Nur so viel: Frau Kollegin Guttenberger und sehr geschätzter Herr Staatsminister der Justiz, beim ersten Blick auf den Gesetzentwurf fällt auf, dass seine Überschrift besser "Gesetzentwurf zur Wiedererrichtung" lauten sollte. Das war ein großer Fauxpas.
Meine Damen und Herren, die Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts war eine gigantische Fehlentscheidung; daran gibt es nichts zu deuteln. Liebe Frau Kollegin Guttenberger, bei allem Respekt, Ihr jetziger Wortbeitrag hat die Sache nicht besser gemacht.
Die Gründe für die Wiedereinführung oder, nach hiesiger Lesart, die Einführung des Gerichts hat der Herr Staatsminister zutreffend ausgeführt. Das sind exakt die Gründe, die damals gegen die Auflösung des Gerichts gesprochen haben.
An diesen Widerspruch wird sich die CSU in den nächsten Wochen gewöhnen müssen. Daran führt kein Weg vorbei.
Neu ist der Begriff "Heimatstrategie". Herr Kollege Schindler hat es schon gesagt. Diesen Begriff gab es im Jahr 2003 noch nicht. Ein Wunder, dass Herr Stoiber diesen Begriff nicht erfunden hat. Natürlich können Sie mit der Heimatstrategie begründen, dass Sie auswärtige Senate in der Fläche schaffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Wahrheit geht es um einen ganz einfachen technischen Vorgang: Die Richterstellen, die damals nach der Auflösung des Bayerischen Obersten an die drei Oberlandesgerichte gegangen sind, bleiben jetzt einfach vor Ort. Das ist Ihre ganze Heimatstrategie. Das ist ein bisschen Nebelkerzenwerferei.
Meine Damen und Herren, unser Hauptproblem ist nicht fachlicher Natur. Fachlich stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu. Daran lassen wir gar keinen Zweifel. Aber warum diese Eile? Herr Staatsminister, ich möchte mich damit nicht dem Diskurs zwischen Ihnen und Frau Kollegin Gote anschließen. Aber warum diese Eile? Am 15. Mai vormittags gab es den Kabinettsbeschluss. Die Tinte auf dem Papier dieses Kabinettsbeschlusses war noch nicht trocken, da sollte der Gesetzentwurf schon hier in Erster Lesung behandelt werden. Entschuldigung, bricht denn die bayerische Justiz zusammen, wenn das Bayerische Oberste Landesgericht, das jetzt 14 Jahre nicht bestanden hat, nicht mehr vor dem 14. Oktober errichtet wírd? Liebe
Kolleginnen und Kollegen, diese Frage müsst ihr euch gefallen lassen. Was brennt denn an, wenn über die Errichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts erst in der neuen Legislaturperiode ausführlich beraten wird?
Gibt es denn nichts Wichtigeres? – Natürlich gibt es in der Justiz Wichtigeres. In der Justiz fehlen immer noch die nötigen Stellen, um all die Herausforderungen zu bewältigen, die in den letzten Jahren bei uns aufgelaufen sind. Denken Sie an die klassische ordentliche Justiz, denken Sie aber auch an die Verwaltungsgerichte. Diese sind heillos überlastet. Würden diese Gerichte entlastet, würde dadurch die bayerische Rechtsprechung gestärkt. Wird die Justiz entlastet, indem man ein Bayerisches Oberstes Landesgericht einführt? – Nein. Werden die Gerichte durch ein Bayerisches Oberstes Landesgericht entlastet, wenn überall Rechtspfleger fehlen? Die Stelle eines Rechtspflegers wird für einen Geschäftsleiter benötigt. Das steht in dem Gesetzentwurf. In anderen Gerichten und Kammern fehlen aber Rechtspfleger. Das wäre eine Eilentscheidung wert gewesen, aber nicht die Wiedererrichtung des Bayerischen Obersten.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf dient nicht nur der Wiedererrichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, sondern auch der Rechtsbereinigung; denn mit diesem Gesetzentwurf werden die Streitsachen über die Fideikommisse – jetzt gehen die Suchmaschinen an – den Oberlandesgerichten zugewiesen. Das ist zutreffend, aber nichts Neues. Das steht schon in dem entsprechenden Gesetz, das gleichzeitig abgeschafft wird. Deshalb kommt diese Regelung jetzt in das Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz.
Diese Rechtsbereinigung ist konsequent und hat mit der Wiedereinführung des Bayerischen Obersten nichts zu tun. Das hätte also auch Zeit gehabt. Das ist aber kein Ablehnungsgrund für dieses Gesetz. Wir stimmen dem Gesetzentwurf aus fachlichen Gründen zu. Politisch ist er eine Bankrotterklärung der CSU.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Runge vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Bausback, Sie haben sich in Ihrem Wortbeitrag schon ausführlich mit meiner Kollegin Ulrike Gote befasst. Ich tue es Ihnen nach, indem ich mit einem Zitat von Frau Kollegin Ulrike Gote aus der Plenarsitzung Mitte Mai beginne. Sie
hat damals gesagt, weder die damalige Abschaffung noch die jetzige Wiedereinführung waren das Ergebnis einer soliden Aufgabenkritik und eines ergebnisoffenen Diskussionsprozesses, sondern es war die einsame Entscheidung eines Ministerpräsidenten, die offensichtlich mehr zur persönlichen Profilierung als zu einer Verbesserung der Justizstrukturen dienen sollte. – Wir sehen das weiterhin so.
Herr Minister, Sie haben – der Kollege Meyer hat es kurz angesprochen – im Grunde in dieser Sitzung im Mai dafür gesorgt, dass aus einem Blitzverfahren ein Schnellverfahren gemacht wurde. Wie gesagt, die Erste Lesung war für den 15. Mai vorgesehen. Aber auch das jetzt vorgesehene Verfahren halten wir nicht für angemessen, was die Thematik anbelangt.
Unseres Erachtens fehlen eine eingehende Aufgabenkritik und eine ergebnisoffene Debatte. Derart wichtige institutionelle Änderungen hätten ausführlich in der Justiz oder zumindest mit der Justiz diskutiert und entschieden werden sollen. – Zu unserer Position – das jetzt aber nur als Randbemerkung –: Wenn ich sage "in der Justiz", sind diesbezüglich die Stichworte "Selbstverwaltung der Justiz" und "Autonomie der Justiz" bekannt.
Die Abschaffung des Bayerischen Obersten Landesgerichts war ein Alleingang des Ministerpräsidenten Stoiber. Ich kann mich nicht erinnern, dass der jetzige Ministerpräsident Söder damals als Kämpfer für den Erhalt des Bayerischen Obersten aufgetreten ist.
Als streitbarer Kämpfer mit Sicherheit nicht. – Jetzt ist diese Geschichte, diese Entscheidung ein Alleingang von Ministerpräsident Söder gewesen. Wir haben es in der Regierungserklärung gehört; für viele war es tatsächlich ein überraschendes Moment. Herr Bausback, Sie freuen sich in Ihrer Presseerklärung vom 19. April 2018 über die Entscheidung, "eine herausragende Nachricht". Für uns heißt das, auch das Justizministerium und der Justizminister waren hiervon überrascht und sind nicht einbezogen gewesen.
Zu den Kosten und den früher diskutierten Einsparungen – Herr Bausback, Sie sind auch kurz darauf eingegangen. Das sei als Fußnote schon erwähnt, weil das erklärungsbedürftig ist, dass es ein Auseinanderklaffen um ein Vielfaches gibt. Damals hat man erklärt, wie groß die Einsparungen seien. Jetzt wird erklärt, was die Kosten für die Wiedereinführung sein
sollen. Wenn das um den Faktor 100 auseinandergeht, bitten wir um Erklärungen, die Sie uns aber sicher noch geben werden.
Ich komme noch einmal zurück auf Ihre Presseerklärung vom April, Herr Bausback. Das waren Jubelchöre, wie wir sie eben wieder gehört haben: stärkere Justiz, mehr Rechtssicherheit in Bayern, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wird gestärkt. – Wenn das so ist, weshalb dann die Abschaffung? Das heißt also, mit der Abschaffung haben Sie die Justiz geschwächt, Sie haben für weniger Rechtssicherheit gesorgt, und Sie haben das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat geschwächt. Geben Sie daher wenigstens zu, dass das ein schwerer Fehler war.
Der Kollege Schindler hat gesagt, es sei ein Bayerisches Oberstes light, vor allem bezogen auf die Standortfrage bzw. -fragen. Es wird aber auch noch aus einem anderen Grund ein Bayerisches Oberstes light – zumindest zunächst – werden; denn das, was dem BGH an Kompetenzen übertragen wurde, ist zum Teil durch Bundesgesetze geregelt. Das heißt, das muss erst zurückgeholt werden, und ob das überall gelingt, liegt nicht in unserer Hand. Ich verweise diesbezüglich auf Ihren Gesetzentwurf, Seite 7 – das ist schon die Begründung –, wo es heißt: "Zudem kann versucht werden, über Änderung von Bundesrecht Zuständigkeiten … ‚zurückzuholen‘." – Auch das muss man an dieser Stelle noch einmal anführen.
Herr Schindler hat gemeint: Fremdschämen! – So weit wagen wir gar nicht zu gehen. Wir freuen uns auch sehr, Frau Kollegin Guttenberger, wenn Sie ein gutes Gefühl haben. Es wäre aber schon, denke ich, etwas weniger Lautsprechertum und etwas weniger Großmäuligkeit seitens der CSU in dieser Angelegenheit angesagt.
Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor; damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Damit besteht Einverständnis. Das ist dann so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung Zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2017/2018 (2. Nachtragshaushaltsgesetz 2018 - 2. NHG 2018) (Drs. 17/22033) - Erste Lesung
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zunächst Herrn Staatsminister Albert Füracker. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die neue Staatsregierung packt an: Am 18. April hat Ministerpräsident Dr. Söder hier im Landtag in seiner Regierungserklärung dargelegt, wie die Pläne aussehen, und hat dort bereits zugesagt, dass wir sofort, ohne zu warten, in die Umsetzung eintreten. Das haben wir getan: Wir haben für alle Vorhaben, die angekündigt wurden, schon den Startschuss geben können, und wir haben heute den Haushalt des Worthaltens und der Tatkraft vorgelegt. Wir haben praktisch kaum zwei Monate daran gearbeitet, um hier einen Regierungsentwurf ordentlich einbringen zu können – den zweiten Nachtragshaushalt im Jahr 2018.
Er ist ein verantwortungsvolles Paket für Bayerns Bürgerinnen und Bürger, und er gibt Antwort auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen, und darauf kommt es an. Wir haben nicht irgendwelche Einzel- oder Partikularinteressen in den Vordergrund gestellt, sondern nach unserem Leitmotiv "Das Beste für Bayern" überlegt, in welcher Weise wir ein Angebot der Unterstützung in verschiedener Hinsicht im Hinblick auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen geben können. Ich denke, wir haben großen Konsens in der bayerischen Bevölkerung.
Ein solcher Haushalt muss im Bereich Investition und Infrastruktur Zeichen setzen. Es geht aber auch darum, konsequentes Verwaltungshandeln zu organisieren, staatliches Handeln dort zu verstärken, wo es notwendig ist, und die soziale Balance zu bewahren – und das alles unter dem Aspekt einer klugen finanzpolitischen Wirtschaftsweise. Wir haben das in Bayern seit Jahren vorgemacht. Warum können wir das? – Wir können das machen, weil in Bayern Großartiges geleistet wird, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Bevölkerung lebt nach dem Motto "Erst die Leistung, der Einsatz, der wirtschaftliche Erfolg". Danach kann man sich überlegen, wie und in welcher Weise man den wirtschaftlichen Erfolg heranzieht, um das Land voranzubringen. Das Fundament des baye
rischen Erfolges ist die Bürgerschaft, das Ehrenamt, sind die Menschen, die investieren, die Unternehmerschaft sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Außerdem – das möchte ich bewusst hier nennen – haben wir in Bayern verdammt gute Verwaltungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und hier wird Großes geleistet.
Wir als politisch Verantwortliche können die Dinge nur auf den Weg bringen; für die Umsetzung brauchen wir auf allen Ebenen aber starke Verwaltungsstrukturen, die wir – Gott sei Dank – haben.
Dieser Nachtragshaushalt setzt einen klaren Akzent. Er setzt einen Akzent für die einheimische Bevölkerung – für diejenigen, die in Bayern dafür sorgen, dass es überhaupt etwas zu verteilen gibt, für diejenigen, die das Geld erarbeitet haben. Wir setzen diese bayerische Erfolgsgeschichte mit solidem Haushaltshandeln fort, obwohl wir in Bayern in den letzten Jahren in besonderer Weise große Herausforderungen zu stemmen hatten; ich erinnere zum Beispiel an die Situation im Bereich der Flüchtlinge.
Die erste Voraussetzung ist also der Fleiß und der Erfolg der Menschen, die zweite Voraussetzung eine solide Haushaltsführung der vergangenen Jahre und auch jetzt.
Wir betreiben eine kluge Haushaltspolitik. Lieber Peter Winter, wir haben in den letzten Jahren nicht auf andere gehört, die immer wieder versucht haben, uns im Haushaltsausschuss einzureden, wir müssten insgesamt da noch mehr Geld ausgeben, hier noch mehr Geld ausgeben und auch noch dort.
Außerdem haben wir in dieser Zeit nicht nur 6 Milliarden Euro Rücklagen schaffen können, sondern wir haben auch 5,6 Milliarden Euro alte Schulden abbauen können.