Protocol of the Session on July 12, 2018

Erst auf unseren Dringlichkeitsantrag hin haben Sie sich bewegt. Dafür hat sich der Dringlichkeitsantrag bereits gelohnt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war wichtig, dass wir Bewegung in die Angelegenheit gebracht haben. Eine Allianz, die 2,2 Millionen Bürger vertritt, hat es verdient, im Medienrat und im Rundfunkrat eine Stimme zu bekommen. Deshalb haben wir dieses Anliegen noch vor der Sommerpause eingebracht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich dem Herrn Staatsminister das Wort erteile, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die FREIEN WÄHLER zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt haben. – Jetzt hat der Herr Staatsminister Pschierer das Wort. Bitte schön.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ihr könnt also noch in euch gehen! – Tobias Reiß (CSU): Da finden wir ja nichts!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme für die Staatsregierung gerne zu diesem Dringlichkeitsantrag Stellung. Zum Ersten war das bayerische Wirtschaftsministerium, also mein Haus, bis zur Regierungsneubildung für den Medienbereich zuständig. Es war nicht für die öffentlich-rechtlichen Medien, sondern für die Medien im privaten Bereich, also auch für den Medienrat, zuständig.

Zum Zweiten bin ich seit vielen Jahren selbst ehrenamtlich aktiv und führe mit vielen anderen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses einen nicht kleinen Verband mit etwa 40.000 aktiven Mitgliedern. Ich weiß also genau, was das Thema Ehrenamt bedeutet.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Gote, schauen Sie sich die Mitglieder der Bürgerallianz an. In der Bürgerallianz sind Verbände vertreten, ohne die die Jugendarbeit, die kulturelle Arbeit und die soziale Arbeit im ländlichen Raum nicht darstellbar wären.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb weise ich die Kritik mit Entschiedenheit zurück.

Zum Dritten hat sich die Staatsregierung bei der Unterstützung des Ehrenamts in den letzten Jahren nicht auf schöne Worte beschränkt. Kollegen wie zum Beispiel Peter Winter können bestätigen, dass in vielen Bereichen vieles getan wurde. Ehrenamtliches Engagement beispielsweise im musischen oder sportlichen Bereich wäre ohne die finanzielle Förderung der Verbände nicht möglich. Zudem wurden die Investitionskostenzuschüsse, die es in vielen Bereichen gibt, in den letzten Jahren nicht unerheblich angehoben. Des Weiteren gibt es zahlreiche Beauftragte der Staatsregierung für das Ehrenamt, die Ehrenamtskarte und nicht zuletzt das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten, welches Persönlichkeiten verliehen wird, die sich im Freistaat um das Ehrenamt verdient gemacht haben. Da ich Präsident eines Musikbundes mit etwa 800 Ensembleleitern bin, ist mir Menschliches nicht fremd. Die Ensembleleiter bedanken sich bei der Politik für die Förderung und die Unterstützung. Sie beklagen eher das Thema Bürokratie. Über dieses Thema diskutieren wir immer wieder im Hohen Haus. Für die Organisation eines Gauschützenfestes oder eines Bezirksmusikfestes sind die Ordner heutzutage drei- bis viermal so dick wie noch vor 20 Jahren. Wir müssen uns im Hohen Haus alle auf die Brust klopfen. Auch die Abgeordneten im Deutschen Bundestag müssen das tun. Diese Bürokratie auf

allen Ebenen haben nicht Vereinsvorstände, sondern hat zum großen Teil die Politik geschaffen.

(Horst Arnold (SPD): Sicherheitsrecht ist Landesrecht!)

Mich stört der Vollzug. Wir sollten auf den Vollzug achten. In 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten des Freistaates ist der Vollzug unterschiedlich geregelt. Man könnte den Vereinsvorständen das Leben auch leichter machen. Das soll jetzt keine Schelte und kein Vorwurf sein, aber ein Appell an die kommunalpolitisch Verantwortlichen: Ermöglicht Feste, und erschwert diese nicht unnötig durch bürokratische Auflagen!

(Beifall bei der CSU)

Jetzt komme ich zu Ihrem Antrag. Ich kann die Zusammensetzung des Medienrates während der Zeit dieser Legislaturperiode gut beurteilen. Im Übrigen war ich selbst einmal Mitglied dieses Gremiums. Ich halte nichts davon, das Gremium ohne vorherige Evaluierung zu erweitern. Wir haben den Rundfunk- und den Medienrat zum 1. Januar 2017 nach langen Diskussionen noch einmal erweitert. Ein Vertreter der Behinderten, ein Vertreter der Migranten und ein Vertreter aus dem Verbandsbereich Freizeit und Tourismus wurden aufgenommen. Ich bin davon überzeugt, dass die derzeitige Zusammensetzung auch die Vielfalt der Gesellschaft abbildet. Wichtig ist eine regelmäßige Evaluierung. Bei der Evaluierung und der Abwägung werden selbstverständlich auch die Interessen der Bürgerallianz berücksichtigt.

Allerdings sollten wir den folgenden Fehler nicht machen: Die Vertreter im Medienrat, egal, aus welchem Bereich sie kommen, sollen nicht nur die Verbandsbrille tragen, sondern in erster Linie die Interessen der Allgemeinheit berücksichtigen. Deshalb ist dieser Antrag zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. Ich persönlich halte auch den Inhalt für nicht zielführend. Schauen Sie sich die Gremien in Deutschland an. Mittlerweile haben wir mit dem Medienrat und dem Rundfunkrat mit die größten Gremien. Man kann Gremien aber nicht unendlich aufblasen. Daher lehnen Sie den Antrag bitte ab. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Staatsregierung auch weiterhin sehr begeistert für das bayerische Ehrenamt einsetzen wird.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Die Wartezeit für die namentliche Abstimmung ist noch nicht erfüllt. Die Abstimmung kann noch nicht erfolgen, da die Wartezeit von 15 Minuten noch nicht

vorbei ist. – Herr Prof. Dr. Piazolo, kommen Sie bitte wieder ans Rednerpult. Es sind erst 5 Minuten vorbei.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der Argumente der CSU und der SPD möchte ich einen Hinweis geben. Wir werden die Formulierung im Antrag folgendermaßen ändern: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken,…" Uns ist wohl bewusst, dass die Gesetze hier gemacht werden. Wir werden die Formulierung so ändern. Vielleicht fällt es der CSU-Fraktion dann leichter zuzustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Der Antragsteller hat seinen Antrag modifiziert. Wie bereits erwähnt, können wir leider erst später abstimmen.

Ich gebe nun das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Schuster, Güll und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Keine Entlassung von Lehrkräften zu Beginn der Sommerferien" auf Drucksache 17/23225 bekannt. Mit Ja haben 60, mit Nein haben 83 gestimmt. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Ich rufe nun zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dank an Seenotretterinnen und Seenotretter (Drs. 17/23227)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Eva Gottstein u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Geordnetes Rettungswesen auf dem Mittelmeer - Seenotretter nicht für Handlungsunfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten verantwortlich machen! (Drs. 17/23246)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Georg Rosenthal, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Seenotrettung verstärken, Seenotretter unterstützen und auszeichnen! (Drs. 17/23247)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Tobias Reiß u. a. und Fraktion (CSU) Humanität und Ordnung - Schlüssel einer verantwortungsvollen Migrationspolitik (Drs. 17/23248)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die erste Rednerin ist die Kollegin Schulze.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Baschar ist 14 Jahre alt und möchte später Fußballer werden und, wenn das nicht klappt, dann eben Koch, weil er immer gerne seiner Mutter in der Küche geholfen hat. Leila hat zwei Kinder und wünscht sich nichts mehr, als dass sie in Frieden aufwachsen können. Sie wurde auf der Flucht schon mehrfach vergewaltigt, ist jetzt mit dem dritten Kind schwanger und hat es gerade so an die Küste nach Libyen geschafft. Gemeinsam hoffen sie, irgendwie nach Europa zu kommen; denn in ihrem Land herrschen Terror und Krieg.

Nur kommen diese Menschen nie in Sicherheit an. Sie waren so verzweifelt, dass sie sich in ein Schlauchboot gesetzt haben. Das Schlauchboot kenterte, und niemand war da, um ihnen zu helfen. Kolleginnen und Kollegen, Baschar und Leila sind fiktive Personen; denn wir kennen die Geschichten der gestorbenen Menschen nicht. Wir wissen nur, dass sie keine Einzelfälle sind. Im Juni 2018 sind 629 Menschen im Mittelmeer ertrunken – 629. Seit dem 1. Januar 2018 waren es mehr als 1.400 Personen, und die Dunkelziffer ist weit höher. Babys sind dabei, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, ältere Menschen, Jungen, Mädchen, Frauen und Männer, manche mit großen Träumen, andere mit ganz kleinen, manche mit Hoffnung im Herzen und andere mit ganz großer Trauer. Sie alle eint, dass das Mittelmeer zu ihrem Massengrab wurde. Deswegen, Kolleginnen und Kollegen, sage ich hier und heute laut und klar: Das Sterben im Mittelmeer muss endlich aufhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wissen Sie, was noch aufhören muss? – Das Kriminalisieren und Abwerten von Seenotretterinnen und Seenotrettern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eigentlich ist es doch ganz einfach: Wenn jemand am Ertrinken ist, dann helfe ich, und wenn jemand einen anderen vor dem Ertrinken gerettet hat, dann sage ich Danke. Das sagt der gesunde Menschenverstand, und das sagt auch ein mitfühlender Mensch.

Das sagt aber nicht der CSU-Bundesinnenminister. Horst Seehofer hat gesagt, dass man die Crew der "Lifeline", die 234 Menschen gerettet hat, doch zur Rechenschaft ziehen müsse. Ich habe, ehrlich gesagt, erwartet, dass er dem Landsberger Kapitän ClausPeter Reisch und seiner Crew dankt und behilflich ist, dass sie einen sicheren Hafen finden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, ich ertrage es nur schwer, dass wir einen Bundesinnenminister in diesem Land haben, der feixend davon spricht, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben worden sind. Einer davon hat sich in Kabul erhängt. Es muss Ihnen von der CSU doch eigentlich auch unglaublich wehtun, wenn Sie so etwas hören. Und ich ertrage es auch nur ganz schwer, einen CSUInnenminister in diesem Land zu haben, der die Helfenden kriminalisieren möchte, anstatt die Seenotrettung zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Da muss ich Sie von der CSU schon mal fragen: Wo ist Ihre Humanität? Und wie sehr muss man sich eigentlich verhärten, wenn man Menschen ertrinken lässt, weil das dann vielleicht in irgendeiner Form abschreckend wirken soll?

(Zuruf von der CSU: Niemand lässt jemanden er- trinken! So eine Unverschämtheit!)

Wissen Sie, was ich auch nicht mehr ertrage? – Den Hass und die Hetze gegen Geflüchtete in Teilen der Gesellschaft. Mir tut es persönlich total weh, wenn ich online lesen muss, dass Menschen, die Kinder aus Meerwasser retten, als Schlepper bezeichnet werden. Wenn Menschen jedoch Kinder aus Höhlenwasser retten, werden sie im gleichen Atemzug als Helden bezeichnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da läuft doch so vieles unglaublich schief.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer einen anderen Menschen rettet, der oder die ist immer ein Held oder eine Heldin, egal, wo die Rettung stattfindet.