Protocol of the Session on June 4, 2014

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen vor Ort warten auf die 10-H-Regelung.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen, dass vor Ort, in den Kommunen, entschieden wird, ob dort Windkraftanlagen entstehen sollen. Sie von den GRÜNEN sind doch diejenigen, die uns immer auffordern, die Bürger mitzunehmen. Ich sage: Ja, wir wollen sie mitnehmen. Wir wollen auch die Kommunen mitnehmen. Deshalb ist die Absetzung dieses Punktes von der heutigen Tagesordnung nicht zielführend. Sie wissen, dass im Wirtschaftsausschuss eine Anhörung stattfinden wird. Die bundesgesetzliche Regelung wird bald beschlossen sein.

Wir bemühen uns, das Verfahren schnellstmöglich durchzuführen. Das ist der Grund dafür, dass wir darauf bestehen, jetzt die Landesgesetzgebung zur 10H-Regelung einzuleiten. Im Landtag wird es natürlich

erst dann zur Beschlussfassung kommen, wenn die bundesgesetzliche Grundlage dafür vorhanden ist. Das ist nicht eher möglich; das wissen auch Sie. Die Zeit bis dahin sollten wir jedoch nutzen und schon die Anhörung durchführen. Da wir dann über die Thematik schon umfassend diskutiert haben, können wir nach Vorliegen des Bundesgesetzes schnell abstimmen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege Zellmeier. – Nach § 101 Absatz 2 der Geschäftsordnung hat eine Fraktion widersprochen. Damit ist dieser Antrag auf Änderung der Tagesordnung abgelehnt. Wir fahren in der Tagesordnung fort. - Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Joachim Herrmann.

(Unruhe)

- Ich bitte, die private Unterhaltung einzustellen. Der Herr Staatsminister hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf löst die Bayerische Staatsregierung ein Versprechen ein, das Ministerpräsident Horst Seehofer schon vor der Landtagswahl gegeben hat, nämlich für einen größeren – ausreichenden – Abstand zwischen den Windrädern und der Wohnbebauung zu sorgen.

(Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN stellen Miniatur-Windräder mit grü- nen Flügeln auf ihre Pulte)

Herr Staatsminister, ich darf Sie kurz unterbrechen. – Ich bitte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Windräder von den Pulten herunterzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich fahre mit der Tagesordnung nicht fort, solange diese Störung der Ordnung nicht beendet ist.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

- Frau Kamm, bitte regen Sie sich wieder ab.

(Christine Kamm (GRÜNE): Nein! – Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe hier das Hausrecht; das übe ich in dieser Weise aus. Ich bitte Sie, diese Windräder jetzt abzusetzen.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): "Absetzen" ist gut! – Heiterkeit bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU: Kindergarten!)

Diese Demonstration ist absolut unparlamentarisch.

(Christine Kamm (GRÜNE): Unparlamentarisch ist es, über etwas zu beraten, wozu einem die Grundlage fehlt! – Beifall bei den GRÜNEN – Christine Kamm (GRÜNE): Unparlamentarisch ist das, was Sie hier mit dem Parlament machen! – Markus Rinderspacher (SPD): Herr Präsident, jetzt müssen Sie reagieren! – Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nehmen die Miniatur-Windräder von ihren Pulten)

- Danke schön.

Wir fahren in der Tagesordnung fort. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat am 8. April auf Vorlage der Frau Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Barbara Hendricks einen Gesetzentwurf beschlossen, der inzwischen im ersten Durchgang im Bundesrat behandelt worden ist. Die Bundesregierung wird sich demnächst zum zweiten Mal damit beschäftigen und dann – daran habe ich keinen Zweifel – einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Mit ihrem Gesetzentwurf reagiert die Bundesregierung auf eine zweifellos geänderte Situation im Bereich der Windenergie. Windkraftanlagen wurden im Jahr 1996 durch § 35 Absatz 1 Nummer 5 des Baugesetzbuches privilegiert. Damals waren Windräder üblicherweise weit weniger als 100 Meter hoch. Heute dagegen erreichen sie Höhen von mindestens 200 Metern; die neuesten Typen sind sogar noch höher. Damit ergeben sich deutlich veränderte Wirkungen, insbesondere auf die Menschen, die in der Nähe wohnen. Dass sich durch die neuen Windräder viele Menschen in der näheren Umgebung bedrängt fühlen, kann sicherlich nicht geleugnet werden. Deshalb ist es richtig, dass wir, wenn wir die Energiewende zum Erfolg führen wollen, auf solche Probleme der Bürgerinnen und Bürger reagieren und die Energiewende nicht brutal, im wahrsten Sinne des Wortes über die Köpfe der Menschen hinweg, durchsetzen.

Unser Gesetzentwurf enthält zwei wesentliche Elemente: Wir geben mit der bekannten Formel "10 H" – das Zehnfache der Gesamthöhe der Anlage – den Abstand klar vor. Dieser Abstand wird von nahezu

allen Bürgerinitiativen, die sich mit dem Problem zu hoher Windräder vor Ort beschäftigen, als ausreichend angesehen, um bedrängende Wirkungen auf Menschen in der Regel auszuschließen.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass unser Gesetzentwurf ein zweites Element enthält: Windkraftanlagen unterhalb der 10-H-Schwelle sollen überall dort möglich sein, wo sich vor Ort ein breiter Konsens ergibt, etwa wenn eine Bürgerwindkraftanlage gebaut werden soll. Das geeignete Planungsinstrumentarium dafür ist das bewährte Verfahren der kommunalen Bauleitplanung. Hier können in einem transparenten, von hoher Beteiligung und breiter Öffentlichkeit geprägten Verfahren sämtliche relevanten Belange erörtert, öffentlich diskutiert und dann der Entscheidung im Gemeinderat zugeführt werden. Damit wird die kommunale Selbstverwaltung gestärkt. Die bisherige Praxis der Privilegierung nach § 35 des Baugesetzbuches bewirkte, dass der Gemeinderat in der Regel nicht mehr viel zu melden hatte und ein Windrad meist nicht verhindern konnte, auch wenn er zuvor mit Nein gestimmt hatte.

Wir eröffnen die neue Möglichkeit, indem wir den Spieß umdrehen: Es gilt in der Regel der 10-H-Abstand. Die Gemeinde kann aber einen Bebauungsplan beschließen, in dem sie nach Abwägung aller vor Ort relevanten Kriterien auch einen geringeren Abstand für Windräder zulässt.

Die Bürgerbeteiligung ist auch im Extremfall dadurch gesichert, dass der Bebauungsplan einem Bürgerbegehren oder einem Bürgerentscheid zugänglich ist. Falls die Mehrheit der Bürger einer Gemeinde anderer Meinung sein sollte als die Mehrheit des Gemeinderates, kann durch Bürgerentscheid eine entsprechende Korrektur herbeigeführt werden.

Wir sind der Auffassung, dass durch dieses Vorgehen die größtmögliche Bürgerbeteiligung gewährleistet wird. Es kann keine Rede davon sein, dass kein Windrad mehr gebaut werden könne. Im Gegenteil, dort, wo Windräder die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort finden, sind sie auch in Zukunft auf der Grundlage der entsprechenden Bauleitplanung möglich.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach dem in Berlin vereinbarten Fahrplan soll das Bundesgesetz über die Länderöffnungsklausel am 1. August 2014 in Kraft treten. Wir gehen davon aus, dass im Landtag noch eine ausführliche Anhörung zu diesem Thema stattfinden wird; wie wir gehört haben, ist sie schon ins Auge gefasst. Der Landtag wird sich im Herbst im Rahmen der Schlussberatungen mit den Einzelheiten des Gesetz

entwurfs befassen. Es ist selbstverständlich, dass der Gesetzentwurf von diesem Hohen Haus erst dann beschlossen wird, wenn in Berlin die gesetzliche Grundlage geschaffen worden ist.

Dass solche Gesetzesberatungen schon beginnen, bevor die endgültige Rechtskraft des Gesetzes auf Bundesebene eingetreten ist, bzw. parallel stattfinden, ist keineswegs zum ersten Mal in diesem Hohen Hause der Fall.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend will ich zu der Kritik der GRÜNEN-Fraktion, mit diesem Gesetz würde die Energiewende behindert, ausdrücklich Folgendes feststellen: Alle Länder, in denen die GRÜNEN mitregieren, können von einer Energiewende, so wie sie im Moment in Bayern läuft, nur träumen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN – Volkmar Halbleib (SPD): Jetzt sagen Sie auch noch, dass die CSU das EEG erfunden hat!)

Ich darf Ihnen Vergleichszahlen zwischen Bayern und unserem Nachbarland Baden-Württemberg nennen, erstens zum Thema Wasserkraft. In Bayern sind 2.350 Megawatt installiert, in Baden-Württemberg 913 Megawatt – weniger als halb so viel.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Unru- he – Glocke des Präsidenten)

Zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Thema Photovoltaik: In Bayern sind 10.230 Megawatt installiert, in Baden-Württemberg 4.762 Megawatt, also weniger als halb so viel.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Drittens zum Thema Windenergie: In Bayern sind 1.120 Megawatt installiert, in Baden-Württemberg 527 Megawatt - weniger als halb so viel.

(Beifall bei der CSU)

Sie können hier zwar Windräder aus Pappmaschee, aufstellen,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

aber dort, wo Sie regieren, ist es um die Windkraft weit, weit schlechter bestellt als bei uns in Bayern. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb ist das, was Sie beisteuern, hohles Gerede.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, bitte bleiben Sie am Rednerpult, Frau Kollegin Kamm hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.