Protocol of the Session on June 10, 2015

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen dem Antrag der FREIEN WÄHLER voll und ganz zu.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Bravo! – Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Es ist ein wichtiges und richtiges Anliegen. Bayern spielt hier erneut eine Sonderrolle, sozusagen eine unrühmliche; denn Bayern ist das einzige Bundesland, in dem ein Berufspraktikum nur in der Mittelschule verpflichtend ist, in allen anderen Schularten aber nicht.

(Zurufe von der CSU)

Dabei wäre ein solches Praktikum gerade in den weiterführenden Schularten so wichtig. Wenn das Praktikum gut durchgeführt wird, das heißt, wenn es von der Schule gut begleitet und qualitativ mit Vor- und Nachbereitung aufgearbeitet wird und es sich nicht um ein Alibipraktikum handelt, hat ein Betriebspraktikum nur Vorteile. Ich hoffe, Sie wissen, von was ich rede.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Die Schüler lernen die Arbeitswelt kennen, und es kann für einen mittelmäßigen oder schlechten Schüler ein sehr schönes Erlebnis sein, wenn er feststellt, dass er für seine praktische Begabung und sein handwerkliches Geschick eine Wertschätzung erfährt.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Es gibt nämlich nicht nur "buchkluge" Jugendliche, sondern auch praktisch begabte. Es kann bei der Berufswahlentscheidung eine große Sicherheit geben, wenn man ins Berufsleben schon ein bisschen hineingeschnuppert hat. Ein Berufspraktikum vermittelt den Bezug zur Realität. Die Jugendlichen müssen es sich selbst organisieren; sie müssen Verantwortung übernehmen, und für manche ist es auch ganz schön, einmal Urlaub vom Leistungsdruck in der Schule zu haben.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Unser grünes Anliegen hier ist Folgendes: Wenn wir den Facharbeitermangel, den es in einigen Branchen tatsächlich sehr massiv gibt, wirklich beheben wollen, müssen wir den Jugendlichen vermitteln, dass akademische Bildung und berufliche Bildung gleichberechtigt, gleich wichtig und gleichwertig sind.

Unter diesem Aspekt ist mir die Ablehnung des Antrags durch die CSU unbegreiflich, da gerade sie immer damit hausieren geht, dass sie Handwerk und berufliche Bildung unterstütze. Mit der Annahme dieses Antrages hätte sie eine gute Gelegenheit, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Aber offensichtlich geht es auch hier lediglich um Parteipolitik und nicht um Sachpolitik. Schade!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nun darf ich Herrn Staatssekretär Eisenreich das Wort erteilen. Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass ein solches Thema zu so später Stunde noch einmal Leben in die Bude bringt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Muntere Debatte!)

Ich werde versuchen, zu diesem Thema meinen Beitrag zu leisten.

(Alfred Sauter (CSU): Aber bitte nicht mehr so lang!)

- Ich beeile mich.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Zum Thema bitte!)

Ich glaube, werte Kolleginnen und Kollegen, dass es in vielen Punkten Übereinstimmung gibt.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Jede Berufswahlentscheidung ist eine ganz wesentliche Weichenstellung für die Jugendlichen und jungen Menschen. Die Berufswelt ist vielfältig und schwer zu überblicken. Deshalb ist eine Berufsorientierung für unsere Schülerinnen und Schüler sehr wichtig. Damit diese Berufsorientierung gelingt, brauchen wir viele Partner. Wir brauchen die Unternehmer, die Kammern, mit denen wir in regem Kontakt stehen, die Verbände, die Agentur für Arbeit, die Arbeitskreise Schule/Wirtschaft, das Elternhaus und nicht zuletzt die Schule selbst. An den Schulen - da bin ich dem Kollegen Reiß für seine Hinweise sehr dankbar – gibt es schon jetzt ein umfangreiches Angebot zur beruflichen Orientierung. Ich möchte das kurz aufzählen: Wir haben Informationsveranstaltungen der vielfältigsten Art.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es gibt Ausbildungsmessen, Experteninterviews, Berufsberatungsangebote, Schülerfirmen, Projekte, Planspiele, Wettbewerbe, Betriebserkundungen und nicht zuletzt auch Betriebspraktika.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wie viele?)

Diese Betriebspraktika sind auf die jeweilige Schulart und ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Die Schularten können ihr Angebot eigenverantwortlich gestalten. Die Betriebspraktika sind ein wichtiger Teil, das habe ich bereits erwähnt. An der Mittelschule sind sie verpflichtend, an der Realschule sind sie bis auf den Bereich Profil Sozialwesen nicht verpflichtend. Aber es gibt trotzdem an nahezu allen Realschulen die Möglichkeit, Betriebspraktika zu besuchen, das heißt, diese Schulart zeigt, dass die Schülerinnen und Schüler auch ohne Verpflichtung Betriebspraktika besuchen können.

An den Gymnasien – das ist der Punkt, auf den ich ein bisschen tiefer eingehen möchte – haben wir mit der neuen Oberstufe das Ziel der Studien- und Berufsorientierung stärker in den Blick genommen, indem wir das P-Seminar eingeführt haben. Außerdem können die Gymnasien freiwillig Betriebspraktika anbieten. Das machen auch viele Gymnasien in eigener Verantwortung.

Für mich ist das Thema des Antrags keine Glaubensfrage, sondern es ist die Frage, was pragmatisch, was vernünftig ist. Nachdem das auf freiwilliger Basis schon gut klappt, stellt sich die Frage, ob man das verpflichtend machen muss. Entwicklungsbedarf sehen wir aber in jedem Fall beim Gymnasium. Wir haben schon angefangen, die Berufs- und Studienorientierung zu verstärken. Wir wollen das auch noch weiter stärken und haben deshalb einen Auftrag an das ISB, das Staatsinstitut für Schulqualität und Bil

dungsforschung, gegeben, damit gerade bei dieser Schulart genauer in den Blick genommen wird, was dort im Hinblick auf die Berufs- und Studienorientierung bereits geleistet wird und wie man die Qualität verbessern kann. Am Ende kann sich auch ergeben, dass man bei den Praktika noch einen Schritt weiter geht. Wir warten aber das Ergebnis dieses Auftrags ab.

Ich möchte mich auf jeden Fall schon einmal herzlich bei den Schulen bedanken, bei allen Partnern, die hier wirklich ganz hervorragende Arbeit leisten, bei der Berufs- und Studienorientierung, bei den Praktikumsangeboten und der Praktikumsbetreuung.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): In zwei Jahren werden wir das G 9 machen, dann haben wir Zeit darüber zu reden!)

- Nein, das ISB und das Kultusministerium arbeiten viel schneller. Dafür brauchen wir keine zwei Jahre. Ich danke den Lehrkräften und den Schulleitungen ganz herzlich, den Schule/Wirtschaft-Experten, den Betrieben, den Verbänden, den Kammern und natürlich auch der Agentur für Arbeit. Was wir in diesem Bereich haben, kann sich sehen lassen. Wir werden prüfen, ob wir in einzelnen Bereichen durch weitere Maßnahmen noch Verbesserungen erreichen können. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit zu so später Stunde.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – CSU-Fraktion. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich darf jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans-Jürgen Fahn und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa", Drucksache 17/5337, bekanntgeben. Mit Ja haben gestimmt 61 Abgeordnete, mit Nein 76. Stimmenthaltungen gab es eine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 8)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen (Drs. 17/5491)

(Allgemeine Unruhe)

Ich bitte um Ruhe, da wir uns jetzt in der Abstimmung befinden. Die Fraktionen sind übereingekommen, auf eine Aussprache zu verzichten. Wir kommen deshalb gleich zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Danke. Ich bitte Gegenstim

men anzuzeigen. – CSU-Fraktion. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die freudige Nachricht ist, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, Tagesordnungspunkt 18 für heute abzusetzen und diesen Tagesordnungspunkt auf die nächste Plenarsitzung zu verschieben.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich bedanke mich. Die Sitzung ist geschlossen. In der Gaststätte unten gibt es sicher noch einiges.