Protocol of the Session on February 7, 2018

Sie wissen auch, Kollege Zellmeier, dass auch ein Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention in der Regel nach drei Jahren überprüft wird. Sollte es in Syrien morgen Frieden geben, was wir uns alle wünschen, würden auch alle Einzelfälle, die den Status des Genfer Flüchtlingsabkommens haben, überprüft. Dann würden natürlich alle die Asyl bekommen, bei denen eine Verfolgung im Land zu erwarten ist. Das wären nur Einzelfälle; aber überprüft würden alle. Insofern habe ich das, glaube ich, klargestellt.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nun die Zwischenbemerkung der Kollegin Kamm.

Liebe Kollegin Weikert, Ihr Kompromiss wird nicht besser, wenn Sie behaupten, der Jamaika-Kompromiss wäre möglicherweise schlechter gewesen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass dieser Punkt nicht endverhandelt worden ist. Dass er nicht endverhandelt worden ist – das haben Sie richtig festgestellt –, lag nicht an uns.

Gehen Sie bitte ein bisschen näher ans Mikrofon. Man hört Sie sonst so schlecht.

(Zuruf von der SPD: Es ist nicht so wichtig!)

So unverschämt muss man nicht sein. – Nehmen Sie bitte hin, dass wir weiterhin für eine menschliche Flüchtlingspolitik kämpfen wollen. Ich glaube auch nicht, dass der Kompromiss, der jetzt skizziert worden ist, gerichtlich Bestand haben wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich nehme das natürlich hin. Ich nehme aber für uns, für die SPD, in Anspruch, dass auch wir weiterhin für eine menschliche, humane Flüchtlingspolitik kämpfen werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich hatte auch betont, dass das nicht ausverhandelt war. Ich habe nur festgestellt, dass ihr die Verhandlungen zu diesem Punkt nicht abgebrochen habt.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Aiwanger.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das kann ja heiter werden: Aus Berlin kommen Meldungen, man habe sich geeinigt. Aber in München geht der Streit weiter. Hoffen wir, dass die Koalition, wenn sie denn zustande kommt, am Ende zu guten Ergebnissen kommt. Sie sehen ja, wie schwierig die Interpretation des Verhandlungsergebnisses schon ist; denn die beiden Dringlichkeitsanträge von der CSU und von der SPD unterscheiden sich etwas in dem, wie man das interpretiert, was man meint, in Berlin beschlossen zu haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Wenn man sieht, wie schwierig es selbst für uns als Parlamentarier ist, subsidiären Schutz zu definieren und einzuordnen – Sie haben hier die Meinungsverschiedenheiten gehört –, dann betrachten Sie das einmal aus den Blickwinkeln des Wählers und des Bürgers, der sich damit nur oberflächlich beschäftigen kann und der – das ist meine Wahrnehmung – in der großen Mehrzahl eher sagt: Liebe Leute, in den letzten zwei, drei Jahren sind so viele Flüchtlinge zu uns gekommen, die wir erst einmal ordentlich unterbringen müssen; wir müssen dafür sorgen, dass uns das nicht aus dem Ruder läuft. Die große Mehrzahl draußen sagt: Bitte tretet eher auf die Bremse, als weitere Türen zu öffnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Ich nehme das einfach als Feststellung zu der Richtung, in die sich die Politik bewegen muss. Und noch einmal: Wir machen hier keinen Ersatz der Bundespolitik, sondern wir machen Politik aus Sicht des Freistaats Bayern, aus Sicht unserer Gemeinden und aus Sicht unserer Bürger. Wenn Sie mit Bürgermeistern draußen reden, hören Sie vermehrt: Wir geben uns Mühe, die, die jetzt da sind, halbwegs ordentlich unterzubringen und in Arbeitsverhältnisse zu bringen. Und man meint, wenn der Krieg zu Hause vorbei sei, werde wohl auch eine größere Zahl heimgehen. Aber kein Bürgermeister draußen sagt doch: Ich wünsche mir, dass möglichst viel Familiennachzug stattfindet.

(Horst Arnold (SPD): Das ist eine Vereinfachung!)

Vor dem Hintergrund dieser Debatte glaube ich, dass wir aus bayerischer Sicht gut fahren, wenn wir sagen: Jawohl, wir sind human, jawohl, wir haben sehr viel getan in den letzten Jahren; aber wir appellieren an den Bund, in den nächsten Jahren sehr genau hinzu

schauen, ob es denn nötig ist, dass der Familiennachzug ausgeweitet wird, oder ob wir die Unterscheidung beim subsidiären Schutz, die in meinen Augen durchaus berechtigt ist, weiterhin aufrechterhalten, aber nur in ganz begründeten humanitären Fällen und nicht standardmäßig.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Insofern glaube ich, dass die Aussetzung richtig war und richtig bleibt. Wie wir ab August weitermachen, wissen wir wohl alle nicht, selbst die Koalitionäre nicht. Die Koalition ist schließlich noch nicht beschlossen. Wir müssen die Belastung unserer Kommunen und unseres Landes auch im Sinne unserer Bürger eher gering halten und müssen die Zahlen niedrig halten.

Der Jugoslawienkrieg war ein ganz guter Anschauungsunterricht. Damals hat man viele Hunderttausend Menschen aufgenommen, und nach dem Ende des Krieges sind sie wieder heimgegangen. Dieser Punkt fehlt mir in der Debatte völlig. Wir zerbrechen uns nur den Kopf, nach welchen Kriterien Menschen zu uns kommen dürfen. Wir sollten in den nächsten Monaten das Augenmerk mehr darauf richten, wie wir die Menschen mit humanitärer Begleitung und mit bester Unterstützung in ihre Heimatländer zurückbringen, damit sie am Wiederaufbau teilhaben können.

Sie können dann sagen: Jawohl, wir haben uns in Deutschland wohlgefühlt; die Deutschen waren gute Gastgeber. Wenn die Hilfe nicht mehr nötig sein sollte, muss auch dieser Aspekt wieder vermehrt in den Blick kommen. Ich glaube, damit werden wir auch der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung gerecht, die die Debatte um subsidiären Schutz im Detail vielleicht nicht so wie wir analysieren kann. Draußen steht die Bevölkerung aber vor der Frage: Wollen wir tendenziell mehr Menschen nachholen, die dann auf der sozialen Schiene landen? Wenn Menschen nachkommen, ist dies bei einem subsidiären Schutz nur dann zu akzeptieren, wenn der Lebensunterhalt wirklich selbst bestritten wird. Da ist vielen Fällen noch viel zu tun.

Rüsten wir hier also etwas ab, machen wir hier keinen Koalitionsersatzkriegsschauplatz in München auf,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

schauen wir, dass wir hier die bayerischen Belange vertreten und dabei natürlich die Humanität nach vorne stellen, aber ohne den Realitätssinn dabei unter den Tisch fallen zu lassen! Der Wille ist vielleicht groß, aber die Möglichkeiten sind auch begrenzt. Auch unsere Bevölkerung ist nicht unendlich belast

bar und muss nicht alles toll finden, was man in Berlin aushandelt.

Hören wir auch in die eigene Bevölkerung hinein, öffnen wir hier nicht zusätzliche Türen und hoffen wir, dass ab August keine deutliche Zunahme der Zuwanderungszahlen kommen wird!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Herr Aiwanger. Wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen Ländner.

Kollege Aiwanger, bei allem Respekt: Wir haben hier klare Aussagen von Josef Zellmeier, von Kollegin Weikert und von Kollegin Kamm gehört, aber von Ihnen kam in Sachen Flüchtlingspolitik nur Herumgeeiere und Herumgeschwafel.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD)

Vielleicht wäre es sinnvoll, Ihre Kolleginnen und Kollegen in Ihrer eigenen Fraktion zu einem klaren Kurs zu bewegen. Wir wissen, dass Sie völlig unterschiedlich aufgestellt sind. Sie haben eine andere Meinung als andere Kolleginnen und Kollegen. Das hören wir jeden Tag. Es ist wenig hilfreich, wenn ein bayerischer Landespolitiker in jeder Versammlung etwas anderes erzählt, nämlich das, was gerade dem jeweiligen Publikum entspricht. Sie haben dafür heute gerade ein beredtes Beispiel geliefert.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Herr Kollege, meinen Sie dabei die Straßenausbaubeiträge? – Sind Sie dafür oder dagegen?

(Lachen bei der CSU)

Meinen Sie den dritten Nationalpark? – Sind Sie dafür oder dagegen? Meinen Sie Ihre Positionen zu europäischen Themen? – Sind Sie dafür oder dagegen? Meinen Sie Themen wie Asylpolitik? – Auch hier haben Sie in Ihrer Partei Flügel. Sie haben den sozialen Flügel, der die Seele tröstet, und sie haben die Scharfmacher. Erzählen Sie mir hier nichts über politische Flügel. Natürlich wägt man diese Dinge ab. Wenn Sie aber aus meiner Rede nicht klar herausgehört haben, in welcher Richtung wir uns hier positionieren – wir sagen, den Familiennachzug möglichst weiterhin aussetzen –, tun Sie mir leid.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist unser Staatsminister, Herr Herrmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion behandelt aus meiner Sicht in der Tat zentrale Themen der aktuellen Debatte um die Steuerung und Begrenzung der Migration. Die am 1. Februar vom Bundestag beschlossene Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs war enorm wichtig. Jetzt hat eine Bundesregierung Zeit, eine dauerhafte Lösung auf der Grundlage des heute vereinbarten Koalitionsvertrages auf den Weg zu bringen.

Zu der Debatte, wie ich sie hier gerade wahrgenommen habe, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich nur sagen: Ich habe über dieses Thema stunden- und tagelang in Berlin mit den Kollegen Stegner und Pistorius, Frau Högl und anderen aus der SPD und mit den Kollegen von der CDU und der CSU verhandelt. Den Text habe ich gerade noch einmal durchgelesen. Darin ist als Teil des Koalitionsvertrages genau das festgelegt worden, was wir erarbeitet haben. Das ist eigentlich auch Grundlage des Beschlusses vom 1. Februar im Bundestag, auf die sich die beiden Fraktionen im Deutschen Bundestag auch einvernehmlich festgelegt haben. Die Aussetzung wird bis zum 31. Juli verlängert. Ab dem 1. August 2018 gibt es für die subsidiär Geschützten, die in unserem Land nur vorübergehend einen Schutzstatus haben, monatlich nur noch bis zu 1.000 Aufnahmen von Familienangehörigen in unserem Land.

Ich sage jetzt ganz mit Bedacht und ohne irgendeine Aufregung, liebe Frau Weikert: Schauen Sie sich das noch einmal an; lassen Sie sich das von einem Berliner Kollegen geben. Die Absprachen beinhalten in der Tat, dass es einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug für diesen Kreis nicht mehr gibt. 1.000 pro Monat werden hier aufgenommen, aber für diesen Personenkreis gibt es keinen individuellen Rechtsanspruch mehr. Dazu müssen wir jetzt überhaupt keinen Streit aufführen. Ich bitte Sie einfach herzlich: Lesen Sie sich das noch einmal in Ruhe durch. Jedenfalls gibt es zwischen den Kollegen in Berlin auf CDU/CSU- und auf SPD-Seite keinen Streit. Wir werden die Details im Bundestag dann noch entsprechend erarbeiten. Ich denke, damit ist ein wichtiger Schritt für mehr Begrenzung und mehr Ordnung bei der Zuwanderung getan.

Ich will aufgreifen, was Kollege Zellmeier gerade auch schon hinterfragt hat. Ich weiß, dass die Unterscheidung zwischen den nach der Genfer Flüchtlingskon

vention Geschützten und dem sogenannten subsidiären Schutz

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

für viele Bürgerinnen und Bürger draußen nicht automatisch nachvollziehbar ist. Das darf uns aber bitte, Frau Kollegin Weikert, nicht dazu verführen, die Unterscheidung zwischen dem einen oder anderen auch anhand von Beispielen von Aleppo oder Damaskus oder wo auch immer für Humbug zu erklären. Wir haben ein Asylrecht – das ist Kernbestand, und darauf sollten wir gemeinsam stolz sein –, nach dem Asyl eben nicht nach Gutdünken vergeben wird, sondern wo jedem Einzelnen, der zu uns kommt, eine individuelle Prüfung seines Flüchtlingsantrags zusteht.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Der Antrag wird von den Mitarbeitern des Bundesamtes geprüft. In vielen Fällen wird das Ergebnis auch noch von einem Verwaltungsgericht überprüft. Aus dem Ergebnis dieser Prüfungen auch durch Verwaltungsgerichte ergibt sich dann, dass der eine einen solchen Schutz bekommt, der andere einen anderen Schutz, und beim Dritten der Antrag vielleicht auch abgelehnt wird. Das ist der Kernbestand der individuellen Prüfung jedes einzelnen Antrags.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)