Protocol of the Session on December 7, 2017

nur Werbung strafbewehrt ist? Da muss ich Ihnen nämlich unterstellen, dass Sie den § 219a StGB nicht richtig gelesen haben. Wenn ich den § 219a StGB sehr eng sehe, wie es das Gericht getan hat, dann komme ich durchaus zu einer Strafbewehrung allein schon durch das Zur-Verfügung-Stellen von Information, wenn es eben ein Arzt tut, dem man dann sofort durch seine berufliche Tätigkeit einen Vermögensvorteil unterstellt. Dann komme ich zu der Strafbewehrung allein schon durch Informationsmaterial in der Öffentlichkeit.

Das geht auch aus dem Urteil wunderbar hervor – wenn Sie das gelesen hätten. Da steht nämlich drin: Der Gesetzgeber wollte nicht – das hat ihm die Richterin unterstellt –, dass in der Öffentlichkeit über Schwangerschaftsabbruch diskutiert wird. Das war der Grund, warum es zu diesem Urteil gekommen ist. Genau das halte ich für falsch.

Ich bin absolut dafür, dass dieser § 219a StGB in der jetzigen Form abgeschafft wird. Es muss für Frauen, die sich über Schwangerschaftsabbruch informieren wollen, weil sie vielleicht in einer solchen Situation sind, die der § 218a StGB sogar für einen straffreien Abbruch vorsieht, möglich sein, sich auch im Internet, also auch in der Öffentlichkeit zu informieren.

Ich finde es wirklich totalen Wahnsinn, dass eine Ärztin dann letztendlich mit einem solchen Urteil belegt wird.

(Thomas Kreuzer (CSU): Kann in Berufung gehen! – Peter Winter (CSU): Soll in Berufung gehen!)

Herr Minister, das kann nicht sein. Ich bitte Sie dringend, Ihre Meinung noch einmal zu überdenken.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister.

Frau Kollegin, jetzt bin ich etwas verwundert, weil Sie offensichtlich das Urteil, aber jedenfalls den § 219a StGB nicht hinreichend genau gelesen haben. Aufgrund Ihrer Intervention werde ich mich jetzt nicht zum Urteil eines Amtsgerichts in Hessen äußern; Gießen liegt in Hessen. Das steht einem Justizminister nicht zu. Das werde ich nicht tun. Die Ärztin hatte aber auch die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Ein amtsgerichtliches Urteil zum Anlass zu nehmen, eine Norm des Strafgesetzbuches grundsätzlich infrage zu stellen, ist nicht in Ordnung. Die Norm ist vom Wortlaut her so klar und eindeutig, wie sie nur sein kann.

Kolleginnen und Kollegen, die reine Information ist das eine. Aber es ist schon so: Wenn ein Arzt das Leistungsspektrum seiner Praxis im Internet anbietet, dann wird das Standesrecht sich sicherlich dazu verhalten. Aber ein Leistungsspektrum anzubieten bedeutet, dass die Leistungen auch erbracht werden. Das ist nicht nur reine Information.

(Widerspruch bei der SPD)

Auch reine Informationen finden Sie im Internet.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Reine Informationen finden Sie in neutralen Informationsbroschüren.

(Widerspruch bei der SPD)

Es ist eben keine normale ärztliche Dienstleistung. Das ist Ihr Grundfehler.

(Beifall bei der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, der Schwangerschaftsabbruch ist nach unserem Rechtssystem, wenn es keine kriminologische oder medizinische Indikation gibt, rechtswidrig.

(Beifall bei der CSU – Mechthilde Wittmann (CSU): Verboten!)

Die Straffreiheit ist gemäß dem Bundesverfassungsgericht und unserem Grundgesetz daran gekoppelt, dass von der öffentlichen Hand Maßnahmen zum Schutz des ungeborenen Lebens erfolgen. Dazu gehört meines Erachtens ganz klar, Sorge dafür zu tragen, dass diese medizinische Leistung nicht wie jede andere beliebige medizinische Leistung, etwa eine medizinische Fußpflege, feilgeboten werden kann.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD)

Vielen Dank. – Die CSU-Fraktion hat zu dem Antrag namentliche Abstimmung beantragt. Diese wird zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt.

Jetzt lasse ich namentlich über den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/19491 betreffend "Regionale Energiewende statt Landzerstörung: SuedLink/SuedOstLink stoppen!" abstimmen. Die Urnen stehen bereit. Ich bitte Sie, die Stimmkarten einzuwerfen. Die Abstimmung ist eröffnet. Sie haben fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 16.22 bis 16.27 Uhr)

Die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Das Ergebnis wird später bekannt gegeben.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie bitten, die Plätze wieder einzunehmen. Wir haben noch eine lange Tagesordnung vor uns. Der Feierabend kommt erst später. – Vielen Dank. Fast alle haben die Plätze eingenommen. Ich fahre in der Tagesordnung fort.

(Unruhe)

Ach bitte, Kolleginnen und Kollegen!

Ich rufe nun zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Josef Zellmeier u. a. und Fraktion (CSU) Deutliche Verbesserung des ÖPNV im Großraum München (Drs. 17/19493)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Annette Karl, Natascha Kohnen u. a. und Fraktion (SPD) Verkehrswende: Öffentlichen Verkehr im Großraum München zügig ausbauen - Investitionen in die Schiene in ganz Bayern verdoppeln! (Drs. 17/19516)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Verbesserung des ÖPNV im Großraum München jetzt! (Drs. 17/19517)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Als ersten Redner darf ich den Herrn Kollegen Rotter für die CSU-Fraktion an das Rednerpult bitten.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, ich bitte jetzt um etwas mehr Ruhe in diesem Plenarsaal. – Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Feinstaubprobleme in den Ballungsräumen, starke Emissionen von CO2 und NOxführen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zu ständigen Diskussionen unter der Überschrift "Dieselgipfel".

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es sollen Ansätze erarbeitet werden, um diesen Problemen wirkungsvoll zu begegnen. Ein Ergebnis all dieser Gespräche ist ein massiver Ausbau des ÖPNV, vor allem in den Ballungsräumen. Genau das tun wir. Mit Fertigstellung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke schaffen wir ein neues Angebotskonzept. Wir reden nicht nur, wir handeln auch.

(Beifall bei der CSU)

Es geht um eine ganz enorme Angebotsausweitung. Mit Fertigstellung der zweiten Röhre werden wir 40 % mehr S-Bahn-Verkehr bestellen. Dies bedeutet eine Ausweitung von bisher 21 Millionen Zugkilometern auf knapp 30 Millionen Zugkilometer. Welcher andere Ballungsraum in Deutschland schafft etwas in dieser Größenordnung? Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun können Sie sagen: Das ist ja noch lange hin, bis die zweite Stammstrecke fertiggestellt ist. – Ja, mir wäre es auch lieber, wenn das schon früher der Fall wäre. Der Freistaat und die Bayerische Eisenbahngesellschaft handeln aber auch in der Zwischenzeit kraftvoll, und von daher gibt es auch vor 2026 bereits deutliche Angebotsverbesserungen bei der S-Bahn. Ich darf daran erinnern, dass wir im Dezember des vergangenen Jahres, also vor knapp einem Jahr, an Freitagnachmittagen den Zehn-Minuten-Takt für die S 2 Richtung Dachau, die S 3 Richtung Maisach, die S 8 Richtung Germering, die S 3 Richtung Deisenhofen und die S 4 Richtung Zorneding sowie den durchgehenden nachmittäglichen 20-Minuten-Takt für die S 7 bis Wolfratshausen eingeführt haben.

Ab Dezember 2017 – am kommenden Sonntag ist Fahrplanwechsel – sind von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft zusätzlich zwei weitere S-BahnFahrten bestellt, und zwar am frühen Abend von Erding nach Markt Schwaben und eine nachmittägliche Pendelfahrt Altomünster – Dachau, die nunmehr ganzjährig von Montag bis Freitag bis München Ost durchgebunden werden soll, sowie ein durchgehender 20-Minuten-Takt am frühen Nachmittag auf den Außenästen nach Erding, Tutzing, Mammendorf und Petershausen.

Außerdem erinnere ich an die zusätzliche Frühfahrt der S 8 zum Flughafen, die immer wieder gefordert wurde und die es ab dem kommenden Sonntag geben wird, und weise auf den Linientausch der S 4 und der S 6 Richtung Ebersberg hin, der zu einer zusätzlichen Taktverdichtung auf dem Streckenabschnitt von München Ost nach Trudering führt. Weiterhin prüft die BEG, den S-Bahn-Verkehr in den späten Abendstunden noch attraktiver zu gestalten, zum Beispiel durch den Einsatz zusätzlicher Nachtschwärmerzüge.

Dafür bedarf es zusätzlicher Fahrzeuge; das ist klar. Für die derzeit 238 im Einsatz befindlichen S-BahnTriebwagen der Baureihe ET 423, die mittlerweile bis zu 17 Jahre alt sind – die Inbetriebnahme war bekanntlich zwischen 2000 und 2004 –, ist eine grundlegende Modernisierung vorgesehen, die im Übrigen im Einklang mit und unter Beteiligung von Fahrgastverbänden umgesetzt werden wird. Es geht um eine technische Überholung und um die Erschließung zusätzlicher Platzkapazitäten. Jeder Triebzug soll statt

den derzeit 544 Plätzen künftig 612 Steh- und Sitzplätze je Fahrzeug aufweisen, um die prognostizierten Fahrgastzuwächse zu bewältigen.

Zusätzlich wird im Übergangsvertrag der SBahn München, der von Januar 2018 bis Dezember 2019 läuft, die Aufstockung der Fahrzeugflotte um 21 Triebzüge der Baureihe ET 420 inklusive Redesign und des Einbaus der Linienförmigen Zugbeeinflussung vereinbart, die ab Dezember 2018 zur Verfügung stehen. Es wird immer wieder zu Recht beklagt, dass es in den S-Bahn-Waggons häufig sehr eng ist, und das bedeutet eine Kapazitätsausweitung in erheblichem Umfang schon vor 2026.

Nun aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Angebotskonzept ab Fertigstellung der zweiten Stammstrecke: Mit Inbetriebnahme dieser zweiten Röhre wird durch dieses Konzept eine Entlastung des Pkw-Verkehrs in der Landeshauptstadt um rund 300 Millionen Pkw-Kilometer pro Jahr erfolgen, wobei ich denke, dass das noch konservativ geschätzt ist. Das ist ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung der Verkehrsemissionen, die überwiegend von Diesel-Pkw ausgehen und nicht von den übrigen Fahrzeugen, die beispielsweise von Handwerkern, im Zustellverkehr oder im Lieferverkehr in der Innenstadt benutzt werden.

Wir wollen keine Fahrverbote. Von daher sind wir von diesem Konzept überzeugt und werden es entsprechend umsetzen. Es geht hier darum, dass wir für die Pendler etwas tun wollen, und es geht um eine deutliche Taktverbesserung auf dem Großteil der Strecken. Redner nach mir werden sagen: Ja, aber nicht auf allen haben wir eine wesentliche Verbesserung. – Es gibt einzelne, bei denen das nicht der Fall ist, das ist richtig. Es gibt hier aber kein Wunschkonzert, und ich kann nicht erwarten, von jedem Punkt im Ballungsraum München zu einem anderen Punkt in diesem Großraum umsteigefrei zu gelangen, und das möglichst noch im Zehn-Minuten-Takt. Das geht einfach nicht, das schafft kein Nahverkehrssystem.

Wir haben hier aber zumindest wesentliche, entscheidende Verbesserungen, die auf dem Großteil der Strecken gefahren werden können. Es geht um eine Taktverbesserung von derzeit 20 Minuten auf den 15Minuten-Takt. Es geht darum, dass vom Angebotskonzept her die S 2, die S 3, die S 4, die S 7 und die S 8 weiterhin in die erste Stammstrecke fahren und damit mehr Halte in der Innenstadt bedienen können als Züge auf der zweiten Stammstrecke. Die S 1 und die S 6 sowie die neu einzuführenden Regional- bzw. Express-S-Bahnen fahren in die zweite Stammstrecke.