Themen, mit durchdachter, zukunftsorientierter Politik und vor allem zum Wohle unserer Landwirtschaft.
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher – mich freut es besonders, dass aus meinem Heimatort Wertach einige Leute da sind –, ich möchte sie herzlich grüßen. Lieber Minister Helmut Brunner, vielen Dank für die Auswahl des heutigen Themas. Damit haben wir die Gelegenheit, Land- und Forstwirtschaft von Zeit zu Zeit immer wieder zu thematisieren. Wir sind in einer Gesellschaft, in der Ernährung, Essen und Trinken häufig zu einer Selbstverständlichkeit geworden sind. Die heutige Debatte soll klarmachen, dass dem nicht so ist. Sie dient dazu klarzumachen, dass wir uns immer wieder neu um gute und faire Rahmenbedingungen bemühen müssen. Mich hat es auch deshalb gefreut, weil ich mit einem gewissen Erstaunen – das ist jetzt schon ein halbes Jahr her – vernommen habe, dass zur Ernennung des neuen Bundeslandwirtschaftsministers eigentlich nur die beiden Kriterien regionale Herkunft und Konfession ausgereicht haben.
Ich glaube, das sollte uns alle ansprechen: Wir reden häufig über das Bild bestimmter Berufsgruppen in der Öffentlichkeit. Aber damit haben wir nicht das richtige Zeichen gesetzt; denn nicht nur Berufskollegen sagen häufig: Wenn das so ist, dann kann das jeder. – Ich will das nicht weiter ausführen, aber das sollte doch dem einen oder anderen besonders aus Ihrer Fraktion auf der rechten Seite zu denken geben. Wir sind ein Stück weit verpflichtet, den Menschen zu sagen: Diese Menschen können diese und jene Gruppe auch repräsentieren.
Bevor ich zum Thema komme, darf ich positiv erwähnen, dass es sehr erfreulich ist, dass sich der Herr Ministerpräsident für dieses Thema Zeit nimmt.
In der Vergangenheit gab es den einen oder anderen Ministerpräsidenten, der das nicht getan hat. Ein gutes Zeichen ist es, dass Sie, Herr Ministerpräsident, sich die Zeit nehmen und sich sagen: Beim Thema Land- und Forstwirtschaft höre ich zu; vielleicht schalte ich mich sogar auch noch in die Debatte ein.
Herr Minister Brunner, Sie haben Ihre Rede in zehn Punkten sehr gut gegliedert. Ich will versuchen, zu den einzelnen Punkten verschiedene Aspekte zu nennen, sie zu beleuchten und zu sagen, wo das Ganze eine andere Bedeutung bekommen sollte. Der erste Punkt war: Bäuerliche Betriebe statt industrieller Großbetriebe. Es war mit Ihr Verdienst, dass bei der letzten großen Agrarministerkonferenz durchgesetzt wurde, dass die kleinen Betriebe bessergestellt werden. Alle Insider wissen, dass es jetzt für die ersten 30 Hektar jeweils 50 Euro mehr Förderung gibt, also 1.500 Euro, und für die nächsten 16 Hektar jeweils 30 Euro, was weitere 480 Euro ausmacht. Aufgerundet sind das jährlich etwa 2.000 Euro mehr. Das klingt zunächst ganz gut und schön. Aber wir müssen natürlich die Realität sehen und diesen Betrag mit dem verrechnen, was vorher abgezogen wurde. Dann relativiert sich das Ganze; denn es bleiben nur noch 1.000 Euro übrig. Ein Betrieb dehnt aber wegen 1.000 Euro im Jahr nicht seine Produktion aus oder fährt sie deswegen zurück. Es geht eher um die Frage: Zurückfahren oder aufhören? – Darüber können wir streiten, aber das ist nicht entscheidend. Ich erkenne an, dass hier vor allem ein psychologischer Effekt zum Tragen kommt.
Aber – und jetzt kommt schon der erste Wermutstropfen; wir werden darüber in der heutigen Diskussion noch sprechen – wir hatten im vergangenen Jahr das erste Mal sehr viele Rückumstellungen bei Biobetrieben. Sie haben früher immer das Ziel ausgegeben, dass Bayern eine Vorreiterrolle in der Biolandwirtschaft spielen soll. Anscheinend gibt es hier Probleme; darüber sollten wir hier in der Debatte vielleicht noch sprechen. Ich zähle die Mehrzahl der Biobetriebe zu den Betrieben in den kleineren Größenklassen; und hier gibt es anscheinend Verwerfungen.
Sie sagen, dass wir das Miteinander von Zu-, Hauptund Nebenerwerbsbetrieben in der bäuerlichen Landwirtschaft in Bayern glänzend schaffen. Das kann man natürlich bei oberflächlichem Hinschauen so sehen. Ich erinnere mich an das Wahlplakat der CSU: "Bayern. Das Land". Dahinter waren blühende Landschaften und lächelnde Berufskollegen abgebildet. Die gibt es sicher, und es gehört auch dazu, dass man immer wieder versucht, das Schöne und das weniger Schöne eines Berufs gegeneinander abzuwägen. Am Beispiel des Milchmarktes möchte ich deutlich machen, dass diese Zukunft keineswegs so auf Rosen gebettet ist, wie meine beiden Vorredner von der CSU berichtet haben - nicht fälschlicherweise, aber vielleicht um Probleme zu umgehen.
Der Milchmarkt wird bekanntlich am 01.04.2015 in eine völlig neue Situation und Richtung kommen, denn – das ist sicher bekannt - zum 01.04.2015 endet die Quotenregelung. Wir hatten sie jetzt 20 Jahre seit 1984. Man kann darüber streiten, ob sie sich bewährt hat. Ich kenne aber nur wenige Berufskollegen, die sich freuen, wenn der freie Markt endlich kommt; zu ihnen gehört beispielsweise der Vizepräsident des Bauernverbandes. Die Mehrzahl der Berufskollegen sieht das sicherlich mit gemischten Gefühlen. Gerade Bayern wird mit seiner immer noch kleinbetrieblichen Struktur erhebliche Probleme bekommen. Ich habe mich insoweit informiert; ich habe allerdings nur bis Ende des Jahres 2009 belastbare Zahlen gefunden. Wir haben in Bayern jetzt noch knapp 40.000 Milcherzeuger. Im letzten Jahrtausend waren es noch weit mehr, über 100.000. Man sieht also: Der Strukturwandel geht immer weiter, auch durch diese – in Anführungszeichen – "ganz tolle" bayerische Politik. Alles ist relativ; wir haben also noch knapp 40.000 Milcherzeuger. Von diesen wirtschaftet die überwiegende Zahl in alten, traditionellen Ställen und kleinbetrieblicher Struktur mit - ich sage jetzt einmal: - bis zu 40 Kühen. Das betrachten wir heute schon als Kleinbetrieb.
Unser Milchmarkt war in der Vergangenheit relativ häufig von schwankenden Preisen gekennzeichnet. Wir hatten jetzt ein langes Hoch; so ein langes hatten wir eigentlich noch nie, außer in den Neunzigerjahren. Damals hatten wir Preise von bis zu 50 Cent. Nach dem 01.04.2015 wird eine gewisse Stabilisierung des Milchmarktes nicht mehr obligatorisch sein; denn alle Erfahrungen zeigen, dass hier schwierige Situationen auftreten können. Vorhin hat die Vorsitzende des Agrarausschusses gesprochen; ich hielte es für eine sehr vernünftige Idee, die Erfahrungen anderer Länder anzuschauen, bevor diese Situation kommt. Ich nenne einmal die kleine Schweiz. Sie werden fragen, was die Schweiz gegenüber dem großen europäischen Markt soll. Aber die Schweiz hat vor wenigen Jahren von der Quotierung, die wir jetzt noch haben, auf den freien Markt umgestellt. Wer genau hinsieht, hat hier beobachten können, dass eine ganze Reihe von Betrieben aufhören musste. Viele haben immer noch Probleme. Die Molkereiwirtschaft ist in erhebliche Turbulenzen geraten. Da muss ich fragen: Wollen wir das auch in Bayern?
Herr Kollege, ich habe Verständnis, wenn Sie angesichts der Besuchergruppe da droben eine staatstragende Rede halten wollen. Aber Ihnen müsste doch bekannt sein,
Das ist vorbei. Wir wissen doch: Das ist in der EU gegen den Widerstand Bayerns entschieden worden. Das ist vorbei; das kriegen wir nicht mehr. Bayern hat sich bemüht, dass wir eine Regelung finden. Also, das ist Schnee von gestern. Schauen Sie doch nach vorne; versuchen Sie doch einmal, irgendwelche Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. Solche haben wir von Herrn Arnold von der SPD nicht gehört, und die werden wir auch von Ihnen nicht zu hören bekommen.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Frage! – Wir werden uns doch vor der Besuchergruppe nicht blamieren wollen!)
Stellen Sie doch bitte eine Frage, Herr Steiner. – Sie haben das Wort zu einer Zwischenfrage, nicht zu einer Zwischenbemerkung.
Herr Kollege Steiner, ich hätte jetzt gern gesagt, dass diese Bemerkung Ihrer jugendlichen Ungeduld geschuldet ist, aber das kann ich leider auch nicht.
Wenn Sie noch ein bisschen gewartet hätten, wäre ich zu dem Thema Ihrer Frage, die keine war, gekommen.
Ich bitte die Vorsitzende des Agrarausschusses, genau zuzuhören: Man kann natürlich die bayerischen Landwirte, die Milcherzeuger einfach in die veränderte Situation des 01.04.2015 hineinsausen lassen. So sieht es momentan auch aus. Das kann man machen. Bestimmte Verbände sagen auch: Wir freuen uns darauf. Aber, lieber Minister Helmut Brunner, wir sollten uns im Vorfeld, bevor es zu spät ist, Gedanken machen. Das geht über das hinaus, was die EU und EUAgrarkommissar Ciolos mit der Monitoring-Stelle festgelegt haben. Ich mahne an: Bayern kann zumindest
für den Bund Anstöße geben und selber aktiv werden. Der Preis wird mit Sicherheit in Turbulenzen kommen, etwa unter 38 oder 35 Cent. Hier brauchen wir eindeutige Schutz- und Stützungsmechanismen.
Einige Verbände fordern freiwillige Herauskaufaktionen. Das ist ebenfalls anzudenken. Diese beiden Beispiele zeigen jedoch deutlich, dass wir vor dem 01.04.2015 aktiv werden müssen. Wir müssen solche Begriffe in die Diskussion bringen; denn es reicht nicht aus, bis zum 01.04.2015 zu warten und dann festzustellen, dass die Bauern nicht wettbewerbsfähig sind.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dies muss eine gemeinsame Aufgabe aller Fraktionen sein. Sämtliche Anträge, die bisher zu diesem Thema im Ausschuss oder in der letzten Legislaturperiode kamen, wurden jedoch weggewischt oder ad acta gelegt. Ich fordere Sie dringend auf, hier aktiv zu werden, bevor es zu spät ist. Niemand soll bitte sagen, wir hätten keine Vorschläge.
Ich komme zu dem weiteren Punkt, wie kleine Betriebe benachteiligt werden. Ich bin von verschiedenen Verbänden enttäuscht. In der letzten Zeit haben wir viele Kurse zum Sachkundenachweis machen dürfen, sollen, können. Wenn ich einen italienischen Kollegen frage, was er dazu sagt, sagt er mir, davon habe er noch nie gehört. Lieber Minister Helmut Brunner, ich weiß, dass es Versuche gab, hier etwas abzumildern. Zunächst war für den Kurs zum Sachkundenachweis und die Zertifizierung ein Paket für 70 Euro vorgesehen. Inzwischen wurde dieser Preis auf 48 Euro reduziert. Nicht wenige in diesem Hause sagen richtigerweise: Die Landwirte sind die mit am besten ausgebildete Berufsgruppe. Für die Verteilung von 10 Liter Spritzbrühe im Verhältnis 1 : 50 auf einem Hektar zur Bekämpfung von Rumex obtusifolius, also des Stumpfblättrigen Ampfers, muss ich einen Kurs besuchen und mir drei Stunden lang Dinge anhören, von denen mir jeder Berufskollege sagt: Das wissen wir schon. Wann ist Schluss? Haben wir nichts anderes zu tun?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein Beispiel für unnötige Bürokratie. Ich habe eben gelesen, dass der Chefaufklärer, der Vorvorgänger von Ihnen, Herr Seehofer, in Brüssel 658 Verwaltungsvorschriften abgebaut hat. Jeder Bürger wird bestätigen: Die Bürokratie wird nicht weniger, sondern immer mehr. In
Brüssel werden nämlich gleichzeitig täglich 190, andere sagen 210, neue Vorschriften erlassen. Wenn Vorschriften bei der Verwaltung abgebaut werden, bedeutet das noch lange nicht, dass dies auch beim Bürger ankommt. Wir wissen doch, dass in Deutschland diese Vorschriften umgesetzt werden. In Frankreich werden sie maximal gelesen, beim Italiener erscheinen sie nicht.
Das ist jedoch ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen genauer hinschauen und die Befürchtungen und Mitteilungen der Menschen ernster nehmen.
Wir hatten einen Antrag zur guten fachlichen Praxis eingebracht. Es gibt ein Umweltbundesamt, das mit dem Umweltministerium sehr verbandelt ist; denn es untersteht dem Umweltministerium. Der bisherige Vorsitzende des Umweltbundesamts, Herr Flasbarth, ist inzwischen Staatssekretär. Wie hängt das zusammen? Ich habe heute extra eine Verlautbarung mitgenommen, deren Seriosität im Agrarausschuss bezweifelt worden ist: Diese Mitteilung sei noch nicht öffentlich. Unklar sei, wo diese Mitteilung herkomme; sie sei nur ein Wolkenkuckucksheim. Ich habe mir das sehr gut gemerkt.
In diesem Hause höre ich von der CSU bei jeder Debatte: Liebe Landwirte, auf uns könnt ihr euch verlassen; wir stehen hinter euch. Ich stehe momentan auch vor verschiedenen Kollegen; das hilft denen aber gar nichts.
Meine Damen und Herren, bleiben wir doch bei den Fakten. Ich möchte einige wenige Punkte aus einer Quelle zitieren, die sehr gut nachvollziehbar ist. Beim Umweltbundesamt wurde zentral eine Beschränkung des Stickstoffsaldos im Rahmen einer Hoftorbilanz vorgenommen. Wir haben gerade von Frau Kollegin Schorer gehört, wie toll das neue Kulturlandschaftsprogramm ist. Das ist auch richtig. Wer sich jedoch damit auskennt, weiß, dass es eine GV-Beschränkung gibt. Bei mir liegt diese Beschränkung bei 1,4. Es gibt noch eine Beschränkung bis 1,7. Bei Öko-Betrieben gilt eine besondere GV-Zahl. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Vorschrift sollte nicht einfach hingenommen werden. Am Schluss heißt es dann, wir sollten den idealen Witterungszeitpunkt zur Düngung herausfinden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit bin ich wieder bei der Qualifikation der Berufskollegen. Wir lassen uns vieles vorschreiben; aber irgendwann reicht es. Ir
Wenn Sie sich nicht zum Sprachrohr der Landwirtschaft machen, müssen wir von der Gruppe der FREIEN WÄHLER dies tun. Die gute fachliche Praxis ist ein Begriff, der sich über Jahrzehnte entwickelt hat. Wenn das Umweltbundesamt sogar noch ein neues Landwirtschaftsgesetz fordert, muss ich sagen: Das alte Landwirtschaftsgesetz wurde noch nicht einmal mit Leben erfüllt. Dort heißt es sinngemäß: Die Landwirte sind durch die Steuerpolitik, die Finanzpolitik und andere Politikbereiche in den Stand zu versetzen, dass sie ein angemessenes Einkommen erzielen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
Das ist die fachliche Praxis. Was Sie hier gemacht haben, ist Theorie. Sie haben den Antrag abgelehnt mit der Begründung, die gute fachliche Praxis wäre in Gefahr. Zu sagen, dies sei ein "Wolkenkuckucksheim", ist unverantwortlich. Ich werde draußen jedem Landwirt und jedem, der es hören will, auch denen, die es nicht hören wollen, sagen, dass dies eine unverantwortliche Politik ist.