Protocol of the Session on May 7, 2014

Herr Staatsminister, Kollege Pohl hat sich zu einer Intervention gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

: Erstens: Unser Antrag enthält keine Steuererhöhungen zur Gegenfinanzierung. Zweitens zu ihrer Frage, wie der Abbau der kalten Progression gegenfinanziert werden soll. Ich denke, morgen erhalten wir die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung, und es wird mit einem kräftigen Plus gerechnet, einem Plus, das bisher im Haushalt noch nicht abgebildet ist. Ich denke, allein damit können Sie einen guten Teil der kalten Progression abfedern und abbauen. - Ein Weiteres möchte ich Ihnen sagen. Wir müssen daran denken, dass wir diejenigen bei Laune halten, die die Steuern bezahlen. Wir sagen immer, wir haben dieses und jenes an Ausgaben vor. Aber was ist denn, wenn die Motivation nachlässt, wenn die Wirtschaft nicht mehr die gleichen Gewinne macht und wenn dadurch die Steuereinnahmen real sinken? Dann haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Herr Staatsminister.

Der Hinweis auf den Abbau von Steuervergünstigungen bezog sich auf einen Antrag. Ich meinte die Eiertanzreplik von Herrn Halbleib. Dort steht es nämlich relativ ausführlich im Antrag.

Ich sage Ihnen einmal Folgendes. Ich bin sehr dafür, die Leistungsträger zu fördern. Unter Leistungsträgern verstehe ich auch die Bezieher mittlerer und die kleinerer Einkommen. Denn sie leisten einen großen Anteil.

Aber jetzt zur Steuerschätzung. Am Donnerstag wird das Ergebnis bekannt gegeben. Am Freitag oder Samstag werden wir dann wohl die Zahlen für Bayern

haben. Auf eines weise ich noch hin: Lassen Sie uns, ob bei uns oder in Berlin, klug agieren. Denn die Steuerschätzung, die jetzt gemacht wird, ist nichts anderes als ein Abbild der guten Situation des letzten Jahres und der Hoffnung, dass es so weitergeht. Heute kann aber noch keiner einschätzen, wie sich die Verhältnisse in der Ukraine und anderswo entwickeln. Dort können für die Weltwirtschaft oder zumindest für die europäische Wirtschaft noch große Herausforderungen entstehen. Wir sind uns nicht sicher, ob die Niedrigzinsphase genauso weitergeht; im Moment sieht es so aus.

Seien wir ganz ehrlich: Ein Teil des Erfolges und der Staatskonsolidierung – in Berlin mehr als anderswo – hängen in der Tat mit dieser Situation zusammen, übrigens zulasten vieler Sparer und Versicherter und eher zugunsten des Staates. All diese Aspekte muss man einfach im Blick haben. Deswegen darf man nicht bei den ersten Anzeichen, dass die Lage optimal ist, und bevor die anderen Aufgaben erledigt sind, den dritten Schritt machen. Dann kommt man auch nicht ins Stolpern. Ich plädiere einfach dafür, einen Schritt nach dem anderen zu machen, obwohl auch mir manches häufig lieber schnell als langsam geht. Aber ein Schritt muss nach dem anderen erfolgen.

Ein letzter Satz dazu. Der Abbau der kalten Progression ist für Bayern kein Finanzierungsproblem. Es gibt aber andere Bundesländer, die, zumindest was ihre Finanzsituation betrifft, in einem katastrophalen Zustand sind. Ich will nicht darauf verweisen, dass sie überwiegend von der SPD regiert werden; das mache ich bewusst nicht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das wäre auch nicht richtig! Schauen Sie die unionsregierten Länder an!)

Das stimmt zwar und tut weh; ich mache das nicht. Aber man muss es wegen der Mehrheitsfindung sehen. Man muss alles zusammen betrachten. Wir haben jetzt wichtige Signale gesetzt.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

- Es ist trotz Großer Koalition einfach schwer, die SPD zu loben. - Herr Pohl, wir machen genau einen Schritt nach dem anderen. Passen wir dabei ein bisschen auf und haben wir auch die Krisen im Blick, die noch kommen können.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Die Anträge werden wieder getrennt, und wir kommen zur Abstimmung.

Da die SPD für ihren Dringlichkeitsantrag keine namentliche Abstimmung beantragt hat, lasse ich zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion – das ist die Drucksache 17/1803 – abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die CSU-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zu den namentlichen Abstimmungen. Die Urnen stehen bereit. Ich rufe zunächst auf den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf der Drucksache 17/1782. Ich bitte, die Stimmkarten abzugeben. Sie haben für diesen Wahlgang fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 17.08 bis 17.13 Uhr)

Ich schließe die Abstimmung; die Zeit ist um. Ich bitte, die Abstimmungskarten draußen auszuzählen.

Ich komme gleich zur nächsten namentlichen Abstimmung. Es geht um den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion auf der Drucksache 17/1802. Ich bitte, die Stimmkarten in die Urnen einzuwerfen. Für diese Abstimmung stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.13 bis 17.16 Uhr)

Die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Stimmkarten auszuzählen. Ich darf bitten, die Plätze wieder einzunehmen, damit ich die Sitzung wieder aufnehmen kann. – Ich habe gebeten, die Plätze wieder einzunehmen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ulrich Leiner, Claudia Stamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine staatliche Förderung von Beschneiungsanlagen! (Drs. 17/1783)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Alexander Muthmann u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Förderung von Beschneiungsanlagen weiterhin ermöglichen (Drs. 17/1804)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und darf als Erstem Herrn Kollegen Leiner das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, Hohes Haus! Wir sprechen heute über eine klimaschädliche und – das ist uns wichtig – umweltschädliche Förderung, die einen Anreiz zum Bau neuer Schneekanonen in den bayerischen Bergen bildet. Das Sudelfeld ist der aktuelle Anlass für diesen Dringlichkeitsantrag. Unseres Wissens wurde mit den Vorarbeiten bereits begonnen, doch nähere Informationen sowohl über eine abschließende Bewilligung als auch über einen vorzeitigen Baubeginn dieser Maßnahme liegen uns nicht vor. Unsere Fraktion hat Schriftliche und Mündliche Anfragen dazu gestellt – sie sind nicht erschöpfend beantwortet worden. Wir warten morgen noch auf eine weitere Antwort.

Sie dürfen sicher sein, dass wir auch mit unserem neuen Miesbacher Landrat gesprochen haben und er unser Anliegen unterstützt, das wir hier im Landtag einbringen. Im Vorfeld sage ich gleich etwas zum Sudelfeld, bevor ein Keil zwischen die GRÜNEN getrieben wird. Bei dem vorzeitigen Baubeginn wundert uns besonders, dass es möglicherweise noch eine rechtliche Bewertung der Bewilligungen geben muss. Der Baubeginn und die Maßnahmen, die schon ergriffen sind, stellen uns vor vollendete Tatsachen, die nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können. Mit dem Bau des Teiches für die Beschneiungsanlagen und mit weiteren Maßnahmen wurde schon begonnen.

Das Sudelfeld ist ein gutes Beispiel, weil es ein typisches bayerisches Skigebiet darstellt. Es liegt zwischen 800 und 1.563 Metern Höhe. Die Abfahrten auf den Pisten haben eine Länge von lediglich 31 Kilometern. Flächenmäßig ist es das größte Skigebiet in Bayern. Das höchste Skigebiet in Bayern befindet sich, wie Sie alle wissen, auf der Zugspitze in einer Höhenlage zwischen 2.000 und 2.720 Metern. Das Zugspitzskigebiet wird mit "Top of winter sports" und mit dem Zusatz beworben: Naturschnee das halbe Jahr lang satt. Die durchschnittliche Höhenlage der bayerischen Skigebiete beträgt aber nur ganze 1.325 Meter. 50 % der bayerischen Skigebiete liegen unterhalb von 1.325 Metern. Die Gesamtpistenfläche beläuft sich in Bayern auf 3.700 Hektar. Davon werden schon heute circa 600 Hektar beschneit – das sind 13 %. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Das ist mehr als genug.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der dauernd angestellte Vergleich mit Österreich hinkt völlig. Österreich hat wesentlich höher liegende und wesentlich attraktivere Skigebiete und wesentlich bessere meteorologische Voraussetzungen als wir. Die österreichischen Skigebiete haben mehr Niederschläge; sie haben eine niedrigere Temperatur, und sie

haben insgesamt wesentlich mehr Pistenflächen. Das gilt übrigens auch für die Skigebiete in der Schweiz und in Frankreich. In der Schweiz werden 19 % beschneit, in Frankreich ebenfalls 19 %. Um noch einmal zum Detail zu kommen: Österreich hat 40 Skigebiete über 2.000 Meter; 12 davon liegen über 3.000 Meter. Immer wieder wird der touristische Vergleich mit Österreich angestellt. Das kann man so nicht stehen lassen. Die Zielgruppen der Skigebiete unterscheiden sich wesentlich. Unsere bayerischen Skigebiete haben als Zielgruppen Familien und Urlauber

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Und Senioren wie mich!)

und Senioren wie Sie und mich, Herr Ministerpräsident –, die zwar auch zum Zwecke des Skilaufens, aber in erster Linie mit dem Ziel der aktiven Erholung anreisen. Sie lieben die schöne Landschaft, sie wollen Schneeschuhlaufen und im Winter wandern. Weitere Aktivitäten gewinnen erheblich an Bedeutung. Mit diesen haben wir zwar auch Probleme – das will ich gar nicht leugnen –, aber die Zielgruppe ist eine andere. Wer tatsächlich das Skifahren als Mittelpunkt seiner sportlichen Betätigung ansieht, der macht eher selten in einem der bayerischen Skigebiete Urlaub. Wie viele Berge über 2.200 Meter haben wir denn in Bayern? Drei oder vier, mehr nicht. Wer also zielgerichtet in den Skiurlaub fahren will, weicht ohnehin in andere Gebiete aus. Insoweit befinden wir uns nicht in Konkurrenz zu den österreichischen Skigebieten, auch wenn das häufig anders dargestellt wird.

(Klaus Holetschek (CSU): Und was ist mit dem Allgäu? Wo ist heute das Allgäu-Abzeichen?)

- Ich habe mir schon gedacht, dass Sie an dieser Stelle eingreifen würden. Aber das besprechen wir bitte nachher. Unsere bayerischen Skigebiete haben andere Zielgruppen, auch wenn ich nicht verheimlichen will, dass einige österreichische Skigebiete mit solchen in Bayern konkurrieren.

Ein weiterer Punkt ist – ich komme nun einmal aus dem Allgäu; Herr Holetschek sieht das ganz richtig –, dass unsere bayerischen Skigebiete voll sind. Eine zusätzliche Beschneiung hätte zur Folge, dass mehr Gäste in diese Skigebiete kämen. Die Frage ist: Wollen wir das? Wir wollen doch alle eine höhere Qualität des Tourismus. Wir wollen eine höhere Wertschätzung der Natur in diesen Skigebieten. Wir wollen nicht mehr Anlagen zur Beschneiung.

(Erwin Huber (CSU): Doch!)

Wir jedenfalls wir nicht.

(Erwin Huber (CSU): Ihr wollt ja gar nichts!)

Ein weiterer Punkt ist der zu erwartende Klimawandel. Ich habe Ihnen die Zahlen zu den Höhenlagen vorhin genannt: 50 % der Skigebiete liegen unter 1.325 Meter. Der Klimawandel wird die Probleme mit dem Skifahren bei uns in den Alpen erheblich verschärfen. Wir werden einfach nicht mehr so viel Skifahren können. Schon heuer gibt es Beispiele dafür, dass trotz Beschneiung in den Kernzeiten kein Skibetrieb möglich ist. Die Kernzeiten der Touristiker sind in der Regel die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr und eventuell noch die Faschingsferien. Zum SuperGAU kommt es in den Skigebieten bei uns im Allgäu, wenn vorher beschneit wird, aber in der Kernzeit des Tourismus kein Schnee mehr vorhanden ist. Das hat sich in diesem Winter gezeigt; dieses Phänomen wird als Folge des Klimawandels deutlich öfter auftreten.

Die Bayerische Staatsregierung wird durch die Subventionierung von Schneekanonen weder die Klimaveränderung aufhalten noch das bayerische Gebirge erhöhen noch die Fläche zum Skifahren vergrößern können. Ich muss sagen: Gott sei Dank! In den bayerischen Seen können wir übrigens auch nicht das ganze Jahr über baden. Darüber hat sich bisher niemand aufgeregt. Ich bin froh über das "bisher"; vielleicht kommt das auch noch. In den Sommermonaten können wir Badeurlaub anbieten. Ist das nicht möglich, gibt es gute Alternativen.

Ich darf Ihnen auch sagen, dass die Wertschöpfung in den Tourismusgebieten in Bayern in den Sommermonaten wesentlich höher ist als in den Wintermonaten.

Es wird sich die interessante Frage stellen, wie viele Liftbetreiber noch bereit sein werden, falls wir diese Subventionierung streichen, aus eigenen Mitteln oder aus den Mitteln ihrer Gesellschafter in Beschneiung zu investieren. Hier und da gibt es bereits finanzielle Probleme im Zusammenhang mit den Anlagen. Einige Betreiber sind auch gar nicht mehr in der Lage, in Beschneiung zu investieren. Ein Problem wäre es, wenn wir den falschen Anreiz setzten und sie doch investierten, auch wenn wir davon ausgehen können, dass sie später ohne Erfolg bleiben und pleitegehen müssen.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass sich die Sparkasse Miesbach aus der Finanzierung der Maßnahmen am Sudelfeld zurückgezogen hat. Ich gebe natürlich zu, dass das auch andere Gründe haben kann.

Herr Kollege, ich muss Sie leider unterbrechen. Ich habe Ihnen schon über zwei Minuten zusätzlich gegeben.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Darf ich meinen letzten Satz noch sagen?

Das dürfen Sie noch.

Ich probiere, ihn lang zu machen. – Wir waren in diesem Hause schon weiter, was den Ausschluss der staatlichen Förderung von Beschneiungsanlagen angeht. Darüber gab es im Bayerischen Landtag jahrelang Konsens; ich verweise auf den Beschluss auf Drucksache 12/10345. Diese Übereinkunft wurde Stück für Stück ausgehebelt. Das widerspricht den bayerischen Umwelt- und Klimazielen ganz wesentlich. Man kann in diesem Fall nicht das eine tun, ohne das andere zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)