Na ja. Liebe CSU, man könnte auch sagen: Vielleicht denken Sie jetzt schon daran, wie Sie Herrn Söder in zehn Jahren loswerden. Da Sie ein solches Gesetz unterstützen, ist Ihnen in dieser Angelegenheit wohl auch etwas bang. Von daher spüre ich ein gewisses Misstrauen von Ihrer Seite.
Man muss auch fragen: Welchen Stellenwert misst der Ministerpräsident dieser Verfassungsänderung bei, wenn er nicht einmal anwesend ist?
Anscheinend ist sie für ihn doch nicht so wichtig, wie er das in seiner Regierungserklärung behauptet hat. Meine Damen und Herren, daher müssen wir das Ganze wieder als ein äußerst populistisches Wahlkampfmanöver ansehen, das nur dazu dienen soll, Stimmen einzufangen. Was dann in zehn Jahren passiert, ist eine andere Sache. Wahrscheinlich ist die Halbwertszeit dieses Ministerpräsidenten wesentlich geringer als diese zehn Jahre.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick klingt dieser Gesetzentwurf ganz vernünftig und ganz interessant. Klar, dieser Gesetzentwurf kann bei vielen Menschen auf den ersten Blick viel Sympathie erzeugen. Es ist schön, wenn man sagen kann: Die da oben, die sollen auch mal wieder weg, wir begrenzen die Macht. – Das ist aber nur der erste Blick. Unsere Macht ist begrenzt. Wir haben die Macht auf Zeit. Wir haben ein System, in dem regelmäßig Wahlen stattfinden und in dem die Politiker und Politikerinnen, auch Ministerpräsidenten sowie Bürgermeister und Bürgermeisterinnen abgewählt werden können. Das ist Macht auf Zeit in der Demokratie. Das funktioniert eigentlich ganz gut.
Ich habe mir das System in Bayern einmal angeschaut. Eigentlich hatten wir nie das Problem, dass wir Ministerpräsidenten nicht mehr losgeworden wären. Meistens hat das die Regierungsfraktion schon selbst erledigt, oder die Amtsinhaber haben es selbst erledigt. Wir haben doch ganz andere Probleme. Eigentlich haben wir das Problem, dass wir noch nie eine Frau als Ministerpräsidentin hatten und dass die CSU seit über sechzig Jahren den Ministerpräsidenten stellt. Daran ändert aber leider Ihr Gesetzentwurf nichts. Daran würde auch diese Verfassungsänderung nichts ändern. Ich weiß nicht, ob sie wirklich so zielführend ist.
Wir müssten auch darüber reden, ob der Ministerpräsident oder die Ministerpräsidentin wirklich vierzig Jahre alt sein muss. Hätte Frankreich diese Regelung, hätten wir vielleicht Frau Le Pen und nicht Herrn Macron. Das fände ich auch nicht gut.
Das wollen Sie nicht ändern. Ich denke, eine solche Regelung, gerade wenn sie top-down implementiert wird, beschneidet die Rechte der Wählerinnen und Wähler. Ich möchte, dass letztendlich die Wählerin und der Wähler entscheiden, wer da vorne stehen muss. Es wurde heute schon gesagt: Wir haben keine Präsidialverfassung. Wir können die Risiken in Systemen wie dem in den USA nicht eins zu eins auf unser System übertragen. Ich glaube nicht, dass man hier gegensteuern muss.
Wie gehen wir weiter mit diesem Problem um? – Ich denke, wir sollten einmal überlegen, was grundsätzlich noch an der Verfassung verändert werden kann. Wir können sicherlich noch viel verbessern. Aber das tun Sie gerade nicht. Sie greifen diesen einen Punkt heraus und wollen ihn der Bevölkerung von oben herab als Zuckerl geben.
Wir haben uns geeinigt, dass wir nicht mehr über unsere Gesetzentwürfe zur Änderung der Verfassung debattieren. Ich möchte aber an dieser Stelle sagen, dass es uns um mehr geht. Uns geht es um diese Fragen: Wie machen wir unsere Verfassung, die eine lebendige Verfassung ist, zukunftsfest? Wie können wir die Verfassung so gestalten, dass wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen? Diese Fragen können wir bei den Beratungen zu den einzelnen Gesetzentwürfen stellen.
Noch einen Punkt zu dem Vorschlag, die Amtszeit von Herrn Söder zu begrenzen. Wenn ich mir ansehe, wie viele Steuergelder unserer Bürgerinnen und Bürger er in den ersten Monaten seiner Amtszeit ausgegeben hat, alles ohne nachhaltige Effekte, zum Beispiel für Familiengeld, Pflegegeld, Abschaffung der Strabs und Baukindergeld, dann ist klar, dass er in zehn Jahren nicht mehr regieren will; denn dann werden die Kassen leer sein.
Deshalb ist es für die bayerische Bevölkerung nicht unbedingt ein gutes Zeichen, wenn einer sagt: In zehn Jahren tschüss, dann könnt ihr sehen, wie es weitergeht. Darüber werden wir diskutieren.
Vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich komme zum Tagesordnungspunkt 6 zurück und darf jetzt das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts, Drucksache 17/20425, bekannt geben. Mit Ja haben 90, mit Nein 67 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Zwei Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts".
Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben beschlossenen Fassung haben die Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf den Drucksachen 17/21515 und 17/21516 sowie 17/21885 bis einschließlich 17/21890 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis. Ich bedanke mich bei Ihnen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei (Drs. 17/21859) - Erste Lesung
Der Herr Staatsminister steht schon für die Begründung des Gesetzentwurfs bereit. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung beabsichtigt, die Kompetenzen der Bayerischen Polizei bei der Bekämpfung der illegalen Migration und der grenzüberschreitenden Kriminalität weiter auszubauen. Daher hat der Ministerrat am 23. März die Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei beschlossen. Wir legen dem Bayerischen Landtag nun den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei vor, mit dem die entsprechenden Änderungen im Polizeiorganisationsgesetz, insbesondere die Einführung eines neuen Artikels 5, vorgenommen werden sollen.
Schwerpunktmäßig soll mit der Grenzpolizei die Schleierfahndung intensiviert werden, vor allem im 30 Kilometer breiten Streifen entlang der Bundesgrenze zu Österreich und Tschechien sowie auf den Straßen und Eisenbahnstrecken von erheblicher Bedeutung für den grenzüberschreitenden Verkehr. Darüber hinaus soll die neue Bayerische Grenzpolizei auch eigenständig grenzpolizeiliche Aufgaben wie Passkontrollen und Zurückweisungen an der Grenze durchführen können, sobald der Bund Grenzkontrollen angeordnet hat. Notwendig hierfür ist aber eine Erweiterung des Verwaltungsabkommens mit dem Bund. Zu diesem Zweck habe ich bereits ein erstes Gespräch mit Bundesinnenminister Seehofer geführt.
Die Koordination der Grenzpolizei wird eine neue Direktion mit Dienstsitz in Passau übernehmen, die zum 1. Juli 2018 ihren Betrieb aufnehmen wird und zur Führungsstelle "Grenze" bestimmt wird. Zentrales Aufgabenfeld der Direktion wird die Zusammenarbeit mit den gemeinsamen Zentren Schwandorf-Petrovice und Passau sowie mit benachbarten Behörden wie Bundespolizei und Zoll sein. Daneben wird sich die Grenzpolizei in Grenzpolizeiinspektionen und Grenzpolizeistationen gliedern, die im Einzelnen durch Änderung der entsprechenden Durchführungsverordnung zum Polizeiorganisationsgesetz aus den bisherigen Polizeiinspektionen Fahndung und Polizeistationen Fahndung errichtet werden.
Die gegenwärtige Personalstärke der zuständigen Dienststellen von circa 500 soll dabei erhöht werden, sodass die Grenzpolizei im Jahr 2023 über insgesamt 1.000 Stellen verfügen wird. Die dafür erforderlichen Beamtinnen und Beamten werden neu eingestellt und ausgebildet. Damit können wir die Zahl unserer Fahndungsexperten in Grenznähe verdoppeln. Des Weiteren will die Staatsregierung in modernste Sachausstattung investieren, beispielsweise Smartphones mit einem polizeilichen Messengerdienst, Convertibles und Fingerabdruckscanner, in jedem Einsatzfahrzeug der Grenzpolizei Multicopter für die Dienststellen der Grenzpolizei oder auch Wärmebild- und Nachtsichtgeräte. Damit machen wir die Arbeit unserer Fahnderinnen und Fahnder vor Ort noch effizienter.
Das Innenministerium erarbeitet zusammen mit dem Polizeipräsidium Niederbayern unter Einbindung der tangierten Verbände der bayerischen Polizei ein Detailkonzept. Die Staatsregierung wird im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Bayerischen Landtags gemäß dessen Beschluss zum 30. Juni dieses Jahres einen schriftlichen Bericht vorlegen.
Ich bitte Sie herzlich um zügige Beratung und dann um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen keine bayerische Grenzbehörde; denn es gibt bereits eine deutsche Grenzpolizei. Wir brauchen keine bayerische Grenzbehörde; denn es gibt bereits eine bayerische Schleierfahndung, die ganz gut funktioniert und die man gegebenenfalls ausbauen kann. Wir brauchen eine effiziente Schleierfahndung und mobile, kurzfristig mögliche Grenzraumkontrollen statt die christsoziale Rückkehr zum Schlagbaum des 20. Jahrhunderts.
Die Anordnung des neuen Ministerpräsidenten – neue Behördennamen und Dienstuniformen – ersetzt nicht eine bessere länderübergreifende Polizei- und Justizzusammenarbeit; diese ist notwendig. Wir brauchen mehr Polizisten auf bayerischen Straßen und Plätzen, nicht in neuen Amtsstuben von Herrn Söder. Die Doppelstruktur neben der Bundespolizei, die der neue Ministerpräsident jetzt anstrebt, schafft zusätzliche Bürokratie statt zusätzlichen Bürgerschutz und zusätzliche innere Sicherheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zuständigkeit für die Grenzsicherung ist im Wege der ausschließlichen Gesetzgebung gemäß Artikel 73 Absatz 1 Nummer 5 des Grundgesetzes allein dem Bund vorbehalten. Der Bund hat in § 2 des Bundespolizeigesetzes durch Zuweisung des grenzpolizeilichen Schutzes an die Bundespolizei von dieser Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht.
Natürlich besteht die Möglichkeit, dass Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes als Teilaufgaben des Grenzschutzes mit Kräften der Länder durchgeführt werden. Bayern hat in einem Verwaltungsabkommen die Übernahme grenzpolizeilicher Aufgaben an bayerischen Flughäfen vereinbart. Aber die Übernahme des gesamten Grenzschutzes durch die bayerische Landespolizei ist sowohl aus verfassungsrechtlicher als auch aus polizeilicher Sicht nicht sinnstiftend.
Die Staatsregierung will die verfassungsmäßig durchaus fragwürdige Einführung einer Doppelzuständigkeit für die Grenzüberwachung der Bundesgrenzen im Freistaat schaffen und hiermit eine Mischverwaltung etablieren, ohne jedoch zu einem Mehr an Sicherheit zu gelangen.
Im Übrigen: Der Gesetzentwurf, den die Bayerische Staatsregierung hier vorlegt, ist natürlich auch ein Misstrauensvotum des neuen CSU-Ministerpräsidenten Söder gegen seinen Parteifreund Bundesinnenminister Horst Seehofer; denn für den Grenzschutz ist eigentlich der Bundesinnenminister, also der Bund, zuständig. Offenbar trauen die CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung ihrem eigenen Parteichef nicht über den Weg, das heißt, sie gehen nicht davon aus, dass er die entsprechenden Aufgaben bewältigen wird.
Die neue Bayerische Grenzpolizei schafft unnötige neue Verwaltungsstrukturen; das kritisiert auch die Gewerkschaft der Polizei. Der für die Bundespolizei in Bayern zuständige GdP-Vorsitzende Andreas Roßkopf sieht in der bayerischen Grenztruppe eine unnötige Konkurrenz zur Bundespolizei. Er sagt wörtlich:
Das ärgert uns ungemein. Denn für unsere Kolleginnen und Kollegen ist das eine Geringschätzung ihrer Arbeit an der Grenze, fast schon ein Vertrauensbruch. Denn wir machen unseren Job dort sehr professionell und mit hoher Motivation.
Er verweist weiterhin darauf, dass die volle Einsatzstärke von 2.600 Beamtinnen und Beamten bereits zum 1. Januar 2019 wieder gewährleistet sein wird.
An dieser Stelle dürfen wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, gern daran erinnern, wer Bundespolizistenstellen – in der schwarz-gelben Bundesregierung – gekürzt hat. Es war Ihr CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der 3.600 Bundespolizistenstellen gestrichen hat. Es brauchte die sozialdemokratische Regierungsbeteiligung im Bund, damit diese Schwächung eines handlungsfähigen starken Staates wettgemacht, das heißt, korrigiert wurde.
Tatsächlich entsteht der Eindruck, dass mit diesem Gesetzentwurf von den wahren Problemen unserer bayerischen Polizei ein Stück weit abgelenkt werden soll. Im Jahr 2017 haben die Überstunden der bayerischen Polizei einen neuen Rekordwert erreicht. 2.210.650 Überstunden – das entspricht einem Zuwachs um 11 % gegenüber dem Vorjahr. Vor drei Jahren waren es 1,8 Millionen Überstunden, vor zwei Jahren 2 Millionen; jetzt sind es 2,2 Millionen.
Ich sage: Unsere Polizei leistet sehr wertvolle und professionelle Arbeit. Wir bedanken uns dafür. Auch die Bürgerschaft ist dafür dankbar. Aber wir sind in
Sorge, dass die vor geraumer Zeit angekündigte Entlastung unserer Polizei nicht greift. Im Gegenteil, es drängt sich geradezu der Eindruck auf, dass vielmehr die hohe Motivation und die hohe Leistungsbereitschaft unserer Polizistinnen und Polizisten deutlich überstrapaziert werden.
Es wird auch nicht gesagt – auch nicht heute in Erster Lesung; das werden wir in den Ausschüssen zu behandeln haben –, wie sich die neue Grenzpolizei denn personell zusammensetzen soll. Es heißt, die jetzt für die Schleierfahndung vorgesehenen 500 Polizisten würden halt "umetikettiert". Sie erhalten eine neue Uniform und ein neues Logo, aber ihre Aufgaben bleiben mehr oder weniger gleich.