Protocol of the Session on November 4, 2014

Auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die im Koalitionsvertrag vorgeschlagen worden ist, sollte mit dieser Expertenkommission weiter befördert werden. Den Vorschlag einer Ausbildungsabgabe – das muss ich an die Adresse der GRÜNEN sagen – lehnen wir FREIEN WÄHLER ab. Da gehen wir nicht mit.

Bayern ist derzeit mit kurzfristigen Maßnahmen beschäftigt – dazu habe ich etwas gesagt -, aber im Gesamtkonzept fehlen langfristige Maßnahmen.

Meine Redezeit ist schon vorbei, aber eine langfristige Maßnahme nenne ich Ihnen noch: eine zukunftsfeste, sozial ausgewogene und solide Finanzierung. Diese Finanzierungsbasis bekommen wir nur hin, wenn wir gesellschaftlichen Konsens erreichen, und zwar über eine deutliche Ausweitung der Einnahmebasis. Ich spreche ganz bewusst von "Basis". Die Einnahmebasis muss verbreitert werden. Nur so können wir die Probleme in der Pflege angehen, und nur so können wir den Pflegenden und zu Pflegenden helfen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. - Als Nächster hat der Kollege Klaus Holetschek von der CSU das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir, so glaube ich, hier einen parteiübergreifenden Konsens zu einem wichtigen Thema haben, das sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen eignet; denn es ist ein zentrales Thema, es ist eine zentrale Herausforderung: Es geht um die Menschen in unserer Gesellschaft. Deshalb brauchen wir ein großes Bündnis beim Thema Pflege. Wir müssen alle zusammenarbeiten, damit wir diese gesellschaftliche Herausforderung meistern können.

Ich möchte meinen Beitrag so beginnen, wie es auch die anderen Redner getan haben, nämlich mit dem Dank und dem Ausdruck des Respekts vor all denjenigen, die in der Familie Angehörige pflegen oder die als Pflegekräfte tätig sind. Jeder von uns war schon in Einrichtungen oder kennt dieses Thema aus der Familie. Da kann man wirklich nur den Hut ziehen und großen Respekt vor dieser Leistung aussprechen.

(Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLER und den GRÜNEN)

Das muss man mit ins Zentrum einer solchen Debatte stellen.

Außerdem glaube ich, dass es vom Ministerpräsidenten ein weitsichtiger Schritt war, dieses Ministerium für Gesundheit und Pflege einzurichten und mit Melanie Huml zu besetzen. Ich bin überzeugt, dass der Koalitionsvertrag – wir haben gerade das Pflegestärkungsgesetz beschlossen – auch die Handschrift dieser Ministerin trägt und dass viele Themen, die dort enthalten sind, auch durch den Einsatz bayerischer Politik zustande gekommen sind.

Herr Kollege Leiner, ich verstehe zum Beispiel nicht, warum die GRÜNEN dem Pflegestärkungsgesetz nicht zugestimmt, sondern es im Bundestag abgelehnt haben. Ich glaube, dies ist eine der größten So

zialreformen, die wir auf den Weg gebracht haben. Deswegen stehen wir auch dahinter und freuen uns, dass der erste Schritt getan ist.

Ich sage bewusst "der erste Schritt" mit 2,4 Milliarden Euro, der zweite Schritt muss nun folgen. Das umfasst unter anderem den Pflegebedürftigkeitsbegriff, die bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf - also viele Bausteine, die wir flankieren, die wir in der CSU mittragen und die wir in Berlin mit den Kolleginnen und Kollegen diskutieren und mit auf den Weg bringen wollen.

Auch wir haben zahlreiche Anträge in den Landtag eingebracht; das will ich noch in Erinnerung rufen. Ich hatte durchaus das Gefühl, Frau Kollegin Rauscher, dass wir hier gemeinschaftlich an diesem Thema arbeiten, dass wir uns hier nicht beharkt haben, sondern dass wir alle den Willen haben, Verbesserungen zu schaffen und die Pflegekräfte zu unterstützen.

Hierzu gehört das Thema Entbürokratisierung, hierzu gehören die Modellprojekte wie "ReduDok" und andere. Es ist unglaublich wichtig, dass sie jetzt umgesetzt werden und dass wir Entlastung bringen, die letztlich wieder den Menschen zugutekommt.

Wenn es ein politisches Feld gibt, wo der Mensch im Mittelpunkt steht, dann ist es die Gesundheitspolitik, dann ist es die Pflege. Deswegen lohnt es sich, dort mit großer Leidenschaft und großem Enthusiasmus zu arbeiten.

Ich will auch das Thema Pflegekammer nicht aussparen; denn das ist ein Thema, das durchaus kontrovers und emotional diskutiert wird. Hier besteht Konsens, dass wir eine Vertretung brauchen, die die Interessen der Pflegekräfte auf Augenhöhe artikulieren kann. Diese Möglichkeit werden wir schaffen.

Ich finde es auch richtig, Frau Ministerin, dass Sie in den Arbeitsgruppen noch einmal den Dialog gesucht haben, dass Sie die Parteien an einen Tisch gebracht haben, um die verschiedenen Argumente auszutauschen. Dieser Prozess wird, so denke ich, bis Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein. Dann werden wir sehen, wie diese Einrichtung schließlich heißt: ob es eine Kammer sein muss oder ob es etwas anderes geworden ist. Das sollten wir durchaus offenlassen. Es geht darum, dass wichtige Interessen vertreten werden können, dass die Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren ermöglicht wird, ebenso wie die Aus- und Weiterbildung.

Es geht auch darum, dass wir diejenigen ernst nehmen, die sagen: Wir wollen keine Zwangsmitgliedschaft. – Wir wissen von den Petitionen, die uns im Ausschuss erreichen, dass viele Betroffene sagen:

Pflegekammer – ja, vielleicht, aber nicht mit einer Zwangsmitgliedschaft versehen. Auch das muss man ernst nehmen und diskutieren.

In dem Gutachten haben sich 50 % für die Kammer ausgesprochen; auf Seite 19, glaube ich, haben sich aber 51 % gegen eine Zwangsmitgliedschaft ausgesprochen. Das ist ein Widerspruch, dem man auch einmal nachgehen muss und den wir gemeinsam diskutieren müssen. Das wird sicherlich ein Thema sein, mit dem wir uns beschäftigen.

Wir werden uns noch mit einer weiteren großen Herausforderung beschäftigen – das wird der Kollege Seidenath sicher noch darstellen –, das ist das Thema "Demenz in unserer Gesellschaft". Hier sind Initiativen auf den Weg gebracht worden, die wir für richtig und wichtig halten.

Abschließend möchte ich noch sagen: Lassen Sie uns wirklich alles daransetzen, den Beruf der Pflegekraft als positiv in das gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken. Es hilft nichts, wenn wir Menschen, die Maschinen bedienen, besser hinstellen als Menschen, die anderen dienen. Wir müssen ein Umdenken in der Gesellschaft herbeiführen. Das können wir aber nur, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, dieses Thema noch besser nach außen darzustellen, und aufzeigen, welche Wertschätzungen wir gegenüber diesen Personen empfinden. Dann, glaube ich, sind wir gemeinsam auf einem guten Weg.

Sie dürfen sicher sein, dass wir als CSU dieses Thema sehr ernst nehmen. Ich möchte auch dem Kollegen Imhof noch einmal danken. Ich weiß, wie viel er derzeit unterwegs ist, bei Pflege-Stammtischen im ganzen Land, wo er sich den Diskussionen vor Ort stellt und die Ergebnisse ins Parlament mitbringt. Ich glaube, das ist auch ein Signal, dass wir es ernst meinen und dass wir diesem Thema ein großes Gewicht beimessen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Kathrin Sonnenholzner von der SPD. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Konsens können wir in der Tat in diesem Haus darüber erzielen, dass unser Ansinnen eine gute, ja beste medizinische Versorgung flächendeckend in ganz Bayern für die Patientinnen und Patienten ist und dass diese Versorgung gut ausgebildetes, ausreichendes und vor allem zufriedenes Personal braucht; denn die Antragsteller haben recht: Pflege ist am Limit, auch wenn man das Ihren Ausfüh

rungen, Herr Kollege Leiner, nicht so richtig entnehmen konnte.

Bei der Problemlösung sieht es leider weniger konsensual aus. Ich darf daran erinnern, dass es beunruhigende Zahlen gibt, egal ob man die Ver.di-Umfrage "Gute Arbeit im Krankenhaus" oder das "Pflege-Thermometer" oder andere Umfragen ansieht. Die Lage ist schlecht, und die Beschäftigten sind zu Recht unzufrieden.

Mit Einführung der DRGs hat es eine massive Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern gegeben. Zwischen 2004 und 2012 ist die Relation von Patienten pro Vollkraft bei Ärzten von 143 auf 130 gesunken – zu Recht gesunken. Das heißt nicht, dass wir zu viele Ärzte in unseren Krankenhäusern haben; denn auch die stehen unter Druck. Aber im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Patienten in der Pflege pro Vollkraft von 54 auf 59 gestiegen. Allein an dieser Zahl können Sie sehen, wie dramatisch die Lage ist. Deswegen brauchen wir die Personalbemessungsverordnung.

Und, weil wir in Bayern sind: Wir brauchen auch verlässliche und ausreichende Klinikinvestitionen; denn wenn die Krankenhäuser ihre Investitionen aus den laufenden Einnahmen decken müssen, dann bleibt eben auch weniger Geld für das Personal in den Einrichtungen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist völlig egal, ob Sie die Studien von PwC, Vbw oder von Bertelsmann oder anderen sehen, was den Pflegenotstand angeht, der schon besteht und sich noch verschärft. Die Zahlen sind immer die gleichen, aber passieren tut leider nichts oder viel zu wenig.

Aufwertung der Pflegeberufe: Selbstverständlich, wer könnte da dagegen sein? Die SPD ganz sicher nicht – auch selbstverständlich auf Augenhöhe. Die Pflegekammer lehnen wir von der SPD nach wie vor ab. Ich nütze auch diese Gelegenheit, um zu sagen: Wir halten das gerade nicht für ein Instrument, das zum Erfolg führt. Am allerwenigsten wird, Frau Ministerin, eine Pflegekammer light nach dem Motto, wer will, der darf, und wer nicht will, darf nicht, zum Erfolg führen. Denn das gibt die Pflege tatsächlich der Lächerlichkeit preis.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben sich für die Umfrage entschieden. Sie müssen jetzt eine Entscheidung treffen. Da ist wirklich Führungsstärke gefragt. Sie müssen diese Entscheidung treffen und können sie nicht auf viele andere Schultern abwälzen.

Viel zu sagen gäbe es zum Thema Ausbildung, auch wenn sie nicht alleine bayerische Zuständigkeit ist. Wir müssen aufgrund der Herausforderungen von Demenz und anderen Dingen in Richtung Generalistik weiterkommen.

Wir müssen weiterkommen bei der Anerkennung ausländischer Pflegekräfte, die in Bayern viel zu lange dauert. Sie haben angekündigt, dass Sie in Sachen Sprachförderung etwas tun werden. Das finde ich richtig und gut. Nur leider ist auch das eine Ankündigung geblieben. Es tut sich nichts bei der gezielten Sprachförderung ausländischer Pflegekräfte.

Ein Riesenthema sind die schwierigen Arbeitsbedingungen. Die werden wir nicht wegkriegen, weil wir immer in Pflegeheimen und Krankenhäusern 365 Tage 24 Stunden besetzen müssen. Aber Ihre Aufgabe ist es, gemeinsam mit der Staatsregierung dafür zu sorgen, dass Pflegekräfte bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf verlässliche Bedingungen haben. Das ist Aufgabe der Bayerischen Staatsregierung, der Sie bisher viel zu wenig nachkommen. Ich sehe auch nicht, dass das in Zukunft sein wird. Es kann nicht sein, dass jeder Landkreis für sich selber Kindertagesstätten in den schwierigen Zeiten in der Früh und abends organisiert. Es wäre als Staatsregierung auch Ihre Aufgabe, das für die Polizei und andere Beamte des Freistaates hinzukriegen, die das gleiche Problem haben.

Sie haben in dem einen Jahr 158 Pressemitteilungen herausgegeben. Vier davon beschäftigen sich mit dem Thema Pflegekräfte. Da heißt es: Man könnte, man müsste, man sollte, und wir würdigen. Etwas Konkreten haben wir noch nicht gesehen, bei aller Harmonie im Ausschuss. Wir werden im Ausschuss weiter die Themen ernsthaft diskutieren, und wir werden so bald wie möglich eine Anhörung zur Notwendigkeit der Inhalte in der Umsetzung des Pflegestärkungsgesetzes machen. Auch das ist ein wichtiger Schritt für die zu pflegenden Menschen. Und wir werden gemeinsam mit Ihnen, wenn Sie das wollen, dafür werben, dass mehr Menschen in die Pflegeberufe gehen, weil wir der Meinung sind: Die Pflege ist ein erfüllender Beruf und ein zukunftsfester Beruf. Aber das Werben dafür ist keine Aufgabe allein der Politik, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der wir uns gerne beteiligen. Wir rufen aber viele andere auch dazu auf, sich damit zu beschäftigen. Aber Sie müssen als Staatsregierung und als zuständige Ministerin endlich Ihre Hausaufgaben machen.

Noch ein Wort, Herr Holetschek, zu dem Thema Ministerium. Ja, das ist gut und richtig, aber wenn man ein solches Ministerium macht, muss man es auch in

die Lage versetzen, so viel Personal vorzuhalten, dass die Arbeit erledigt werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da hoffen wir zumindest auf die Sympathie der Gesundheitspolitiker bei unseren Haushaltsanträgen. Nur die Tatsache, dass sich ein Ministerium "Gesundheit und Pflege" nennen kann, macht noch keine gute Gesundheitspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Bernhard Seidenath von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie fordern mehr Leidenschaft für die Pflege und tragen dies denkbar leidenschaftslos vor.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Da spricht der große Leidenschaftler!)

Sie haben gesagt, nichts sei passiert in Sachen Pflege. Sie verkennen, dass wir seit Herbst 2013 kein Schulgeld mehr für die Altenpflegeschulen verlangen, dass es eine klare Trennung zwischen den Arbeitszeiten und Schulzeiten für die Altenpflegeschüler gibt – das ist sehr wichtig -, dass wir durch die Kampagne "Herzwerker", die nach und nach ausgebaut wird, eine höhere Reputation dieses Berufes bei den Kindern und Jugendlichen und bei den Menschen, die in der Pflege tätig sind, fördern. – Entscheidend wichtig ist, dass wir durch das Pflegestärkungsgesetz I neue Leistungen schaffen.

Die GRÜNEN sagen, was alles nicht passiert ist. Ich sage Ihnen, was die GRÜNEN abgelehnt haben im Bundestag. Sie haben abgelehnt, dass wir Leistungsverbesserungen für 2,5 Millionen Pflegebedürftige ab dem nächsten Jahr haben im Umfang von 2,4 Milliarden Euro, dass die meisten Leistungsbeträge der Pflegeversicherung um 4 % pauschal steigen werden, dass wir die Pflege zu Hause und den Pflegealltag in den Heimen verbessern können.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Was haben die CSU und die FDP nicht alles abgelehnt!)