Protocol of the Session on April 18, 2018

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen noch vor einer weiteren großen Herausforderung. Wir müssen Menschen, die in unser Land kommen und Schutz suchen, aufnehmen und integrieren. Es gibt zwei Aspekte von Sorgen, die wir lösen können.

Auf der einen Seite fragen mich unheimlich viele Menschen: Warum arbeiten Asylbewerber nicht sofort, wenn sie bei uns sind? Und auf der anderen Seite kommen viele Asylbewerber und fragen: Warum kann ich eigentlich nicht möglichst schnell arbeiten, wenn ich in euer Land komme? Ich will das doch.

Unsere Antwort darauf muss lauten: Wir müssen Asylbewerber so schnell wie möglich in Arbeit bringen, egal, welche Bleibeperspektive sie haben.

(Beifall bei der SPD)

Warum? – Wenn sich herausstellt, dass sie zurück in ihre Heimat müssen, nehmen sie Arbeitserfahrung mit. Wenn sich aber herausstellt, dass sie bleiben können, ist Arbeit optimal für die Integration.

Wir dürfen eines aber nicht tun, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel zu häufig geschehen ist, dass wir nämlich Asylbewerber oft über lange Jahre zum Nichtstun verdammen. Das bringt den Menschen nichts, die zu uns kommen, und es bringt auch der Bevölkerung nichts, die sie aufnimmt. Wir müssen die Menschen zueinander führen, und Arbeit ist das Mittel zur Integration.

(Beifall bei der SPD – Volkmar Halbleib (SPD): Sehr gut!)

Nun könnte man meinen, wenn man Ihnen heute zuhört, dass ein Landesamt für Asyl – so bezeichnen Sie es –, das entstehen soll, genau ein solches Amt ist, um diese Fragen zu klären, ein Amt also, das sich um Asyl – ein Menschenrecht! – kümmert, um Fragen zur Arbeitsaufnahme, um Spracherwerb und Ähnliches. Das Amt soll sich aber wohl, wie wir es heute von Ihnen vernommen haben, lediglich darum kümmern, Asylbewerber möglichst schnell abzuschieben.

Das, Herr Ministerpräsident, haben Sie heute nicht erklärt: Welche Zuständigkeiten hat denn dieses Amt für Asylverfahren? Die Zuständigkeit – das müssten Sie doch besser wissen – liegt im Grunde beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Ich sage Ihnen eines und das ist zutiefst abstoßend: Sie missbrauchen den Begriff des Asyls – ein geschützter Begriff! –, um im Prinzip zu kaschieren, dass es Ihnen nur darum geht, Menschen loszuwerden. Sie sollten vielmehr darüber sprechen, wie wir diese Menschen integrieren können.

Natürlich müssen Menschen zurück. Aber finden Sie doch einmal die Mitte! Sie betreiben hier eine gigantische Augenwischerei. Und ich sage Ihnen eines: Dieses Landesamt ist auch eine Verschwendung von Steuergeldern. Das gehört sich nicht.

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Jawohl!)

Wir machen Ihnen einen Vorschlag:

(Zuruf von der CSU)

Ja, Respekt ist etwas anderes. Sie haben vorhin moniert, dass andere grinsen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das sind deren eigene Maßstäbe!)

Hören Sie doch einfach einmal zu. Herr Ministerpräsident, wir machen Ihnen einen Vorschlag: Wie wäre es mit einem Landesamt für Integration?

(Beifall bei der SPD)

Ich denke an ein Landesamt, das die Kommunen bei der Unterbringung von anerkannten Flüchtlingen unterstützt. Die Kommunen brauchen dringend Koordinationshilfe. Ich denke an ein Amt, das bei den Angeboten für Sprach- und Integrationskurse unterstützt, ein Amt, das bei der Jugendarbeit unterstützt, und vor allen Dingen ein Amt, das Hundertausende von Ehrenamtlichen unterstützt, die in unserem Land tagtäglich Integrationsarbeit leisten.

(Beifall bei der SPD)

Die Bezeichnung Ihres Amtes zeigt, was dieses Amt nicht ist: Das ist nicht Liebe zum eigenen Land. Definitiv nicht. Ich zitiere Ihnen gerne aus dem Duden den Begriff der Integration. Wie wird das dort definiert? – Es wird bewusst durch bestimmte Maßnahmen dafür gesorgt, dass jemand Teil einer Gruppe wird. Das führt unser Land zusammen. Das macht unser Land stark.

Wir sind ein Rechtsstaat. Wir werden rechtsstaatliche Maßnahmen bei allem treffen, aber missbrauchen Sie doch nicht immer das Thema, bei dem Sie dann Menschen gegeneinander aufhetzen. Das ist nicht richtig, und das zeichnet auch den starken Staat nicht aus.

(Beifall bei der SPD)

Das Einzige, was wir zur Integration heute von Ihnen gehört haben, ist, dass Sie Flüchtlingskinder nach ihrer Ankunft in Deutschland in extra Deutschklassen separieren wollen, wo sie dann angeblich unsere Werte und unsere Sprache lernen.

Aber ehrlich: Wir haben in unserem Land doch Übergangsklassen, die genau das tun. Wenn Ihnen die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes klar und deutlich sagt: Werte lernt man nicht in einer Klasse, sondern miteinander über alle Fächergrenzen hinweg, dann ist das Integration pur.

(Beifall bei der SPD)

Ein starker Staat lebt eben nicht von Ausgrenzung, Herr Ministerpräsident. Ein starker Staat lebt von ehrlichen Antworten auf die Herausforderungen. Er darf nicht Unsicherheit und Ängste schüren und Menschen gegeneinander ausspielen. Das zeichnet einen starken Staat nicht aus; es ist weder christlich noch sozial.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo!)

Sie haben heute auch eine eigene Bayerische Grenzpolizei angekündigt. Ich glaube, hierzu müssen Sie auf offene Fragen auch ehrliche Antworten geben. Grenzschutz ist doch Bundesaufgabe. Zuständig ist der Bundesminister Ihrer Partei. Unsere Frage lautet: Ist dieser Bundesminister dieser Aufgabe gewachsen?

(Volkmar Halbleib (SPD): Gute Frage!)

Nächste Frage: Woher sollen die 1.000 Grenzpolizisten kommen, wenn in unseren bayerischen Polizeidienststellen heute bereits 10 % der Stellen nicht besetzt sind? Woher diese Leute nehmen?

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU)

Wissen Sie was, Herr Reiß: Wenden wir uns doch noch einmal den Polizistinnen und Polizisten zu.

(Tobias Reiß (CSU): Das tun wir täglich!)

Sagen wir ihnen doch, was ihnen ein starker Staat eigentlich zusichern sollte.

(Unruhe – Zurufe von der SPD: Ruhe! – Zuruf von der CSU: Das machen wir, wie wir es wollen! – Weitere Zurufe – Glocke der Präsidentin)

Noch einmal: Wenden wir uns den Polizistinnen und Polizisten, die für unsere Sicherheit in unserem Lande

sorgen, zu: Was brauchen sie von uns als starkem Staat? – Sie brauchen mehr Polizeidienststellen, ja. Aber zur Ehrlichkeit gehört natürlich auch, dass die Polizistinnen und Polizisten nicht von heute auf morgen kommen. Sie müssen zunächst einmal die Ausbildung durchlaufen, und erst dann werden wir sie haben. Das ist ehrlich. Wissen Sie, was wir den Polizistinnen und Polizisten zusichern müssen? – Dass wir ihnen helfen, die Überstunden abzubauen, die sie vor sich herschieben. Die Polizistinnen und Polizisten in Bayern haben zwei Millionen Überstunden; das ist eine abstrakte Zahl. Sprechen Sie einmal mit den Beamten! Wissen Sie, was sie Ihnen sagen? Sie haben Glück, wenn sie überhaupt noch ein Wochenende im Monat frei haben. Da frage ich Sie: Ist das das Familienleben eines Polizisten, dass er seine Kinder, seine Frau bzw. seinen Mann einmal im Monat an einem Wochenende sieht? Polizistinnen und Polizisten brauchen unsere Unterstützung in der Realität ihres Lebens. Genau diese Möglichkeit müssen wir verbessern.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Hier wird noch etwas deutlich: Ein starker Staat zeichnet sich dadurch aus, dass er geradlinig, ehrlich und ernsthaft vorgeht.

Zum Thema Polizei möchte ich Ihnen noch etwas sagen: Ein starker demokratischer Staat kann niemals ein Überwachungsstaat sein, niemals.

(Zurufe von der SPD: Bravo! – Beifall bei der SPD – Peter Winter (CSU): Das sind Ihre Worte und nicht unsere!)

Ein starker demokratischer Staat, den wir lieben, lebt durch seine Freiheitsrechte und durch die Freiheit jedes Einzelnen.

(Zurufe von der CSU)

Mit dem neuen Polizeiaufgabengesetz und auch mit dem neuen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, Herr Ministerpräsident, schießen Sie weit über das Ziel hinaus, weit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): Nach Ihrer Meinung!)

Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie diese Gesetze durch das Parlament peitschen, verändern Sie das Freiheitsverständnis in unserem Land.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wer sagt denn das?)

Sie verändern das Vertrauensverhältnis der Menschen zur Politik, und Sie versündigen sich an der Tradition unseres Freistaates, an der Liebe zur Freiheit und an der Liebe zur Liberalität. Daran versündigen Sie sich dann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)