Protocol of the Session on December 11, 2014

Verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen, einen schönen guten Morgen! Ich eröffne die 34. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Haushaltsplan 2015/2016 Einzelplan 14 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege

hierzu:

Änderungsanträge von Abgeordneten der CSUFraktion (Drsn. 17/4327 mit 17/4334 sowie 17/4416 und 17/4417) Änderungsanträge von Abgeordneten der SPDFraktion (Drsn. 17/4147 mit 17/4157) Änderungsanträge von Abgeordneten der Fraktion FREIE WÄHLER (Drsn. 17/4351 mit 17/4359) Änderungsanträge von Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 17/4142 mit 17/4146)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von 1 Stunde und 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 25 Minuten, auf die SPD-Fraktion 16 Minuten und auf die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN jeweils 12 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Sie kann deshalb bis zu 25 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.

Bevor ich die Aussprache eröffne, kündige ich gleich an, dass für die Endabstimmung über den Einzelplan namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Ich bitte nun den ersten Redner zum Rednerpult, Kollegen Harald Kühn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gesundheit bedeutet Lebensqualität. Auch im Hinblick auf die Lage im Bereich Gesundheit und Pflege können wir froh sein, in Deutschland und in Bayern zu leben. Unsere Versorgungsqualität gehört bei aller Offenheit für Verbesserungsvorschläge zu den besten der Welt. Bei uns hat grundsätzlich jeder Bürger Anspruch auf qualitativ hochwertige ärztliche

Hilfe, unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft und gesundheitlichem Risiko.

Im bundesdeutschen Vergleich braucht sich Bayern nicht zu verstecken. In Bayern gibt es Spitzenmedizin – der Hinweis auf unsere Uni-Kliniken, stellvertretend für die anderen Bereiche, dürfte genügen. Bei der Ärztedichte liegt Bayern auf Platz 1 unter den deutschen Flächenstaaten. Im Zusammenwirken mit allen Beteiligten im Gesundheitswesen, vor allem mit der kommunalen Familie, den Gemeinden, Städten, Landkreisen und Bezirken, den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege und den Privaten konnten bedarfsgerechte und patientenorientierte Versorgungsstrukturen geschaffen werden.

Solide Finanzen, das heißt ein ausgeglichener Staatshaushalt, das Ziel der Schuldenfreiheit, sind dazu jedoch auch künftig die ebenso entscheidende Voraussetzung wie ein Ja zu Forschung und Wissenschaft im eigenen Land. Stichworte sind Medizintechnik, Pharmaindustrie, die personalisierte Medizin und Biotechnologie. Entscheidend ist zudem eine bestmögliche Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung.

Für seine Krankenhäuser engagiert sich der Freistaat seit Jahrzehnten auf Bundesebene für eine angemessene Erlössituation und in Bayern im investiven Bereich. Die Abfinanzierungsquote für die laufenden Projekte beträgt zurzeit 100 %. Die Investitionsmittel in Höhe von 500 Millionen Euro und die pauschalen Fördermittel in Höhe von 200 Millionen Euro im Etat des Finanzministeriums sind derzeit ausreichend. Die wichtige Frage nach den Erlösen aus dem laufenden Betrieb, die wesentlich auf nationaler Ebene beeinflusst und geregelt werden, beschäftigt dort alle Verantwortlichen. Ein parteiübergreifender Konsens in dieser überaus wichtigen Frage wäre wünschenswert. Bei der künftigen Krankenhausstruktur darf es nicht um Lokalkolorit, sondern muss es um Qualität und Leistungsfähigkeit gehen.

Neben den privaten Angeboten muss die öffentliche, vor allem die kommunale Daseinsvorsorge erhalten werden. Sie darf durch keinerlei europäisches Recht, zum Beispiel weder durch das Wettbewerbsrecht noch durch Freihandelsabkommen, gefährdet werden. Eine sinnvoll vernetzte Weltwirtschaft bietet große Chancen, hat eine wohlfahrtsfördernde und friedensstiftende Wirkung. An dieser Stelle möchte ich jedoch als meine persönliche Meinung ganz klar betonen und zum Ausdruck bringen, meine Damen und Herren: Bei den laufenden Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen, die Bayern und Deutschland hoffentlich möglichst Positives bringen, darf es nicht dazu kommen, dass die kommunale Daseinsvorsorge vom Trinkwasser bis zur Gesundheit – Stichwort: öffentli

che Krankenhausversorgung – in irgendeiner Weise angetastet wird. Die Tür darf keinen Millimeter aufgehen.

(Beifall bei der CSU)

Kein noch so großer Gewinn auf internationalen Märkten würde eine Preisgabe dieses für die kommunale Selbstverwaltung, die soziale Marktwirtschaft und den Primat der Politik so elementaren Bestandteiles rechtfertigen – im Gegenteil: Nicht nur im Interesse unserer Bürger, sondern auch der Menschen anderer Staaten gilt es, alles zu tun, diese Strukturen aufrechtzuerhalten.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Ihr seid ja lernfähig!)

Meine Damen und Herren, deshalb bin ich persönlich auch absolut davon überzeugt, dass Bayern im Bundesrat und die CSU im Koalitionsausschuss keiner Regelung zustimmen wird, die nicht zu 100 % wasserdicht ist. Genauso, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, gehe ich allerdings davon aus, dass der Ihrer Partei zugehörige Bundeswirtschaftsminister erst gar keine Vorlage macht, die dem widersprechen würde, und dass auch die GRÜNEN im Bundestag und im Bundesrat entsprechend abstimmen werden. Alles andere wäre ein Eintrag auf der falschen Seite des Geschichtsbuches.

Meine Damen und Herren, der Schriftsteller Ödön von Horváth hat einmal gesagt: Das Herz der Völker schlägt im gleichen Takt. Ich hoffe, dass bei dieser elementaren Frage wirklich alle schwarzen, roten und grünen Herzen im gleichen Takt schlagen. Wir müssen parteiübergreifend auch über diese Thematik hinaus alles tun, um grundsätzliche Eingriffe und Eingriffe nach Art einer Salamitaktik von interessierter Seite mit größter Entschlossenheit zurückzuweisen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Das ist auch deshalb notwendig, damit die guten Seiten und die Chancen, die mit solchen Abkommen verbunden sind, nicht gefährdet und nicht überlagert werden.

Meine Damen und Herren, mit seiner vom Bayerischen Landtag am 10. Oktober 2013 bestätigten Entscheidung, ein eigenes Staatsministerium für Gesundheit und Pflege einzurichten, dem ersten dieser Art in der bayerischen Geschichte, hat der Ministerpräsident seine Einschätzung der enormen und in Zukunft noch zunehmenden Bedeutung dieser Themenbereiche

klar zum Ausdruck gebracht. Mit dem Einzelplan 14 für die Jahre 2015 und 2016 werden die Weichen dafür gestellt, dass den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern auch weiterhin die bestmöglichen gesundheitlichen Versorgungsstrukturen zur Verfügung gestellt werden können.

Inzwischen ist die Aufbauphase des Ministeriums erfolgreich abgeschlossen. Nach der Neubestimmung der Geschäftsbereiche werden in dem vorliegenden Einzelplan 14 vor allem die personelle Ausstattung und die Haushaltsmittel der Einzelpläne 10 und 12 umgesetzt. An dieser Stelle sei der Hinweis gestattet, dass auf ausdrückliche Nachfrage bestätigt wurde, dass der Bedarf für die ärztliche Betreuung von Asylbewerbern nicht Planstellen des Gesundheitsministeriums betrifft, sondern im Rahmen von Finanzmitteln beim Sozialministerium geregelt ist.

Das Ministerium verfügt insgesamt über 195 Planstellen. In den kommenden zwei Jahren wird es eine Erhöhung um 15 Planstellen geben. Mit einem Haushaltsvolumen von 202,4 Millionen Euro ist eine gute Grundlage für die Arbeit in den nächsten zwei Jahren gelegt.

Zu den Schwerpunkten ist zu erwähnen, dass natürlich die Prävention eine ganz besondere Bedeutung hat. Unser Motto ist deshalb: Informieren und Motivieren, statt Vorschriften zu erlassen und die Menschen zu zwingen, abgesehen von Ausnahme- und Notfällen.

(Beifall bei der CSU)

Dafür stehen insgesamt 7,4 Millionen Euro zur Verfügung. Unsere Staatsministerin Melanie Huml hat angekündigt, die Prävention weiter ausbauen zu wollen. Das gilt für das Förderprogramm für die Kurorte und Heilbäder, das Jahresschwerpunktthema Kindergesundheit 2015, die Schuleingangsuntersuchung und genauso für das Thema Impfen – eine der größten Errungenschaften der Medizin.

Die Sucht- und Drogenpolitik des Freistaats Bayern ist mit 10,6 Millionen Euro angemessen berücksichtigt. Dabei wird auch die AIDS-Beratung weiter verstärkt.

Wir haben uns im Haushaltsausschuss – auch wenn dieses Thema im Justizministerium ressortiert – auch über die Situation der Gefangenen in Bayern unterhalten. Hier zeigt sich ein hohes Maß an Sensibilität über alle Parteigrenzen hinweg.

Die Telematikanwendungen werden fortgeführt. Darauf wird die CSU-Fraktion noch im Rahmen einer angestrebten Mittelerhöhung, für die sie sich hier eingesetzt hat, näher eingehen.

Meine Damen und Herren, die Menschen in Bayern profitieren von dieser hochwertigen und flächendeckenden Gesundheitsversorgung. Der Erhalt und die Verbesserung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum ist und bleibt ein wesentliches Ziel. Deshalb werden die Förderprogramme für die Niederlassungsförderung, das Stipendienprogramm und die Förderung innovativer medizinischer Versorgungskonzepte weitergeführt. Ein Kernanliegen ist es, gerade im ländlichen Raum Strukturen zu stärken.

Immerhin handelt es sich um eine Wachstumsbranche, meine Damen und Herren: 875.000 Beschäftigte und 50 Milliarden Euro Jahresumsatz mit weiter steigender Tendenz. Deshalb geht mein Dank an das Ministerium für das Projekt "Gesundheitsregion plus", das in einer erweiterten Form fortgeführt werden soll.

Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Politik. Deshalb werden wir auch im Pflegebereich weiter Akzente setzen, so bei der Förderung der Familienpflege. Meine Damen und Herren, bei der stationären Pflege haben wir in Bayern im Durchschnitt Bedarfserfüllung und sogar 10 % freie Plätze. Trotz allem werden wir die Situation weiterhin genau beobachten.

Was wir – wie andere Regionen auch – brauchen, sind Initiativen zur Förderung der Pflegeberufe. Ich erwähne die Kampagne "Herzwerker", aber auch die innerhalb des Ministeriums in Prüfung befindliche Pflegekammer und den derzeit auf Bundesebene diskutierten und behandelten Referentenentwurf über die Zukunft der Pflegeberufe. Hinzu kommen ein Demenzpreis und ein bayerisches Demenzregister, die diesen Bereich abrunden sollen.

Die Transplantationsmedizin, meine Damen und Herren, hat natürlich eine zentrale Bedeutung. Bei der neuen rechtlichen Weichenstellung auf Bundesebene, die wir zwar etwas anders wollten, mit der wir jetzt aber arbeiten müssen, geht es darum, die Öffentlichkeitsarbeit deutlich zu verstärken. Deshalb werden wir diesen Bereich genauso im Auge behalten wie die Palliativversorgung und die Hospizarbeit.

Sie sehen also, die wesentlichen Schwerpunkte sind richtig gewählt, meine Damen und Herren. In engagierten und intensiven Beratungen im Fachausschuss und in den anderen Gremien sowie auch im Haushaltsausschuss wurde ein gutes Fundament für die Arbeit des Ministeriums in den nächsten zwei Jahren gelegt.

Mein Dank gilt unserem Ministerpräsidenten, der Gesundheitsministerin Frau Huml sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung. Ich danke dem Kollegen Imhof, dem Pflegebeauftragten der Staatsregierung, den Kollegen

Seidenath und Holetschek, dem Ausschussvorsitzenden Peter Winter sowie ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen von der Opposition für die konstruktive Zusammenarbeit.

Meine Damen und Herren, wenn SPD und GRÜNE auf Bundesebene mit uns für eine bessere Finanzausstattung kämpfen – Signale dafür hat es, Herr Rinderspacher, ja schon gegeben, etwa beim Länderfinanzausgleich – und wenn auch Sie sich für die Regionalisierung von Steuern, zum Beispiel der Erbschaftsteuer, starkmachen würden, dann könnten wir das Geld, das dann zusätzlich in Bayern bleibt, für unsere Bürger und verstärkt auch für den Einzelplan 14 einsetzen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte das Hohe Haus um Zustimmung zu diesem Haushaltsplan.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER))

Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Kühn. Es folgt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Pfaffmann.

Herr Kollege Kühn, Sie haben sich im Rahmen des Haushaltsplans ausführlich zu den Handelsabkommen geäußert. Ich höre sehr gerne, dass Sie den Schutz der Daseinsvorsorge und somit auch der Gesundheitsvorsorge sehr hochhalten. Das ist auch unsere Meinung.

Sie haben auf den Wirtschaftsminister hingewiesen, der offensichtlich seine endgültige Position im Rahmen der europäischen Debatte in der Tat noch nicht gefunden hat. Ich erinnere Sie aber auch daran, dass sich die Bundeskanzlerin eindeutig zugunsten der derzeitigen Versionen der CETA- und TTIP-Abkommen ausgesprochen hat.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Der Kollege Lerchenfeld, der mittlerweile im Bundestag sitzt!)

Sind Sie denn mit uns dieser Meinung, oder würden Sie einen gemeinsamen Antrag mit uns unterstützen, der die Vertreter Bayerns dazu auffordert, im Bundesrat gegen diese Abkommen zu stimmen, wenn nicht hundertprozentig gewährleistet werden kann, dass die öffentliche Daseinsvorsorge unangetastet bleibt? Dann könnten wir möglicherweise eine gemeinsame Aktion ganz in dem heute von Ihnen formulierten Interesse starten. Das wäre neben den schönen Reden doch einmal eine ganz konkrete Aktion, um das umzusetzen, was Sie hier formulieren.

Herr Pfaffmann, ich denke, das dürfte im Hohen Hause relativ unstrittig sein. Die Zukunft der kommunalen Daseinsvorsorge liegt allen am Herzen. Wenn man das über die letzten 20 Jahre verfolgt, sieht man, dass die Situation an Schärfe zugenommen hat. Um dies im Detail nachzuvollziehen, dafür reicht der zeitliche Rahmen jetzt leider nicht aus.

Für mich war das bemerkenswert und erschütternd. Ich war damals noch Bürgermeister in meiner Heimatgemeinde – das ist schon über 15 Jahre her und war zuzeiten von Bundeskanzler Schröder –, da gab es einen parteilosen – nicht parteifreien – Bundeswirtschaftsminister Müller, und es wurde ein erster massiver, lobbygetriebener Vorstoß zur Privatisierung der Trinkwasserversorgung unternommen. Damals sind wir Bürgermeister und Werkleiter aus ganz Bayern parteiübergreifend nach Iphofen in Franken gefahren, um mit einer massiven Demonstration klarzumachen, dass wir das nicht wollen. Damit war das Thema vorläufig erledigt.