Protocol of the Session on April 3, 2014

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): In Niederbayern sind es 28 %!)

nämlich dass die größte Herausforderung für das Gymnasium in der Heterogenität seiner Schülerschaft liegt. Wenn ein größerer Anteil eines Jahrgangs als je zuvor das Gymnasium besucht,

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

wenn die Schülerschaft aus Familien, die keine eigene gymnasiale oder akademische Schulerfahrung haben, zunimmt und dann auch in der Begabungsverteilung einen größeren Anteil am Gymnasium darstellt, ist auch das eine besondere Herausforderung für das Gymnasium. Wenn der Anteil der Schüler etwa aus Familien mit Zuwanderungshintergrund immer noch zu wenig, aber deutlich zugenommen hat, dann stellt dies das Gymnasium vor zentrale Herausforderungen. Gleichzeitig ist das bayerische Gymnasium in den letzten zehn Jahren, seit die achtjährige Form eingeführt wurde, von etwa 34 % eines Jahrgangs auf 40 % angestiegen. Das sind die zentralen Rahmenbedingungen, mit denen wir umzugehen haben.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Aber wie ist das in den ländlichen Räumen, in Niederbayern beispielsweise?)

Lassen Sie uns deshalb über die Frage diskutieren, wie auf diese Analyse reagiert werden muss. Ich stelle bei vielen fest – leider nicht bei allen -, dass wir ein pädagogisches Konzept für das Gymnasium im Blick halten, dass wir im Moment einen Lehrplan haben, dessen Stoff auf acht Jahre angelegt ist, und dass wir die Notwendigkeit sehen, genau auf diese Unterschiedlichkeit der Schüler zu reagieren. Darauf haben wir auch reagiert: Wir bieten nämlich zusätzliche Förderung an und eröffnen jungen Menschen die Möglichkeit, ja müssen ihnen die Möglichkeit eröffnen, unterschiedlich viel Lernzeit zu beanspruchen. Das ist der Kern der Überlegungen, nämlich dass der Stoff von acht Jahren mit zusätzlicher Förderung und der Möglichkeit, im Einzelfall neun Jahre dafür aufwenden

zu können, erarbeitet wird. Das ist einer der wichtigen Entwicklungsschritte des bayerischen Gymnasiums.

Ich glaube, wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir das Angebot unterbreiten. Das hat der Ministerpräsident im vergangenen Jahr gesagt, und ich habe es bei der Landesversammlung des Philologenverbandes im vergangenen Winter deutlich ausgesprochen. Ausgehend von dieser Analyse bieten wir an, offen für den Dialog zu sein, um genau auf diese Herausforderungen des Gymnasiums in der Bundesrepublik und in Bayern qualitativ hervorragende Antworten finden zu können, die einen breiten Konsens haben müssen. Genau das schlagen wir vor. Wir werden dieses strukturierte Dialogangebot jetzt mit Leben erfüllen. Der Herr Ministerpräsident hat bereits die Initiative ergriffen. Wir werden das tun. Wir werden dazu als Kultusministerium die fachbezogenen Angebote allen Gruppen der Schulfamilie, der Schullandschaft überhaupt machen. Natürlich werden wir auch den politischen Dialog suchen, wie ich das ja grundsätzlich anbiete und praktiziere. Dabei geht Qualität vor Schnelligkeit. Das ist ganz klar: Wir wollen eine Lösung entwickeln, die den jungen Menschen und dem bayerischen Gymnasium einen Weg in die Zukunft eröffnet, der tragfähig ist und dieser zentralen pädagogischen Herausforderung des Gymnasiums Rechnung trägt. Das sind die klare Ansage und das Angebot.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Sind Sie jetzt für G 9 oder nicht?)

Wir werden einen entsprechenden Fachkongress anbieten und werden gemeinsam mit der gymnasialen Schulfamilie diese notwendigen Entwicklungsschritte auf den Weg bringen. Eine neunjährige Form für alle Schüler ist pädagogisch genauso überholt wie eine achtjährige Form für alle Schüler.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Den Satz kann ich schon nicht mehr hören! – Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Deswegen wollen wir Wahlfreiheit!)

Deswegen haben wir in Bayern den Weg eingeschlagen, dass der einzelne Schüler die Möglichkeit hat, auch mehr Lernzeit in Anspruch zu nehmen. Wer jetzt etwas übers Knie bricht, der schadet dem bayerischen Gymnasium.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Das will ja niemand! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja, noch zehn Jahre?)

Wer jetzt eine Lösung propagiert und eine Volksgesetzgebung, die natürlich allen freisteht, angestoßen hat, die kleine Landgymnasien in Not bringt, weil sie

ein bestimmtes Angebot nicht machen können, schadet dem bayerischen Gymnasium in der Fläche.

(Beifall bei der CSU – Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Ihr G 8 bringt ländliche Gymnasien in Not!)

Wer jetzt eine Regelung vorschlägt, die dazu führt, dass die Schülerinnen und Schüler in kleinen Zweigen – humanistisch, wirtschaftswissenschaftlich, sozialwissenschaftlich, musisch – ein solches Angebot, das organisatorisch gemacht werden soll, nicht wahrnehmen können, schadet dem bayerischen Gymnasium.

(Zuruf des Abgeordneten Günther Felbinger (FREIE WÄHLER))

Wer einen Vorschlag unterbreitet, der die unterschiedlichen Sprachenfolgen an einem Standort nicht in neun- oder achtjähriger Form anbietbar macht, wie Sie das tun, der schadet dem bayerischen Gymnasium.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aber Sie haben doch die Probleme produziert, oder nicht? Schlagen Sie eine Lösung vor!)

Wir wollen ein bayerisches Gymnasium, das den Familien in ganz Bayern, egal ob in ländlichen Räumen oder großstädtischen Ballungsräumen, die gleichen Bildungschancen bietet,

(Beifall bei der CSU)

das die Möglichkeit eröffnet, die Kinder ans Gymnasium zu geben, das die Entwicklung der jungen Menschen in der Unterstufe begleitet und erfahrbar macht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie sind verantwortlich für die Probleme! Schlagen Sie eine Lösung vor!)

Wir brauchen die Möglichkeit, dass die Entwicklung der jungen Menschen im Gymnasium wahrgenommen wird.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Dann kann die Entscheidung getroffen werden, ob die Leute mit zusätzlicher Unterstützung - - Ich verstehe Ihre Hektik nicht.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Geben Sie doch zu, dass das G 8 gescheitert ist!)

Wir machen ein umfassendes Angebot zur Weiterentwicklung des Gymnasiums, und Sie sind offensichtlich mit einem Angebot unterwegs, das zumindest dem Gymnasium, das sich entwickelt hat, im Kern schadet. Das ist die Wahrheit. Das ist die Situation!

(Beifall bei der CSU – Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Das G 8 schadet!)

Wir werden diesen Weg, dass sich die Familien – nicht wie bei Ihrem Konzept –, in der 4. Klasse entscheiden müssen, ob ihre Kinder auf ein achtjähriges oder neunjähriges Gymnasium gehen, auf jeden Fall in dieser Form nicht mitgehen; denn das ist pädagogisch das Schlechtestmögliche.

(Beifall bei der CSU – Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Sie sollten sich informieren, bevor Sie einen solchen Schmarrn erzählen! – Zuruf des Abgeordneten Florian Streibl (FREIE WÄHLER))

Wir wollen den Familien die Möglichkeit eröffnen, die Sie verhindern, nämlich dass man die Entwicklung eines Kindes am Gymnasium beobachten kann. Gegebenenfalls kann es auch neun Jahre am Gymnasium verbringen, so wie wir es heute mit der Möglichkeit in der Mittelstufe geschaffen haben.

(Lachen des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Wir wollen eine gymnasiale Oberstufe. Wir wollen ein Lehrplankonzept. Würden wir ein Konzept, das die Oberstufe flexibilisiert, in Bayern umsetzen, so würde dies zu einer Gefährdung der Anerkennung des bayerischen Gymnasiums in den anderen Ländern führen.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Die entsprechende Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz, an der viele Minister beteiligt sind, die nicht den Unionsparteien angehören, hat eine solche flexible Oberstufe im vergangenen Herbst noch einmal abgelehnt.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Aber das sind alles Zwischenschritte.

Wir machen das umfassende Angebot zur Weiterentwicklung des Gymnasiums vor dem Hintergrund dieser besonderen Herausforderung, die ich skizziert habe, dass 40 % eines Jahrgangs das Abitur anstreben. Auf diese Herausforderung geben wir eine Antwort. Wir werden dazu die nötige Sorgfalt aufbieten, mit der nötigen Qualität arbeiten und uns die nötige Zeit nehmen. Wir werden dies gemeinsam mit allen interessierten und beteiligten Gruppen der Schulfamilie tun, um dann eine tragfähige und dauerhaft akzeptierte Lösung für das bayerische Gymnasium vorzulegen. Wer jetzt etwas übers Knie bricht und eine

Lösung unterstützt, die dem bayerischen Gymnasium letztlich schadet, ist auf dem falschen Weg. Wir sind gesprächsbereit und wollen das qualitätsorientierte, starke bayerische Gymnasium weiterentwickeln.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Herr Kollege Professor Piazolo hat sich zu einer persönlichen Erklärung nach § 112 der Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Professor Piazolo. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schreyer-Stäblein, Sie haben mir gerade vorgeworfen, dass ich entweder wissend die Unwahrheit gesagt hätte oder versucht hätte, die CSU-Fraktion hinters Licht zu führen, weil ich behauptet hätte, der Philologenverband habe ein Konzept vorgelegt. Ihnen zufolge sei das nicht der Fall, sondern es handle sich nur um ein Eckpunktepapier.

Mir liegt es fern, die CSU hinters Licht zu führen. Es geht mir höchstens darum, sie ins Licht zu bringen. Ich will Ihnen nun vorlesen, wie die Definition von Konzept lautet. Ein Konzept ist ein grober, nicht bis ins Detail ausgeführter Plan, eine Skizze eines Vorhabens oder ein grober Plan, welcher Maßnahmen zur Erreichung eines Ziels beschreibt. – All das tut der Philologenverband. All das trifft für diesen Eckpunkteplan oder dieses Konzept zu. Wir sollten um die Bezeichnungen "Konzept" oder "Eckpunktepapier" keine Wortklauberei betreiben. Es geht um 13 Seiten. In der Alltagssprache ist das ein Konzept.

Ich stelle noch einmal klar: Ich will und wollte nicht die CSU-Fraktion hinters Licht führen, sondern ich meine, dass beides Konzepte sind. Ich sage sehr deutlich: Mir geht es nicht darum, nur kontroverse Debatten zu führen, sondern ich stehe hier, um den Schülern ein neunjähriges Gymnasium zu ermöglichen. Dafür kämpfe ich, und dafür haben wir dieses Volksbegehren initiiert. Mir geht es nicht darum, die CSU hinters Licht zu führen.

(Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Hätten Sie letzte Woche die Schärfe nicht reingebracht!)

Mir liegen die Schüler am Herzen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: