Ich hoffe auch, dass wir es bald schaffen, die gesundheitliche Versorgung endlich deutlich zu verbessern. Viele Flüchtlinge bekommen keine psychologische Hilfe, obwohl sie traumatisiert sind, und auch nur eine reduzierte sonstige medizinische Hilfe.
Wir wollen außerdem, dass der Betreuungsschlüssel deutlich verbessert wird. Darüber haben wir im Sozialausschuss schon viel gestritten. Aufgrund unseres Antrags beschlossen wir nun, dass ein Betreuungsschlüssel von 1 : 150 angestrebt werden soll. Aber davon sind wir weit entfernt. Wenn man in die Landkreise geht, findet man reale Verhältnisse mit einem Betreuungsschlüssel von 1 : 250. In den Unterkünften gibt es viele Asylbewerber, die entweder überhaupt nicht wissen, dass es eine Sozialberatung gibt, oder die gar nicht die Chance haben, eine solche in Anspruch zu nehmen, obwohl sie für sie oft sehr notwendig wäre. Asylsozialberatung ist für ein vernünftiges Asylverfahren in Bayern sehr wichtig. Wenn Sie einmal die Bescheide ansehen, die ein Flüchtling vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bekommt, erkennen Sie, dass sie jemanden zum Dolmetschen brauchen, selbst wenn sie vorher fleißig Deutsch gelernt haben.
Es ist auch wichtig, dass Perspektiven aufgezeigt werden. Die Asylsozialberatung ist, auch weil es zu wenig Betreuung für Ehrenamtliche gibt, der letzte Anknüpfungspunkt für Ehrenamtliche, die mit ihrem Latein an die Grenzen geraten. In der jetzigen Situation mit sehr vielen neuen dezentralen Unterkünften gibt es in den Gemeinden sehr viele Ehrenamtliche, die sich neu in diese Aufgabe begeben, natürlich Informations- und Beratungsbedarf haben und die vielleicht auch einmal eine Supervision brauchen. Um die Akzeptanz zu erhalten, ist es wichtig, dass wir die Ehrenamtlichen, die sich um diese Aufgabe kümmern, besser unterstützen. Das wäre wesentlich wichtiger als die Schritte, die Sie skizziert haben.
Sie haben sich zudem der Aufgabe des Auffindens geeigneter Unterkünfte entledigt. Sie haben diese Aufgabe auf die Landkreise und die kreisfreien Städte übertragen und sich ihrer entledigt. Wir haben zwar beschlossen, dass in Zukunft die Jugendhilfe für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zuständig sein soll, und das ist auch gut so; die Landkreise, in denen besonders viele Jugendliche ankommen, zum
Beispiel in Rosenheim, Passau, Kempten, Füssen usw., werden aber bei der Einstellung von zusätzlichem Fachpersonal nicht unterstützt. Man kann sich vorstellen, dass zum Beispiel das Jugendamt in Rosenheim, das allein in diesem Jahr 250 neu ankommende unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu versorgen hat, das nicht mit dem bisherigen Personal nebenbei machen kann. Auch hier möchten wir nicht erst für das Jahr 2015 oder 2016, sondern ab sofort eine bessere Unterstützung der Kommunen.
Wir haben viele jugendliche Flüchtlinge kennengelernt, die Berufsschulklassen besuchen, und mehrere Klassen haben auch schon hier im Landtag über die bayerische Flüchtlingspolitik diskutiert. Ein gewisser Teil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Bayern hat die Chance, in Integrationsklassen von Berufsschulen aufgenommen zu werden und anschließend eine Ausbildung zu beginnen. Wir wünschen uns, dass alle Jugendlichen in Bayern diese Chance bekommen. Wir wünschen uns aber auch, dass alle Jugendlichen anschließend an die Integrationsklassen die Möglichkeit erhalten, mit einer Ausbildung zu beginnen und ihnen dies nicht von der Ausländerbehörde vor Ort untersagt wird. Wir haben derzeit eine ganze Reihe von Jugendlichen, die eine Ausbildung hier in unserem schönen Bayern beginnen durften und von denen Handwerksmeister sagen: Mit dem mache ich eine Elektrikerausbildung; oder: Der kann bei mir als Sportartikelverkäufer anfangen. Aber leider gibt es oft ein Nein, ein Veto des Ausländeramts. Es ist für die jungen Leute natürlich außerordentlich frustrierend, dass sie bloß deswegen, weil sie im Asylverfahren lediglich einen Duldungsstatus bekommen haben, hier praktisch zum Nichtstun bestimmt werden. Eigentlich ist nichts schlimmer für einen jungen Menschen, als wenn er nichts tun, nichts anpacken darf, obwohl er anpacken will.
Ich möchte, weil der Herr Innenminister so schön in der letzten Reihe sitzt und ihm natürlich auch die Bekämpfung der Schleuserkriminalität ein großes Anliegen ist, auch sagen, was die wesentlichen Schritte für die Bekämpfung der Schleuserkriminalität wären. Das sind legale Fluchtmöglichkeiten für die Menschen, die letztendlich ihre ganze bisherige Existenz aufgeben müssen und die nun um ihr Leben fürchten. Wir haben in Syrien die Situation, dass mittlerweile die Hälfte der Bevölkerung vertrieben worden ist. Die Hälfte der Bevölkerung hat ihren Beruf, ihre Nachbarschaft, ihr Haus, ihren bisherigen Besitz, sie hat alles verloren und nur ihr Leben retten können. Diese Hälfte der Bevölkerung ist perspektivlos und sucht nach ir
gendeinem neuen Weg, nach irgendeiner neuen Existenz. Ich meine, dass es Bayern gut anstünde, ein Landesaufnahmeprogramm für syrische und irakische Flüchtlinge auf den Weg zu bringen, um Menschen in Not wenigstens für die nächsten drei Jahre eine sichere Bleibe zu verschaffen. Das wäre ein wichtiger Schritt, um den Menschen zu helfen, die in Not sind und denen geholfen werden muss.
Da hilft es auch gar nichts, wenn man bloß immer darüber redet, dass man die Fluchtursachen in den Herkunftsländern bekämpfen muss. Wenn man nichts dafür tut, hilft das gar nichts. Man muss endlich anpacken und etwas tun.
In diesem Sinne würde ich mich freuen, wenn Sie möglichst vielen Anregungen unseres Dringlichkeitsantrags zustimmen würden. Ich denke, das sind richtige Schritte, um tatsächlich Wege zu finden, der größten humanitären Katastrophe, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg derzeit haben – so hat es der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen formuliert –, gerecht zu werden. Bayern kann das, und Bayern kann mehr, als Sie derzeit tun.
Für die CSU-Fraktion darf ich jetzt Herrn Kollegen Neumeyer das Wort erteilen. – Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Schlaumeier, die unser Vorgehen als menschenunwürdig bezeichnen, verhindern im Bundesrat, dass Kommunen entlastet werden.
Das ist kein Zitat von der CSU, das ist ein Zitat von Herrn Reinhold Spaniel, SPD-Politiker in Duisburg. Das heißt, dass das Thema alle berührt. Er schreibt in seinem Bericht in der "taz": Alle sollen einmal auf Bürgerversammlungen gehen, wenn wir um Gemeinschaftseinrichtungen kämpfen. Die sind nicht vergnügungssteuerpflichtig.
Ich hatte gestern ein Telefongespräch, wie wahrscheinlich viele von Ihnen, wenn es um dieses Thema geht. Die Dame hat gesagt: Wir sind einverstanden, dass wir Flüchtlingspolitik in Bayern machen, aber irgendwann kommen wir an eine Grenze. Sie erhalten mit Sicherheit ebenso wie ich anonyme Schreiben, in denen nicht immer nur gejubelt wird, sondern die eher
Das Thema, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist also, wenn ich den Duisburger Politiker zitiere, kein bayerisches Thema, sondern ein Thema für alle Bundesländer. Wir stoßen an unsere Grenzen, sagt zum Beispiel der Innenminister von NRW, Herr Jäger von der SPD. Seit circa zwei Jahren ist die Situation in der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe sehr angespannt. Baden-Württemberg ist ein grün-regiertes Land. Die Kapazitäten sind überlastet im grün-regierten Land. Das heißt also, dass das Thema in allen Bundesländern von großer Bedeutung ist. Ähnlich wie in Bayern gab es in Karlsruhe im August eine Masernerkrankung. Wenn man den Blick immer nur auf Bayern richtet, dann liegt man einfach falsch, weil es in allen Bundesländern große Probleme gibt. Wie mir der Blick in alle Zeitungen zeigt, gibt es keine Hellseher. Es gibt in anderen Bundesländern keine Wunder. Es gibt nur Realpolitik, und diese ist nicht ganz einfach. Im Nachhinein wissen wir alles, vorher wissen wir relativ wenig.
Es gibt eine Aussage des UN-Flüchtlingskommissars António Guterres. Er lobt den deutschen Einsatz für die Flüchtlinge. Er sagt, in Europa hat Deutschland den höchsten Anteil an Flüchtlingen. Ich weiß natürlich auch, dass der Anteil pro tausend Einwohner in Schweden, in Luxemburg, in Malta höher ist. Aber insgesamt liegt Deutschland zahlenmäßig nicht schlecht.
Es gibt die Aussage aus Niedersachsen von Herrn Boris Pistorius: Ich übe Kritik an dem Umgang der restlichen EU-Staaten, die sich bei dieser Thematik sehr zurückhaltend zeigen. Es ist nämlich keine Lösung, die leidenden Menschen nur nach Deutschland zu schicken. Die EU kann doch nicht nur eine gefragte Institution sein, wenn es um Subventionen geht. Solidarität ist gefordert, wenn es um diese menschlichen Dramen geht. Da fehlt mir wirklich der europäische Gedanke.
Deshalb, denke ich, ist eine Art Königsteiner Schlüssel für Europa eine Chance. Er brächte vielleicht mehr Gerechtigkeit und mehr Verpflichtung für alle Länder, mehr Verantwortung für die Menschen zu übernehmen.
Nehmen Sie Dublin II oder Dublin III. Ich muss ganz ehrlich sagen: Auch hier ist Solidarität von allen Ländern gefragt. Ich denke mir, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir lehnen die Einrichtungen in Polen ab, wir lehnen die Einrichtungen in Italien ab, wir lehnen die Einrichtungen in Spanien ab. Dann bleibt am Schluss wirklich nur noch ein Land übrig.
Das ist doch keine Politik, die wir gemeinsam machen wollen. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir auch bei Dublin II fordern, dass es eine Art Königsteiner Schlüssel gibt.
Zur Anerkennung der sicheren Herkunftsländer möchte ich sagen: Ich war selber in Berlin dabei, als wir diese Sätze gemeinsam mit der SPD formuliert haben. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich weiß, dass es mit Sicherheit für die GRÜNEN ein schwieriges Thema ist, weil es natürlich auch um das individuelle Asylrecht geht. Aber ich sage Ihnen auch: Für uns, für die CSU war es angesichts unserer DNA auch sehr schwierig, die doppelte Staatsbürgerschaft anzuerkennen. Man muss sich in der Politik manchmal auch öffnen und neue Wege gehen. Ich bitte die GRÜNEN, diesen Weg hier zu gehen, um 20 bis 30 % der Personen unterzubringen, um die anderen schneller zu behandeln und die Gerechtigkeit zu erhöhen.
Außerdem fehlt mir bei der Europäischen Union eine Roma-Strategie. Wo ist diese groß angekündigte Roma-Strategie, die die Nationen plus die EU zu verantworten haben? Da heißt es: Roma-Strategie 2020. Wir haben 2014, und es passiert fast nichts. Entscheidend ist, dass man vor Ort etwas macht. Dazu brauchen wir natürlich Deutschland, natürlich England; aber wir brauchen die EU insgesamt, damit es so funktioniert, wie wir das wollen. Wir wollen, dass die Verfahren in drei Monaten abgehandelt sind. Das ist ein wichtiger Weg. Das bedeutet auch mehr Mitarbeiter beim BAMF. Ganz ehrlich: Ich war bei einigen Gesprächen im BAMF dabei und weiß, wie das abläuft: Super Leute, hoch motiviert. Da braucht man mehr, damit man dies richtig abhandelt. Ich denke, da können wir viel erreichen.
Noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren: Nicht nur mir persönlich, sondern vielen von uns, tut es wirklich weh, wenn man im Fernsehen die Bilder vom Mittelmeer sieht, wenn man sieht, was in den arabischen Staaten abläuft, vom Arabischen Frühling zum humanitären Winter, zur Barbarei gegen jegliche Zivilisation. Da werden Menschen geköpft, James Foley, ein Synonym für Journalisten, der nur Journalist ist, um von dort zu berichten. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Das ist eine Herausforderung der Zivilgesellschaft. Wir müssen als zivile Gesellschaft aufstehen und sagen: So geht es nicht.
Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu den Jesiden in München und Bayern. Wir haben 500 Jesiden in Bayern. Ich habe ihnen geholfen, damit man ihnen in einer gewissen Art und Weise auch in München Chancen gibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Weltgemeinschaft, die Europäische Gemeinschaft muss wirklich darüber nachdenken, Chancen
zu eröffnen, um Jesiden weltweit unterzubringen; denn das, was dort unten passiert, ist Vernichtung, Tötung, Kreuzigung in dieser Reihenfolge auch für die Christen natürlich. Was unser System jetzt noch mehr beschäftigt, ist der IS, diese ISIS. Ehrlicherweise müssen wir bei dieser Thematik aber auch fragen: Wer bezahlt die Typen? Woher kommt das Geld? Woher kommt das militärische Know-how?
Wer liefert die Waffen? Ganz richtig. Alle muss man ansprechen. – Entscheidend ist dieser Druck auf die Menschen in Syrien, im Iran und Irak. Ich war in Dohuk und habe gesehen, was dort mit Christen passiert. Da bist du schockiert.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir als Zivilgesellschaft aufstehen und sagen: So machen wir nicht weiter.
Heute Vormittag hat der Asylgipfel stattgefunden. Ich muss Ihnen sagen, dass das eine gute Sache war.
- Viel zu spät? Herr Rinderspacher, ich darf Sie daran erinnern: Letztes Jahr im Juli war die Räumung des Rindermarktes. Danach war schon ein Integrationsgespräch in der Staatskanzlei mit Herrn Ude und Herrn Seehofer.
- Eine Konsequenz war zum Beispiel die Abschaffung der Essenspakete. – Ich bitte Sie, Sie schütteln den Kopf. Das ist eine Art der Politik. Durch solche Tagungen entstehen auch Taten, und für diese Taten benötigt man auch Gelder im System.
Dieser Asylgipfel ist in der Konstellation, wie er war, eine hervorragende, positive Ausrichtung für die Asylpolitik in Bayern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen Sie sich das Papier der Staatsregierung an: Wir steigern die Zahl der Plätze von 3.500 auf 6.600. Das ist eine riesige Chance. Wir wissen, dass der Winter naht. Der Winter bedeutet, dass sich der Zuzug erhöht. Noch mehr Flüchtlinge kommen zu uns, bedingt auch durch die Jahreszeit. Deshalb ist dies kein schlechter Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich denke, wir müssen trotz allem, trotz dieses Asylgipfels, trotz dieses Papiers der Staatsregierung, trotz unserer Debatte über den Tellerrand hinaussehen.
- Ich weiß das, Frau Kollegin. Ich fordere die soziale Stadt, weil es eine riesige Einrichtung ist. Ich fordere das Quartiersmanagement. Ich fordere auch in der Gesundheitsversorgung vernünftige Lösungen. Ich fordere eine bessere personelle Ausstattung, um die Chancen für die Menschen zu erhöhen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, dass dieses Thema emotional besetzt ist. Ich bin selber sehr stark davon berührt, weil ich in der Thematik stecke und sehr oft unterwegs bin. Wenn ich am Hallplatz mit Naqib Hakimi, dem Sprecher dieser Flüchtlinge, spreche, berührt mich, was hier abläuft; man kann dann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist aber der Teil, den wir auf der Seite der Flüchtlinge sehen. Wir dürfen aber nie vergessen, die Bürgerinnen und Bürger bei dieser Thematik mitzunehmen. Das heißt für mich Offenheit, Transparenz und Ehrlichkeit