewerbe, meine Damen und Herren. 80 % des Stromverbrauchs entfallen auf das Gewerbe. Deshalb ist es gut, dass wir mit unserem 10.000Häuser-Programm viel machen. Das ist richtig und wichtig. Ich finde, Kraft-Wärme-Koppelung ist super; aber sie wird das Problem der Großverbraucher noch nicht lösen. Auch für die Großverbraucher haben wir Verantwortung, nicht nur im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, sondern auch dafür, dass sie noch bezahlbaren Strom bekommen. Die Entscheidung, ob diese Unternehmen weiter in Bayern investieren oder neu investieren, wird ganz wesentlich von diesen zwei Faktoren abhängen, meine Damen und Herren. Dafür stehe ich. Dabei geht es nämlich um die Wirtschaftskraft und, mit Verlaub, um die Arbeitsplätze in Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Huber um das Wort gebeten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Nach der Ministerin muss noch gesprochen werden, das zeigt deutlich, dass ihre Rede nicht gereicht hat!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Frau Ministerin hat zur Windkraft zwar nichts gesagt. Da die Windkraft aber ein wesentliches Thema der gesamten Aussprache ist, möchte ich unsere Position in aller Kürze darstellen. Dass wir in Fragen der Politik, auch der Energiepolitik, unterschiedlicher Auffassung sind, ist der Normalfall in der Demokratie. Ich halte es allerdings für abwegig, wenn Behauptungen völlig gegen die Fakten aufgestellt werden.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb habe ich mich gemeldet. Redner der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN sagten, wir wären gegen die Windkraft oder wir hätten die Windkraft in Bayern mehr oder weniger ausgeschaltet. Das stimmt einfach nicht.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Lesen Sie doch die Statistik!)

- Frau Kollegin, bei Ihnen habe ich es aufgegeben, dazu Informationen zu geben; denn das ist zwecklos.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Das beruht auf Gegenseitigkeit! – Florian von Brunn (SPD): Sie sind aber heute sehr gereizt! Sie sind unentspannt! – Zuruf von der SPD: Erst einmal tief durchatmen!)

Für alle die, die bereit sind mitzudenken, stelle ich Folgendes fest:

Erstens. Der Windkraftanteil ist im neuen Energieprogramm der Staatsregierung genauso hoch wie vorher. Es gibt keinen Abstrich. Ziel ist es, 1.500 Windkrafträder in Bayern zu schaffen. Wer etwas anderes behauptet, verbreitet die Unwahrheit oder lügt ganz bewusst. Dem werden wir auch entgegentreten.

Zweitens. Wir haben die Genehmigungsvoraussetzungen geändert. Dabei ist übrigens das, was in den Regionalplänen steht, nicht obsolet geworden, Herr Kollege Glauber. Das, was in den Regionalplänen steht, nämlich die landesplanerische Beurteilung, gehört zu den Genehmigungsvoraussetzungen. Diese erfolgt unabhängig davon, ob das Landratsamt über die Anlage als privilegiertes Vorhaben entscheidet oder ob die Gemeinde die Anlage mit einem Bebauungsplan auf den Weg bringt. In beiden Fällen brauchen Sie eine landesplanerische Beurteilung. Deshalb ist die gesamte Arbeit, die die Kommunen gemacht haben, sehr gut und keinesfalls für die Katz.

(Beifall bei der CSU)

Drittens. In der Tat liegt jetzt bei einem Abstand unter 10 H die Entscheidung bei der Gemeinde.

(Widerspruch bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

- Nein, die Entscheidung liegt bei der Gemeinde. Unter 10 H entscheidet allein die Gemeinde, ob ein Windrad gebaut werden kann oder nicht. Im linken Spektrum des Hauses behaupten Sie immer wieder, Sie wollten die kommunale Selbstverwaltung und die Mitsprache der Bürger stärken. Genau das haben wir getan, meine Damen und Herren. Genau das!