Zweitens. Die Agentur hat am letzten Sonntag berichtet, dass es einen Konflikt zwischen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Ihrem Parteikollegen Christian Schmidt gibt, was die Regelungsebene angeht. Können wir, wenn Sie heute den Anträgen zustimmen, ein bundesweites Gentechnik-Anbauverbot zu beschließen, davon ausgehen, dass Herr Bundesminister Schmidt dies auch auf Bundesebene so vertritt, wenn es ums Eingemachte geht?
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr von Brunn, ich weiß nicht, ob Sie sich dessen bewusst sind, dass wir hier im Bayerischen Landtag sind. Wir können kein bundesweites GentechnikAnbauverbot beschließen. Wir können lediglich beschließen, dass wir die Bundesregierung dazu auffordern.
(Natascha Kohnen (SPD): Sie sind mit in der Regierung! Sie regieren in Berlin! – Weitere Zurufe von der SPD)
Das haben wir bereits vor drei Wochen mit unserem Antrag gemacht. Damit dürfte, so denke ich, Klarheit bestehen.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat für die Staatsregierung Frau Staatsministerin Scharf ums Wort gebeten. Bitte sehr, Frau Staatsministerin.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die drei Anträge, die heute zur Abstimmung stehen. Ich finde es angenehm, dass wir uns bei diesem Thema so einig sind, und nutze die Gelegenheit gerne, anhand der Anträge noch einmal unsere Position zur grünen Gentechnik klarzumachen.
Wir sagen ein ganz klares Nein zu gentechnisch veränderten Pflanzen auf Bayerns Feldern, weil wir die Risiken der grünen Gentechnik bis heute nicht ausreichend geklärt haben und weil wir unsere empfindlichen Naturräume in Bayern und unsere kleinteiligen Agrarstrukturen schützen wollen.
Dabei werden wir, wie dies heute schon mehrfach gesagt wurde, von einer großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Über 70 % der Menschen in Bayern lehnen die grüne Gentechnik ab.
Ich meine, dass wir insgesamt sehr weit gekommen sind. Seit 2008 kämpfen wir in großer Einigkeit für das Selbstbestimmungsrecht auf unseren Feldern. Wir haben unsere gemeinsamen Anträge auf den Weg gebracht, und – das kann ich heute wirklich betonen – wir sind zufrieden und froh über das Ja zum Opt-out auf EU-Ebene. Mit unserer Überzeugung haben wir uns auf allen Ebenen durchgesetzt, und darauf sind wir wirklich stolz.
Jetzt darf keinesfalls das Opt-out scheitern, weil sich Bund und Länder nicht einig werden. Auf Initiative Bayerns hat der Bundesrat im April 2014 mit großer Mehrheit unter anderem beschlossen – ich darf dies vortragen -: Vorrangig sollen nationale einheitliche Verbote ausgesprochen werden können, und wenn die Bundesregierung von der Verbotsmöglichkeit keinen Gebrauch macht, dann müssen in den Ländern Verbote ausgesprochen werden können.
Es wäre jetzt wirklich zu kurz gesprungen, würden wir uns einseitig vom Bund abhängig machen. Daher – ich betone das – engagieren wir uns gerne für ein rechtlich gesichertes, vorrangiges bundesweites Anbauverbot. Das entspricht unserem jahrelangen Werben für (Anmerkung der Staatsregierung: gemeint ist "gegen") die grüne Gentechnik.
(Natascha Kohnen (SPD): Ja! Dafür! – Florian von Brunn (SPD): Das war jetzt ein freudscher Versprecher!)
Die vorliegenden Anträge können wir mittragen, auch wenn sie die gegebenenfalls notwendige Länderoption nicht ausdrücklich erwähnen. Wir wollen jetzt eine schnelle Umsetzung in deutsches Recht, so wie dies kürzlich in unserem eigenen Antrag vom 28. Januar dargestellt und heute noch einmal erwähnt wurde.
Meine Damen und Herren, am 13. November 2014 haben wir "Fünf Jahre gentechnik-anbaufreies Bayern" gefeiert.
Seit 2009 werden in Bayern keine gentechnisch veränderten Pflanzen mehr angebaut oder zu Forschungszwecken freigesetzt. Wir wollen, dass dies so bleibt, und ich bedanke mich herzlich für die Unterstützung hier im Hohen Haus.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/5404 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, SPD, FREIE WÄHLER und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/5434 – das ist der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, SPD, FREIE WÄHLER und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/5435 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Ich darf das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Dr. Fahn und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Nächstes Griechenland-Paket ablehnen!", Drucksache 17/5403 mitteilen: Mit Ja haben gestimmt 15, mit Nein haben gestimmt 130, und es gab sechs Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Gudrun Brendel-Fischer u. a. und Fraktion (CSU) Jüdisches Leben in Bayern stärken (Drs. 17/5405)
Geschätzte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass unseres heutigen Dringlichkeitsantrages ist ein trauriger und ernster. Es gibt neuerdings vehement Aufrufe an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger europäischer Länder, nach Israel zu emigrieren. Uns in der CSU-Fraktion betrüben solche Aufrufe; denn sie spiegeln die zunehmende Verunsicherung jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger wider. Wir alle sind über die Anschläge in Paris und Kopenhagen bestürzt. Wir als CSU-Landtagsfraktion verstehen die wachsende Unsicherheit bei unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Wir sagen auch: nie wieder! Wir tolerieren keine Angriffe auf Mitbürgerinnen und Mitbürger in Bayern, egal welchen Glaubens. Gegen solche Angriffe wehren wir uns mit aller uns zur Verfügung stehenden Kraft.
70 Jahre nach Ende der Shoa ist jüdisches Leben erfreulicher- und dankenswerterweise ein wichtiger Bestandteil unserer bayerischen Gesellschaft. Darauf sind wir alle sehr, sehr stolz. Das Entstehen und Wachsen jüdischer Gemeinden ist eine Bereicherung für unser Land. München hat mit über 9.000 Mitgliedern die zweitgrößte Gemeinde in ganz Deutschland.
Liebe Frau Präsidentin, geschätzter Kollege Rosenthal, als Würzburger Abgeordnete wissen wir aus unserer Heimatstadt: Das Judentum ist ein essenzieller Teil bayerischer Geschichte. Seit 1147 leben Juden in Würzburg. Würzburg hat heute mit über 1.000 Gemeindemitgliedern eine lebendige jüdische Gemeinde. Das macht mich als örtlichen Stimmkreisabgeordneten froh. So wurde 2006 nach fünfjähriger Bauzeit ein neues jüdisches Gemeinde- und Kulturzentrum eröffnet, das den wunderschönen und gleichzeitig offenen Namen Shalom Europa trägt. Ich bin der Bayerischen Staatsregierung, vor allem auch unserer Landtagspräsidentin Barbara Stamm genauso wie dem Stiftungsdirektor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten Karl Freller, der heute leider grippebedingt nicht dabei sein kann, äußerst dankbar, dass sie sich nicht nur dort im Besondern, sondern generell für das jüdische Leben in ganz Bayern so engagiert einsetzen.
Das Judentum ist in bayerischen Städten nicht nur an eindrucksvollen Bauten sichtbar, sondern ist auch ein fester Bestandteil unseres Alltags. Heute nehmen wir
mit unserem Dringlichkeitsantrag keine parteipolitisch motivierte Haltung ein, sondern wollen – möglichst mit Zustimmung aller Mitglieder in diesem Hohen Haus – ein klares und damit umso eindrucksvolleres Zeichen aus dem Maximilianeum an alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes senden: Jüdisches Leben ist in Bayern nicht nur sehr gewünscht, Bayern braucht jüdisches Leben.
Bayern wäre ohne jüdisches Leben nicht vorstellbar. Beispielsweise hat wie kaum ein anderer Literat Lion Feuchtwanger die bayerische Literatur geprägt. Unsere Kulturlandschaft wäre ohne viele jüdische Künstlerinnen und Künstler undenkbar. Ich nenne nur den Dirigenten Hermann Levi, der die Bayerische Staatsoper im 19. Jahrhundert zum internationalen Glanz gehoben hat. Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jüdischen Glaubens haben maßgeblich mitgeholfen, dass Bayern ein führendes Forschungs- und Universitätsland wurde. Bayern hat dem Judentum selbstverständlich auch wirtschaftlich und gesellschaftlich viel zu verdanken.
Wir wissen – ich denke an die Orte Dachau, Nürnberg und München -, dass wir wegen unserer Vergangenheit heute und für alle Zukunft in ganz besonderer Weise Verantwortung für den Schutz des Judentums in Bayern tragen. Für uns hat die Sicherheit aller Mitbürgerinnen und Mitbürger – gerade auch jüdischen Glaubens – oberste Priorität. Ich danke insbesondere den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten für ihren Einsatz im Objekt- und Personenschutz.
Ein aktives jüdisches Leben ist uns wie Ihnen allen ein großes Anliegen. Der Freistaat Bayern fördert nicht nur jüdisches Leben aus Gründen der religiösen Vielfalt und Toleranz. Für uns sind aktive jüdische Gemeinden nicht nur eine Frage von Religionsfreiheit. Sie sind auch das Gesicht einer lebendigen Demokratie und der facettenreichen Tradition Bayerns. Das Judentum hat ganz Bayern maßgeblich geprägt. Unsere jüdisch-christlichen Wurzeln bilden die Wertgrundlagen unserer bayerischen Gesellschaft ganz besonders. Unsere Bayerische Verfassung, die kommendes Jahr 70 Jahre alt wird, atmet diesen Geist.
Der Bayerische Landtag wird auch in Zukunft alles dafür tun, dass unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Bayern ihre Heimat haben. Wir möchten alle jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger herzlich einladen, unsere gemeinsame Zukunft weiterhin mitzugestalten. Wir bitten Sie: Engagieren Sie sich auch weiterhin! Das politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche, religiöse und kulturelle Leben braucht Sie. Wir
garantieren Ihnen, liebe jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger: Wir werden alles in unserer Kraft Stehende dafür tun, Ihre Sicherheit und die Sicherheit Ihrer Einrichtungen zu gewährleisten. Ich bitte Sie alle, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Stimmen Sie bitte unserem Antrag zu! Bayern hat nicht nur eine stolze Tradition jüdischen Lebens. Nein, jüdisches Leben soll auch in Zukunft Bayern bereichern. - Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege, bitte verbleiben Sie am Rednerpult. Zu einer Zwischenbemerkung erteile ich der Abgeordneten Claudia Stamm das Wort.
Lieber Kollege Jörg, wir sind natürlich völlig bei Ihnen, wenn es gilt, jüdisches Leben in Bayern zu schätzen, willkommen zu heißen und zu fördern. Ich würde mir aber wünschen, dass wir sowohl hier im Parlament als auch andernorts jüdisches Leben immer in den uns bekannten, von Ihnen zum Teil genannten Personen, die ich persönlich auch kenne und sehr schätze, als jüdisches Leben wahrnehmen.
Es gibt auch eine liberale jüdische Gemeinde namens Beth Shalom, die sich sehr freuen würde – gerade, weil das Wort "fördern" in Ihrem Antrag vorkommt -, wenn sie auch eine Förderung von staatlicher Seite bekommen würde. Ich kann auch Ängste entkräften, indem ich sagen kann, dass sich auch die orthodoxe und die liberale jüdische Gemeinde einander annähern. Es wäre an der Zeit, ein Zeichen zu setzen und auch für deren Projekt und deren Zentrum, das mit einem ganz berühmten Architekten in Verbindung steht, hinsichtlich der Förderung die gleichen Maßstäbe wie auch sonst anzulegen.
Liebe Kollegin, vielen Dank für diesen Hinweis. Lassen Sie uns diesen Hinweis gemeinsam mitnehmen. Aber lassen Sie uns nicht heute diesen Hinweis dieser Debatte zuführen, und lassen Sie uns auch nicht die einen oder die anderen jüdischen Mitbürger zum Gegenstand der Debatte machen, sondern lassen Sie einfach ein geschlossenes Signal aus dem Hohen Hause nach ganz Bayern hinausschallen, dass wir hinter den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im gesamten Bayern stehen. Vielen, vielen Dank Ihnen für die Aufmerksamkeit, aber auch für diesen Hinweis.
Vielen Dank. – Jetzt darf ich Herrn Kollegen Rosenthal das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Betreff des Dringlichkeitsantrags der CSU-Fraktion lautet: "Jüdisches Leben in Bayern stärken". Kollege Jörg hat schon auf einige aus seiner Sicht wichtige Punkte hingewiesen.