Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer dasselbe Muster und immer dieselbe Diskussionsstrategie: mit dem Finger auf andere zeigen und selber damit sein Nichtstun legitimieren.
Sie haben recht: Wir müssen mithelfen, dass die Korruption in den Ländern bekämpft wird. Sie haben recht: Wir müssen auch mithelfen, dass europäische Länder gestärkt werden und die Wirtschaft dort gestärkt wird, damit Ausreise- oder Fluchtgründe nicht mehr gegeben sind. Auch damit haben Sie recht. Dem widerspricht aber auch keiner.
Nur: Diese Argumentation beinhaltet keine Gründe dafür, um selbst zu sagen: Macht einmal, und wir tun nichts. Ich will damit aber auch nicht sagen, dass wir nichts tun. Es ist eine Frage – ich habe es vorhin schon einmal gesagt – der Humanität, Menschen, die aus ihren Ländern wegziehen oder fliehen und zu uns kommen, zu helfen. Ich würde da etwas mehr Demut an den Tag legen.
Ich wünsche es Ihnen nicht, dass Sie aus Armut Ihre Heimat verlassen müssen, dass Sie Ihre Heimat verlassen müssen, weil Sie verfolgt, diskriminiert, von Gewalt bedroht werden oder null Perspektive haben. Das wünsche ich nicht, und deswegen sollten wir vorsichtiger sein mit solchen starken Begriffen, die Sie immer gerne verwenden. Ich will Ihnen ein paar dieser Begriffe aufzählen, die nicht geeignet sind, den Menschen in den Ländern vor Ort zu helfen. Solche starken Sprüche, die Sie immer gerne bei jeder Gelegenheit verwenden, schüren eher am rechten Rand. Das sollte nicht unser Ziel sein.
Es kann doch nicht sein, dass wir ständig vom "organisierten Missbrauch des Asylrechts" reden. Ich will Ihnen sagen, warum nicht, Frau Ministerin: weil Menschen, die aus Hunger, Leid, Not oder wegen Diskriminierung woandershin fliehen, nicht unter "organisiertem Missbrauch" zusammenzufassen sind.
Wir sollten zurückhaltender sein mit Begriffen, die der Präsident des Landkreistages Christian Bernreiter
zum Besten gegeben hat: "Wir sind nicht das Sozialamt vom Balkan." Auch solche Sprüche helfen nicht, sondern schüren am rechten Rand. Muss das denn wirklich sein?
Sie sollten vielleicht auch Ihren Generalsekretär etwas an die Leine nehmen: Asylrecht ist nicht für Sozialtouristen und Wohlstandssuchende gedacht. Nein, das ist es nicht, aber ein solch starker Spruch schürt am rechten Rand. Ein solcher Spruch hilft den Betroffenen überhaupt nicht weiter.
Im Anschluss. - Sie reden immer von sicheren Drittstaaten und wollen Länder zu sicheren Drittstaaten erklären. Ich will darauf hinweisen, was der Weihbischof Dieter Geerlings, Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, gesagt hat. Er hat gesagt, der Kosovo sei kein sicheres Drittland. Hören Sie doch einmal auf die Menschen, die darauf hinweisen, dass man vielleicht in der Wortwahl etwas zurückhaltender sein soll. Wir müssen den Menschen erklären, dass Flüchtlingspolitik und Humanität Geld kosten. Wir dürfen die eigene Bevölkerung aber nicht überlasten, darin sind wir uns völlig einig.
Wenn wir aber wollen, dass wirklich geholfen wird, und wenn wir denjenigen, die wegen Vergewaltigung, Hunger oder fehlender Perspektive in andere Länder flüchten oder dorthin vertrieben werden, helfen wollen, dann nützen solche Sprüche nichts. Was die FREIEN WÄHLER beantragt haben, ist nichts anderes als eine Unterstützung der Länder, um aus eigener Kraft Armutsabwanderung zu verhindern.
Herr Kollege Pfaffmann, Sie wehren sich gegen Formulierungen. Jetzt frage ich Sie: Sie lasten uns an, wir würden von organisierten Armutsflüchtlingen sprechen, während Sie völlig negieren, dass diese Organisation durch Personen erfolgt, die den Ärmsten der Armen auch noch das letzte Geld aus der Tasche ziehen, um sich selber zu bereichern.
Ich negiere das überhaupt nicht und heiße das auch nicht gut. Das ist keine Frage. Wenn man aber im Zusammenhang mit Menschen, die aus bestimmten Gründen ihr Land verlassen, permanent von "organisiertem Missbrauch" und damit von krimineller Energie im Zusammenhang mit Personen, die sich durch Flucht eine Lebensperspektive verschaffen wollen, redet, dann hilft man nicht, sondern schürt Ressentiments. Genau das brauchen wir nicht.
Vielen Dank, Herr Kollege Pfaffmann. - Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Kollegin Kamm. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es frustriert schon, wenn bei einem sachlichen Antrag der FREIEN WÄHLER über das Thema, wie man die Ursachen sogenannter Armutsmigration in den Herkunftsländern bekämpft, sofort eine Diskussion losgeht, die in der Breite doch eher an den Politischen Aschermittwoch erinnert.
Herr Kollege Fahn, Sie sprechen von einer Bekämpfung der Ursachen sogenannter Armutsmigration in den Herkunftsländern. Ich verstehe Ihren Antrag auch so, dass Sie dafür plädieren, die Ursachen von Armut und Diskriminierung in den Herkunftsländern zu bekämpfen, damit den Menschen dort das Leben nicht so unerträglich, nicht so unendlich schwer gemacht wird.
Es ist durchaus richtig, dass die EU-Staaten in der Lage sind, EU-Mittel einzusetzen. Es gibt aber sicherlich Defizite hinsichtlich der Frage, welchen Gruppen diese Mittel vor allem zukommen. Gerade diskriminierte Gruppen haben größere Schwierigkeiten, EUMittel für ihre Projekte zu bekommen, als der Staat selbst. Das habe ich bei Besprechungen dort gehört Es ist klug, wenn darüber nachgedacht wird, wie es erreicht werden kann, dass die Mittel aus den EU-Programmen vor allem jenen Menschen zugute kommen, die unter massiver Armut und Ausgrenzung leiden. Darüber weiter intensiv zu diskutieren schadet nicht. Dabei unterstützen wir die FREIEN WÄHLER. – Herzlichen Dank.
wehre mich ganz massiv dagegen, dass ständig Aussagen verdreht werden und uns unterstellt wird, wir behandelten Flüchtlinge falsch bzw. als Kriminelle. Wenn wir von organisiertem Asylmissbrauch sprechen, dann ist dieser Vorwurf an diejenigen gerichtet, die die Menschen dazu veranlassen, das Kosovo zu verlassen. Die Menschen sind gegangen, weil man ihnen etwas vorgegaukelt hat. Sie sind gegangen, weil man im Internet geschrieben hat, sie bekämen bei uns auch als Wirtschaftsflüchtlinge Asyl. Sie sind gegangen, weil man ihnen gesagt hat, sie erhielten Geld, wenn sie nach Deutschland kämen. Die Menschen haben das geglaubt. Was ist passiert? - Sie haben alles, was sie hatten, versetzt. Sie stehen, wenn sie irgendwann in ihr Land zurückkehren müssen, vor den Trümmern ihrer Existenz, haben Schulden und wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll.
- Hören Sie doch zu, verflixt nochmal! Ich finde das, was Sie machen, lächerlich. Sie sind so scheinheilig. Sie sind richtig scheinheilig, Herr Pfaffmann.
Ich finde es wirklich peinlich, was Sie da bringen; das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Wir wollen es diesen Menschen ersparen, dass sie den Weg nach Deutschland antreten. Wir wollen es ihnen ersparen, dass sie ihr gesamtes Geld auf den Kopf hauen, nur weil ihnen irgendwelche Schlepper das Geld aus der Tasche ziehen wollen.
Wir haben unser Asylrecht für die Menschen, die es dringend brauchen. Wir haben das Asylrecht für die Menschen, die vor Krieg, vor Verfolgung, vor Folter fliehen. Wir müssen es sehr deutlich sagen: Wir können nicht allen Menschen, die diskriminiert werden oder denen es wirtschaftlich schlecht geht, eine Heimat bieten. Das ist der Punkt.
Ich habe mich vor Kurzem an die Grenze zwischen Serbien und Ungarn gestellt. Alle, die nur ein Quäntchen Erfahrung haben, sagen uns, dass wir noch mit sehr vielen Flüchtlingen konfrontiert werden. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als nach Recht und Gesetz vorzugehen und uns darauf zu konzentrieren, den Menschen, die wirklich nicht mehr anders können, die Unterstützung zu geben, die sie brauchen. Wir geben ihnen diese Unterstützung aus Solidarität und aus Humanität gern und mit Überzeugung. Wir wollen ihnen helfen, wir wollen ihnen Schutz geben.
- Ich mag gar nicht mehr darauf eingehen, weil Sie hier nur ein Verwirrspiel stattfinden lassen, Herr Pfaffmann.
Anders gesagt, das deutsche Sozialsystem, das deutsche Asylsystem ist nicht für die Menschen gemacht, die aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen.
Aber verstehen Sie mich nicht falsch! Ich habe auch immer gesagt, dass ich Verständnis habe für Menschen, die schauen, wo es ihnen besser geht, und die dort hinstreben. Aber wir müssen noch einmal festhalten: Die massenhafte Ausreise aus dem Kosovo ist der falsche Weg. Das Land blutet aus. Wir müssen das Gegenteil tun und im Land Hilfe leisten, wo es Bedarf gibt. Deswegen bin ich hingefahren.
Ich habe ich mich vor Ort erkundigt und nach meiner Rückkehr mit meinen Kolleginnen und Kollegen gesprochen, zum Beispiel mit Helmut Brunner, Ilse Aigner und Joachim Herrmann, um dann, wenn ich wieder im Kosovo bin, Hilfsangebote vorstellen zu können. Ich werde vor Ort nachfragen, welche Angebote, die wir im Rahmen unserer Möglichkeiten machen können, dort passen. Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, das ist der Weg. Deswegen mach ich mir selbst ein Bild. Ich pflege auch einen intensiven Austausch mit den Kollegen aus Rumänien und Bulgarien. Wir sprechen mit ihnen, um konkrete Projekte durchführen zu können. Dabei geht es auch um die Frage der Beantragung und Abwicklung von EU-Förderprogrammen.
Ich war im Kosovo nicht nur, um die Menschen vor den falschen Versprechungen der Schlepper und vor ihren Lügen zu bewahren, sondern auch, um Hilfeleistungen zu erörtern. In der nächsten Woche werde ich das in Albanien tun, aber auch im Libanon, in Rom und auf Sizilien.
Klar ist: Wir brauchen, wenn wir Migrationsströme verhindern wollen, mehr als das, was wir in Bayern oder in Deutschland insgesamt in der aktuellen Situation leisten können. Wir brauchen einen umfassenden, vernetzten europäischen Ansatz. Wir tragen gemeinsam Verantwortung. Deshalb habe ich gefordert, dass sich Europa, insbesondere der Europäische Rat, mit dem Thema befasst. Ich fordere die EU auf, ein Hilfsprogramm zu initiieren und Finanzmittel für diese Förderprojekte in Aussicht zu stellen, damit vor Ort gehol
Noch etwas: Wir geben in Bayern für jeden Asylbewerber rund 1.300 Euro aus. Überlegen Sie einmal, welche Projekte wir stemmen könnten, wenn wir all das Geld, das wir für Asylbewerber ausgeben, deren Anträge aussichtslos sind, in den Herkunftsländern einsetzen könnten!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Welche Projekte ein Mitgliedstaat durchführen kann und welche Projekte er fördern möchte, entscheidet er allein. Wir können dabei nichts anderes tun, als ihn zu beraten. Die Entscheidung trifft auch nicht die Kommission, Herr Fahn; anderenfalls würde sie das Subsidiaritätsprinzip verletzen, um auch das einmal klar zu sagen.