Herr Staatssekretär, im Rahmen einer Zwischenbemerkung ist keine Fragestellung notwendig. Sie müssen darauf nicht antworten. Nach der Geschäftsordnung brauchen Sie darauf keine Antwort zu geben.
Ich kann keine Antwort geben, weil ich keine Frage erkannt habe. Die Feststellung von Frau Kollegin Kamm habe ich zur Kenntnis genommen.
Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Es wurde namentliche Abstimmung beantragt.
Herr Kollege, die namentliche Abstimmung ist nicht von mir beantragt worden. Ich gebe sie nur bekannt. Wir werden sehen, wie wir im Laufe des Abends noch mit namentlichen Abstimmungen umgehen werden. Jetzt haben wir eine namentliche Abstimmung zu diesem Antrag. Sie haben fünf Minuten Zeit. Die Abstimmung ist eröffnet.
Die Zeit ist um. Die Abstimmung ist beendet. Ich bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. – Zwischenzeitlich darf ich das Ergebnis einer namentlichen Abstimmung bekannt geben. Es um den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion betreffend "Konsequenzen aus dem Salmonellen-Skandal: Kontrolleure stärken, Kontrollen verbessern, Verbraucher schützen" auf Drucksache 17/6824. Mit Ja haben 50 gestimmt, mit Nein 85. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dann darf ich das Ergebnis des Dringlichkeitsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Antrag betreffend "Konsequenzen aus dem Eier-Salmonellen-Skandal" auf Drucksache 17/6826 bekannt geben. Mit Ja haben 50 gestimmt, mit Nein 86. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag ebenfalls abgelehnt.
Kolleginnen und Kollegen, ich fahre jetzt in der Tagesordnung fort und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf. Ich darf vorweg sagen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER für diesen Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa (Drs. 17/5337)
Ich eröffne die Aussprache und erteile hierzu Herrn Kollegen Dr. Fahn das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Antrag steht jetzt zum dritten Mal auf der Tagesordnung. Er wurde schon zweimal abgesetzt. Heute können wir darüber reden. Der Ausgangspunkt ist natürlich, dass es so viele Flüchtlinge wie im Moment in den letzten 20 Jahren nicht gegeben hat. Im Jahr 2014 kamen 664.000 nach Europa. In Deutschland wurden 173.073 Anträge gestellt. Das heißt, Deutschland hat hier eine große Verantwortung. Unser Antrag lautet: Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich – das ist wichtig – weiterhin auf Bundes- und Europaebene einzusetzen, dass auf Basis nachvollziehbarer Kriterien verbindliche Quoten festgelegt werden, damit es eine gerechte Verteilung in Europa gibt.
Die aktuelle Situation sieht folgendermaßen aus: 72 % der Asylanträge konzentrieren sich auf 5 der 28 EU-Mitgliedstaaten. Das haben inzwischen alle kritisiert, von der Bundeskanzlerin angefangen bis zum Innenminister Herrmann. Selbst der Herr Staatssekretär Eck hat es vorhin angesprochen. Es besteht also Handlungsbedarf. Das ist wichtig. Da die CSU jetzt – das habe ich schon gehört – sagen wird, es besteht kein Handlungsbedarf, es ist schon alles geregelt, es ist schon alles abgestimmt, möchte ich das anders formulieren und Fragen stellen, die im Zusammenhang mit der Verteilung noch nicht gelöst sind. Ich hoffe dann, dass wir darauf vielleicht Antworten bekommen.
Erste Frage. Wie steht die CSU-Fraktion zu einer Veränderung des Dublin-Systems? Monika Hohlmeier vom Europaparlament will das; dazu gibt es Zeitungsartikel. Auch der Innenminister Herrmann sagt Ja dazu.
Zweite Frage. Wie steht die CSU-Fraktion zur Verstärkung der Hilfe vor Ort? Sollen mehr Gelder für Entwicklungshilfe ausgegeben werden? Wollen Sie Beschäftigungsprogramme vor Ort? Stimmt die CSU der
vielfach geäußerten Meinung zu, die Industriestaaten bekämen jetzt durch die vielen Flüchtlinge die Rechnung für eine jahrzehntelange Benachteiligung des afrikanischen Kontinents?
Dritte Frage an die CSU-Fraktion. Es geht um ein gerechtes Verteilungsystem. Nach welchen Kriterien wollen wir verteilen: Bruttoinlandsprodukt, Einwohnerzahl, Arbeitslosigkeit, Königsteiner Schlüssel?
Vierte Frage. Sollen alle EU-Länder an der Quotenregelung beteiligt werden? Was machen Sie mit den Ländern, die im Moment keine Lust haben, wie Großbritannien, Polen und Ungarn? – Das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Oder wie verfahren Sie - ich habe es vorhin schon angedeutet - mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, der einfach das Verteilungssystem völlig ablehnt und sagt, die sollen alle gleich wieder nach Hause gehen?
Dann ist interessant, dass es diesen, ich sage mal, Kreuzer-Vorstoß gibt. Das steht heute im "Münchner Merkur" und wurde vorhin schon angesprochen. Das hat die "dpa" gemeldet. Nächste Woche soll ein neues Konzept vorgestellt werden. Es hängt mit der Verteilung zusammen. Da stelle ich jetzt die Frage: Wo sollen diese Auffangzentren errichtet werden? In Tunesien? Vor 14 Tagen habe ich gelesen, im Niger soll es ein Modellprojekt geben. Welche Qualitätsstandards sollen diese Auffanglager haben? Das ist nämlich ein ganz wichtiger Punkt. Wie steht die CSU-Fraktion zum Beispiel zur Äußerung der Ministerin Merk, die sich, so steht es heute im "Münchner Merkur", auf einer Nordafrikareise völlig gegen dieses KreuzerKonzept ausgesprochen hat? Wie stehen Sie zu der Äußerung des Entwicklungshilfeministers Müller, der angeblich von der Idee von Herrn Kreuzer auch nichts hält? – Entwicklungshilfeminister Müller sagt nämlich, man sollte besser in den Heimatländern investieren. Das sind Fragen über Fragen zu diesem Verteilungssystem, meine Damen und Herren.
Wie stehen Sie zum Vorschlag der EU-Kommission von Ende Mai 2015? – Da geht es um die Verteilung von 40.000 Flüchtlingen, die im Rahmen eines Modellprojekts umgesiedelt werden sollen. Deutschland soll 3.086 Menschen bekommen oder 15,6 %. Ist die CSU der Meinung, dass das so in Ordnung ist? – Vorgestern stand nämlich in der "Frankfurter Rundschau": Deutschland und Frankreich und auch die CSU fordern Nachbesserungen.
(Thomas Kreuzer (CSU): Was für eine Meinung haben denn Sie, Herr Kollege? Sie stellen ja nur Fragen. Das ist hier keine Fragestunde! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Unsere Meinung steht im Antrag!)
- Unsere Meinung steht im Antrag. Wir wollen ein gerechtes Verteilungssystem, wie es in unserem Antrag steht. Wir sagen: Eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge ist ein Praxistest für eine europäische Solidarität. Deshalb wünschen wir uns eine Zustimmung zu unserem Antrag: Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich weiterhin - ich bestreite gar nicht, dass sie das nicht schon einmal getan hätte, zum Beispiel am 11.02. hier im Plenum - auf Bundes- und Europaebene für ein gerechtes Verteilungssystem einzusetzen. Das ist unser Antrag. Herr Kreuzer, wir haben viele Fragen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Fahn, Sie stellen an uns Fragen. Mich würde interessieren, welche Antworten Sie geben. Da kommt überhaupt nichts.
- Ja, ich komme noch auf das, was im Antrag steht. Da steht nur, dass wir uns besser einsetzen sollen. Das haben wir schon lange gemacht. Ich komme darauf noch zu sprechen. – Wir sehen seit geraumer Zeit über die Medien, vor allem über das Fernsehen, was an unseren Grenzen passiert. Ich bin ganz hautnah betroffen. Vor meiner Haustür spielt sich Unglaubliches ab: Da gehen Leute mit Plastiktüten auf der Autobahn auf und ab und sitzen an den Ausfahrten bei den Böschungen. Sie sind in Autos eingesperrt, die irgendwo abgestellt wurden. Sie sitzen in den Wäldern oder kommen in die Dörfer und fragen, wo sie eigentlich sind. All das erlebe ich jeden Tag hautnah.
Was mir schon länger Sorgen bereitet: Ich habe die Befürchtung, dass die nicht abreißende Flüchtlingszahl ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr konfliktfrei zu bewältigen ist. Dabei meine ich nicht Konflikte im Hinblick auf die Ewiggestrigen, die kein Gebot der Menschlichkeit mehr kennen und jedwede Hilfe, sogar für Flüchtlinge aus Krisengebieten, ablehnen. Nein, darum geht es mir nicht. Vielmehr sorge ich mich darum, dass die Akzeptanz innerhalb der bayerischen Bevölkerung kippen könnte, wenn nicht die richtigen politischen Maßnahmen getroffen und auch gut kommuniziert werden.
Der Freistaat Bayern steht hier ohne Frage vor einer großen Herausforderung, vielleicht sogar vor einer übergroßen Herausforderung. Wenngleich wir unsere
Hausaufgaben gewissenhaft erledigen, ist und bleibt der Schlüsselbegriff zu dieser Thematik die Solidarität, wie dies Angelika Weikert gesagt hat. Dabei geht es einerseits um die Solidarität mit den vielen Flüchtlingen, die aus Krisengebieten zu uns kommen und uns in höchster Not um Beistand und Hilfe bitten. Wir müssen einerseits denjenigen, denen in einem rechtsstaatlichen Verfahren, wie wir es hier im Lande haben, Asyl gewährt wird, beistehen und sie unterstützen. Das gilt nicht nur im juristischen Sinne, sondern auch im Hinblick auf die moralischen Standards, welche wir an uns selbst und unser Zusammenleben anlegen. Andererseits bedarf es auch der Solidarität bei unseren EU-Partnern. Die Tatsache, dass immerhin 72 % der Asylanträge, die in der EU gestellt werden, auf fünf Staaten verteilt wurden, stellt viele der Fundamente infrage, auf denen die Europäische Gemeinschaft gründet.
Das BAMF ist in seiner Prognose vom Februar für das Jahr 2015 noch von 250.000 Erst- und zusätzlich 50.000 Folgeanträgen in Deutschland ausgegangen. Heute sehen wir uns noch größeren Dimensionen gegenüber. Laut der jüngsten Prognose rechnet das BAMF für dieses Jahr mit fast einer halben Million Asylanträgen. Im Zeitraum Januar und Februar 2015 konnten wir im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2014 einen Anstieg der Asylanträge in Deutschland von 99,2 % feststellen. Allein für den Freistaat Bayern werden für dieses Jahr mehr als 60.000 neue Flüchtlinge erwartet, Tendenz steigend.
Die Bayerische Staatsregierung hat diese ungleiche Verteilung immer wieder gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Kommission angemahnt. Angesichts der gerade genannten Zahlen begrüße ich es ausdrücklich, dass sich die Bundesregierung und hierbei insbesondere der Bundesinnenminister auf europäischer Ebene vehement für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in der EU einsetzt. Angesichts der Bemühungen, die auf europäischer Ebene bereits stattfinden, empfinde ich es als geradezu peinlich, dass sich die Fraktion der FREIEN WÄHLER, lieber Herr Dr. Fahn, nicht dazu durchringen konnte, ihren Antrag zurückzuziehen.
Mittlerweile hat sich nicht nur die Fraktion der EVP im Europäischen Parlament vor über einem Monat für eine Ergänzung des bisherigen Dublin-Systems durch einen verbindlichen Solidaritätsmechanismus, also die Einführung einer Quotenverteilung, ausgesprochen und sich dafür eingesetzt, sondern auch die Kommission ist längst am Ball. Kommissionspräsident Juncker hat sich vor rund fünf Wochen des Themas ange
nommen. Die Forderung der EVP aufgreifend, hat der Präsident eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge nach einem Schlüssel vorgeschlagen, welcher die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge pro Land auf der Basis von Einwohnerzahl, Bruttosozialprodukt und Arbeitslosenquote bestimmt. Damit ist die EVP-Forderung im politischen Prozess. Auch die Bundeskanzlerin unterstützt diese Quoten-Beschlüsse.
Obwohl ohne Zweifel noch vieles getan werden muss, um die hohen Flüchtlingszahlen in Europa solidarisch zu bewältigen, können wir festhalten: Auf der EUEbene tut sich einiges. Natürlich gilt es bei einer derart wichtigen Thematik, nicht nur darauf zu hoffen, dass andere schon das Richtige tun werden. Deshalb haben wir als CSU-Fraktion, wie bereits erwähnt, schon im Februar dieses Jahres einen eigenen Antrag in den Bayerischen Landtag eingebracht, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung des Asylmissbrauchs und damit zur Bewältigung der Flüchtlingszahlen zu ergreifen. Heute, rund vier Monate später, können wir mit Blick auf die bisherigen Ergebnisse weitgehend Vollzug melden; denn von unseren damaligen Forderungen wurden seither große Teile umgesetzt:
Erstens. Die Kommission plant die Entwicklung eines Verteilungsschlüssels im Rahmen der Weiterentwicklung des Krisenbewältigungsmechanismus nach Artikel 33 der Dublin-III-Verordnung.
Zweitens. Die Asylverfahren von Asylbewerbern aus Herkunftsländern mit geringen Gesamtschutzquoten werden durch das BAMF mittlerweile priorisiert behandelt.
Drittens. Das Personal des BAMF wird zur generellen Beschleunigung und Durchführung von Asylverfahren deutlich aufgestockt. Die Bundesregierung kündigt an, 2.000 neue Stellen für das BAMF zu schaffen und so die Grundlage für eine schnellere Durchführung von Asylverfahren zu gewährleisten.
Viertens. Die von uns geforderte Einstufung des Kosovo und Albaniens als sichere Herkunftsstaaten wurde im Bundesrat von den GRÜNEN und der SPD leider blockiert. Der Freistaat Bayern steht zu seiner Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen. Damit wir aber denen helfen können, die unseres Schutzes wirklich bedürfen, brauchen wir eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge und eine effektive Bekämpfung des Missbrauchs.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrter Herr Kollege Taubeneder, vorhin ist an die Kollegin von den GRÜNEN die Frage gerichtet worden, was die GRÜNEN meinten, welche Gesamtzahl an Flüchtlingen wir in Bayern, Deutschland und Europa aufnehmen könnten. Ich möchte Ihnen dazu eine sehr emotionale Frage stellen. Sie können auch sagen: Diese Frage beantworte ich nicht. Da wäre ich Ihnen nicht böse. Ich möchte Sie aber fragen: Wie sieht es denn bei der CSU aus? Gibt es wirklich eine Obergrenze? – Wir sind uns alle einig, dass wir die Kriterien, die vorhin genannt worden sind, prüfen wollen. Diese Kriterien könnten modifiziert werden. Aber gibt es wirklich eine Obergrenze? Sagen wir beim Erreichen der Grenzen: Liebe Mutter mit deinen zwei Kindern, du bleibst draußen und stirbst? Ist das wirklich das Ziel? – Ich kann mir das nur sehr schwer vorstellen. Kriterien, ja. Aber eine Höchstgrenze? Vielleicht können Sie mir Zahlen nennen. Wenn Sie nicht wollen, bin ich Ihnen, wie gesagt, nicht böse.
(Vom Redner nicht autori- siert) Ich kann keine Zahlen nennen. Ich habe deutlich gesagt, dass wir uns unserer Verantwortung stellen, Flüchtlinge aufzunehmen. Wir müssen aber auch darauf achten, dass wir nicht von Menschen überschwemmt werden, die zu uns kommen wollen, weil sie sich ein besseres Leben wünschen. Ich verstehe diese Menschen schon. Aber auch wir hier müssen uns schützen. Daher müssen wir Mechanismen erarbeiten. Aus meiner Sicht ist in allererster Linie die EU gefordert, dass es zu einer solidarischen Verteilung der Flüchtlinge in ganz Europa kommt. Dann wird sich manches ohnehin entspannen.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Herr Kollege Dr. Fahn hat den Wunsch nach einer weiteren Zwischenbemerkung geäußert. Bitte schön, Herr Kollege.
Erstens. Herr Taubeneder, mitnichten sind schon alle Fragen geklärt. Deswegen habe ich noch einmal die Fragen gestellt, die noch nicht geklärt sind. Dazu haben Sie nichts gesagt. Heute Morgen hat der "Münchner Merkur" eine Steilvorlage gegeben, indem er etwas über diesen Kreuzer-Plan geschrieben hat. Gerade dieser KreuzerPlan, der von verschiedenen Ministerien unterschiedlich beurteilt wird, wirft viele Fragen auf,