Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Nächstes Griechenlandpaket ablehnen! (Drs. 17/5403)
Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Herr Kollege Aiwanger. Bitte schön, Herr Kollege Aiwanger.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Morgen wird im Bundestag wohl das nächste Griechenland-Geld freigegeben, altes Geld vom alten Paket. Wir sehen es
trotzdem als Finanztranche, die es wert ist, darüber zu diskutieren; denn irgendwann wurde beschlossen, die bekommen einen gewissen Finanzbetrag, jetzt sind noch siebenkommaetwas Milliarden Euro in der Pipeline. Diesen Betrag bekommen die Griechen nur, wenn sie schön brav sind und endlich das tun, was man ihnen abverlangt, zumindest wenn sie es versprechen.
Hier liegt der Knackpunkt; denn wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo auch der letzte Optimist sehen müsste, dass dieses ständige "Weiter so" in eine Sackgasse führt und wir in Griechenland aufgrund der Politik der letzten Jahre mittlerweile eine Links-Rechts-Regierung und eine Polarisierung der politischen Öffentlichkeit haben. Trotzdem wird die Not immer größer. Obwohl wir seit Jahren zu retten versuchen, steigt die Arbeitslosigkeit. Griechenland hat über 50 % Jugendarbeitslosigkeit und über 25 % Arbeitslosigkeit querbeet. In Griechenland ist mittlerweile ein Schuldenberg von rund 300 Milliarden Euro aufgehäuft worden mit einer jährlichen Zinslast von rund 15 Milliarden Euro. Dabei ist die Wirtschaftskraft nicht einmal halb so groß wie die Bayerns. Das ist, als hätte Bayern jedes Jahr eineinhalb Landesbanken zu verfrühstücken und abzuarbeiten. 15 Milliarden Euro nur für Zinsen, sonst nichts! Dass das nicht mehr lange gut geht, hätte man schon lange merken müssen. Aber der Blick in den Rückspiegel hilft leider nichts. Wir müssen nach vorne schauen, wo die Wand ist. Auf diese Wand rasen wir genauso munter zu wie in den letzten Jahren. Morgen werden wohl weitere Mittel freigegeben. Vielleicht sagt der Herr Ministerpräsident nachher noch ein paar Worte; denn er war wohl in Berlin, wo darüber diskutiert wurde.
Man droht und sagt: Ihr müsst jetzt endlich tun, was wir sagen; wenn ihr es versprecht, sind wir zur Not schon mal zufrieden. – So können wir nicht weitermachen. Wir sagen ganz klar: Dieses Land wird noch weiter im Elend versinken, wenn die einzige Zielsetzung ist, die Zinsen der alten Kredite zu bedienen. Dafür bekommen die Griechen frisches Geld. Wir nehmen also unser eigenes Geld aus der linken Tasche, zahlen damit die eigenen Zinsansprüche gegen Griechenland und sagen: Siehst du, kommt ja doch Geld. - Der Schuldenberg wird immer höher. Deutschland haftet mit rund einem Drittel dieser Mittel. Wir kommen nicht vorwärts. Deshalb hier die klare Aufforderung, über Alternativen nachzudenken. Das hätte längst geschehen müssen.
Wir erneuern trotzdem unseren Vorschlag, den wir bereits seit 2012 machen: Biete den Griechen Hilfe an und unterstütze sie dabei, neben dem Euro als Zweitwährung die Drachme wieder einzuführen, sodass Griechenland seinen innerstaatlichen Zahlungsver
kehr aufrechterhalten kann, damit es nicht mehr auf EZB-Mittel angewiesen ist und wir kein frisches Geld mehr rüberschaufeln müssen. Das ist die einzige Chance. Das ist auch ein Vorschlag des Chefvolkswirts der Deutschen Bank, Thomas Mayer, also keine private Erfindung von mir. Von vielen Bankexperten wird angeregt: Gib denen eine eigene Währung, sodass sie abwerten und wettbewerbsfähig werden können, damit die Millionen Arbeitslosen wenigstens in der Tourismusbranche oder vielleicht auch in minderqualifizierten Bereichen, etwa in der Landwirtschaft, arbeiten können, um dort ein bisschen etwas zu erwirtschaften und etwas beizutragen, ohne für diesen Arbeitsmarkt zu teuer zu sein, der nur über den Euro läuft.
Damit haben wir einen Ausweg aufgezeichnet, die Griechen wieder mit einer eigenen Währung und mit Wettbewerbsfähigkeit auszustatten, damit sie vielleicht wieder ein paar Mittel zurückzahlen. Aber bitte morgen nicht wieder die Hand für die nächsten Milliarden Euro heben. Deutschland wird wieder Pi mal Daumen mit rund einer Milliarde Euro haften, wenn man den Drittelanspruch aus den EZB-Mitteln bzw. aus dem Rettungsschirm herausrechnet. Einem Drogensüchtigen immer neue Drogen zu verabreichen, wäre der gleiche Weg.
Wir müssen aus dieser Nummer irgendwann raus, sonst wird diese Nummer immer teurer, sonst wird der Patient immer kränker und der Hass auf uns immer größer. Mittlerweile hat die Not einen Grad erreicht, bei dem wir politisch mit allem rechnen müssen. Ich will mir nicht ausmalen, was los wäre, wenn wir in Deutschland eine solche Arbeitslosigkeit hätten.
Ich appelliere also an die Vernunft der Staatsregierung, den Weg der Zweitwährung anzugehen. Die Forderung "Schmeiß‘ sie hinaus!" hört sich so locker an. Man kann niemand hinauswerfen. Wenn die Griechen freiwillig gehen, tun sie es; wenn sie nicht gehen, gehen sie eben nicht. Ich würde diesen Schritt noch nicht vollziehen; denn der Schritt dazwischen, der nicht so weh tut, ist die Zweitwährung. Dieser Schritt ist vielleicht sogar zielführender und wirbelt nicht so viel Staub auf. Aber "Weiter so" ist auf alle Fälle der falsche Weg. Deshalb ist unser klarer Antrag an Sie, morgen wenigstens als CSU nicht die Hand dafür zu heben. Sonst hätten Sie am Aschermittwoch die Backen aufgeblasen, ohne dann zu pfeifen.
Danke schön, Herr Kollege Aiwanger. – Unser nächster Redner ist Herr Kollege Weidenbusch. Bitte schön.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich haben wir alle mitbekommen, wie sich die Dinge in Griechenland entwickeln. Die Wahlversprechen, die die Partei von Herrn Tsipras gemacht hat, laufen diametral dem zuwider, was die Europäische Union von Griechenland erwartet. Das ist nicht unbedingt vertrauensfördernd.
Die erste Regierungserklärung der griechischen Regierung hat praktisch gelautet, dass man die Reformen zurückdrehen und Geld ausgeben will, das man nicht hat. Auch das ist für uns Anlass, die Dinge kritisch zu sehen.
Der neue griechische Finanzminister Varoufakis hat in der Folge Herrn Dijsselbloem von der Troika praktisch hinausgeschmissen. Abgesehen davon, dass das vom Stil und vom Auftritt her nicht in Ordnung war, ist ein solches Vorgehen dazu geeignet, in ganz Europa das Vertrauen der Menschen zu enttäuschen, dass sich die Dinge bessern.
Wir haben nun zusätzlich die Situation, dass in Griechenland praktisch eine linksextremistische mit einer rechtspopulistischen Gruppe zusammenarbeitet. Ich kann mich erinnern: Als Wolfgang Schüssel mit der FPÖ koaliert hat, hat sich die EU zwei Monate geweigert, mit ihm zu sprechen. Das ist eine interessante Reaktion. Wenn irgendwelche Linksextremisten mit Rechtspopulisten zusammengehen, kann man auch am nächsten Tag miteinander reden. Wir haben als CSU auch in Richtung Brüssel durchaus einen kritischen Blick. Uns entgehen solche Dinge nicht.
Sie kommen als FREIE WÄHLER in dieser Situation zu dem Ergebnis: Jetzt ist es genug, wir machen nichts mehr.
Herr Aiwanger, das Schöne und Positive an Europa ist, dass wir hier Dinge, wie sie früher an der Tagesordnung waren, überwunden haben, miteinander sprechen und dadurch Auseinandersetzungen, insbesondere auch kriegerische Auseinandersetzungen, vermeiden. Kriege sind in den vergangenen Jahrhunderten dadurch zustande gekommen, weil sich rücksichtslose Populisten in unterschiedlichen Ländern mit ihrer Position durchgesetzt haben und die Länder dann aufeinander losgegangen sind. Deshalb ist es notwendig - und das hat ganz Europa erkannt -, dass man solche Auseinandersetzungen vermeidet, indem man vorher alle Möglichkeiten ausschöpft, die es gibt.
Wo stehen wir jetzt? - Griechenland hat demokratisch gewählt. Uns mag das Ergebnis dieser Wahl nicht gefallen, aber es ist das Ergebnis einer demokratischen Wahl. Wir sind aufgefordert, uns mit demokratischen Wahlergebnissen qualifiziert auseinanderzusetzen und nicht in Kurzschlussreaktionen zu handeln.
Die griechische Regierung hat am 20. Februar erklärt, dass sie die begonnenen Reformen - - Sie haben ausgeblendet, dass in Griechenland viel passiert ist. Es wurden diverse Reformen und auch deren Umsetzung begonnen, unter anderem mit bayerischer Hilfe. Wenn Sie einmal hinfahren würden, könnten Sie sehen, dass dort mittlerweile Dinge funktionieren, die es vor drei Jahren noch nicht gegeben hat. Ein Beispiel dafür ist das Katasteramt.
(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE) – Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Wann waren Sie das letzte Mal dort?)
Wissen Sie, das ist das Problem mit den Populisten. Sie stellen irgendwelche Forderungen auf. Dann treffen sie auf die harte politische Realität, und dann passt es nicht zusammen.
Wissen Sie, wenn Sie sich dann in der Diktion Ihres Antrags eigentlich nur bei den Rechtsextremen in Frankreich, bei Le Pen, wiederfinden,
- Herr Aiwanger, wollen Sie sich wirklich unbedingt neben Frau Le Pen stellen und die einzigen in Europa sein, die diese Position vertreten?
(Zurufe – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Blöder geht es nicht mehr! Blöder geht es nicht mehr, Herr Weidenbusch! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Herr Kollege Aiwanger, ich denke, "blöder geht es nicht mehr" können wir wirklich nicht mehr als parlamentarischen Ausdruck durchgehen lassen, aber -
Ich denke, Herr Weidenbusch hält viel aus, aber vielleicht sollten wir zum parlamentarischen Sprachgebrauch zurückfinden.