Eine Verwaltungsbehörde als Gefahrenabwehrbehörde muss dagegen Prognoseentscheidungen ex ante treffen.
Herr Präsident, darf ich Sie bitten, mir meine Rede zu ermöglichen? Dieselbe Kollegin, die von zu lauter Tonlage spricht, redet ununterbrochen.
(Florian von Brunn (SPD): Vielleicht ein bisschen locker machen! – Horst Arnold (SPD): Könnten wir einen Arzt holen?)
Sie müssen es schon ertragen, dass eine Rednerin hier ihre Ausführungen macht. Wenn Ihnen diese Ausführungen nicht gefallen, haben Sie das Recht, nachher dazu Stellung zu nehmen. Sie dürfen aber nicht ständig unterbrechen und dazwischenquatschen.
Herr Präsident, ich denke schon. Ich kann das verstehen. Wenn ich in Umfragen bei der Prozentzahl wie die Opposition liegen würde, dann würde ich auch alles versuchen. Wenn es dann schiefgeht und der Ausschuss nichts bringt, ist das halt enttäuschend.
Meine Damen und Herren, es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Untersuchungsgeschehen auf ein kriminelles Verhalten zurückzuführen ist. Das entsprechende kriminelle Fehlverhalten kann durch intensive Kontrollen nicht ausgeschlossen werden; denn sonst würden wir in einem Staat leben, der weder Gefängnisse noch irgendwelche sonstigen Strafvollzüge braucht. Hier müssen die Strafverfolgungsbehörden erahnen, was sie durch ihre Handhabe herausbringen können.
Kommen wir nun zur Information der Staatsregierung über das Untersuchungsgeschehen. Die Öffentlichkeit und der Landtag wurden durch die Staatsregierung anhand zahlreicher Antworten auf Schriftliche Anfragen und Antworten auf Anfragen zum Plenum sowie durch zahlreiche Berichte über das Untersuchungsgeschehen immer wieder umfassend informiert. Sie wurden so gut informiert, dass es Ihnen sogar möglich war, vor der Kenntnisnahme irgendwelcher Dokumente bereits abschließende Bewertungen zu treffen. Insoweit hätte es wohl überhaupt keines Untersuchungsausschusses bedurft; denn die Bewertungen wurden schon vorab getroffen.
Es wurde davon gesprochen, dass eine mangelnde Information durch die Staatsregierung erfolgt sei. Diese Aussage kann ich nur als haltlos und eindeutig politisch motiviert zurückweisen. Meine Damen und Herren, Bayern ist Vorreiter auf dem Gebiet des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Dies hat der Untersuchungsausschuss eindeutig gezeigt. Losgelöst vom eigentlichen Untersuchungsgeschehen haben wir festgestellt, dass in Bayern diverse Maßnahmen getroffen werden, die in anderen Ländern nicht getroffen werden. Beispielsweise darf ich ausführen, dass in Bayern eine Untersuchung auf Salmonellen auf der Schale erfolgt ist. Wir sind das einzige Bundesland, das diese zusätzliche Kontrolle durchführt.
Warum tun wir das? – Wir wissen um das Problem der sogenannten Kreuzkontamination. In keinem anderen Bundesland wird diese Kontrolle durchgeführt. Wir sind hier Vorreiter.
Bereits im Jahr 2006 wurde die Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit am LGL zur Unterstützung der nachgeordneten Behörden, insbesondere aber auch zur Überwachung komplexer großer Betriebe wie
eben Bayern-Ei, gegründet. Zur weiteren Verbesserung sind jetzt die neuen und bereits von mir erwähnten molekularbiologischen Untersuchungen etabliert worden, sodass wir noch ein Stück weiter voranschreiten können. Außerdem wurde bereits in der Vergangenheit das Personal bei den Amtstierärzten, bei den Lebensmittelüberwachungsbeamten, bei den Veterinärassistenten und bei den Futtermittelkontrolleuren von insgesamt 574 Stellen im Jahr 2000 auf jetzt 767 Stellen im Jahr 2017, also um mehr als 33 %, erhöht.
Im Bereich des Laborpersonals sind in der Tat Stellen abgebaut worden. Warum? – Wie wir alle wissen, hat sich die Labortechnik hervorragend weiterentwickelt. Ich habe das gerade anhand der molekularbiologischen Untersuchungen dargestellt. Dadurch konnten Rationalisierungsmaßnahmen umgesetzt werden, insbesondere durch den verstärkten Einsatz von Großgeräten, die neue Möglichkeiten geschaffen haben.
Die von Ihnen in Ihrem Minderheitenbericht pauschal erhobene Forderung nach mehr Personal im Labor des LGL bildet diese Realitäten natürlich nicht ab. Sie ist wieder ein Beispiel dafür, dass Sie diese neuen Technologien ignorieren und damit natürlich auch nicht helfen, dass wir sie zum Einsatz bringen können. Wir werden dies weiterhin tun.
Lassen Sie mich kurz noch etwas zur Reform der staatlichen Veterinär- und Lebensmittelüberwachung erwähnen. Wie Sie wissen, haben wir die neue Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen – KBLV – ins Leben gerufen, die am 01.08.2017 auf der Grundlage des Gesetzes zur Reform der staatlichen Veterinärverwaltung und Lebensmittelüberwachung gegründet werden konnte und am 01.01.2018 ihren Betrieb aufgenommen hat. Das ist eine eigenständige Überwachungs- und Vollzugsbehörde – ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir hier Vollzugskompetenzen mit geschaffen haben –, die insbesondere für sogenannte komplexe Betriebe, die überregional tätig sind, einschließlich der Geflügelgroßbetriebe mit 40.000 und mehr Plätzen bayernweit zuständig ist. Durch die KBLV werden die bisher für die entsprechenden komplexen Betriebe zuständigen Behörden und insbesondere die Kreisverwaltungsbehörden entlastet. Allerdings werden wir sie immer mit ins Boot holen, weil sie ihre Betriebe vor Ort am besten kennen. Neben den 20 Stellen, die wir mit verschoben haben, weil dort sehr große, komplexe Betriebe aus der Überwachung genommen wurden, haben wir zusätzlich sage und schreibe 70 neue Stellen geschaffen. Damit sind wir im Verbraucherschutz bei dem Aufwuchs an Personal in diesem Bereich absolut führend in Deutschland, und darauf sind wir in Bayern stolz.
Sie von der Opposition führen diese Reform der Lebensmittelüberwachung in Ihrem Minderheitenbericht auf Ihre Hartnäckigkeit zurück. Bei der Abstimmung in diesem Hause haben Sie dann aber dagegen gestimmt. Das ist wohl die größte Scheinheiligkeit, die ich je hier gelesen habe, und offenkundig sind Sie sich dafür nicht zu schade.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Das Ergebnis des Untersuchungsausschusses ist, dass die Firma Bayern-Ei ein geradezu industrieller Großbetrieb war, der aufgrund seiner Größe besondere Herausforderungen mit sich brachte, denen durch behördliche Maßnahmen begegnet wurde. Konkret ist zum eigentlichen Untersuchungsgeschehen in den Jahren 2014 bis 2015 festzuhalten, dass ab Bekanntwerden dieses Geschehens in Form von Salmonellenerkrankungen in Frankreich und Österreich im Sommer 2014 umfassende Maßnahmen durch die bayerischen Behörden eingeleitet wurden. Ich sage noch einmal: Die Kontrolldichte hatte eine Schlagzahl erreicht, dass in den Betrieben an den entsprechenden Tagen und beinahe täglich kontrolliert wurde. Außerdem wurde auf Initiative der Staatsregierung auf der Grundlage eines Gesetzes eine neue Behörde, die KBLV, gegründet und entsprechend ausgestattet. Damit wurde passgenau auf die Herausforderungen von Großbetrieben reagiert.
Bevor ich zum Ende komme, möchte ich noch auf einen besonders heiklen Punkt eingehen, der in einem engen Zusammenhang mit dem soeben erwähnten Strafverfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Firma Bayern-Ei steht. Dieses parallel zum Untersuchungsausschuss laufende Strafverfahren stellte den Untersuchungsausschuss vor besondere Herausforderungen; ich habe darauf anlässlich der Einsetzung des Untersuchungsausschusses am 19. Juli 2017 schon einmal deutlich hingewiesen. Nach einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 17. November 2014 besteht bei einem parallelen Strafverfahren eine sogenannte verfassungsimmanente Rücksichtnahmepflicht eines Untersuchungsausschusses. Der Verfassungsgerichtshof führt hierzu ausdrücklich aus, dass etwaige Störungen des Strafverfahrens auf ein unvermeidbares Maß beschränkt werden müssen.
Warum ist das so? – Wie ich vorhin bereits gesagt habe, ist ein Verbraucher gegen kriminelles Handeln, also das Handeln zum Schaden anderer mit Vorsatz, kaum zu schützen, jedenfalls nicht zu 100 %. Zwingend erforderlich ist aber, dass solche Schädiger ihre Strafe erhalten, und dafür sind die Strafbehörden zuständig. Unser Gebot ist, anstatt Wahlkampfgetöse zu
veranstalten, diesen die Möglichkeit zu geben, zu einem vernünftigen Ermittlungsverfahren zu kommen und dieses durchzuführen. Darauf haben wir im Ausschuss versucht Rücksicht zu nehmen, und das ist im Großen und Ganzen gelungen.
Die CSU hat deswegen bei einzelnen Zeugen ausdrücklich auf eine eigene Einvernahme verzichtet, um sie für die Strafverfolgungsbehörden nicht wertlos – wie man das in diesem Fall leider nennt, wenngleich das im Zusammenhang mit Menschen nicht sehr angenehm ist – zu machen. Die Zeugen können so aufgrund ihrer Aussagen vor den Strafverfolgungsbehörden und vor den Gerichten eine andere Wertigkeit erhalten, was zur Verfolgung eines möglicherweisen Schuldigen zwingend notwendig ist. Dazu wollten wir ausdrücklich beitragen, und ich bin froh, dass uns das jedenfalls seitens der CSU sehr gut gelungen ist.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, am Ende dieses Untersuchungsausschusses möchte ich mich nochmals ausdrücklich bei allen Beteiligten bedanken. Angesichts der Fülle der Akten und der Anzahl der vernommenen Zeugen haben wir in einer sehr kurzen Zeit ein sehr dickes Brett gebohrt, aber wir haben es geschafft, und ich möchte damit auch schließen. Wir alle haben zusammen innerhalb eines Jahres eine durchaus große Aufgabe bewältigt. Dafür noch einmal herzlichen Dank an alle, die mitgeholfen haben, dem Untersuchungsauftrag gerecht zu werden. Ich wünsche uns, dass es in Zukunft nicht mehr nötig sein wird, Untersuchungsausschüsse einzuberufen, die am Ende des Tages das Ergebnis bringen, dass sie nicht nötig gewesen sind. – Ich danke Ihnen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Bevor ich dem Kollegen von Brunn das Wort erteile, darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die CSU-Fraktion für den Tagesordnungspunkt 13 namentliche Abstimmung beantragt hat. Das heißt, es nützt Ihnen nichts, wenn Sie jetzt gehen; hernach findet noch eine namentliche Abstimmung statt.
(Horst Arnold (SPD): Das müssen Sie schon uns überlassen, ob das was nützt, aber Sie haben schon recht!)
Entschuldigung, ich wollte nur einen Hinweis geben, weil es mit Kosten verbunden ist, wenn Sie gehen. – Jetzt lassen wir den Kollegen von Brunn sprechen, er hat lange darauf warten müssen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir ziehen heute das Fazit des Untersuchungsausschusses Bay
ern-Ei. Aber bevor ich unsere Ergebnisse der Beweisaufnahme politisch bewerte und darlege, möchte ich mich dem Dank anschließen, den die Frau Vorsitzende den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtagsamtes ausgesprochen hat, die mit erheblichem Einsatz und teils unter erheblichem Zeitdruck für einen reibungslosen Ablauf gesorgt haben. Danke auch dem Stenografischen Dienst! Des Weiteren gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen sowie allen Kolleginnen und Kollegen Dank für die gute Zusammenarbeit.
Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei der Vorsitzenden, Frau Wittmann. Wir haben trotz unterschiedlicher inhaltlicher Bewertungen und politischer Differenzen insgesamt einen guten Umgang gefunden und unseren Auftrag gewissenhaft wahrgenommen. Wir haben gemeinsam und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs die Beweisaufnahme mit dem Landgericht Regensburg abgestimmt und Beeinträchtigungen des Strafverfahrens vermieden. Uns ging es allein um die Aufklärung des Regierungs- und Behördenversagens; die Frage einer möglichen Strafbarkeit klären die Gerichte.
Ich komme zu unseren Schlussfolgerungen. Vorweg: Frau Wittmann, wenn man die absolute Mehrheit hat, ist man noch lange nicht im Besitz der absoluten Wahrheit. So hat das bei Ihnen aber leider geklungen.
Für uns ist glasklar: Der Untersuchungsausschuss war notwendig, und er war erfolgreich – trotz aller Vernebelungs- und Beschönigungsversuche von Staatsregierung und CSU, die oft mit allen erdenklichen Mitteln verhindern wollten, dass der Ausschuss Licht ins Dunkel von tierquälischer Käfighaltung, von Salmonellenställen, von falscher Rücksichtnahme auf Profitinteressen, von Kungelei im Hühnerstall sowie von Regierungs- und Behördenversagen bringt.
Tatsache ist: Die Schlussfolgerungen von CSU-Fraktion und CSU-Staatsregierung sind der Versuch, die politische Verantwortung zu verwischen und die Öffentlichkeit und die Bevölkerung ein weiteres Mal zu täuschen. Zusammengefasst – das haben Sie gerade vorgetragen – lauten Ihre Schlussfolgerungen im Kern so: Eigentlich gab es keine nachweisbaren Erkrankungen, und eigentlich gab es keinen nachweisbaren Salmonellenausbruch, der in Bayern mit Bayern-Ei in Zusammenhang steht. An den Erkrankungen, die kein Ausbruch waren, war ein krimineller Einzeltäter schuld und die Betroffenen selbst, die sich nicht oft genug die Hände gewaschen und die Küchenhygiene nicht ein
Eigentlich war aus Sicht der CSU alles gar nicht so schlimm, und deshalb hat auch die Reform des Verbraucherschutzes – auch das haben wir hier gehört – nichts mit Bayern-Ei zu tun. Trotzdem hat die Staatsregierung eine Reform durchgeführt – dafür sollten wir ihr wohl alle sehr dankbar sein –, aber mehr könne man halt nicht tun.
Einen zentralen Satz, eine Wahrheit haben Sie aber nicht gesagt, nämlich, dass der CSU der Unternehmerschutz vor den Verbraucherschutz geht. Das zieht sich wie ein roter Faden bei jedem Lebensmittel- und Umweltskandal durch – vom Gammelfleisch über Bayern-Ei bis nach Altötting. – Es gibt noch eine wichtige Erkenntnis. Die CSU-Staatsregierung und manche Behörden im Freistaat fürchten in Sachen Verbraucherschutz Wahrhaftigkeit und Offenheit wie der Teufel das Weihwasser.
Die daraus resultierende Strategie der Vertuschung und Beschönigung haben wir durchkreuzt. Der Untersuchungsausschuss hat auch aufgezeigt, was es alles beim Verbraucherschutz in Bayern noch zu verbessern gilt und warum Ihre aus der blanken Not und Getriebenheit geborene Reform mitnichten ausreicht.
Der Untersuchungsausschuss war mehr als notwendig; denn nur so können jetzt Lehren aus strukturellen Fehlern gezogen werden, können Verbesserungen und überfällige Reformen ernsthaft diskutiert werden; nur so kann es Transparenz für die Bevölkerung geben.
Der Untersuchungsausschuss war auch eine Verpflichtung gegenüber den Menschen, gegenüber den Erkrankten und den Betroffenen, allein schon durch ihre schiere Anzahl. 187 Personen sind laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg im Jahr 2014 an einer Salmonelleninfektion erkrankt, davon 95 Menschen in Österreich, 86 Menschen in Deutschland und 6 in Frankreich. Einer von den Erkrankten ist wahrscheinlich an den Folgen dieser Infektion gestorben.
Die Staatsanwaltschaft hat also die Erkrankten in Bayern gefunden, von denen die Staatsregierung und das LGL nichts wissen wollten. Die Fälle aus Großbritannien sind dabei noch nicht einmal mitgezählt. 198 Erkrankungsfälle und 1 Todesfall werden dort laut einer Zeugenaussage mit Bayern-Ei in Verbindung gebracht. Wir sprechen also über höchstwahrscheinlich 2 Todesfälle, verursacht durch Bayern-Ei, und fast
400 Erkrankungen. Die Behauptung der CSU, der Untersuchungsausschuss sei nicht notwendig gewesen, ist vor diesem Hintergrund ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen, für die Erkrankten und für die Angehörigen der Toten.