Natürlich können Sie auch so weitermachen und jede Woche eine Pressekonferenz abhalten, jeden Tag eine Pressemitteilung abgeben
und jede Woche einen Dringlichkeitsantrag dazu stellen. Ich denke aber, es ist vielmehr notwendig, zu normalen parlamentarischen Verhaltensweisen und einem vernünftigen Umgang miteinander zurückzukehren.
Vielleicht denken Sie über die Weihnachtsfeiertage einmal darüber nach. Ich fordere Sie jedenfalls im Namen der Fraktion mit allem Nachdruck dazu auf.
Herr Dr. Herrmann, Sie haben uns jetzt sehr gescholten. Ich möchte aber wissen, wie Sie bei der Schelte mit Ihren eigenen Abgeordneten umgehen, die hier für die Straßenausbaubeitragssatzung gestimmt haben und im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen jetzt selbst deren Einführung aussetzen oder, wie Herr Kollege Westphal es ausdrückt, sie in dieser Form fraglich finden und jetzt so vorgegangen sind. Wie sieht da von Ihrer Seite die Schelte aus, wenn die eigenen Kollegen das ebenfalls fraglich finden und einen Weg zurück suchen?
Ja, er ist mir gut bekannt. Wobei Ihre Frage jetzt natürlich in eine völlig falsche Richtung geht; denn um dieses Thema geht es nicht. Dass jeder seine Meinung dazu hat, wie man mit dem Straßenausbau weiterhin umgehen sollte, ist doch klar.
Da wird nämlich ein Gesetzentwurf eingebracht, über den man, wie üblich, in aller Ruhe diskutiert, vielleicht mit einer Anhörung und mit einer intensiven Befassung.
(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bei G 9 war es genauso! – Gegenruf von der CSU: Ihr Populisten! – Unruhe – Der Ab geordnete Klaus Adelt (SPD) geht zum Rednerpult)
Herr Kollege, ich wollte Ihnen nämlich zunächst ein bisschen Ruhe verschaffen. – Ich möchte, wie ich es auch gestern getan habe, wieder einmal daran erinnern und schaue dabei jetzt in eine ganz bestimmte Richtung: Zwischenrufe ja, aber bitte nicht permanent. – Jetzt, Herr Kollege Adelt, haben Sie das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, ich bin Ihnen für den Hinweis sehr dankbar; das hat mir etwas Ruhe verschafft. Es ist nicht einfach, über einen weiteren Antrag des "Kommunalkamikaze" Hubert Aiwanger zu sprechen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CSU und der GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)
Eigentlich stimme ich meinen Kollegen von den FREIEN WÄHLERN in manchen Punkten zu, was die Straßenausbaubeitragssatzung angeht, zumindest den ersten Spiegelstrich betreffend. Die Kann-Regelung ist in mehrerlei Hinsicht unpraktikabel.
In Unterfranken haben 97 % der Kommunen Straßenausbaubeiträge erhoben, weil sie das Geld gebraucht haben. In Niederbayern waren es nur 39 %. Durch die Kann-Regelung wird dieses Ungleichgewicht noch weiter zunehmen.
Gerade Kommunen in der Haushaltskonsolidierung werden auch weiterhin angehalten, die Bürger mittels Erschließungs- und Ausbaubeiträgen an den Kosten zu beteiligen. Ähnlich wird es sich bei den Stabilisierungshilfen und den damit verbundenen Anforderungen ergeben. Die von der CSU propagierte Stärkung
des kommunalen Selbstverwaltungsrechts halte ich für eine Ente; denn nur reiche Kommunen können sich ein "Kann" leisten. Die Kann-Regelung konterkariert jede Bemühung zur interkommunalen Zusammenarbeit.
Ob Straßenausbaubeiträge erhoben werden oder nicht, ist ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor. Im Wettbewerb zwischen den Kommunen um Gewerbeansiedlungen kann die Kann-Regelung die Starken weiter stärken und die Schwachen weiter schwächen.
Rein formal liegt die Entscheidung bei den einzelnen Gemeinden. Durch Bürgerbegehren kann man aufgrund der Kann-Regelung die Straßenausbaubeiträge aber abschaffen. Welche Folgen hat das? Werden dann die Zuschüsse im Rahmen der Haushaltskonsolidierung gestrichen? Werden Stabilisierungshilfen gestrichen? – Ich weiß es nicht. Langer Rede kurzer Sinn: Die Kann-Regelung führt zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung ohne eine Gegenfinanzierung für die Kommunen.
Wenn Sie eine getrennte Abstimmung wünschen, wird sich die SPD auch zum ersten Spiegelstrich Ihres Antrags enthalten; denn wir haben einen längeren Beratungsbedarf. Zwei Jahre lang haben wir diskutiert, zwei Jahre, intensiv.
Jetzt sollen wir das noch kurz vor Weihnachten über den Haufen werfen. – Das liegt nicht an uns, sehr geehrter Herr Aiwanger, sondern daran, dass wir die Spitzenverbände beteiligen. Wir machen nicht hopphopp irgendetwas, sondern stimmen das gemeinsam ab.
Das habe ich vor 14 Tagen gesagt, und dazu stehe ich auch jetzt noch. Die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung führt weder zur Entlastung der Bürger – irgendjemand muss es zahlen; es wird nur wesentlich breiter verteilt – noch zur Steigerung der Rechtssicherheit. Wer die Straßenausbaubeitragssatzung abschafft, fördert nicht die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, sondern schwächt sie eher.
Es liegt in der Hand des Freistaats Bayern, wer Geld bekommt, wann, wofür und wieso. Sie sind es uns bisher schuldig geblieben zu erklären, wie Sie das finanzieren möchten, abgesehen von Ihrer Bemerkung zu 150 Millionen Euro aus der Kfz-Steuer. Die Kfz
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hubert Ai- wanger (FREIE WÄHLER): Ja, was soll ich da vorschlagen? Konkreter Vorschlag!)
Auch wir enthalten uns bei der Abstimmung über den Antrag, einfach aus dem Grund, dass noch Beratungsbedarf besteht. Im kommenden Gesetzgebungsverfahren – wenn es denn kommt – werden wir auch weiterhin ergebnisoffen diskutieren. Wir stimmen nicht dafür oder dagegen, solange nicht darüber beraten ist. Ich sage es noch einmal: Wir werden uns enthalten.
Jetzt noch ein Hinweis an eure Facebookler und eure Twitterer: Schreibt bitte, dass wir ergebnisoffen sind. Es laufen nämlich jetzt schon wieder Facebook-Einträge, in denen steht, wer alles dagegen sei – ohne dass ich hier das letzte Wort gesprochen habe.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo! – Allgemeine Hei- terkeit)