Bildung, das werden Sie doch nicht bestreiten, ist ein Grundrecht. Sie ist unser einziger Rohstoff und ein Versprechen für die Zukunft. Die Antwort der SPD ist ein Weiterbildungsgesetz für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein Recht auf Bildung brauchen.
Wer ein Recht auf Bildung bekommt, wird sich nie als Verlierer einer technologischen Entwicklung fühlen, sondern er ist sich sicher, dass er die Herausforderungen bewältigen kann.
Herr Söder, lassen Sie uns noch darüber reden, wie der Markt die Ungleichgewichte in Bayern verstärkt. Der Markt verschiebt Jobs und Chancen in die Ballungsräume. Das konnten wir in den letzten Jahrzehnten beobachten. In dieser Zeit haben Sie regiert.
Diese Verschiebung haben die Regierenden in unserem Freistaat ganz bewusst zugelassen. In den letzten zehn Jahren hat sich das entwickelt, wovor wir heute stehen. Sie können jetzt nicht so tun, als hätten Sie in den letzten sechs Monaten versucht, das zu verändern. Sie sind seit Jahrzehnten dabei. Was heißt das denn? – Der freie Markt schafft schnelles Internet nur dort, wo viele Menschen und erfolgreiche Firmen angesiedelt sind. Aber es gibt kein schnelles Internet, wo wenige wohnen und neue Firmen angesiedelt werden müssen. Als starker Staat müssen wir aber allen den Zugang zu schnellem Internet gewähren und damit die gleichen Chancen.
(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU – Der Abgeordnete Dr. Harald Schwartz (CSU) wirft die Arme hoch)
Sie werfen die Arme hoch. Ich sage Ihnen etwas: Der Kollege Erwin Huber ist schon länger als Sie im Landtag. Er hat in der Vergangenheit immer gesagt, der Markt würde es schon richten. Annette Karl, unsere Abgeordnete, hat in den zehn Jahren, die sie dem Landtag angehört, versucht, Ihnen klarzumachen, dass der Markt gar nichts richtet. Der Staat muss ran, damit das mit dem Internet endlich funktioniert.
Lassen Sie mich zu dem zweiten Punkt kommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine starke Demokratie ist das zweite Erbe, das unsere Generation übernommen hat, Herr Ministerpräsident. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Für mich war das eine Selbstverständlichkeit. Als ich mit der Politik angefangen habe – das war vergleichsweise spät, später als
Sie beispielsweise, ich habe mit Anfang Dreißig begonnen –, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass die Verteidigung unserer demokratischen Grundordnung tatsächlich wieder ein großes Thema werden würde. Ich habe das nicht geglaubt, als ich jung war. Und ich hatte wahrscheinlich auch gehofft, dass es nie so kommt. Aber das ist heute Realität.
Demokratie ist so viel mehr als Wahlen und parlamentarische Abläufe. Demokratie gibt es nur dort, wo es einen vernünftigen, sachbezogenen, öffentlichen Diskurs gibt. Demokratie erfordert Respekt vor der anderen Meinung und vor dem politischen Gegner. Demokratie braucht freie und unabhängige Medien, die von der großen Mehrheit auch als solche wahrgenommen werden, als unparteiische Informationsquelle. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Demokratie heißt nicht reines Mehrheitsprinzip. Demokratie existiert nämlich nur dann, wenn Minderheiten auch geschützt sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das ist in Gefahr.
Bayern steht nicht im Zentrum dieser Entwicklung, aber, Herr Ministerpräsident, Bayern steht auch nicht abseits. Deshalb ist es eine zentrale Aufgabe der Staatsregierung, die Demokratie zu stärken und gegen ihre Feinde zu verteidigen. Was müssen wir tun, um die Demokratie zu stärken? – Zuallererst müssen wir gute Demokraten sein, sachliche Diskussionen führen, Ängste nehmen, statt sie zu verbreiten,
Vorurteile widerlegen, statt mit Stimmungen zu spielen. Herr Ministerpräsident, wenn Sie neuerdings sagen, Sie hätten den Kampf gegen den Rechtspopulismus ausgerufen, finden Sie – Herr Herrmann, ich komme dazu gleich, zuhören! – Worte der Empörung und versuchen sich abzugrenzen. Aber ich sage Ihnen klipp und klar: Ich nehme Ihnen das nicht ab.
Moment, zuhören! Ich habe bei Ihnen auch nicht dazwischengerufen. Hören Sie einfach zu. – Nochmal, ich nehme Ihnen das nicht ab. Wir nehmen Ihnen das nicht ab. Und noch viel schwerwiegender: Die Menschen in Bayern nehmen Ihnen das nicht ab, weil sich zu viele daran erinnern, welche Töne Sie vor der Sommerpause angeschlagen haben, und weil viele wissen, dass Sie morgen wieder einen anderen Ton anschlagen, wenn Sie meinen, dass Ihnen das taktisch hilft. Die Menschen haben genug von politischer Taktiererei, und sie haben genug von einem zynischen Umgang mit Menschen und mit Themen.
Sie sehnen sich nach Klarheit und nach Haltung. Sie sehnen sich danach, dass Politiker Maßstäbe haben, Werte, nach denen sie entscheiden, und Überzeugungen, zu denen sie stehen, auch wenn ihnen der Wind mal ins Gesicht bläst.
Herr Ministerpräsident, Sie sind das Gegenteil von all dem. Sie haben sich heute als Brückenbauer dargestellt, aber tatsächlich haben Sie Brücken in unserem Land abgerissen und das Land gespalten.
Ihnen geht es ausschließlich um das Machterringen und das Machtausüben und zwar ausschließlich, als reiner Selbstzweck. Das ist nicht neu. Das steht in einer gewissen Tradition in Ihrer Partei. Warum?
Das ist eine offene Debatte, eine ehrliche Debatte. Hören Sie genau zu, warum ich das sage. Sie waren schon vehemente Befürworter der Kernkraft und dann plötzlich doch dagegen. Sie waren schon Befürworter des Donauausbaus und dann doch wieder Gegner. Ihnen war Kinderbetreuung immer egal, und jetzt schreiben Sie sich die Kitas auf die Fahnen. Sie waren gegen staatlichen Wohnungsbau, und jetzt zaubern Sie vor der Wahl schnell "BayernHeim" aus dem Hut. Keine dieser Wendungen beruht auf einer Veränderung der Überzeugungen, auf einem Nachdenken über das Problem. Alle diese Wendemanöver beruhen rein auf Taktik.
Und so ist es auch – und jetzt wird es sehr ernst – mit der Tonlage gegenüber Migrantinnen und Migranten in Bayern. Sie haben monatelang die Rechtspopulisten kopiert, ihre Sprache und ihre Methoden.
Sie haben in sozialen Netzwerken gezielt islamfeindliche Botschaften an Sympathisanten von Rechtspopulisten ausgespielt. Ich sage Ihnen eines: Das Netz vergisst nie. Sie haben ertrinkende Menschen im Mittelmeer als Asyltouristen bezeichnet.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU: Kein Mensch hat das getan! Unerhört! Unverschämt- heit! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Aber haben Sie das auch aus der Einsicht getan, dass dies eine unmenschliche Sprache ist, die auch zu unmenschlichem Handeln aufstachelt? Darum geht es doch.
Das taten Sie nur, weil Sie gemerkt haben, dass sich viele anständige, wertorientierte Menschen von Ihnen abwenden. Ich glaube, es ist doch Letzteres: nicht Einsicht, sondern schlichtweg Wahltaktik.
Sie haben vor zwei Wochen und auch heute wieder gesagt: So etwas wie in Chemnitz könnte bei uns in Bayern nicht passieren.
Herr Kreuzer sagt, das sei richtig. Das ist schon deshalb merkwürdig, weil Ihr Parteivorsitzender erklärt hat, dass er gerne mitmarschiert wäre, wenn er nicht dummerweise Innenminister wäre. Herr Kreuzer, ich sage Ihnen, warum so etwas in Bayern nicht passieren kann: wegen der Menschen in Bayern, die überall in unserem Land aufstehen und auf die Straße gehen und zeigen: Wir sind mehr!
Die Anständigen in unserem Land stehen im Moment auf gegen die Heß-Märsche in Oberfranken oder gegen die mickrigen Demos in München oder eben auch bei "Ausgehetzt"-Demos, die so genannt werden. Warum? – Dort treffen Sie alle Menschen unserer Gesellschaft: Nonnen, Kirchenvertreter, Leute vom Land, aus der Stadt, Familien, Alt, Jung. Das sind die Menschen, die gegen die Rechtspopulisten kämpfen; denen gebührt unser Respekt, von der SPD.
Eines ist sicher: Es liegt nicht an Ihnen und der CSU, dass sich diese Menschen gegen den Rechtspopulismus wenden. Aber Sie haben dafür gesorgt, dass diese Menschen jetzt genug haben von dem Populismus, den Sie betrieben haben.
Sie haben noch etwas getan, was fatal ist: Sie haben als Regierungspartei den Eindruck erweckt, dass sich der Rechtsstaat in unserem Land nicht mehr durchsetzen kann. Das bringt Menschen auf den Gedanken, das, was sie für Recht halten, selbst in die Hand zu nehmen. Das ist fatal. Sie haben den Rechtsstaat immer wieder infrage gestellt. Wenn eine Regierungspartei darüber hinaus erklärt, die Religion von Millionen von Bundesbürgern gehöre nicht zu unserem Land, dann ziehen Menschen daraus ihre Schlüsse.
Wenn ein Ministerpräsident das Wort "Asyltourismus" ausspricht, befeuert er damit primitivste Vorurteile. Das geht nicht.