Protocol of the Session on December 13, 2017

hinaus Stabilität, Wohlstand und gesellschaftlichen Frieden. Dem sind wir verpflichtet.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Hartmann.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen ganzen Intrigen und Schmutzeleien, die in der letzten Woche bei der CSU stattgefunden haben, man könnte sie auch als "House of Cards" für Arme bezeichnen, habe ich mich gefragt, was das eigentlich mit der Realität zu tun hat. Mir ist dann gleich ein anderer Film eingefallen, nämlich "Good Bye, Lenin!". In diesem Film fällt eine überzeugte Sozialistin kurz vor dem Mauerfall ins Koma, und als sie ein paar Monate später wieder aufwacht, leiten ihre Kinder alles in die Wege, um sie in dem Glauben zu lassen, sie lebe noch in der DDR. Das führt zu bizarren Inszenierungen und zu einem tragischen Ende. Realitätsverlust und Inszenierung, das haben Sie in den vergangenen Wochen gewaltig geliefert, und heute auch wieder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei Ihnen heißt der Film "Good Bye, Horst!". Eine neue Person an der Spitze, und alles wird besser. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der CSU, so einfach funktioniert das nicht.

(Peter Winter (CSU): Thema!)

Ich bin beim Thema. – So einfach funktioniert das nicht. Der Grund dafür, dass Sie drei Wahlen in Folge krachend verloren haben, ist Ihre Politik. Der Grund liegt in dem, was Sie machen, und nicht darin, wer es macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und damit kommen wir beim Haushalt an. Immer mehr Menschen in Bayern merken, dass es so nicht weitergehen kann. Sie wissen, dass wir etwas verändern müssen. Aber Sie gaukeln ihnen vor, dass wir nichts tun müssten. Muten wir den Menschen doch endlich ehrliche Antworten zu, statt scheinheilige Inszenierungen zu präsentieren, wie Sie das tun.

Besonders auffällig ist, wie die CSU mit dem Thema Heimat umgeht. Wir haben das heute wieder vom Herrn Staatsminister gehört. In Ihren Hochglanzbroschüren und bei Ihren Fototerminen singen Sie das Hohelied auf die schöne bayerische Heimat, unsere Kultur, unsere gelebte Kulturlandschaft, auf in Jahrhunderten gewachsene Orts- und Dorfstrukturen und

unsere lebendige Kultur. Aber die Wirklichkeit sieht doch ganz anders aus: Ein Logistikzentrum nach dem nächsten wird in die Landschaft gerammt. Auf immer mehr Flächen wachsen Straßen und Discounter statt Bäume und Getreide. Die Ortskerne in Bayern veröden und bluten aus. Das ist Fakt im Jahre 2017.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einzigartige Kulturen und Landschaften wie am Riedberger Horn werden für den kurzfristigen Profit von dieser Staatsregierung geopfert. So viel zum Thema Naturschutz in Bayern. Auch der Großraum München leidet gewaltig unter den negativen Folgen des Wachstums und des gewaltigen Booms. Was wollen Sie tun? – Sie wollen eine dritte Startbahn bauen, um den Boom noch weiter anzuheizen.

(Peter Winter (CSU): Wollen Sie die Bayern ausweisen?)

Ihre Politik des Schneller, Höher und Weiter löst im Ballungsraum München kein einziges Problem. Sie schaffen vielmehr neue Probleme.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie pflügen im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Planierraupe durch Bayern.

(Peter Winter (CSU): So ein Schmarrn!)

Sie machen die Heimat kaputt. Auf dem Führerstand sitzt Markus Söder. Sie haben es bereits angesprochen, wir GRÜNEN haben uns mit einer Reihe von starken Partnern auf den Weg gemacht, dieser Heimatzerstörung endlich Einhalt zu gebieten. Einer Sache können Sie sicher sein: Wir werden das schaffen, mit Ihnen oder gegen Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir werden das deshalb schaffen, weil die Mehrheit der Menschen in Bayern nicht noch mehr Beton und Asphalt in der Landschaft will. Wir wollen, dass Bayern sein Gesicht behält. Dafür brauchen wir eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Staatsminister Söder, so euphorisch, wie Sie mit dem Bagger durch die Landschaft pflügen, so zurückhaltend sind Sie beim Ausbau des schnellen Internets. Kaum jemand surft so langsam wie wir, und kaum jemand gibt dafür so viel Geld aus. Die Telekom verkauft euch ihre alten Kupferleitungen als heiße neue Technik, und Sie fallen auch noch darauf rein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen das Vectoring in Bayern beenden und dafür in die Glasfaser investieren; denn der Glasfaser gehört die Zukunft. Das wäre eine Investition in die Zukunft, die mit dem großen Staatshaushalt durchaus machbar wäre. Das Söder-Tempolimit im bayerischen Datennetz muss weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denken Sie doch einmal groß! Das hat die CSU vor zehn oder fünfzehn Jahren einmal getan. Sie hat groß gedacht und auch einmal eine Vision gehabt. Finden Sie endlich den Ausweg aus Ihrem Wählscheibentelefon-Irrgarten bei diesem Thema! Denken Sie über die Digitalisierung nach, wie man über sie nachdenken muss! Natürlich geht es hier nicht nur um Technik. Hier geht es vielmehr um Gerechtigkeit. Hier geht es um Gerechtigkeit all denjenigen gegenüber, die nicht in den Ballungsräumen leben. Verlegen Sie Glasfaserleitungen, statt Behörden zu verlagern! Dadurch würde der ländliche Raum in Bayern gestärkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Internet ist das Tor zur Welt. Das wurde häufig gesagt und ist vollkommen richtig. In Bayern ist das Internet jedoch in vielen Regionen nur einen Türspalt breit offen. Warum sollen denn die Menschen in den ländlichen Regionen nicht die Chance haben, online Filme anzuschauen, an Onlinekonferenzen teilzunehmen oder, ein ganz wichtiger Punkt, die Chancen der Telemedizin endlich zu nutzen? – Das ist vor allem in den Regionen wichtig, in denen der Facharzt 30 km weit entfernt ist.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch verdammt viel zu tun, damit die Menschen im ländlichen Raum gut und gerne leben. Das Ziel der GRÜNEN lautet: gleiche Chancen, egal, wo du in Bayern lebst.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da steht für uns GRÜNE der Ausbau von Bus und Bahn, das ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum ganz vorne. Wir GRÜNE haben dazu einen ganz klaren Vorschlag auf den Tisch gelegt: eine Mobilitätsgarantie. Jede Stunde ein Bus- und Bahnangebot in jedem Ort in Bayern von 5.00 Uhr morgens bis Mitternacht von Montag bis Samstag – das wäre ein verlässliches Angebot, das gerade auch für Menschen ohne Auto attraktiv ist. Das sind junge und auch ältere Menschen, die vielleicht nicht mehr Auto fahren können oder nicht mehr wollen. Ihnen soll ein Angebot gemacht werden. Der Unterschied zwischen Ihnen und

uns ist: Wir denken Mobilität vom Menschen her und nicht vom Auto.

Was ist eigentlich Ihre Idee beim Thema Mobilität für den ländlichen Raum? – Dazu habe ich von Ihnen gar nichts gehört. Sie haben überhaupt keine Ideen. Sie lassen das einfach so vor sich hinlaufen und sorgen nicht dafür, dass es ein Mobilitätsangebot im ländlichen Raum gibt.

Ich komme zur Kinderbetreuung. Wenn beide Eltern arbeiten, bringt eine Kita wenig, die um 14.00 Uhr zusperrt. Glauben Sie ernsthaft, dass Sie mit dem Betreuungsgeld junge Familien aufs Land locken können? – Das glauben Sie doch selber nicht! Wir brauchen ein Angebot mit guter Qualität und Flexibilität, und das natürlich auch in den Städten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Glauben Sie mir als dem Vater eines jetzt zweijährigen Sohnes: Keiner bringt sein Kind gerne bis abends in die Krippe. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Manchmal kommen aber Berufstermine dazwischen; manchmal gibt es einen Arzttermin; manchmal kommen viele Dinge zusammen, ein Schulfest oder was auch sonst immer, und dann geht es nicht anders. Die Eltern bzw. Großeltern leben vielleicht 300 km weit entfernt. Für diese Menschen brauchen wir ein Angebot. Was machen denn Eltern oder gar Alleinerziehende dann? – Wir schlagen vor, die Öffnungszeiten für Kitas bis 20.00 Uhr auszuweiten. Wir wollen nicht nur längere Öffnungszeiten, sondern auch mehr und bessere Qualität. Dazu brauchen wir mehr Personal. Da gilt die Reihenfolge – auch an die SPD gerichtet –: erst die Qualität, dann die Beitragsfreiheit. Das ist unser grüner Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kommen wir zum Bildungsbereich. Jüngste Studien zeigen uns, dass die Leseleistung der Viertklässler im Durchschnitt stabil ist. Das Problem ist aber der Unterschied zwischen den Leistungsstarken und den Leistungsschwächeren. Die Klassen werden immer uneinheitlicher, und die unterschiedlichen Voraussetzungen, die aus den Familien mitgebracht werden, schlagen in den Klassen voll durch. Da müssen wir gegensteuern. Machen wir uns doch nichts vor: Mit ein paar Unterstützungsmaßnahmen ist das nicht in den Griff zu bekommen. Deshalb schlagen wir GRÜNEN vor – das ist auch eine ganz konkrete Möglichkeit, um es besser zu machen –, eine zweite pädagogische Fachkraft in die Klassen hineinzunehmen, damit gezielt an den Schwächen gearbeitet werden kann. Ja, das kostet Geld und wird teuer. Aber wie teuer wird es denn, wenn wir die Kinder erst in der Grundschule verlieren und sie dann schlechte Chan

cen auf dem Arbeitsmarkt haben? – Wir GRÜNEN stehen dafür, dass jedes Kind in Bayern die gleichen Chancen hat, egal ob der Papa Zahnarzt oder Flüchtling ist. Da müssen wir liefern.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeord- neten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, nicht nur die Schwächeren, auch die Stärkeren bereiten wir beim Thema Digitalisierung nicht gut genug auf das Leben vor. Viel zu oft lassen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung links liegen. Wir müssen natürlich zunächst einmal die Schulen digital ertüchtigen. Schnelle Datenleitungen und zeitgemäße Hardware wären ein erster Anfang. Lassen Sie uns doch endlich das unsinnige Handy-Verbot an den bayerischen Schulen abschaffen. Wir machen uns doch langsam lächerlich.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeord- neten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Das reicht aber natürlich nicht. Die digitale Gesellschaft muss ganz oben auf die Lehrpläne. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe. Wie unterscheide ich Fakten von Fake News? Wie entscheidet ein Algorithmus? Warum ist er nie objektiv? Wie wehre ich mich gegen Cyber-Mobbing? Wie organisiere ich mein eigenes digitales Ich? Wie gehe ich verantwortungsbewusst mit Daten um, mit den eigenen und mit anderen? – Diese Aufgaben müssen auf die Lehrpläne. Diese Kompetenz müssen wir den jungen Menschen mitgeben, um sie gut auf das Leben vorzubereiten.

Individuelles Lernen und Stärkung der Persönlichkeit – ich glaube, darüber sind wir uns hier im Hohen Haus alle einig – sind das Ziel in der Bildungspolitik. Leider lassen wir die Möglichkeiten, die uns die digitale Welt bietet, ungenutzt liegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fakten sind heute immer und überall verfügbar. Warum verzichten wir eigentlich nicht endlich darauf, den Unterricht und die Hirne unserer Schülerinnen und Schüler damit vollzustopfen? – Digitale Plattformen, Apps und LernApps bieten die Möglichkeit, gezielt an den Schwächen der Schüler zu arbeiten und sie zu unterstützen. Man muss sich auch wirklich die Frage stellen: Warum arbeiten wir heute immer noch mit Schulbüchern, die für alle gleich sind? – Das zu verändern, bedeutet einen Kulturbruch; das ist uns klar. Dieser Kulturbruch – wir GRÜNEN sind deutlich weiter als Sie – findet in der Gesellschaft aber doch längst schon statt. Wir können die Schulen doch nicht davor verschließen. Wir brauchen natürlich – das ist eine schwierige und eine große Herausforderung – viele motivierte Lehrerinnen und Lehrer, die den Kindern den souveränen Umgang mit den neuen Techniken

zeigen können und die sich dabei auch sicher fühlen. Einige von uns hier herinnen fühlen sich auf diesem Gebiet bestimmt auch noch nicht richtig sicher. Das heißt, wir müssen die Weiter- und Fortbildung der Lehrkräfte endlich anpacken. Es wird doch nichts besser, wenn wir es auf die lange Bank schieben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jeder Weg fängt bekanntlich mit dem ersten Schritt an. Sicher wird es den einen oder anderen Fehler geben – das sage ich ganz offen. Den digitalen Wandel in den Schulen voranzubringen, ist eine Mammutaufgabe. Einen größeren Fehler, als jetzt nicht damit anzufangen, können wir aber gar nicht machen. Lasst uns deshalb in diesem Bereich deutlich mehr Geld in die Hand nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)