Protocol of the Session on May 15, 2014

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Söder ebenfalls ums Wort gebeten. – Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Digitalisierung und Globalisierung sind zwei eng miteinander verknüpfte Megatrends unserer Zeit. Sie führen zu einem weltweiten Wettbewerb und einer weltweiten Wachstumsbeschleunigung, die nicht nur von einem Landtag oder dem Bundestag, sondern gesamtgesellschaftlich erfasst wird. Die Digitalisierung ist wahrscheinlich in ihrer Tragweite nur mit der Erfindung der Dampfmaschine vergleichbar. Zu glauben, dass man die Probleme mit kleinen Federführungsfragen lösen kann, ist veraltetes Denken. Wir zeigen es heute in der Staatsregierung: Die Digitalisierung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe mit unterschiedlichen Teilaufgaben. Insofern heißt Digitalisierung auch vernetztes Denken, das heißt, nicht vertikal, sondern horizontal heranzugehen. Insofern hat es Sinn, die verschiedenen Bausteine und Arbeitsfelder miteinander zu vernetzen. Ich glaube, man kann sagen: Die Staatsregierung ist ein starkes digitales Team, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Es heißt immer, wir stünden am Anfang der Digitalisierung. Das ist natürlich völliger Unsinn. Weder Wirtschaft noch Staat, weder Unternehmen noch Bürger stehen am Anfang, ganz im Gegenteil. Ich persönlich bin der Auffassung, dass die Debatten, die häufig in Parlamenten und Akademien geführt werden, weit hinter dem zurückbleiben, was an praktischer Nutzung von Digitalisierung bei den Menschen stattfindet. Wer anschaut, wie Angehörige jüngerer Generationen digitale Modelle und Methoden im Alltag nutzen, der ist häufig sehr überrascht, wie weit und wie wenig unter Kulturschock stehend diese neue Generation mit diesen Dingen umgeht. Darin liegt neben technischen und investiven Fragen übrigens die eigentliche Herausforderung, nämlich zu erreichen, dass es alle schaffen, den digitalen Kulturwandel zu verstehen.

Der Freistaat Bayern leistet jedenfalls seinen Beitrag, um Bayern stark zu machen. Frau Staatsministerin Aigner hat schon erwähnt, was in der Wirtschaft pas

siert. Damit Sie sehen, was wir machen, sage ich: Im letzten Doppelhaushalt wurden insgesamt 1,4 Milliarden Euro für Digitalisierungsaufgaben ausgegeben. Ich kenne kein anderes Bundesland, das ebenso viel in digitale Verwaltung, in digitale Investitionen steckt. Wenn Sie ein anderes Land kennen, nennen Sie es bitte. Wir stehen mit unseren Investitionen in die Digitalisierung in Deutschland an der Spitze, meine Damen und Herren. Wir haben modernste Infrastrukturen für die Digitalisierung geschaffen, zum Beispiel in der öffentlichen Verwaltung. Unsere Rechenzentren, die jetzt zum "Bayern-Server" zusammengelegt werden, zum Beispiel in der öffentlichen Verwaltung, versorgen rund 135.000 staatliche Arbeitsplätze in allen Ressorts der Staatsregierung mit sicherer IT und unterhalten das bayerische Behördennetz. 750 Programmierer arbeiten daran, die unterschiedlichen Arbeitsfelder zusammenzubringen. Man kann sagen: "Bayern-Server" bedeutet sechs Petabyte Daten, 2.500 IT-Fachverfahren, 7.500 Server in einzelnen Verwaltungen. Wenn man das alles zusammenrechnet, kann man sagen: Bayern wird für die Zukunft perfekt programmiert. Wir sorgen dafür, dass öffentliche Verwaltung digital wird.

(Beifall bei der CSU)

Wir programmieren aber nicht nur. Wir entwickeln nicht nur innovative Modelle, wir schützen auch Bayerns Daten. Unsere Server sind geschützt, obwohl sie jeden Tag Angriffen ausgesetzt sind. 40.000 Angriffe gibt es pro Tag aus dem Netz auf die bayerischen Behördenstrukturen. Unsere Daten liegen sicher im Bayernsafe. Sie werden sowohl durch automatisierte neue Technologien als auch durch IT-Sicherheitsteams geschützt. Wir machen zum Beispiel kein Outsourcing vertraulicher Daten; das ist ganz wichtig. Das ist übrigens auch Folge eines Philosophiewandels. Wir sagen von vornherein, unsere Daten sollten nicht auf Server außerhalb des Staates gegeben werden, worauf möglicherweise andere Zugriff haben. Wir setzen vielmehr ganz bewusst auf Sicherheit. Wir haben geschützte Netze. Was den Sicherheitsstandard betrifft – Kollege Herrmann hat das sehr schön in Relation zu den Wortbeiträgen der Opposition herausgestellt –, sind wir unter den deutschen Bundesländern federführend. Die Steigerung im letzten Haushalt für IT-Sicherheit und -Standardverfahren beträgt übrigens 12 %. Das heißt, die gesamte öffentliche Verwaltung ist auf dem Weg zu einer modernen Digitalisierung.

Aber nicht nur innerhalb der Verwaltung soll der zweite Schritt gegangen werden, sondern auch im Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürger. Unter dem Motto "Montgelas 3.0", das Kollege Blume erwähnt hat, versuchen wir, die digitalisierte Verwaltung und

E-Government auf ganz Bayern auszuweiten. Warum? – Weil das auch ein Stück weit Demokratiechancen bedeutet, Transparenz und Partizipation schafft, wenn wir die Möglichkeit eröffnen, dass die Bürger alles, was sie mit der öffentlichen Verwaltung zu tun haben, im Bayernportal finden, einer zentralen Einheit von Staat und Kommunen für ein sicheres, personalisiertes, elektronisches Zugangsverfahren, angefangen von der Steuererklärung bis hin zu allen Prozessen in der öffentlichen Verwaltung, die einen Bürger betreffen. Wir haben kein Portal Behörde A, Portal Behörde B, Portal Behörde C, sondern wir haben ein einheitliches Portal, in dem dem Bürger alle staatlichen Leistungen zugänglich sind. Das ist deshalb wichtig, weil wir fast 1.000 kommunale und staatliche Anwendungen haben. Diese werden vereinheitlicht auf einem System zusammengeführt, sodass der Bürger die Möglichkeit hat, mit seinem Postfach den digitalen Kreislauf zwischen Staat und Bürger zu schließen. Dazu werden wir in diesem Jahr ein bayerisches E-Government-Gesetz vorlegen, das alle Fragen regelt, von digitaler Signatur und digitaler Schlüsselzuweisung bis zu digitaler Sicherheit für den Bürger.

Wir werden in einem E-Government-Pakt mit den Kommunen diesen Weg mit dem Ziel weiter beschreiten, dass alle Gemeinden ihre Leistungen für den Bürger an dieser Stelle anbieten. Wenn Sie woanders einen vergleichbaren Weg finden, nehmen wir Ideen gerne auf. Wir glauben, dass wir nicht nur bei der ITSicherheit, sondern auch im Verhältnis von Bürger und Staat ganz neue Möglichkeiten schaffen, damit Bürger an öffentlicher Diskussion teilhaben können, wobei Service und Effizienz für die Bürger erhöht werden. Die Digitalisierung dient keinem Selbstzweck; sie soll das Leben der Menschen besser machen. Das wollen wir hier in Bayern anstoßen.

(Beifall bei der CSU)

Wir rechnen und programmieren, wir gestalten Bayern für die Bürger.

Ich komme zum Stichwort Breitband. Die Kritik wundert mich jedes Mal. Wenn ich alle Bundesländer miteinander vergleiche und betrachte, wer wo regiert und wer was macht, dann sehe ich: Die Europäische Union setzt eine Rekordmarke mit 120 Millionen Euro Förderung. Das Land Baden-Württemberg sagt: Wir sind Schrittmacher, indem wir 50 Millionen ausgeben. Der Freistaat Bayern hat sich festgelegt, bis zum Jahr 2018 1,5 Milliarden Euro in den Breitbandausbau zu stecken.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Weil wir den größten Nachholbedarf haben!)

- Alle Teilnehmer des IT-Gipfels, Herr Aiwanger – das waren nicht etwa nur Vertreter Bayerns, sondern sie waren aus ganz Deutschland –, haben gesagt: Es gibt in Deutschland und möglicherweise in Europa kein besser angelegtes Breitbandförderprogramm als das des Freistaates Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Wenn es heißt, es gebe Stillstand, dann kann ich nur eines sagen: Ich habe die Aufgabe im vergangenen Oktober übernommen. Damals waren ungefähr 300 Kommunen im Verfahren, mittlerweile sind es 632. Bei 182 Kommunen steht die Auftragsvergabe bevor. Das heißt, selbst während in Brüssel die Notifizierung der neuen Strukturen läuft, wird in den Kommunen gearbeitet und alles für den Tag vorbereitet, ab dem das Programm laufen kann und die Zuschüsse kommen.

Eine Kommune wäre übrigens schlecht beraten, das zu tun. Wir beraten sie auch nicht so. Wir sagen nicht: Mach jetzt schnell, sonst hast du Pech und kommst nicht in das neue Förderprogramm. Wir wollen genau das Gegenteil. Wir wollen erreichen, dass viele daran teilhaben können. Übrigens haben 217 Kommunen das Startgeld bereits abgerufen. Über 2.500 Beratungsgespräche wurden mit den Kommunen geführt, um das Ganze voranzubringen.

Die berühmte Wirtschaftlichkeitslücke, die eine große Herausforderung für viele Kommunen ist, wird durch die gemeinsame Anstrengung auf nationaler Ebene der Privatwirtschaft, des Bundes und durch das, was wir leisten, geschlossen. Dadurch entsteht eines der größten Förderprojekte. Das gilt nicht in Bezug auf die Investition, sondern mit Blick auf die Struktur Bayerns. Das ist eines der größten Förderprogramme in den letzten 30 Jahren. Das ist für den ländlichen Raum – dabei bleibe ich – vielleicht die Schlüsselqualifikation für die Zukunft, die Zukunftschance überhaupt. Sie ist der Weg, da wir kein Bayern der zwei digitalen Geschwindigkeiten haben wollen, wo es sich nur lohnt, in der Stadt zu investieren. Wir wollen, dass das Land genauso erschlossen wird.

(Beifall bei der CSU)

Damit bin ich beim letzten Punkt: Wir müssen lernen – das ist die größte Herausforderung, wie schon angesprochen wurde -, dieses kleingeistige Denken, das auch aus dem einen oder anderen Zuruf hervorgeht, zu überwinden. Die Digitalisierung bewegt sich nicht auf einer Gemeinde- oder Ortsteilgrenze, und sie wird auch mit den klassischen Methoden der politischen Auseinandersetzung nicht einen Zentimeter an Bodengewinn bringen. Das digitale Genom der Welt halten weder die CSU noch die SPD und nicht einmal,

Herr Aiwanger, verzeihen Sie, die FREIEN WÄHLER in den Händen.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Sehen Sie, Herr Aiwanger: Wer glaubt, dass die Digitalisierung mit dem Aufstellen von Laternen zu lösen ist, wird Bayerns Zukunft nicht voranbringen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe)

- Hören Sie doch einmal zu. Es nützt nichts, nur zu schreien, bevor man weiß, was derjenige sagt, den man kritisiert.

Das digitale Genom der Welt liegt nicht in den Händen von Herrn Aiwanger, sondern in den Händen der Vereinigten Staaten von Amerika. Wir in Europa – nicht nur in Bayern oder Deutschland – regulieren derzeit alles, weil wir glauben, dass es nur einen europäischen Markt gibt. Die Digitalisierung ist aber die entscheidende Wettbewerbsfrage für die Märkte der Zukunft überhaupt. Heute werden die Breitbandnetze und die Telekommunikationsunternehmen von Amerikanern gekauft. Darum brauchen wir ordnungspolitisch einen größeren Denkansatz. Wir müssen uns europäisch so stark machen, dass wir Player haben, die nicht nur in Bayern bzw. in Niederbayern oder Franken oder München erfolgreich sind, sondern wir müssen national erfolgreich sein. Darum braucht es eine Veränderung der Regulation und eine Stärkung großer Player in der Wirtschaft. Darum braucht es auch einen Kulturwandel. Man darf bei der Digitalisierung nicht zuerst die Frage stellen, was passieren könnte und welche Risiken da sein könnten, sondern es ist wichtig, zuerst die Chancen und Möglichkeiten zu sehen. Andere Staaten haben ihre Stärke darin, mehr die Chancen als die Risiken zu sehen. Ich werbe leidenschaftlich dafür, das auch zu tun. Machen Sie mit bei den Chancen und Möglichkeiten und kritisieren Sie nicht nur im Detail herum; das wäre besser für Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Drs. 17/1012) - Zweite Lesung

Die Fraktionen haben sich einvernehmlich darauf verständigt, auf eine Aussprache zu verzichten. Deshalb kommen wir gleich zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1012 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Bildung und Kultus auf Drucksache 17/1880 zugrunde. Der federführende Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Stimmenthaltung? – Keine. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. - Widerspruch erhebt sich nicht.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Ich bitte Sie darum, dass Sie sich bei der Abstimmung auf Ihren Plätzen befinden. – Stimmenthaltung? – Keine. Damit ist das Gesetz einstimmig angenommen und hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen."

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlage mit den einzelnen Voten der Fraktionen -

(Unruhe)

- Ich weiß nicht, wir haben gerade ein Gesetz im Bereich der Erziehung verabschiedet. Vielleicht muss ich hier noch einmal darangehen. Ich schicke Ihnen in Zukunft alle Briefe und E-Mails zu und lasse sie von Ihnen beantworten.

Wir befinden uns in der Abstimmung über die Anträge, die gemäß § 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltung? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Linus Förster, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) Für ein soziales Europa der Arbeitnehmer! (Drs. 17/1915)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Ulrike Müller u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Für ein soziales Europa der Demokratie, Subsidiarität und der sozialen Marktwirtschaft (Drs. 17/1946)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und darf vorab bekannt geben, dass namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Für mich ist nicht ganz ersichtlich, ob diese den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER betrifft. – Wir stimmen also namentlich über den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER ab. Ich darf als Erstem dem Kollegen Dr. Förster das Wort erteilen.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 25. Mai sind die Wahlen zum Europäischen Parlament. Diese Europawahl ist eine der wichtigsten Europawahlen seit Langem. Es geht darum, Vertrauen für die europäische Idee zurückzugewinnen. Viele Menschen sehen Europa mittlerweile zwiespältig. Die anstehende Frage, wie sich Europa entwickeln soll, damit es seine Bürgerinnen und Bürger wieder mitnimmt, ist eine Richtungsentscheidung. Wer die EU zukunftsfest machen will, muss sie vom Kopf auf die Füße stellen. Es lohnt sich, darüber zu diskutieren, gerne auch streitig zu diskutieren. Denn Frau Merkel hat nicht recht. Ihre Politik ist nicht alternativlos, und die Vorstellung Frau Merkels von einer marktgeprägten Demokratie ist nicht alternativlos; sie ist schlicht und einfach grundfalsch, sogar brandgefährlich.