Protocol of the Session on October 20, 2015

Eine weitere Bemerkung, meine Damen und Herren. Wir waren als SPD im Jahr 2003/2004 nach einer wirklich intensiven Diskussion gegen die Änderung des EUG, wie sie die CSU damals mit einer viel holzschnittartigeren Argumentation, als heute vorgetragen, beschlossen hat, weil wir der Meinung waren und sind, dass das Land gut ohne diese Kopftuchregelung hätte leben können. Man hätte diese Regelung nicht gebraucht. Die Realität hat uns recht gegeben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch halten wir nichts davon, jetzt in das Gegenteil zu verfallen und ein Gesetz, auch wenn wir es für nicht richtig gehalten haben, jetzt zu eliminieren. Auch dafür gibt es aktuell Gott sei Dank keinen Grund, weil wir kein Problem haben und weil die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum NRW-Schulgesetz uns nur die Botschaft mit auf den Weg gibt, dass jeder Fall einzeln für sich zu betrachten ist. Ein pauschales Verbot ist auch in Bayern trotz der Regelung, die wir haben, nicht zulässig. Insofern fühlen wir uns mit unserer Kritik von vor elf Jahren bestätigt. Genauso haben wir nämlich damals argumentiert. Deswegen meinen wir, es bei der jetzigen Regelung belassen zu können. Es gibt keinen Grund, jetzt eine neue Grundsatzdiskussion zu eröffnen. Daher stimmen wir trotz der Grundsympathie für Ihr Anliegen, Frau Gote, Ihrem Gesetzentwurf nicht zu.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Ich bitte jetzt Professor Piazolo zum Rednerpult und gebe in der Zwischenzeit das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Lotte, Weikert und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen und erhalten", Drucksache 17/8441, bekannt. - Mit Ja haben 57 gestimmt, mit Nein haben 70 gestimmt. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Bitte schön, Herr Professor.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die fortgeschrittene Zeit und den Austausch der Argumente in der Ersten Lesung und im Bildungsausschuss wurde verwiesen. Auch die Vorredner haben schon einiges gesagt. Insbesondere auf die Ausführungen des Kollegen Schindler kann ich in vielem verweisen. Deshalb fasse ich mich kurz. Die Ausgangssituation ist beschrieben worden. § 57 Absatz 4 Satz 1 und 2 des Schulgesetzes in Nordrhein-Westfalen wurde für verfassungswidrig erklärt. Damals ist ein Verstoß gegen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes festgestellt worden. Es wurde deutlich gemacht, dass eine Bevorzugung und Privilegierung christlicher Werte verfassungsrechtlich nicht gestattet ist. Klar ist auch – das ist schon festgestellt worden -, dass die Regelung in Bayern, Artikel 59 Absatz 2 des Bayerischen EUG, nicht identisch, nicht gleich, ist mit der aufgehobenen Regel des Schulgesetzes in Nordrhein-Westfalen. Deshalb, auch das wurde gerade schon festgestellt, und auch Frau

Kollegin Gote hat es so gesagt, ist es nicht zwingend notwendig, das bayerische Gesetz aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils zu ändern. Aber man kann es natürlich ändern, wenn man es für sinnvoll erachtet.

Besteht Handlungsbedarf? - Darüber haben wir uns intensiver ausgetauscht. Ich stimme hier dem Vorredner zu. Auch ich sehe im Moment keinen Handlungsbedarf. Wir sehen ihn als Fraktion nicht. Meines Wissens ist aufgrund der Gesetzesänderung 2003 kein einziger Fall behandelt worden. Das heißt nicht, dass es ein gutes Gesetz ist; aber zumindest hat das Gesetz nicht zu intensiven Debatten und vielen Fällen gemäß dem Gesetz geführt. Deshalb glaube ich, dass im Moment kein Handlungsbedarf besteht. Ich will aber auf der anderen Seite sagen – darüber haben wir im Bildungsausschuss geredet -, dass man gerade, wenn man, wie es getan wird, Bezug auf christlich-abendländische Kultur und Werte nimmt, im Umkehrschluss sagen kann, dass dazu unter anderem Toleranz gehört, dass es vielleicht sogar christliche Werte gebieten, andere Religionen wertzuschätzen. Das ist ja unumstritten. Damals wurde vom Ministerium nicht bestritten, dass Artikel 59 Absatz 2 auch nicht ausschließt, dass jemand mit Kopftuch unterrichten kann. Das sollte man deutlich sagen.

Ich komme zur nächsten Bemerkung. Mir ist in der ganzen Debatte wichtig, dass wir, sollte es – und das ist sehr wahrscheinlich – zu entsprechenden Fällen kommen, die Schulfamilie vor Ort nicht alleinlassen. Es ist sicherlich nicht geboten, dass die Schulen vor Ort allein entscheiden, wie sie verfahren. Das würde aus meiner Sicht die Schulen vor Ort überfordern. So etwas ist durchaus in einem Nebensatz im Urteil angelegt. Dies hat die Staatsregierung in einer ersten Stellungnahme anklingen lassen. Darüber sollte man nachdenken. Wenn es zu entsprechenden Fällen kommt, sollte das nicht allein an der jeweiligen Schule diskutiert werden. Das muss man auf eine breitere Basis stellen. Das kann wieder dazu führen, dass man über das Gesetz neu nachdenkt. Aktuell wollen wir, obwohl wir die Debatte durchaus begrüßt haben, dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Staatssekretär Eisenreich.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Eine Minute! Das schaffen Sie!)

– Dann werde ich mich kurz fassen. – Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich

mache nur ein paar kurze Bemerkungen. Die wichtigste: Für den Gesetzgeber gibt es keinen Handlungsbedarf. Warum? – Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betraf eine Regelung des Schulgesetzes in Nordrhein-Westfalen. Nur diese Regelung ist für verfassungswidrig erklärt worden. Die bayerische Regelung unterscheidet sich auch inhaltlich von der Regelung in Nordrhein-Westfalen, da die bayerische Regelung keine ausdrückliche Privilegierung der christlich-abendländischen Tradition enthält. Das heißt, die bayerische Regelung steht im Einklang mit der Verfassung, weil sie im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform ausgelegt werden kann. Jeder Einzelfall wird konkret geprüft. Deswegen brauchen wir diese Gesetzesänderung auch nicht. Nachdem sich die Regelung bewährt hat, brauchen wir eine Änderung sowohl rechtlich als auch inhaltlich nicht. Wenn Einzelfälle auftreten, werden wir diese im Verwaltungsvollzug konkret prüfen und die verschiedenen Rechte, die betroffen sind, verantwortungsvoll gegeneinander abwägen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf der Drucksache 17/6032 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer entgegen der Empfehlung des federführenden Ausschusses dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das ist die Fraktion der GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Damit sind wir am Ende der Tagesordnung. Jetzt können Sie sich das Spiel mit Bayern München anschauen. Das Spiel läuft schon eine Viertelstunde. Die Sitzung ist geschlossen.