Protocol of the Session on April 18, 2018

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Pohl. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Ganserer. Bitte schön, Herr Ganserer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch unstrittig, dass betriebliche Mitbestimmung in Form von Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertretungen eindeutig positive Effekte auf die Produktivität von Unternehmen, auf die Mitarbeiterzufriedenheit, auf die Personalfluktuation, auf die Innovationskraft, auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und sogar auf die Profitabilität von Unternehmen hat. Das wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich ist es nicht die Aufgabe öffentlicher Verwaltungen, Profite zu erwirtschaften. Aber alle anderen positiven Effekte von echter Mitbestimmung gelten auch für den öffentlichen Dienst. –

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt, bei der Aussprache zur Regierungserklärung, haben wir unsere unterschiedlichen und teilweise konträren Positionen und Auffassungen deutlich herausgearbeitet. In der Grundeinschätzung des öffentlichen Dienstes sind wir jedoch parteiübergreifend einig: Für einen funktionierenden Staat, den wir alle wollen und für den wir alle in das Parlament gewählt worden sind, brauchen wir eine effektive und gut aufgestellte Verwaltung. Bei den Vorrednern herrscht auch Einigkeit darüber, dass wir angesichts der Herausforderungen der Zukunft aufpassen müssen, dass der öffentliche Dienst weiterhin als attraktiver Arbeitgeber geschätzt wird. Es ist eine große Herausforderung, für den öffentlichen Dienst gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Hinblick auf die Besoldung der bayerischen Beamtinnen und Beamten und die Übernahme der Tarifabschlüsse gab es in den letzten Jahren in Bayern wirklich nichts zu bemängeln. Das neue Dienstrecht wurde 2016 von der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung mit dem Preis für gute Gesetzgebung geehrt. Aber wie schaut es mit der Mitbestimmung aus? – Da teile ich vollumfänglich die Einschätzung des Kollegen Schuster: Hier herrscht eindeutig Verbesserungsbedarf.

Das Bayerische Personalvertretungsgesetz ist in seinem Kern mittlerweile 59 Jahre alt. Seit dem Inkrafttreten 1959 gab es zwar zahlreiche, aber meistens nur kleine und unbedeutende Veränderungen. Erst gestern ging es – es ist vom Kollegen Fackler erwähnt worden – im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes in der Aussprache über den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung personalrechtlicher und weiterer dienstlicher Vorschriften auch um eine Anpassung des Personalvertretungsrechts. Ich will keinen Hehl daraus machen: Auch meine Fraktion, auch wir GRÜNE, haben diese Änderung mitgetragen, weil es im Wesentlichen nur redaktionelle Änderungen waren. Es gab zwar bei dem einen Punkt die Anpassung – Kollege Fackler hat es erwähnt –, dass das Höchstalter bei der Wahl von Jugend- und Auszubildendenvertretungen abgeschafft worden ist, aber bei der Stärkung der Mitbestimmung, also der Mitwirkungsmöglichkeiten der Personalvertretung, gibt es absolute Fehlanzeige. Vonseiten der CSU-Regierung sind hier keinerlei Verbesserungen bei dem Thema Schulungen der Personalräte und bei den Freistellungsregelungen vorgenommen worden.

Was Mitbestimmungsrechte anbelangt, hinkt der öffentliche Dienst in Bayern der freien Wirtschaft eindeutig hinterher. Da kann sich der Freistaat Bayern echt eine Scheibe vom Betriebsverfassungsgesetz abschneiden. Insofern zeigt der Gesetzentwurf der SPD den notwendigen Reformbedarf auf. Ich freue mich von daher schon auf die weitere Aussprache im federführenden Ausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Ganserer. – Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Wie schon angekündigt, rufen wir jetzt nicht den Tagesordnungspunkt 4 b auf, weil dieser verschoben

wurde, sondern gehen gleich weiter zum

Tagesordnungspunkt 4 d:

Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Psychisch-Kranken-HilfeGesetz (Drs. 17/21573) - Erste Lesung

Zu dem Gesetzentwurf haben sich sowohl Frau Staatsministerin Huml als auch Frau Staatsministerin Schreyer zu Wort gemeldet. Ich darf zunächst Frau Staatsministerin Huml das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Liebe Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir die Versorgung von Menschen in akuten psychischen Notlagen weiter verbessern und zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beitragen. Wir regeln damit auch die öffentlich-rechtliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus neu. Meine Kollegin Kerstin Schreyer wird nachher noch einiges dazu erläutern.

Klar steht das Gesetz in einem gewissen Spannungsfeld. Das wissen wir auch. Es geht darum, dass wir den psychisch kranken Menschen möglichst gute Hilfe zukommen lassen. Wir haben an vielen Runden Tischen in vielen Arbeitssitzungen miteinander gesprochen, wie wir das weiterbringen wollen. Dieser Hilfegedanke ist mir persönlich sehr wichtig. Deswegen haben wir zur Stärkung der Hilfen ein Maßnahmenbündel geschnürt, mit dem wir die Versorgung psychisch kranker Menschen in Bayern nachhaltig verbessern wollen.

Wir wollen auch die Prävention psychischer Erkrankungen ein Stück weit stärken. Wir werten die psychiatrische Selbsthilfe weiter auf; denn ihre Vertreterinnen und Vertreter werden künftig kraft Gesetzes an Entscheidungsprozessen der psychiatrischen Versorgungsplanung angemessen beteiligt werden. Es ist komplett neu, dass wir diejenigen, die in der Selbsthilfe tätig sind, bei Entscheidungsprozessen beteiligen, wenn es um Versorgungsplanung geht. Wir tun das, damit man sich einbringen kann und die Sorgen und Nöte der Betroffenen aufgenommen werden können. Das ist bisher nicht der Fall. Das wollen wir mit dem Gesetz voranbringen.

Wir führen erstmals eine regelmäßige Psychiatrieberichterstattung in Bayern ein. Das heißt, alle drei Jahre wird darüber berichtet werden, wie es in Bayern um die psychiatrische Versorgung, um die psychosomatische und psychotherapeutische Versorgung aussieht. Damit wollen wir uns daran messen lassen, dass etwas voranschreitet und dass man sehen kann,

dass wir mit der Versorgung für Menschen in diesem Bereich weiterkommen wollen.

Ich finde es ganz besonders wichtig, und das ist in meinen Augen ein Kernstück dieses Gesetzes und wohl die größte Neuerung dabei, wenn ich das so sagen darf, dass es einen flächendeckenden Ausbau von Krisendiensten für Menschen in akuten psychischen Notlagen geben wird. Bisher war es nur in manchen Landesteilen, nämlich im Bereich Oberbayern und im Bereich Nürnberg, möglich, in einer psychischen Notsituation Hilfe zu erfahren und jemanden anrufen zu können, weil eben über die Bezirke schon einiges organisiert war. Das wollen wir flächendeckend. Es ist in meinen Augen ein Kernstück dieses Gesetzes, dass es einen flächendeckenden Krisendienst geben wird. Wir wollen, dass in Krisensituationen für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen über die Bezirke Hilfestellungen angeboten werden. Das ist in meinen Augen das ganz Wichtige an diesem Gesetz. Da sollten wir uns nicht verstecken, sondern sagen, dass es ganz wichtig ist und dass wir uns freuen, dass wir das mit den Bezirken in die Umsetzung bringen können, weil dann 24 Stunden am Tag angerufen werden kann.

Es ist auch daran gedacht, dass es eine aufsuchende Hilfe geben soll. Ähnlich wie bei einem Herzinfarkt, wenn man den Sanitäter oder Notarzt anruft, soll dann, wenn man in eine psychische Krisensituation kommt, Unterstützung geleistet und adäquat geholfen werden. In meinen Augen ist es ganz wichtig, dass wir diesen Krisendienst, der im Endausbau aus sieben Leitstellen bestehen wird, die rund um die Uhr erreichbar sind, einrichten. Da freue ich mich, dass die Kolleginnen und Kollegen zugestimmt haben, dass wir im Haushalt über die Bezirke 7,7 Millionen Euro für die Menschen in psychischen Notlagen ausgeben können. Die Krisendienste sollen mit mobilen Krisenteams ausgestattet werden, die auch aufsuchend tätig werden und sich vor Ort kümmern können.

Mir ist bewusst, dass dieses Gesetz noch eine breite Diskussion erfahren wird. Wir werden eine Expertenanhörung haben. Wir haben in diesem Bereich die Frage, wie man bei der Selbsthilfe die finanzielle Unterstützung noch weiter voranbringt. Da sind wir jederzeit gesprächsbereit, wenn in diesem Gesetz noch die eine oder andere Veränderung vorgenommen werden kann. Ich freue mich auf die breite Diskussion, die wir auch schon im Vorfeld der Gesetzgebungsarbeit, nämlich bei der Erstellung der Eckpunkte, so praktiziert haben. Es war uns immer ein Anliegen, dass wir möglichst viele einbinden. Das haben wir schon im Vorfeld getan. Ich denke, das ist ein kraftvoller Schritt, psychisch kranke Menschen in unserer Mitte besser aufzufangen, damit sie nicht gleich irgendwohin müs

sen, sondern auch zu Hause die Chance haben, eine gute Versorgung zu bekommen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Nunmehr bitte ich auch Frau Staatsministerin Schreyer ans Rednerpult. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten zweieinhalb Jahren haben meine Vorgängerin Emilia Müller und Melanie Huml in vielen Gesprächen versucht, ein gutes Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz zu entwickeln. Die Kollegin Melanie Huml hat es zu Recht angesprochen: An der einen oder anderen Stelle müssen wir sicherlich überlegen, wie wir das optimieren können. Der Präventionsbereich wurde gerade dargestellt.

Ich komme jetzt zu dem etwas ungemütlicheren Teil, nämlich den Bereich, der eigentlich nur einen ganz kleinen Prozentsatz der Menschen betrifft, aber natürlich viel Sorge auslöst. Das ist die Neuregelung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Es geht hier um eine geringe Anzahl von Menschen. Es geht nicht um alle Menschen mit psychiatrischer Diagnose. Es geht um einen kleinen Teil, für den wir, wenn eine Gefährdungssituation vorliegt, leider eine Neuregelung brauchen, weil das Bayerische Unterbringungsgesetz von 1992 ist und klar ist, dass wir es aktualisieren müssen. Bei Fixierungen oder einer Zwangsmedikamentierung brauchen wir immer, weil das ein erheblicher Grundrechtseingriff ist, eine klare Rechtssicherheit, und wir haben die Situation, dass die Rechtsprechung fortgeschritten ist. Insofern müssen wir dem ein Stück weit begegnen und überlegen, wie wir das gut aufs Gleis bringen können.

Es geht in diesem Fall um den kleinen Anteil, der diese Maßnahmen bekommt, und der dafür eine Regelung braucht. Diese Rechtssicherheit brauchen wir, damit der betroffene Mensch weiß, was wann mit ihm geschehen kann. Wir brauchen sie natürlich auch für die Angehörigen, und wir brauchen sie für die Fachkräfte, die dort jeden Tag ihren Mann oder ihre Frau stehen, damit Menschen in einer schwierigen Lebensphase entsprechend begleitet werden können. Außerdem ist klar: Die Richter werden weiterhin entscheiden, und es werden nicht mehr Menschen als bisher untergebracht. Das ist wichtig. Es geht um den kleinen Kreis der Menschen, für den wir Rechtssicherheit benötigen.

Bei der Frage "Schutz des Betroffenen", "Therapie" und "Schutz der Allgemeinheit" ist mir sehr wichtig: Es geht nicht um jeden Menschen, der eine psychiatri

sche Diagnose hat. Der weit überwiegende Teil wird in dem Bereich, der in meinem Haus angesiedelt ist, nicht erfasst, sondern es geht um einen kleinen Teil, für den wir noch einmal nachjustieren und den rechtlichen Rahmen schaffen müssen.

Wichtig ist mir, dass wir das Gesetz heute eingebracht haben. Mir ist aber auch wichtig, dass wir im Dialog, im parlamentarischen Verfahren noch einmal prüfen, an welchen Schrauben wir drehen müssen, damit wir den Menschen trotz der rechtlichen Rahmenbedingungen, die wir nachsteuern müssen – dazu sind wir an der Stelle leider auch gezwungen –, noch stärker gerecht werden können. Insofern danke ich für Ihr Verständnis, dass wir das miteinander im Dialog machen; denn ich denke, dass wir für die Menschen, die eine psychiatrische Diagnose haben und auf dieser Grundlage eine Gefährdungssituation entwickeln, alle das Beste wollen. Der weit überwiegende Teil der Menschen, die eine psychiatrische Diagnose haben, ist nicht betroffen, aber wir müssen mit den Ängsten der Bevölkerung umgehen, was ist, wenn etwas passiert. Wenn wir aber versuchen, das alles entspannt und in Ruhe gut auf den Weg zu bringen, bin ich mir sicher, dass wir für die Betroffenen, für die Fachkräfte und für die Bevölkerung eine gute Lösung finden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Wir kommen jetzt zur Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Ich erteile das Wort der Frau Kollegin Sonnenholzner. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Der Tag, an dem der Gesetzentwurf für das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz in den Bayerischen Landtag eingebracht wird, hätte ein großer Tag werden sollen und auch werden können. Dieses Gesetz hat, wie Sie richtig gesagt haben, Frau Ministerin, neben der Regulierung des Unterbringungsteils als solchem zwei große Ziele gehabt, nämlich zum einen die Versorgung psychisch kranker Menschen flächendeckend im Sinne der Hilfen zu verbessern und zum anderen die zivilrechtliche Unterbringung zu reduzieren.

Dieser Gesetzentwurf – das ist mir bei aller Kontroverse wichtig, heute zu sagen –, hatte eine beispiellose Entstehungsgeschichte. Der Bayerische Landtag hat dem Gesundheitsministerium federführend den Auftrag erteilt, im Rahmen eines Runden Tisches unter Beteiligung sämtlicher Beteiligter und Betroffener Eckpunkte zu erarbeiten. Das war ein extrem partizipati

ver Prozess, der Sie auch stolz machen könnte, Frau Ministerin Huml; denn in den fünf Arbeitsgruppen hat das in langen Sitzungen mit schwierigen Debatten und bei unterschiedlichsten Vorstellungen zu diesem Thema dazu geführt, dass alle Beteiligten gute Kompromisse gefunden haben und alle aufeinander zugegangen sind. Ich sage Ihnen: Es ist nicht trivial, die Psychiatrie-Erfahrenen und die Klinikdirektoren dazu zu bringen, sich in allen Bereichen der Psychiatrie auf eine Kompromisslinie zu einigen. Das ist aber gelungen, und das war wirklich sehr, sehr gut.

Wir dachten, jetzt besteht nur noch die Aufgabe, diese Eckpunkte, die gut waren, zu einem guten Gesetz zusammenzuschreiben. Seit Bekanntwerden dieses ersten Arbeitsentwurfs herrscht allerdings – und, wie ich sage, zu Recht – jähes Entsetzen bei allen, die am Runden Tisch beteiligt waren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bitte den Applaus am Schluss, ich habe eh so wenig Zeit. – Im Hilfeteil gibt es genau vier Artikel, im Unterbringungsteil sind es 35. Natürlich wollen wir alle den Krisendienst. Dafür bräuchten wir aber kein Gesetz; dafür würden die 7,7 Millionen Euro im Haushalt reichen. Selbst im Hilfeteil steht nicht die Sollvorschrift, dass die Polizei in psychiatrischen Krisen den Krisendienst mit dazu holen soll. Das ist eigentlich auch sehr viel weniger, als wir wollten.

Der große Konflikt liegt aber im Unterbringungsteil. Dabei handelt es sich nicht nur um die Tatsache, dass es 35 Artikel sind, sondern es ist auch der Duktus dieses Gesetzes, der ausschließlich auf Gefahrenabwehr ausgerichtet ist. Frau Ministerin Schreyer, ich weiß nicht, ob Sie Artikel 6 gelesen haben, in dem es darum geht, dass keine Gefahr für andere, keine Gefahr für Rechtsgüter anderer und keine Gefahr für die untergebrachte Person selbst entstehen soll. – Die untergebrachte Person, die nach dem PsychischKranken-Hilfe-Gesetz die Hilfe bekommen soll, steht noch hinter den Rechtsgütern anderer, und so ist der gesamte Tenor dieses Gesetzes.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Menschen, über die wir sprechen, sind kranke Menschen, und Sie haben recht: Nicht jeder psychisch Kranke wird untergebracht. Jeder psychisch Kranke hat aber Angst davor, irgendwann einmal untergebracht zu werden, und er hat noch mehr Angst davor, wenn er unter diesen Umständen untergebracht werden soll.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Sie schaffen mit diesem Gesetz eine Unterbringungsdatei, die – jedenfalls nach jetziger Vorstellung – unter anderem Namen, Adresse, Geburtsdatum und Diagnose enthalten soll und bei der die Daten fünf Jahre gespeichert werden sollen. Ich sage Ihnen: Es ist wurscht, ob Sie das fünf Jahre speichern oder fünf Stunden. In dem Moment, in dem das in einer Datei gespeichert ist, haben die Menschen Angst, stigmatisiert zu werden, und sie haben nicht nur Angst davor; denn sie werden stigmatisiert.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Kein Mensch in dieser Republik kommt auf die Idee, Diabetiker, Bluthochdruck-Patienten oder Blinddarmoperierte in einer Datei zu erfassen, und auch unter diesen gibt es gefährliche Straftäter – übrigens deutlich mehr als unter den psychisch Kranken. Kein Mensch käme auf diese Idee.

Unerträglich ist auch, dass Sie zahlreiche Artikel wortgleich aus dem Maßregelvollzugsgesetz übernehmen, und es ist egal, ob der Grund dafür diese völlig bescheuerte Paragrafenbremse ist oder dieses Prinzip, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln. Die Psychiatrie und der Maßregelvollzug sind keine gleichen Sachverhalte,

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Bern- hard Roos (SPD): Bravo!)