(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo! – Allgemeine Hei- terkeit)
Vielen Dank. – Jetzt darf ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Kollegen Gehring das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Vertrauen, liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine wichtige Ressource der Politik. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass das, was einmal entschieden worden ist, auch eine Zeit lang hält. Das sagt schon der Name "Gesetz" oder "Satzung": Das ist nichts, was man ständig umwirft oder – wie der Taschenspieler seine Hütchen – dauernd hin- und herschiebt.
Es ist noch keine zwei Jahre her, dass alle Fraktionen hier im Haus gemeinsame Anträge mit einem gemeinsamen Tenor eingebracht haben.
Sie alle haben eine einvernehmliche Lösung gefunden. Das Gesetz ist vor eindreiviertel Jahren in Kraft getreten. Allen Anträgen war gemeinsam, dass man etwas Neues einführen wollte, nämlich diese wiederkehrenden Beiträge, wovon wir uns eine Entlastung der Einzelnen versprechen, indem die Kosten auf alle Anlieger in einem bestimmten Bereich verteilt werden.
Wir GRÜNEN waren es, liebe Kolleginnen und Kollegen, die gesagt haben: Lasst uns dann die Praxis dieses Gesetzes anschauen, lasst uns das evaluieren. Alle hier haben zugestimmt, dass wir eine Evaluation durchführen sollten. Wir erhalten das Ergebnis bis zum 1. April, also sozusagen gleich nach Weihnachten, im neuen Jahr.
Wir sind nämlich dafür, sich Zeit zu nehmen, sich die Gegebenheiten anzuschauen, um verlässlich zu sein. Anders die FREIEN WÄHLER, sie machen Politik nach dem "Kartoffelprinzip", liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Kartoffelprinzip heißt: Rin in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.
Sie haben gegen die Stimmen Ihrer eigenen Mitglieder im Ausschuss eine Kehrtwende beschlossen. Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, ein Volksbegehren in Aussicht gestellt, und jetzt legen Sie diesen Dringlichkeitsantrag vor. Das ist keine seriöse Politik.
Wenn Sie nun von der Finanzierung des Straßenausbaus aus Steuermitteln reden, dann müssen Sie bedenken, dass auch die Steuer das Geld des Bürgers ist, und müssen sagen, wie die Gelder verteilt werden und ob das nicht eher zu einer Kluft zwischen reichen und armen Gemeinden führt. Da gibt es viele Dinge, über die man reden muss. So, wie es heute geschieht, kann man die Problematik sicherlich nicht beraten.
Sie haben allerdings erreicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER, dass die CSU nervös geworden ist; denn sie kommt jetzt auch mit einem Gesetzentwurf.
Also, man muss wirklich sagen: Die FREIEN WÄHLER machen Politik nach dem Kartoffelprinzip. Die CSU macht Politik nach dem Prinzip Kuhschwanz. Der wird nämlich schon bei der kleinsten Mücke unberechenbar.
Die Kuhschwanzpolitik der CSU bedeutet, dass eine Kann-Regelung kommen soll. Das ist die schlechteste aller Lösungen bei der Straßenausbaubeitragssatzung; denn dann wird diese Satzung faktisch abgeschafft, ohne dass es eine entsprechende Gegenfinanzierung für die Kommunen gibt. Kein Bürgermeister wird dann in seiner Kommune noch eine solche Satzung durchsetzen können, und dann sind wiederum die ärmeren Gemeinden die Dummen. Die Kluft zwischen armen und reichen Gemeinden wird also noch größer werden, und die Straßen werden noch weniger saniert werden.
Dieser Vorschlag der CSU zeigt: Wenn Sie nervös werden – das sind Sie offensichtlich –, verlieren Sie die kommunale Bodenhaftung immer mehr.
Wir haben getrennte Abstimmungen über die beiden Absätze beantragt. Wir werden dem ersten Absatz zustimmen; denn diese Kann-Regelung muss abgeräumt werden. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, falls es da schon Papiere gibt, empfehle ich Ihnen: Treten Sie sie bitte in die Tonne; sie haben wirklich keinen Wert.
Beim zweiten Absatz werden wir gegen den Vorschlag der FREIEN WÄHLER stimmen; denn das ist nicht die richtige Art, dieses Thema zu diskutieren. Lasst uns bis zum 1. April warten. So lange können wir doch noch warten. Dann werden wir das Thema sorgfältig diskutieren; denn wir brauchen eine Lösung, die möglichst im Konsens gefunden wird. Diese Lösung muss dann auch halten, ganz egal, wer im September oder in fünf Jahren regiert.
So berechtigt das Anliegen ist, aber es hilft uns nicht, wenn CSU und FREIE WÄHLER so kurz vor der Landtagswahl nervös werden. Das rechtfertigt nicht eine Fehlentscheidung in einer für die Kommunen so wichtigen Angelegenheit.
Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Frau Kollegin Gottstein hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte.
Sehr geehrter Herr Kollege Gehring! Erstens verstehe ich nicht, warum man die Kartoffel in gewisser Weise herabwürdigt.
Kartoffeln sind ein vielseitiges Lebensmittel und haben in schlimmen Zeiten schon ganze Bevölkerungsgruppen im wahrsten Sinne des Wortes am Leben erhalten.
Der zweite Punkt. Als Bildungspolitiker wissen Sie, dass man aus Fehlern lernen kann. Die FREIEN WÄHLER haben gelernt, dass sie für den Wechsel vom G 8 zum G 9 viel zu lange gebraucht haben. Es dauerte zehn Jahre. Daran waren wir massiv beteiligt. Aber jetzt haben wir erkannt, dass das Kommunalabgabengesetz, das der Landtag vor eineinhalb Jahren sicher auch mit unserer Zustimmung mühsam erarbeitet hat, draußen nicht ankommt und dass es nicht praktikabel ist. Deswegen wollen wir nicht wieder so lange warten, sondern ergreifen jetzt alle politischen Mittel, die uns zur Verfügung stehen. Das ist unsere Aufgabe.
Frau Kollegin, als Bildungspolitiker weiß ich, dass es immer gut ist, gesicherte Grundlagen für seine Entscheidungen zu haben. Man hat eine gewisse Empirie, und man schaut sich die Sachen sorgfältig an. Deswegen haben wir den Antrag gestellt – Sie haben alle zugestimmt –, eine Evaluation durchzuführen und uns die Thematik näher anzusehen. Es geht nicht schneller; es dauert bis 1. April. Und dann kann man – das glaube ich als Bildungspolitiker – als vernünftiger Parlamentarier über das Ergebnis reden und eine gute Regelung finden.
Die Kartoffel ist etwas Beständiges; man muss warten, bis sie reif ist, und deswegen brauchen wir Geduld bis zum 1. April. Die Kartoffel verfault in der Zwischenzeit nicht, sondern wird bis dahin vielleicht noch besser.
Ich kann nicht zur Abstimmung kommen, wenn hier keine Ruhe herrscht, noch dazu, weil ich zunächst etwas ansagen muss.
Wir kommen also jetzt zur Abstimmung. Dazu darf ich sagen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER beantragt hat, über die zwei Absätze ihres Antrages in einfacher Form getrennt abzustimmen und anschließend über den gesamten Antrag in namentlicher Form abzustimmen.
Ich lasse also jetzt zunächst über die zwei Absätze des Antrages in einfacher Form getrennt abstimmen.
Der Landtag stellt fest, dass die Einführung einer "Kann-Regelung" zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen keine Lösung bestehender Probleme ist.
Wer diesem Absatz des Antrages seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion.