Protocol of the Session on September 18, 2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Deswegen fordern wir Sozialdemokraten seit Jahren und Jahrzehnten: Bildung muss kostenfrei sein.

(Beifall bei der SPD – Ingrid Heckner (CSU): Schrei doch nicht so!)

Ich glaube, das Mikro ist heute so laut.

Gehen Sie nicht so nah ran.

Bildung muss kostenfrei sein. Das gilt natürlich auch ganz besonders für die Kitas. Kitas sind Bildungseinrichtungen, und sie müssen kostenfrei sein. Das ist unsere tiefe sozialdemokratische Überzeugung.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit stehen wir nicht alleine. 69 % der Eltern in Bayern haben Probleme, die Gebühren für die Kita aufzubringen. Diese Zahl ist nicht erfunden, sondern findet sich im Sozialbericht der Staatsregierung wieder. Das ist auch nicht verwunderlich; denn die Kita-Gebühren hier in Bayern sind hoch, durchschnittlich 117 Euro für den Kindergarten und 175 Euro für eine Kinderkrippe. In Ballungsräumen fallen weitaus höhere Beiträge an; 500 bis 1.000 Euro sind dort Normalität. Viele Familien haben mehrere Kinder im Kindergartenalter. Sie sind zwei- oder mehrfach betroffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist mir ganz besonders wichtig: Kostenfreiheit und Qualitätssteigerung, beides ist möglich.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

An dieser Stelle gibt es kein Entweder-oder, sondern es muss ein Und geben. Der Freistaat Bayern ist eines der reichsten Bundesländer. Es kann nicht sein, dass wir bei den Kitas ganz hinten stehen. Andere Bundesländer machen es uns schon lange vor. Niedersachsen hat zum 1. August mit der Gebührenfreiheit angefangen. Hessen und Berlin haben die KitaGebühren weitgehend gestrichen. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern visieren die Kostenfreiheit an. Ich habe das einmal hochgerechnet: Für die kos

tenfreie Kita für zwei- bis sechsjährige Kinder für circa sechs bis sieben Stunden – das ist die durchschnittliche Buchungszeit – würden im Endausbau 535 Millionen Euro anfallen. Das ist vom Freistaat Bayern als einem der reichsten Bundesländer durchaus leistbar. Die Kommunen müssen nicht belastet werden.

(Beifall bei der SPD)

Liebe CSU, was Sie in Bayern machen, ist wirklich kontraproduktiv. Im Nachtragshaushalt wurde kein Cent für die frühkindliche Bildung bereitgestellt. Das ist eine Schande.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Deswegen konnte die Qualität in den Kitas in den letzten Jahren auch kaum gesteigert werden. Die Gruppen sind in vielen Kitas immer noch viel zu groß.

(Beifall bei der SPD)

Es kommt noch schlimmer. Bayern spart seit Jahren bei der frühkindlichen Bildung. Pro Jahr und Kind werden in Bayern hierfür 4.462 Euro ausgegeben – so die Bertelsmann-Studie. Im Bundesdurchschnitt sind es 4.778 Euro pro Kind. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das sind 300 Euro mehr als bei uns in Bayern. Sehr geehrte Frau Ministerin, so sieht nämlich die Realität aus. Darauf möchte ich Sie noch einmal ausdrücklich hinweisen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin jetzt 15 Jahre Mitglied des Bayerischen Landtags. In dieser Zeit haben wir unzählige Anträge zur Kostenfreiheit der Kita gestellt. Ich sehe meine Kollegin Johanna Werner-Muggendorfer. Sie hat viele Jahre vor mir diesen Bereich betreut. Sie hat die kostenfreie Kita bereits in den Neunzigerjahren gefordert. Im Jahr 2016 hat meine Kollegin Doris Rauscher einen Stufenplan für Bayern erarbeitet, der zeigt, wie es möglich ist, die kostenfreie Kita in Bayern umzusetzen. Ich freue mich, dass die FREIEN WÄHLER jetzt auch darauf gekommen sind, dass die Kita kostenfrei sein muss.

Frau Kollegin, bitte beachten Sie die Uhr.

Das ist gut. Liebe CSU, besser wäre es, wenn ihr es auch endlich kapieren würdet und wir es einfach gemeinsam umsetzen würden.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Huber.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Aiwanger, wenn dieser Überbietungsprozess nur nicht so traurig wäre.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ihr habt uns überboten!)

Lieber Herr Kollege Aiwanger, in der Begründung Ihres Antrags haben Sie uns Wahlkampfmanöver und Wahlgeschenke unterstellt. Ich richte eine ganz ehrliche Frage an Sie: Die Staatsregierung ist im März ins Amt gekommen und hat im April ihre Arbeit aufgenommen. Die Mitglieder der Staatsregierung wurden vor sechs Monaten berufen. Soll die Staatsregierung ab dem Zeitpunkt, an dem der Wahlkampf beginnt, aufhören zu arbeiten? – Sie unterstellen uns, dass alle Entscheidungen, die wir für die Familien treffen, Wahlgeschenke seien.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Natürlich, ihr hättet jahrelang Zeit gehabt!)

Herr Aiwanger, bei allem Verständnis, das ist unredlich.

(Beifall bei der CSU)

Stattdessen schlagen Sie uns ein neues Kapitel in der Wahlkampf-Episode "Freibier für alle" auf.

(Widerspruch bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben es ja selber erwähnt. Was kommt als Nächstes? – Ich bin schon gespannt auf den Antrag "Abschaffung der Steuern". Der Staat nimmt dann nur noch Kredite auf, um die Leistungen für den Bürger zu erbringen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Erbschaftsteuer weg! Das haben wir schon lange gefordert! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Aiwanger, ganz ehrlich, Ihre Beschreibung und auch die Wortwahl in dem Antrag lassen Rückschlüsse zu. Sie sprechen von irgendeinem Bundesland, aber nicht von Bayern. Da lese ich "familienpolitisches Desaster"; das passt besser nach Berlin. Möglicherweise bringen Sie Ihre Rollen als Bundes- und Landesvorsitzender der FREIEN WÄHLER etwas durcheinander.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ich nicht!)

Vielleicht konzentrieren Sie sich wieder ein bisschen auf Ihre Aufgaben hier drinnen und nehmen nicht Berliner Verhältnisse in Bayern an.

Herr Kollege Aiwanger, in einem haben Sie aber recht. Das Einzige, was stimmt, ist die Formulierung vom Eiertanz um das Bayerische Familiengeld, den die SPD in Berlin und hier veranstaltet. Hier in Bayern jammern und in Berlin verhindern – das ist an Doppelzüngigkeit nicht zu überbieten. Meine Damen und Herren, das ist ein Schmierentheater auf Kosten der Schwächsten in unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt reden wir wieder von Bayern. In Bayern haben wir Leistungen für Familien entwickelt, wie sie kein anderes Bundesland hat. Herr Kollege Aiwanger, im Doppelhaushalt 2017/2018 investieren wir rund 5 Milliarden Euro für Familien. Dafür haben wir gesorgt, die CSU-geführte Staatsregierung. Da möchte ich ein herzliches Dankeschön sowohl an die Familienministerin Schreyer als auch an ihre Vorgängerin Emilia Müller und an den Finanzminister aussprechen, die letztendlich dafür auch die Grundlagen gelegt haben. Ein herzliches Vergelt‘s Gott.

(Beifall bei der CSU)

Der Freistaat unterstützt die Familien insbesondere durch den immensen Ausbau unserer Kitas und beschreitet erfolgreiche Wege der Qualitätssicherung. Sie haben die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gehört. Wir wollen in Bayern 2.000 neue Tagespflegepersonen und pädagogische Qualitätsbegleiter. Wir haben insgesamt fast 550.000 Kinder in 9.359 Kindertageseinrichtungen. Kein Land in

Deutschland hat so viele Landesmittel in den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren investiert. Von 2008 bis 2024 erreichen die Bewilligungsmittel für den Kita-Ausbau in Bayern insgesamt bis zu 1,62 Milliarden Euro. Davon sind 922 Millionen reine Landesmittel.

Herr Kollege Aiwanger, wir unterstützen die Kommunen und lassen sie bei der Erfüllung dieser Aufgabe nicht im Stich. Bayerns Kommunen haben hervorragende Förderkonditionen für die Kinderbetreuung. Die Landesmittel für die Betriebskosten erreichen allein im Jahr 2018 fast 1,7 Milliarden Euro, darunter fast 500 Millionen im U-3-Bereich.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr (SPD))

Wir investieren weiter. Lesen Sie die Regierungserklärung durch. Stichpunktartig sage ich: Statt nur auf Ge

bührenfreiheit zu setzen, steigern wir lieber die Qualität der Betreuung.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr (SPD))

Meine Damen und Herren, wir starten eine Qualitätsoffensive, und auch ihre Finanzierung muss gesichert werden.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Wir schaffen bis zu 30.000 Plätze bis 2020, und wir setzen uns für eine Abdeckung der Ferien- und Randzeiten ein. Das ist auch wichtig für die Familien, die Sie angesprochen haben. – Herr Aiwanger, vielleicht hören Sie mir zu. Sie haben das vorher kritisiert. Wir schaffen die Grundlagen zur Abdeckung dieser Zeiten. Wichtig ist auch die dazu gehörende Finanzierung. Ganz ehrlich: Was bringt Ihnen die Gebührenfreiheit, wenn Sie keine Plätze haben? – Deswegen müssen wir vorher die Plätze schaffen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Beides!)

Ja, beides, am besten gleichzeitig, logisch. Zusätzlich werden wir in den nächsten fünf Jahren entsprechend dem Regierungsprogramm unseres Ministerpräsidenten 2.000 Tagespflegepersonen finanzieren, damit den Erzieherinnen mehr Zeit für die individuelle Betreuung bleibt.