Dabei wäre es doch so einfach, hier in Bayern endlich eine Verfasste Studierendenschaft einzuführen. Sie hat sich überall bewährt, aber das gilt offenbar nicht für Bayern.
Meine Damen und Herren, Kritik einzubringen, ist nichts Schlechtes; meistens ist Kritik ein Zeichen dafür, dass man sich mit etwas identifiziert, also auch mit der eigenen Hochschule. Studentinnen- und Studentenvertreter sind keine Nestbeschmutzer, wenn sie sich hochschulpolitisch positionieren; denn sie wollen ja ihre Hochschule und die Wissenschaftslandschaft besser machen.
Wir haben hier im Landtag vor zwei Jahren einen Antrag behandelt, in dem es darum ging, studentischen Hochschulgruppen für ihre Arbeit Räume zur Verfügung zu stellen. Man sollte eigentlich meinen, dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Es ist aber offensichtlich keine Selbstverständlichkeit. Die Rechte der Studierendenvertretungen sind in Bayern extrem eingeschränkt. Die Möglichkeiten, die sie eigentlich bräuchten, um sich zu äußern und um zu arbeiten, sind nicht gegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie sagen doch immer: Wir kommen gut ohne eine Verfasste Studierendenschaft aus. Die Studierenden sind zufrieden. –
Dieser Antrag straft das Ganze Lügen. Wenn zum Beispiel so banale Dinge wie Räume nicht vorhanden sind, wenn dazu erst vom Landtag ein Hinweis kommen muss, stimmt an dieser Stelle etwas nicht.
Wir haben den einschlägigen Antrag damals im Ausschuss einstimmig angenommen. Und das zeigte ja schon den Handlungsbedarf.
Ich möchte noch einmal betonen: Das Zurverfügungstellen von Räumen ist etwas Banales. Aber eigentlich geht es um wesentlich mehr. Wenn wir das damals so beschlossen hätten, hätten wir den Text noch viel enger fassen können. Aber es ging uns auch darum, dass die Studierendenvertretungen ihren hochschulpolitischen Auftrag wahrnehmen können. Es kann nicht genügen, nur Workshops zu veranstalten, sondern es geht auch darum, sich zu wichtigen wissenschaftspolitischen Dingen zu positionieren und im Zweifel Kritik an der eigenen Verwaltung der Hochschule zu üben. Genau diese Möglichkeiten schränkt das Bayerische Hochschulgesetz nach wie vor extrem ein. Es ist das einzige Hochschulgesetz in Deutschland, das an dieser Stelle so restriktiv ist. Wir fordern deshalb, dass die Studierendenvertretungen ein echtes politisches Mandat erhalten, damit sie sich entsprechend positionieren können, ohne Angst haben zu müssen, zurückgepfiffen zu werden.
Sie brauchen aber noch mehr. Sie brauchen die Budgethoheit, und sie brauchen eine Vertragshoheit. Wir haben es in der letzten Diskussion schon gesagt. Jede Tackernadel, jede Anschaffung und jeder Druck eines Flyers muss von der Hochschulverwaltung genehmigt werden. Das Ganze ist doch absurd. Die Studierendenvertretungen können kleine wie große Dinge, die eigentlich in ihrem Aufgabenbereich liegen würden, nicht selbstständig aushandeln, weil ihnen die Vertragshoheit fehlt. Semestertickets müssen nach wie vor über die Studierendenwerke verhandelt werden, die Studierendenvertretungen können auch kein Personal zur Geschäftsführung einstellen, das sie in ihren ehrenamtlichen Aufgaben entlasten würde.
Man kann nur sagen: Die eigenständige Interessenvertretung ist dadurch sprichwörtlich gelähmt und hängt immer vom guten Willen der Hochschulverwaltung ab. Deswegen fordern wir erneut, wie in den vergangenen Legislaturperioden, wie seit 40 Jahren und wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die Einführung einer echten Verfassten Studierendenschaft in Form einer Teilkörperschaft des öffentlichen Rechts. Wir wissen alle: 15 Bundesländer machen das vor. Es gibt dort offensichtlich keine Probleme. Nur Bayern schert nach wie vor aus.
Es hat der wissenschaftlichen Exzellenz anderswo nicht geschadet, wenn Studierende sich selbst verwalten können. Neun von elf Eliteunis haben eine Verfasste Studierendenschaft. Wir haben hier in Bayern mittlerweile 390.000 Studierende, die bis auf ganz we
nige Ausnahmen volljährig sind. Sie haben das aktive und das passive Wahlrecht. Sie können arbeiten, sie können mitbestimmen, sie können in unserer Gesellschaft tätig sein. Nur an den Hochschulen traut man ihnen offensichtlich nicht zu, dass sie sich selbst verwalten und die eigenen Interessen in die eigenen Hände nehmen.
Wir brauchen an der Stelle dringend ein Umsteuern. Wir müssen den Studierendenvertretungen die Möglichkeit geben, Verträge zu schließen, Geldmittel selbst zu verwalten, auch ihre Organisationsform und die Beitragshöhe selbst zu bestimmen.
Ich erinnere mich noch gut an die letzte Diskussion zu dem Thema, die wir hier im Plenum hatten. Da wurde von Ihnen, vonseiten der CSU, immer gesagt: Ja, die Zwangsmitgliedschaft wäre ein Problem, das wäre so teuer, und da wäre keine Akzeptanz bei den Studierenden da. – Man muss sich das nur mal vor Augen führen: In anderen Bundesländern betragen die Beiträge zwischen 6 und 15 Euro pro Semester. Das ist natürlich Geld. Ich glaube aber, in Anbetracht des Gegenwerts, der sich ergibt, wenn Studierendenvertretungen beraten können, wenn Semestertickets und Kulturtickets einfach eingeführt werden können, ist das mit der Akzeptanz kein Problem. Zumindest habe ich aus anderen Bundesländern, in denen das eingeführt wurde, nichts Entsprechendes gehört.
Was die Legitimation der Studierendenvertretungen betrifft: Sie sagen immer, die Wahlbeteiligung sei niedrig. – Ich möchte als Beispiel mal eine andere Körperschaft öffentlichen Rechts anführen, die IHK. Auch da wird die Pflichtmitgliedschaft, wird die Beitragserhebung nicht infrage gestellt. In München und Oberbayern war dort die Wahlbeteiligung zuletzt bei 6 %. Also, da brauchen wir nicht über die Legitimation von Studierendenvertretungen zu reden. Wenn wir damit anfingen, bräuchten wir überhaupt keine selbstverwalteten Körperschaften des öffentlichen Rechts mehr.
Vielleicht werden Sie immer noch sagen: Ja, die Debatte ist relativ akademisch, und das braucht man alles nicht. – Ich kann mir das gut vorstellen, weil wir das in den Debatten der letzten Jahre immer wieder gehabt haben. Wenn wir jetzt aber einfach mal vergleichen: Wie würde das andersherum ausschauen, zum Beispiel bei einem Betrieb, in dem der Betriebsrat sich jede Ausgabe von der Personalabteilung genehmigen lassen müsste? Dann ist ja schon klar, wie absurd das Ganze ist. Oder nehmen wir an, der Bayerische Rundfunk müsste sich jedes Sendeformat vom
aber aus gutem Grund ist das an der Stelle eben nicht der Fall. Selbstverwaltete Organisationen des öffentlichen Rechts müssen deswegen auch die Möglichkeit haben, tatsächlich selber über ihre Belange zu bestimmen. Man kann sie immer noch kritisieren, wenn sie über das Ziel hinausschießen. Das können die eigenen Mitglieder machen, das können auch wir als Gesetzgeber machen, wenn etwas schiefläuft. Aber erst einmal muss man doch die Möglichkeit einführen.
Studentische Selbstverwaltung betrifft auch ganz praktische Probleme. Wir haben von den Tackerklammern gesprochen. Es geht aber um die großen Dinge. Nach wie vor müssen Studentenwerke noch Verträge um Semestertickets verhandeln. Das ist eine rechtlich sehr fragwürdige Konstruktion, die durchaus anfechtbar ist. Gleichzeitig müssen die Studierendenvertretungen Urabstimmungen in der Studierendenschaft durchführen, ob überhaupt so etwas wie ein Semesterticket eingeführt werden soll, um das zu legitimieren. Wir wissen alle, was das für ein wahnsinniger Aufwand ist. Es wäre doch viel einfacher, wenn man, wie überall sonst, direkt einen Vertrag abschließen könnte.
Wir haben ein ganz aktuelles Beispiel, bei dem das ganze Thema wieder hochkocht. Das ist in Würzburg. Die Studierendenvertretungen dort möchten ein Kulturticket einführen. Vertreterinnen und Vertreter aller Parteien und das Stadttheater sind dafür. Nur das Studentenwerk, das das eigentlich verhandeln müsste, stellt sich an der Stelle quer. – Ja, was macht man in einer solchen Situation, wenn es da einen Dissens gibt? Da kann man dann nicht davon reden, dass die Studierenden die Möglichkeit haben, in ihrem Sinn entsprechend tätig zu werden. Genau diese komischen Hilfskonstrukte wollen wir endlich abschaffen.
Wir kennen die Debatte. Meine Befürchtung ist: Die Argumente werden Sie weiterhin nicht anfechten. Ich kann Sie aber bloß dazu auffordern: Nach 40 Jahren muss es endlich ein Ende damit haben, sich gegen die Verfasste Studierendenschaft zu sperren. Wir haben aus anderen Ländern gute Beispiele. Sie müssen endlich aus dem Schmollwinkel herauskommen. 40 Jahre Bocken sind genug.
Kolleginnen und Kollegen, dem Änderungsantrag der SPD zum Hochschulgesetz stimmen wir natürlich zu, weil er in die gleiche Richtung wie unser Gesetzent
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, vielleicht erstaunt es Sie, dass wir auch Ihrem Änderungsantrag zustimmen; denn es ist das Mindeste, dass Studierendenvertretungen über Satzungsänderungen, die Sie betreffen, mitbestimmen können. Aber es reicht nicht aus. Wir werden die Novelle zum Hochschulgesetz deswegen an der Stelle ablehnen;
denn ohne eine Verfasste Studierendenschaft ist die Hochschulautonomie leer und hohl. Studierendenvertretungen müssen Rechte erhalten. Es hat keinen Sinn, nur das, was immer schon gemacht wurde, weiter fortzuschreiben. Stimmen Sie deshalb unserem Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag der SPD zu! Dann werden wir auch Ihrer Hochschulnovelle zustimmen. Sonst können wir das leider nicht.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat der Kollege Westphal von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden, ebenfalls aufgerufenen Gesetzentwurf der Staatsregierung sollen Regelungen, die bislang Teil von Abweichungsverordnungen gewesen sind, ins Hochschulgesetz übernommen werden.
Bislang stellte sich die rechtliche Situation so dar, dass gemäß Artikel 106 Absatz 2 des Bayerischen Hochschulgesetzes einzelne Hochschulen in Abweichungsverordnungen organisationsrechtliche Sonderregelungen festlegen konnten. Davon ist auch vielfältig Gebrauch gemacht worden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden diese bewährten Regelungen ins Gesetz übernommen und somit sozusagen BestPractice-Modelle in Gesetzesform gegossen, und unser bayerisches Hochschulrecht wird weiterentwickelt.
Was sind aus meiner Sicht die wesentlichen Punkte dieses Gesetzentwurfs? – Erstens. Die Grundverordnungen können Forschungsdekane vorsehen, sodass bereits auf Fakultätsebene eine Bündelung der Forschungsaktivitäten organisatorisch unterstützt werden kann.
Zweitens. Bei der Regelung der Zusammensetzung des Hochschulrates gibt es eine Änderung bei der Gruppe der nicht hochschulangehörigen Mitglieder, in
die zukünftig auch Ehrensenatoren, Ehrenbürger, Ehrenmitglieder und Honorarprofessoren, soweit ihr beruflicher Schwerpunkt außerhalb der Hochschule liegt, aufgenommen werden können. Ich denke, das ist eine wichtige und richtige Möglichkeit, um für diese Aufgabe geeignete Persönlichkeiten gewinnen zu können; denn allein durch die ihnen zuteilgewordene Auszeichnung und Benennung ist bereits deutlich, dass sie sich für die Hochschule in aller Regel besonders eingebracht und eingesetzt haben.
Veränderungen bei der Organisation der Studierendenvertretung: Mit dem Gesetzentwurf erhalten die Hochschulen, was die Organe, die Zuständigkeiten, die Zusammensetzung und das Wahlverfahren betrifft, auch mehr Freiheit zur Gestaltung der Studierendenvertretung. Unsere Hochschulen können zukünftig noch besser auf örtliche Besonderheiten eingehen. Das kann aber nicht völlig schrankenlos, sondern muss innerhalb der bewährten Strukturen geschehen, aber doch mit mehr Flexibilität und Gestaltungsmöglichkeit bei den Hochschulen.
Dazu passt auch der Änderungsantrag der CSU-Fraktion, wonach vor Änderungen der Grundordnung, die die Verhältnisse der studentischen Vertretung betreffen, auch alle Organe derselben zu hören sind, sodass möglichst frühzeitig und transparent ein konstruktives Miteinander erreicht werden kann.
Was wir aber nach wie vor ablehnen: die Verfasste Studierendenschaft, wie sie der Gesetzentwurf der GRÜNEN-Fraktion oder auch der Änderungsantrag der SPD vorsieht. Ich möchte noch einmal deutlich machen, warum wir bei diesem Standpunkt bleiben.
Die aktuelle Rechtslage sieht folgendermaßen aus: Artikel 138 Absatz 2 Satz 2 der Bayerischen Verfassung bietet die verfassungsrechtliche Grundlage für die Beteiligung der Studenten. Artikel 138 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung lautet:
Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. Die Studierenden sind daran zu beteiligen, soweit es sich um ihre Angelegenheiten handelt.
Diese Regelung zeigt bereits, dass wir als Gesetzgeber hier einen weiten Gestaltungsspielraum haben. Dies bedeutet auf jeden Fall: Eine Verfasste Studierendenschaft muss nicht eingeführt werden; es genügt vielmehr, dass ein hinreichendes Maß an Mitwirkungsmöglichkeiten gegeben ist. Diese Mitwirkungsmöglichkeiten haben wir auf mehreren Ebenen. Zum einen gibt es Mitwirkungsmöglichkeiten in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschulen
wie dem Senat oder dem Hochschulrat durch die gewählten Vertreter. Zum anderen gibt es Mitwirkungsmöglichkeiten in den studentischen Gremien wie dem Konvent, den Sprecherinnen- und Sprecherrat oder der Fachschaftsvertretung. Auch zukünftig wird es beschlussfassende und ausführende Organe sowie Fachschaftsvertretungen geben. Diese Regelungen stellen eine angemessene und ausreichende Vertretung der Studierenden und ein Mitspracherecht in wichtigen Angelegenheiten sicher. Dazu bedarf es keiner Verfassten Studierendenschaft mit einem Körperschaftsstatus, einer Zwangsmitgliedschaft, mit Zwangsbeiträgen oder einem allgemeinpolitischen Mandat. Daraus ergibt sich schlicht und einfach kein Mehrwert für die Studierenden.
Der Zuspruch von Studierenden aus anderen Bundesländern, die an die bayerischen Hochschulen kommen, zeigt eindeutig, dass man mit unserem System mehr als zufrieden ist.
Bei uns haben die Hochschulen nämlich eine passgenaue Möglichkeit, studentische Mitwirkung zu regeln und zu gestalten, und zwar abhängig von den örtlichen und sachlichen Gegebenheiten. Das ist meiner Meinung nach auch wichtig. Es besteht keine Notwendigkeit dafür, über alle Hochschulen einen Einheitsanzug zu stülpen, der an vielen Enden zwickt und zwackt, wenn man auch den Maßanzug haben kann.
(Beifall bei der CSU – Isabell Zacharias (SPD): Maßanzug, das ist Elitedenken! Ein Elitedenken habt ihr also!)
Hochschulen nehmen diese Freiheiten auch wahr. Es zeugt von einem erheblichen Misstrauen gegenüber unseren Hochschulen, wenn man eine Verfasste Studierendenschaft einführen will.