Protocol of the Session on April 22, 2015

Sie vergessen gern, dies zu erwähnen. Zusätzlich gibt es noch informationelle Zusammenarbeit bei den Sicherheitsbehörden, die auf neue Beine gestellt worden ist. Wir werden nicht nur das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz unterstützen, sondern auch die Berichtspflichten gegenüber dem Staatsminister des Innern auf diesem Wege weiterentwickeln.

Aus diesen Berichten können wir nur lernen. Dies werden wir auch tun. Außerdem wurde zwischen dem bayerischen LfV und dem Staatlichen Archiv Bayern zur Archivierung eine Regelung gefunden, die auch dann noch gilt, wenn die Unterlagen bereits weggelegt wurden. Die Akten sind also keineswegs geschlossen. Somit kann ich feststellen: Wir sind auf dem richtigen Weg.

Jetzt zu Ihrem Antrag: Ich muss ganz deutlich sagen, dass ich die Zielrichtung nicht verstehe. Wir haben alles auf den Weg gebracht, was zu tun ist. Jetzt sollen wir wieder eine Kommission bilden. Ich erinnere mich an den Satz, den ich immer so gerne sage: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild‘ ich einen Arbeitskreis. So kommen wir mit Sicherheit in der Politik nicht weiter. Die neue Organisationsstruktur, das operative Terrorismus-Abwehrzentrum in Bayern, hat sich bereits etabliert und die ersten Schritte unternommen. Ich halte es für ein Gebot der Vernunft, dass wir diejenigen arbeiten lassen, die etwas von der Sache verstehen und die das können. Die Politik ist schön und gut, aber sie kann diese Arbeit nur begleiten. Die Arbeit sollte von den Fachleuten getan werden. Wir sollten diese Arbeit prüfen. Hier sind wir hoffentlich einer Meinung. Wir können nicht alles besser wissen als diejenigen, die diese Arbeit gelernt haben und sie seit Jahren und Jahrzehnten tun. Diese Leute haben dazu beigetragen, dass wir in Bayern eine Sicherheitslage haben, um die manch anderes Bundesland froh wäre.

Deshalb werde ich Ihnen sicherlich keine Überraschung bereiten, wenn ich sage: Wir sind gegen diese Kommission, weil wir nicht glauben, dass dadurch irgendetwas verändert wird.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. – Herr Kollege Heike, Sie haben es herausgefordert. Bevor ich Frau Kollegin Schulze die Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung gebe, teile ich Ihnen mit, dass die CSUFraktion zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Jetzt reicht es aber! Seid einfach einmal anwesend!)

Zwischenrufe sind nach der Geschäftsordnung zulässig. - Jetzt kommen wir zur Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Schulze.

Herr Kollege Heike, Sie haben selbst gesagt, dass die Arbeit im Untersuchungsausschuss über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg sehr gut gelaufen ist. Es wurde ein großes Maßnahmenpaket beschlossen, das alle Fraktionen mitgetragen haben. Darüber hinaus gab es noch Forderungen der einzelnen Fraktionen, die man sich ansehen und über die man diskutieren könnte.

Sie haben diesem Punkt zugestimmt, was ich den Debatten in den Ausschüssen entnommen habe. Deshalb kann ich Ihr Ergebnis jetzt nicht nachvollziehen, dass Sie sich gegen diese Kommission wehren. Wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen hätten, hätten Sie festgestellt, dass darin steht, dass der Bayerische Landtag dabei sein sollte, weil ihn die Aufdeckung dieser NSU-Mordvereinigung so erschüttert hat.

Wir sollten darauf achten, dass die Reformen, die wir im Untersuchungsausschuss des Landtags als richtig erachtet haben, auch umgesetzt werden. Wir müssen uns mit den Untersuchungsausschüssen aus anderen Ländern austauschen und Informationen zusammentragen. Vor allem müssen wir als Bayerischer Landtag ein Zeichen nach draußen senden, dass wir lernen wollen und auch lernen. Das sind Forderungen, die man vernünftigerweise nicht ablehnen kann. Sie haben mit Ihrem flapsigen Spruch "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bild‘ ich einen Arbeitskreis" kein inhaltliches Argument gegeben, warum Sie gegen diese NSU-Kommission sind. Vielleicht können Sie mir das einmal erklären.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte schön.

Frau Kollegin, Sie sagen immer so gerne, man hört Ihnen nicht zu, oder man versteht Sie nicht und Ähnliches. Ich will gar nicht diese Retourkutsche fahren. Aber vielleicht wäre es Zeit, dass Sie in der Öffentlichkeit klarstellen: Sie selbst sind Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, in dem sehr wohl über diese Sachen gesprochen wird. Das geschieht natürlich vertraulich. Was man nicht hinaustragen darf, wissen Sie genauso gut wie ich; ich habe es Ihnen gleich am Anfang gesagt. Seit dieser Zeit haben wir davon ein klares und deutliches Verständnis.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Darüber hätten Sie mich nicht belehren müssen! Das wusste ich schon vorher!)

Allerdings können Sie mir nicht erklären, warum man eine Kommission brauchen soll, wo doch zurzeit ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet wird. Warum ich zusätzlich einen Arbeitskreis oder einen Ausschuss – oder wie auch immer Sie es nennen wollen – brauchen soll, um diese Vorschläge umzusetzen, verstehe ich überhaupt nicht. Wofür haben wir denn die Arbeitskreise und die Ausschüsse hier im Parlament? – Die sind dafür zuständig und haben die Beratung durch Fachleute. Sie müssen mittlerweile einsehen, dass es Menschen gibt, die davon ein bisschen mehr verstehen als Sie und ich.

Im allerletzten Moment hat der Kollege Ritter noch eine Zwischenbemerkung angemeldet.

(Zuruf)

- Ja, aber nur fast zu spät. Herr Ritter, bitte schön.

Herr Kollege Heike, Sie zielen immer auf die Fachleute ab, die zur Verfügung stehen. Die bayerische Polizei hat auf die Fachleute des Landesverfassungsschutzes zurückgegriffen, um sich bei den Ermittlungen beraten zu lassen, hat aber von diesen Fachleuten eine überhaupt nicht der Realität entsprechende Einschätzung über Terrorpotenzial innerhalb der rechtsextremen Szene bekommen. Sie haben nämlich gesagt: Da gibt es gar nichts. – Doch wenn man nachvollzogen hat, welche Veröffentlichungen es in dieser Zeit in der rechtsextremen Szene gab, erkennt man, dass es durchaus Hinweise auf Rechtsterrorismus gab.

Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass es Sinn machen würde, zu den hochgelobten Fachleuten Personen von außen hinzuzuziehen, die mal einen anderen Blick darauf werfen und ihre Sichtweise hier im Bayerischen Landtag in einem Ausschuss einbringen können, statt dass Sie die Leute nur im eigenen Saft schmoren lassen und strukturelle Fehleinschätzungen in Kauf nehmen, die man über Jahrzehnte mit sich schleppt? – Auch da gibt es nämlich durchaus eine Historie.

Das ist letztendlich der Inhalt dieses Antrags. Wir zielen darauf, in diese Debatte zusätzliche Kompetenzen hineinzubekommen, damit die Sicherheitsbehörden nicht nur im eigenen Saft schmoren und ständig Fehler replizieren, die sie bei diesem Thema seit Jahrzehnten machen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Bitte sehr.

Herr Kollege Ritter, davon, was damals geschah, wissen wir heute einiges genau, weil wir es inzwischen erfahren haben. Aber ich maße mir nicht die Haltung an – und ich glaube, das tun auch Sie nicht -, dass wir zwar alles gewusst haben, aber die Polizei und der Verfassungsschutz nicht auf uns gehört haben.

Sie können als Jurist im Nachhinein grundsätzlich sagen: Das hätte so sein müssen usw. – Aber Sie sind kein Hellseher, und Sie können es auch nicht besser beantworten, als es die Beamten gesehen haben, die die Vorgänge damals bearbeitet haben.

Natürlich ist es richtig, dass es Fehleinschätzungen gab. Die gab es in allen Bereichen, und die wird es auch immer wieder geben, weil man sich gewisse Sachen eben so nicht vorstellen kann. Sie erwarten von konkreten Tipps von außen, dass wir aufgrund dieser nicht im eigenen Saft braten. Ich räume durchaus ein: Ein Blick von außen kann durchaus gut sein. Aber ich halte es für total überzogen, wenn wir glauben, wir können solche Fälle von außen her besser lösen. Es tut mir leid; da kann ich mich Ihnen nicht anschließen. Lassen Sie die Leute arbeiten, die damit befasst sind und die uns dann ihre Erkenntnisse vortragen müssen. Wenn die ihren Bericht vorgetragen haben, können wir über Details diskutieren und überprüfen, was wir davon halten. Dann können Sie auch Ihre Ideen hervorragend einbringen.

Sie möchten jetzt noch einen zusätzlichen Ausschuss einrichten. Dabei haben Sie doch jetzt schon genug Schwierigkeiten, die beiden aktuellen Untersuchungsausschüsse zu besetzen. Sie schaffen sich dadurch keinen Nutzen, und Sie nützen vor allem nicht den Menschen, denen die Kollegin angeblich helfen wollte und die sich sehr verunsichert fühlen. Wir helfen ihnen nicht, indem wir sie instrumentalisieren, sondern indem wir mit ihnen gemeinsam über das trauern, was passiert ist.

Danke schön, Herr Kollege Heike. - Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER folgt Professor Piazolo. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir FREIE WÄHLER halten den Antrag für sinnvoll und notwendig und werden ihn deshalb unterstützen. Auch die aktuelle Debatte hat mich in dieser Haltung in keiner Weise erschüttert, sondern eher darin bestärkt. Zum einen ist zu bedenken, welches Zeichen wir setzen, wenn wir über so eine Frage so kontrovers diskutieren. Ich hätte mir gewünscht - und der Versuch ist auch unternommen worden -, dass man ge

meinsam zu einem Ergebnis kommt. Darüber, wie man das Gremium dann nennt und anlegt, hätte man sicherlich verhandeln können. Das Gremium könnte Kommission oder Arbeitskreis heißen. Sie verwenden immer das schöne Wort Arbeitskreis. Ein solcher war zwar nicht intendiert. Aber vielleicht hätte man zu einer Lösung finden können.

Herr Heike, bei dem, was Sie gesagt haben, habe ich den Eindruck gewonnen, Sie sind der Auffassung, dass in Bayern schon alle notwendigen Konsequenzen aus dem Untersuchungsausschuss gezogen worden sind. Diesen Eindruck teile ich nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD und der GRÜNEN)

Ich stimme Ihnen ausdrücklich darin zu, dass Konsequenzen gezogen worden sind. Ich stimme Ihnen auch ausdrücklich darin zu – dieser Meinung sind wir wohl alle -, dass der Untersuchungsausschuss in weiten Teilen sehr geschlossen und sehr auf ein Ziel orientiert gearbeitet hat. Aber erinnern Sie sich daran zurück: Das geschah unter großem Zeitdruck und gerade vor der Landtagswahl.

Wir haben uns im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vorbehalten, dass man ihn vielleicht neu einsetzen muss, wenn neue Ergebnisse kommen. Wenn ich die Debatte und das, was seitdem passiert ist, richtig verfolge, gelange ich zu dem Schluss, dass ständig neue Erkenntnisse kommen. Wir haben neue Erkenntnisse in dem Prozess gewonnen, der in München läuft. Wir verfügen über neue Erkenntnisse aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages und aus den NSU-Untersuchungsausschüssen der anderen Länder.

Ich möchte gar nicht sagen, dass Bayern eine besonders hohe Schuld trägt. Aber in Bayern ist nun einmal die Hälfte der Morde geschehen. Insofern stünde es uns gut zu Gesicht, und es wäre ein Zeichen, wenn wir das Thema hoch aufhängen und intensiv behandeln. Dazu sagen Sie nun: Es reicht, wenn wir das in den Ausschüssen tun und wenn wir die Behörden arbeiten lassen. - Ich habe kein grundsätzliches Misstrauen gegen bayerische Behörden. Nein, das habe ich nicht. Aber der NSU-Untersuchungsausschuss und manch anderer Untersuchungsausschuss hat deutlich gemacht, dass es manchmal schon sinnvoll ist, in die Tiefe zu schauen. Auch jetzt sind im Bayerischen Landtag zwei Untersuchungsausschüsse tätig, die wahrscheinlich genau zu diesem Ergebnis kommen werden. Damit meine ich nicht das Ergebnis, dass in bayerischen Behörden alles schlecht ist, sondern das Ergebnis, dass es sehr sinnvoll ist, genauer in Behörden hineinzuschauen, und dass dort einiges

vonstatten geht, was verbesserungswürdig wäre. Insofern begrüße ich den Antrag, und ich begrüße es auch, wenn wir die geforderte Kommission einsetzen würden.

Gestatten Sie mir bitte herauszustreichen, dass ich ein Argument doch nicht gelten lasse: nämlich das Argument, dass die beantragte Kommission zu viel Arbeit bedeutet und der eine oder andere damit überfordert ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD und der GRÜNEN)

Wir Abgeordnete haben viel zu tun. Vielleicht sind gerade die kleineren Fraktionen durch ein solches Gremium besonders belastet. Aber ich möchte anders als Sie keiner Fraktion hier unterstellen, dass sie sich schwer tut, die Ausschüsse zu besetzen. Ich glaube, das ist nicht der Fall.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU))

- Herr Heike, dann würde ich doch sagen, ich habe manchmal den Eindruck, dass die CSU, wie zum Beispiel jetzt, häufiger als die anderen Fraktionen Schwierigkeiten hat, ihre Leute für die Abstimmungen zusammenzubringen. Das gilt auch in anderen Ausschüssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Ich gestehe Ihnen zu: Das ist natürlich für eine Regierungsfraktion immer schwieriger als für die anderen Fraktionen. Sie muss alle Leute beisammen haben, damit sie die Mehrheit hat. Das ist schon klar. Aber bei diesem wichtigen Thema möchte ich nicht die Behauptung stehen lassen – ich glaube, sie war auf die SPD gemünzt -: Die Kollegen haben Schwierigkeiten, die Ausschüsse zu besetzen. – Das ist sicherlich nicht der Fall, und dieses Argument sollten wir nicht in den Vordergrund stellen. Das ist auch falsch.

Ich halte eine solche Kommission für sinnvoll. Wenn Sie nicht zustimmen können, könnten Sie sich überlegen, die Kommission anders zu nennen. Das Thema ist jedoch so wichtig, dass wir es gemeinsam intensiv verfolgen sollten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Professor Piazolo. – Meine Damen und Herren, die 15 Minuten Frist bis zur Durchführung der namentlichen Abstimmung sind noch nicht vorbei.

Deshalb machen wir mit Tagesordnungspunkt 6 weiter und verschieben die namentliche Abstimmung auf das Ende des nächsten Tagesordnungspunktes.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Benno Zierer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Abriss des Grundwehres III an der Ammer aussetzen - Möglichkeiten CO2-freier Stromerzeugung aus Wasserkraft erneut prüfen (Drs. 17/5411)

Die Gesamtredezeit beträgt 24 Minuten für alle Fraktionen. Der erste Redner ist Kollege Streibl. Bitte schön.