Protocol of the Session on April 14, 2015

Also wir lehnen diesen Antrag ab. Bezüglich eines Verbots von Ölheizungen in Überschwemmungsgebieten könnten wir mitgehen, aber allgemein müssen wir den Antrag leider ablehnen.

Danke schön. – Jetzt bitte ich Frau Ministerin Scharf zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über das Antragspaket der GRÜNEN, weil es mir Gelegenheit gibt, den Hochwasserschutz in Bayern umfänglich darzustellen.

Seit zwei Jahrzehnten ist der Klima- und Hochwasserschutz Schwerpunkt bayerischer Umweltpolitik. Schon nach dem Pfingsthochwasser von 1999 haben wir ein Sonderprogramm zum Hochwasserschutz aufgelegt. Seitdem wurden 1,9 Milliarden Euro investiert und 450.000 Menschen geschützt. Ich möchte an dieser Stelle nur sagen: Wir hätten beim Hochwasser 2013 wesentlich mehr Schäden zu beklagen gehabt, hätten wir diese Maßnahmen noch nicht umgesetzt. Im Jahre 2004 haben wir bei den Hochwasserschutzmaßnahmen einen Klimaänderungsfaktor von 15 % bei Neubaumaßnahmen eingeführt. Auch das ist eine sehr vorausschauende Entscheidung gewesen.

Im Jahr 2013 schließlich haben wir beschlossen, noch mehr Tempo für sicheres Leben am Fluss zu machen. Mit dem Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus werden insgesamt 3,4 Milliarden Euro investiert. Ein Jahrhunderthochwasser war der Anlass, ein Jahrhundertprogramm unsere Antwort.

Das beweist, meine Damen und Herren: Unser proaktives Handeln ist der beste Schutz für Natur und Mensch. Was das proaktive Handel angeht, darf ich den Sylvensteinspeicher als Beispiel anführen. 14 Tage vor dem Juni-Hochwasser 2013 wurde die Erhöhung des Sylvensteinspeichers um 3 Meter fertiggestellt. Das hat München vor dem Hochwasser bewahrt. Ansonsten hätte die komplette Altstadt unter Wasser gestanden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Sie haben sechs Anträge gestellt; einem stimmen wir zu, nämlich dem auf einen Bericht über das Flutpolderprogramm. Dieser ist sinnvoll. Über ihn freue ich mich. Wir stellen das Programm gerne vor.

Zu den anderen fünf Anträgen kann ich aber nur sagen: Sie enthalten gute Ideen, kommen aber zu spät. Das, was Sie einfordern, befindet sich längst in der Umsetzung und wurde größtenteils auch schon zum Erfolg gebracht.

Ich möchte auf die einzelnen Anträge eingehen.

Erstens, Antrag betreffend "natürlicher Hochwasserrückhalt". Wir stimmen mit der Forderung, dem natürlichen Rückhalt mehr Raum zu geben, absolut überein.

Ich muss die Opposition für diese gute Idee loben, nur kommt sie ungefähr 15 Jahre zu spät. Schon 2001 war für die Staatsregierung der natürliche Rückhalt zentrales Thema. Ich bitte jetzt, bei den Zahlen genau hinzuhören: Seitdem wurden 60 Kilometer Deiche zurückverlegt, 2.000 Hektar Uferfläche renaturiert und 270 Hektar Auwälder geschaffen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Thomas Goppel (CSU))

- Danke schön, Herr Kollege. - Ganz gleich, ob Hochwasserschutz, Reduzierung des Flächenverbrauchs oder Personal an Wasserwirtschaftsämtern: Der Zug ist längst auf dem Gleis, und ich werde diese Themen intensiv weiterverfolgen; denn ich bin der Überzeugung, es ist die Kombination aus natürlichem und technischem Hochwasserschutz, der Bayern hochwassersicher macht.

Zweitens, Antrag betreffend "Erhalt von Grünland und Moorböden". Auch hier haben wir viel auf den Weg gebracht, allerdings nicht mit der Verbotskeule, so wie Sie das oft wollen, sondern mit staatlichen Programmen und vor allem mit freiwilligen Leistungen. Kulturlandschaftsprogramm, Vertragsnaturschutzprogramm oder Greening bei EU-Programmen zielen auf die schonende und umweltverträgliche Bewirtschaftungsform bei Grünland.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

In Naturschutzgebieten ist schon jetzt eine Verschlechterung des Zustands verboten. Für alle anderen Fälle brauchen wir eine Einzelprüfung. Sie wissen auch, Herr Kollege Magerl: Seit dem 6. Juni 2014 gilt eine Genehmigungspflicht für den Umbruch von Dauergrünland. Auch dies trägt zu unserem natürlichen Hochwasserschutz bei. Für ein pauschales Verbot von Neudrainagen auf Grünland und Moorböden gibt es weder im Bayerischen Naturschutzgesetz noch im Bayerischen Wassergesetz eine Rechtsgrundlage. Das heißt, auch diesen Antrag lehnen wir ab.

Drittens, Antrag betreffend "Moorrenaturierung". Ihre Forderung, jede Form intensiver Nutzung von Moorflächen zu beenden und diese Flächen auch tatsächlich zu renaturieren, hinkt der Wirklichkeit ebenfalls etwas hinterher. Seit 2008 werden im Klimaprogramm Moorflächen dauerhaft gesichert und Maßnahmen zur Wiedervernässung und Extensivierung durchgeführt. Das Programm ist aus unserer Sicht erfolgreich; es ist fachlich gut abgesichert, und – das ist auch wichtig – die Nachfrage der Kommunen ist gut. Die bayerische Moorrenaturierung ist konsequent, sie ist innovativ und vor allem auch beispielgebend für andere Bundesländer. Im bayerischen Arten- und Biotopschutzprogramm sowie im bayerischen Biodiversitätspro

gramm ist der Schutz unserer Moore fest verankert. Die Ideen, die Sie vorbringen, sind nicht neu. Deshalb lehnen wir auch diesen Antrag ab.

Viertens, Antrag betreffend "Schadensbegrenzung bei Überschwemmungen". Sie fordern ein restriktives Bebauungsverbot in Überschwemmungsgebieten ohne Ausnahme. Dazu sage ich: Bauen in Überschwemmungsgebieten unterliegt schon heute strengsten Auflagen, und Ausnahmen sind nur unter engen Voraussetzungen möglich. Ein Totalverbot würde gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstoßen, und außerdem wäre es ein Eingriff in die kommunale Planungshoheit. Das ist nicht vorstellbar. Sie beziehen sich immer auf andere Bundesländer, aber ein solches Totalverbot hat auch in anderen Bundesländern keine Mehrheit gefunden. Sie wollen also noch strenger als streng sein. Das ist aus unserer Sicht überzogen. Deswegen lehnen wir auch diesen Antrag ab.

Schließlich Ihre letzte Idee: ein Verbot von Ölheizungen in Überschwemmungsgebieten. Es soll für Neuanlagen sofort und für bestehende Anlagen ab 2017 gelten. Meine Damen und Herren, wollen wir als Parlamentarier den Menschen wirklich ab 2017 verbieten, ihre Ölheizungen zu nutzen? Ich mit Sicherheit nicht!

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Hören Sie zu, ich bin noch nicht ganz fertig! – Wir setzen hier auf technische Möglichkeiten wie beispielsweise die Auftriebssicherheit und vor allen Dingen auch die Prüfpflichten.

(Christine Kamm (GRÜNE): Es ist lächerlich, wenn Sie sich anschauen, wie es in der Praxis ausschaut! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Sie schlagen hier einen bayerischen Alleingang der Bevormundung vor. Den lehne ich ab. Der ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, ich ziehe ein Fazit: Den Antrag auf einen Bericht zum Flutpolderprogramm nehme ich gerne auf. Wir stimmen ihm zu. Alle anderen Anträge sind überholt, sie sind restriktiv, und sie gehen gegen geltendes Recht. Somit lehnen wir alle anderen Anträge ab.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Mittlerweile liegen zwei Wortmeldungen für Zwischenbemerkungen vor: vom Kollegen von

Brunn und von der Kollegin Kamm. Zunächst erhält der Kollege von Brunn das Wort. Bitte sehr.

Frau Staatsministerin, ich habe zwei Fragen zu Ihren Ausführungen. Sie haben darauf verwiesen, dass der natürliche Hochwasserschutz in Ihrem Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus enthalten ist. Wie können Sie uns erklären, dass Sie beim natürlichen Hochwasserschutz Ihren selbst gesteckten Zielen deutlich hinterherhinken? Das ist faktisch nicht abzustreiten.

Meine zweite Frage lautet: Werden Sie den Personalabbau in den Wasserwirtschaftsämtern stoppen und vielleicht sogar den Trend umkehren?

(Beifall bei der SPD)

Herr von Brunn, Sie machen einen monetären Vergleich zwischen technischem und natürlichem Hochwasserschutz auf. Ich habe das Beispiel des Sylvensteinspeichers genannt. Jeder, der sich mit technischem Hochwasserschutz beschäftigt, weiß, dass dieser mehr kostet. Das sind große Baumaßnahmen. Der monetäre Vergleich in Ihren Ausführungen hinkt einfach. Ich kann Ihnen einen aktuellen Sachstand des natürlichen Hochwasserrückhalts geben. Dafür habe ich einen großen Zettel mit ans Rednerpult genommen. Wir haben 3.847 Maßnahmen im natürlichen Hochwasserrückhalt gemacht und umgesetzt. Wir sind auf einem guten Weg. Es sind kleine Schritte, es sind wichtige Schritte. Wir müssen vor allen Dingen die Kommunen mitnehmen. Die Zuständigkeit für Gewässer dritter Ordnung liegt bei den Kommunen. Wir fördern alle natürlichen Hochwasserrückhaltemaßnahmen mit 75 %. Ich denke, dass dies der richtige und entscheidende Weg ist.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Personal?)

- Personal. Genau. Im Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus sind 150 Stellen zusätzlich für den Hochwasserschutz eingesetzt. Ich meine, dass das eine gute Zahl ist. Ich kann Ihnen aber auch sagen, dass wir viele dieser Maßnahmen outsourcen. Unsere Wasserspezialisten arbeiten wie die Weltmeister, aber dazu gehören sehr viel Sachverstand und ein hoher Planungsaufwand, insbesondere beim technischen Hochwasserschutz. Wir haben also genau 150 Stellen zusätzlich für den Hochwasserschutz eingesetzt.

(Florian von Brunn (SPD): Aber 1.200 Stellen sind im Abbau!)

- Das lasse ich so stehen.

Vielen Dank. – Jetzt Frau Kollegin Kamm. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Ministerin, mir tut es sehr leid, dass Sie die uralten Argumentationen und Ausführungen Ihres Ministeriums zur angeblichen technischen Überprüfung der Öltanks und Ölheizungen jetzt wiederholen. Ich bitte Sie: Schauen Sie sich einmal an, welche Schäden durch die angeblich so gut überwachten Öltanks entstehen, wenn sie auslaufen. Fast alle schwimmen auf, die Verankerungen reißen weg, das Öl tritt aus, und den Schaden hat nicht nur der Besitzer der Ölheizung, sondern haben alle Besitzer der Häuser ringsum. Das ist nicht nur ein materieller Schaden, sondern auch eine massive Gesundheitsgefährdung. Ihre Argumentationslinie kann man, wenn man sieht, was da immer passiert, nicht stehen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich muss keine Argumente aufnehmen, die mir aufgeschrieben werden. Nachdem ich seit fast sechs Jahren Vorsitzende der bayerischen Wasserwacht bin, habe ich Hochwasser und vor allen Dingen auch Schäden genug gesehen. Ich glaube jedoch, dass wir die Ölheizungen nicht verbieten können. Uns stehen andere Maßnahmen zur Verfügung,

(Christine Kamm (GRÜNE): Aber die helfen doch nicht!)

und wir setzen hier auf die Verantwortung der Hauseigentümer, die sehr vernünftig vorgehen, wenn man sie unterstützt, und die auch ihrer Prüfpflicht nachkommen müssen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Bevor wir zur Abstimmung zu den Anträgen dieses Tagesordnungspunktes kommen, darf ich auf den noch offenen Tagesordnungspunkt 7 zurückkommen. Die CSU-Fraktion hat den Antrag auf namentliche Abstimmung freundlicherweise zurückgenommen. Dafür ziehen wir ihn jetzt zur einfachen Abstimmung vor. Das ist der Antrag der Abgeordneten Andreas Lotte, Annette Karl, Angelika Weikert und anderer (SPD) betreffend "Gezieltes Schaffen von bezahlbarem Wohnraum in Bayern" auf Drucksache 17/4073.

Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun wieder zum laufenden Programm. Die Fraktionen sind übereingekommen, mit Ausnahme des Antrags der GRÜNEN auf Drucksache 17/5000 betreffend "Verbot von Ölheizungen in Überschwemmungsgebieten" über die Anträge auf den Drucksachen 17/4995, 17/4996, 17/4997, 17/4998 und 17/4999 insgesamt abzustimmen und der Abstimmung das Votum des jeweils federführenden Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz zugrunde zu legen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann lasse ich jetzt so abstimmen.

Ausgenommen ist der Antrag auf Drucksache 17/5000. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im federführenden Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit sind die Anträge auf den Drucksachen 17/4995, 17/4997, 17/4998 und 17/4999 abgelehnt. Dem Antrag auf Drucksache 17/4996 wurde zugestimmt.

Jetzt lasse ich in namentlicher Form über den Antrag auf Drucksache 17/5000 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung. Die Urnen sind bereitgestellt. Damit eröffne ich die Abstimmung. Wir haben fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 18.42 bis 18.47 Uhr)