Protocol of the Session on July 8, 2015

Zwei Dinge möchte ich jedoch hervorheben: Meine erste Anmerkung bezieht sich auf die kommunalen Spitzenverbände. Das eine war die Expertenanhörung, und da bin ich bei Ihnen. Das andere war die Stellungnahme zum Gesetz, und da stand bei der einen oder anderen Stellungnahme durchaus ein etwas längerer Text als nur die besagten zehn Zeilen.

Meine zweite Anmerkung bezieht sich auf die Ausführungen der kommunalen Spitzenverbände in der Expertenanhörung, und die waren sehr gut und auch fundiert.

Vor diesem Hintergrund möchte ich betonen, dass mein Zitat und insbesondere die Aussagen zum Schluss – dass es mit der gesetzlichen Regelung eben nicht zu einem Mehr an Parität, an Spiegelbildlichkeit oder Freistellung kommt – Aspekte betrafen, bei denen ich mich auf wissenschaftliche Untersuchungen bezogen habe. Diese Untersuchungen wurden jedoch weder von Ihnen noch vom Kollegen Scheuenstuhl hier angeführt. Deshalb habe ich meinen Schwerpunkt hierauf gelegt, weil ich es ein Stück weit ähnlich gesehen habe.

Gut. Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Hanisch von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben jetzt relativ viel über das Ehrenamt und über die Bedeutung der Kommunen ganz generell gehört. Wenn es dann aber darauf ankommt, ehrenamtlichen Kommunalpolitikern zu dem zu verhelfen, was vorhin in vielfältiger Weise geschildert und gefordert wurde, dann lassen wir die Betroffenen allein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Hier sind zahlreiche Missstände aufgezeigt worden, Missstände, die nicht an den Haaren herbeigezogen worden sind. Auch vonseiten der CSU sind im Rahmen der Ausschusssitzungen Missstände angeführt worden. Weshalb sind wir also nicht bereit, diese Probleme zu lösen? Weshalb sind wir nicht bereit, für die 40.000 bayerischen Bürgerinnen und Bürger, die bei den Kommunalwahlen im letzten Jahr in ehrenamtliche Funktionen gewählt wurden – zum Beispiel zum Gemeinderat, zum Kreistag, zum Stadtrat oder zum Bezirkstag –, klare und verbindliche Regelungen zu schaffen?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Pflicht zur Übernahme des Amtes, wenn jemand gewählt ist, ist in unseren Gesetzen verankert. Wir haben jedoch keine Regelung, die dem einzelnen Betroffenen irgendeine Sicherheit verschafft. In Bayern gibt es sicher in 95 %, in 98 % oder sogar in 99 % der Fälle eine entsprechende Regelung hinsichtlich der Sitzungsgestaltung, auf die der Bürgermeister sich mit den Gemeinderäten einigen kann. Da werden vernünftige Regelungen getroffen werden. Es gibt aber immer noch einen Prozentsatz von Fällen, wo genau das eben nicht passiert, wo der Einzelne um seine Rechte kämpfen muss und gegebenenfalls an der Sitzungsteilnahme gehindert wird.

Ohne unsere ehrenamtlichen Gemeinderäte würde unsere Demokratie, so wie wir sie verstehen, nicht funktionieren. Daher ist es notwendig, diesen Menschen Unterstützung und Hilfe zukommen zu lassen. Wir müssen das Ehrenamt stärken und es, wo das nötig ist, auch fördern. Dieser Gesetzentwurf gehört zur ersten Kategorie, nämlich das Ehrenamt zu stärken. Wir haben es uns dabei nicht leicht gemacht. Bei der Anhörung, die wir beantragt haben – ich bin denen dankbar, die da mitgestimmt haben –, haben wir sehr deutlich gehört, dass es Probleme geben kann.

Die Tatsache, dass das Ganze in Baden-Württemberg und in Hessen bereits seit vielen Jahrzehnten praktiziert wird, hat mich sehr beeindruckt, und dort funktioniert es; da gibt es die Probleme nicht, die hier aufgezeigt worden sind.

(Staatssekretär Gerhard Eck: Mehr gibt es!)

Da funktioniert es, in diesen beiden Bundesländern! Es waren doch Vertreter dieser beiden Bundesländer bei der Anhörung mit dabei, Herr Staatssekretär. Das ist nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern diese Sachverständigen haben aus ihrer Praxis berichtet, und nur davon gehe ich jetzt aus. Diese Anhörung war wichtig, und sie hat Beispiele geliefert, die für diesen Gesetzentwurf sprechen. Deshalb meine ich

auch, dass man diesem Gesetzentwurf zustimmen muss.

Vorhin sind die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes genannt worden. Diese Gruppe hat bereits diese Möglichkeiten. Da könnten wir es doch auch für die anderen so regeln. Wir geben unseren Beamten und Angestellten diese Möglichkeiten doch deshalb, weil wir wissen, dass dies die bessere Lösung ist. Und wenn das für sie die bessere Lösung ist – sonst hätten wir sie ihnen nicht gewährt –, dann aber doch bitte auch für diejenigen, die nicht den Vorzug genießen, im öffentlichen Dienst beschäftigt zu sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Die Teilnahme von Markträten und Stadträten an den Sitzungen der kommunalen Gremien darf nicht von einem Gnadenakt der Privatwirtschaft abhängen. Wir müssen hier eine Regelung finden, die der betroffenen Personengruppe letztlich hilft. Nach Auffassung der FREIEN WÄHLER sind keine negativen Auswirkungen des Freistellungsanspruchs zu befürchten.

Die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände wurde schon von mehreren Seiten zitiert. Es ist doch klar, dass diese Verbände primär für die Bürgermeister, auch für die ehrenamtlichen Bürgermeister, sprechen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der ehrenamtliche Bürgermeister seinen Sitzungstermin selbst festlegen kann. Er wird dafür sorgen, dass die Sitzung zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem er selber Zeit hat. Diese Möglichkeit hat der Gemeinderat nicht. Deshalb meinen wir, dass dem Gemeinderat geholfen werden muss. Langer Rede kurzer Sinn: Wir werden den Gesetzentwurf der SPD unterstützen, weil wir ihn für sinnvoll und für richtig halten.

Dem Antrag der GRÜNEN werden wir allerdings nicht zustimmen. Er geht uns zu weit. Bildungsurlaub – bei aller Liebe! Schlimmstenfalls sollen die Tarifpartner so etwas aushandeln. Einen solchen Bildungsurlaub hier gesetzlich einzubringen, das geht uns zu weit. Das ist den Arbeitgebern auch wohl kaum zu vermitteln. Wir werden diesem Antrag daher nicht zustimmen. Beim Gesetzentwurf der SPD sind wir voll mit dabei.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Danke schön. Herr Staatssekretär, bevor ich Ihnen das Wort erteile, möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass zu Tagesordnungspunkt 1 – das ist der Gesetzentwurf der SPD auf Drucksache 17/2630 – von der CSU na

mentliche Abstimmung beantragt worden ist. – So, Herr Staatssekretär, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Ausführungen ganz kurz machen, fast tabellarisch. Ich will hier nicht groß inhaltlich einsteigen, aber es wurden Dinge angesprochen, die nicht ganz richtig sind. Wir reden über 39.000, fast 40.000 Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinderäten, den Kreistagen und den Bezirkstagen. Wenn Sie hier von Ländern mit gesetzlicher Regelung sprechen, dann müssen Sie dazu auch sagen, dass dort mehr Probleme entstehen als bei uns, weil hier nämlich alles im Konsens und in vernünftiger Absprache geregelt wird.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Aus eigener Erfahrung kann ich außerdem sagen - ich bin seit über 30 Jahren im Ehrenamt tätig, davon fast auf den Tag genau 20 Jahre als ehrenamtlicher Bürgermeister – und möchte Ihnen das mit auf den Weg geben: So etwas ist nicht gesetzlich zu regeln, sondern das muss in einer vernünftigen Absprache geschehen. Sonst geht es nicht. Selbst wenn eine gesetzliche Regelung besteht, kann der Sitzungsleiter alles so steuern, dass es nicht funktioniert, wenn er nicht will. Wenn aber die Organisationseinheit dafür sorgt, dass ein Mandatsträger im Ehrenamt an den Sitzungen teilnehmen kann, dann ist das spielend möglich. Und so passt das bei uns.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Paul Wengert (SPD))

Lieber Herr Kollege Hanisch, Sie haben davon geredet, dass die Teilnahme an Sitzungen unseren Beamtinnen und Beamten leichter gemacht werden soll. Dabei ist Ihnen entgangen, dass dies für Beamtinnen und Beamte – leider Gottes oder auch Gott sei Dank, je nachdem, wie Sie es betrachten – gesetzlich geregelt ist. Darüber brauchen wir also gar nicht zu reden.

Meine Damen und Herren, auch hier habe ich Erfahrungen gesammelt. Ich habe als Selbstständiger ein kleines Büro mit fünf bis zehn Angestellten geführt. Stellen Sie sich vor, wie das wäre, wenn hier neue Gesetze und Verordnungen draufgesattelt würden, wenn es noch mehr gesetzliche Regelungen gäbe! Da muss man schon aufpassen, wie man letzten Endes mit der Wirtschaft umgeht.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Das ist unbeschreiblich!)

Ich bin fest davon überzeugt: Auch diese Situation kann nur in einem vernünftigen Miteinander geregelt werden. Wenn Sie den Antrag und den Gesetzentwurf betrachten, dann wissen Sie: Die Details, die für die Entscheidungsfindung wichtig sind, die sind von anderen Ländern abgeschrieben. Genau diese Details sind es aber, die überall zu Problemen führen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Wenn man es nun richtig beleuchtet, dann sind der Gesetzentwurf und der Antrag vollkommen überflüssig. Ich bitte Sie deshalb, sowohl den Gesetzentwurf als auch den Antrag abzulehnen.

(Unruhe bei der SPD)

Herr Staatssekretär, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Herr Kollege Scheuenstuhl hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.

Herr Staatssekretär, Sie haben gerade einen Satz gesagt, da muss ich direkt Luft holen; denn mir als einem Demokraten geht er direkt an die Nieren: Sie haben gesagt, man solle aufpassen, wie man mit der Wirtschaft umgeht. Da frage ich angesichts dessen schon, wie Sie mit der Demokratie umgehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wie also gehen Sie mit der Demokratie um, wenn Sie heute hier fragen, wie wir mit der Wirtschaft umgehen? – Wir wollen es den demokratisch gewählten Gemeinde-, Kreis- und Stadträten und den Bezirksräten ermöglichen, ihre Pflicht zu erfüllen!

(Zuruf des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

Ich hoffe, Sie waren vorhin da; aber ich fürchte, Sie haben gefehlt. Sie können sich ja zeigen lassen, was ich ausgeführt habe. Meine Meinung ist, dass Sie sich jedenfalls heute wieder einmal vor einer Entscheidung zugunsten der Demokratie, zugunsten der Freiheit drücken. Es geht nämlich auch um die Freiheit der Menschen zu kandidieren.

(Unruhe bei der CSU)

Sie würden den Menschen ermöglichen, frei gegenüber ihren Arbeitgebern zu sein. Sie haben vorhin erwähnt -

(Unruhe bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

- Ich warte, bis Herr Kollege Herold fertig ist. Der schreit so, dass ich mich selbst gar nicht mehr höre.

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir werden dann nämlich auch wieder mehr Menschen dazu ermutigen zu kandidieren. Den Fall, den ich vorhin genannt habe, dass nämlich jemand nach seiner Kandidatur entlassen worden ist, kenne ich aus dem Innenausschuss; er betrifft einen Ihrer Parteifreunde. Das ist doch traurig. Da müssen Sie mir doch recht geben: So kann man mit den Menschen nicht umgehen!

Außerdem muss ich noch etwas sagen: Sie stellen mich hier als Lügner hin, wenn Sie sagen, dass es keine Probleme gibt. Meinen Sie denn, den Fall, den ich vorhin genannt habe, habe ich erfunden? Meinen Sie das wirklich? – Das weise ich mit Entschiedenheit zurück! Ich habe das Verhalten eines CSU-Kreisrates gegenüber seinem CSU-Bürgermeister dargestellt. Es geht um einen Angestellten im öffentlichen Dienst. Im öffentlichen Dienst ist dem Arbeitgeber das Verhalten gegenüber einem Angestellten freigestellt, da ist kein gesetzlicher Anspruch geregelt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Lieber Herr Kollege Scheuenstuhl, wenn Sie meinen, dass man Sie wegen des Zwischenrufs des Herrn Kollegen nicht hört, dann ist das nicht richtig. Sie waren sehr lautstark. Aber das nur am Rande. - Ich bitte Sie, sich selbst zu verbessern; denn ich bin nämlich oben auf der Regierungsbank gesessen und habe Ihnen von Ihrer ersten Silbe an zugehört.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Dann bitte ich um Entschuldigung!)

- Ja, ich habe Ihnen zugehört. Schließlich muss ich Ihnen Folgendes sagen: Sie haben mich gefragt, ob ich Demokrat bin: Stellen Sie sich vor, ich war, fast auf den Tag genau, 20 Jahre Bürgermeister. Vorher war ich sechs Jahre lang Gemeinderat.