Ich möchte ein Wort zum Thema Leistungssport sagen. Es ist gut, dass es auch in der Schule Orte für den Leistungssport, beispielsweise durch Kooperationen, gibt. Für die Schülerinnen und Schüler besteht die Möglichkeit, ausfallende Stunden nachzuholen. In Bayern sind wir mit den Eliteschulen des Sports sowie den Partnerschulen des Leistungssports und des Wintersports gut aufgestellt. Soweit ich das beurteilen kann, wird vor Ort gute Arbeit geleistet, sowohl auf der Seite des Sports als auch auf der Seite der Schule.
Ich bin Frau Kollegin Stachowitz dankbar, dass sie das Thema Inklusion angesprochen hat. Ich vermisse die Verbindung zwischen Inklusion und Sport in dieser Interpellation. Denken Sie nur an den Behindertensport, der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf und mit Behinderung die Möglichkeit eröffnet, Sport zu treiben. Der gemeinsame Sport muss ebenfalls in der Schule stattfinden. Wenn wir über Inklusion reden, müssen wir auch über die Inklusion im Sportunterricht reden. Ich habe mich einmal mit einem Sportlehrer einer Tandem-Klasse unterhalten. Er sagte, für ihn sei es etwas vollkommen Neues gewesen, mit körperbehinderten Kindern Sportunterricht zu machen. Er fand das zwar sehr spannend, es war jedoch auch eine große Herausforderung. Außerdem hatte er keine Fortbildung besucht. Deshalb müssen wir auch über die Inklusion im Sportunterricht nachdenken.
Wie schaut es mit dem Sportalltag in der Schule aus? – Die Interpellation trägt den schönen Titel "Bewegtes Lernen 2020". In der Schule findet das Lernen jedoch überwiegend im Sitzen statt. Ich weiß gar nicht, ob jemand nachgewiesen hat, dass man im Sitzen besonders gut lernen kann. Viele Kinder, insbesondere Jungen, gelten als schulreif, wenn sie einen ganzen Vormittag sitzen können. Erst dann können sie in die Schule gehen. Ist es tatsächlich richtig, den Bewegungsdrang von Kindern in der Schule zu bremsen? Müssten wir nicht etwas anderes wollen? Wer denkt im Sitzen besser? – Ich kenne Leute, die besser beim Gehen an der frischen Luft denken können. Wir sollten überlegen, wie wir mehr Bewegung in die Schulen bringen, um die Schülerinnen und Schüler vom ständigen Sitzen zu befreien.
Hinzu kommt, dass immer mehr Kinder einen großen Teil ihrer Freizeit vor Bildschirmen verbringen. Die Lebenswelt verändert sich durch die Digitalisierung. Die Schule muss gegensteuern.
Ich komme zum Thema dritte Sportstunde – die Hardware in der Schule. In den meisten Bundesländern gibt es an den Grundschulen eine dritte Sportstunde, in Bayern nicht. Das wurde von Stoiber abgeschafft. Ich finde es nicht in Ordnung, dass in dieser Interpellation die Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund, die Inklusion oder der Ganztag gegen die dritte Sportstunde ausgespielt wird. Das ist nicht in Ordnung. Der Antwort der Interpellation zu diesem Punkt ist zu entnehmen, dass die Einführung einer dritten Sportstunde in der Jahrgangsstufe eins derzeit nicht prioritär behandelt werden könne. Dazu sage ich: Doch, dass muss prioritär behandelt werden.
Wenn das die Staatsregierung nicht kann, muss es der Haushaltsgesetzgeber, dieser Landtag, tun. Dort gehört das Thema nämlich hin. Dieser Landtag muss die Einführung einer dritten Sportstunde prioritär behandeln. Die dritte Sportstunde müssen wir spätestens im Rahmen der nächsten Haushaltsverhandlungen einführen. Laut Auskunft der Staatsregierung handelt es sich um einen Bedarf von 163 Stellenäquivalenten für die Jahrgangsstufe eins. Leute, das müsste zu schaffen sein. Die Einführung einer dritten Sportstunde sollte zumindest für die ersten Klassen im Rahmen des nächsten Haushalts möglich sein.
Ansonsten habe ich den Eindruck, dass es an den Grundschulen viele Programme und Projekte gibt. Fraglich ist jedoch, wie es um die Umsetzung dieser Projekte bestellt ist. Wir sollten die aufgelegten Programme und Projekte auch in den Alltag überführen, damit wir erst gar keine Programme und Projekte brauchen.
Mit den Aussagen zum Thema Sport im Ganztag kann ich nicht zufrieden sein. Wir wissen alle, dass insbesondere die Schülerinnen und Schüler der Ganztagsschule Bewegung brauchen. Es ist kein attraktiver Ganztag, am Nachmittag wieder in der Schule zu sitzen. Dort muss mehr Sport und Bewegung hinein. Die Staatsregierung verfügt über wenige Informationen zum Thema Sport im Ganztag. Das zeigt mir, dass es keinen großen Qualitätsanspruch und kein großes Qualitätsbewusstsein für den Ganztag gibt. Wir brauchen jedoch einen guten Ganztag mit guten Sportangeboten. Denkbar wäre auch das Erlernen neuer Sportarten vom Jonglieren bis zum Klettern. Das muss in den Ganztag rein. In einem
zweiten Schritt muss überprüft werden, ob das tatsächlich funktioniert. Das vermisse ich in den Antworten dieser Interpellation.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen eine gute und gesunde Schule mit Bewegungs- und Lernmöglichkeiten für alle Kinder. Wir wollen einen Sportunterricht, den auch der kleine Dicke gut findet oder der, der vermeintlich unsportlich ist. Ich glaube, dafür haben wir noch viel zu tun.
Herr Kollege Mistol wird sich nachher noch zum Thema Schwimmen äußern. Ich möchte nicht vorgreifen, aber einen Satz möchte ich dazu sagen. Wenn man schwimmen oder auch fahrradfahren lernt – das weiß man aus eigener Erfahrung oder dadurch, wie das bei den eigenen Kindern war –, erlebt man, was der Sport tatsächlich leistet. Diese ersten Momente, die man erlebt, wenn man nicht untergeht, wenn man schwimmen kann oder wenn das Fahrrad fährt, sind doch Glücksmomente. Das sind Momente, in denen einem bewusst wird, dass man etwas leistet, dass man wirksam ist, dass man sich selbst ermächtigt hat. Das ist ein Gefühl, das einen Menschen über viele Leistungsklippen im Leben trägt. Diese Erfahrungen müssen wir allen Kindern noch viel stärker zukommen lassen, als wir es heute tun.
Danke schön, Herr Kollege Gehring. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Seidenath. Bitte schön, Herr Seidenath.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Interpellation "Bewegtes Lernen 2020", über die wir heute diskutieren, umfasst dankenswerterweise auch einen Teil "Gesundheit/Prävention". Bei den Präventionsanstrengungen des Freistaats sind gerade die Schulen eine wichtige Säule. Sie sind die Lebenswelt, in der die Präventionsangebote des Freistaats zum Tragen kommen. Ich darf daran erinnern, dass 2015 das Jahr der Prävention war, mit dem Präventionsgesetz auf Bundesebene, aber auch mit dem Präventionsplan des Freistaats Bayern, den Frau Gesundheitsministerin Melanie Huml im Mai 2015 hier im Hohen Haus vorgestellt hat. Dieser Plan ist tatsächlich ein Paradigmenwechsel hin zu einer Bürgerbewegung Prävention mit dem Ziel, Menschen in ihren Lebenswelten zu erreichen. Die Lebenswelt für Kinder und Jugendliche ist gerade die Schule. Dort verbringen sie viel Zeit, und dort können auch gesundheitsfördernde Verhaltensweisen eingeübt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen nicht nur nicht krank werden, sie sollen
vielmehr gleichzeitig lernen und üben, was ihnen guttut, und was ihre Gesundheit fördert. Dies geschieht an der bayerischen Schule getreu dem Motto: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wer früh beginnt, kann sein Leben viel länger positiv beeinflussen und verhaltensbedingte Erkrankungen vermeiden. Er kann auch lernen, dass Prävention eine Aufgabe für den einzelnen Schüler ist. Das ist sie, auch wenn der Staat und die Gesellschaft hier große Anstrengungen unternehmen. Das geschieht beispielsweise durch ein Bündnis für Prävention, das es in Bayern gibt. Prävention ist zwar eine Gemeinschaftsaufgabe, aber sie fordert vor allem den Einzelnen auf, selbst etwas zu tun; denn es geht um seine eigene Gesundheit.
Die Interpellation bringt unter Abschnitt IX "Gesundheit/Prävention" eine wunderbare Zusammenstellung aller Maßnahmen, die an der Schule angeboten werden. Sie umfasst einerseits und selbstredend, nachdem die Interpellation "Bewegtes Lernen" heißt, den Bereich der Bewegung. Es geht aber auch um die Ernährung. Bewegung und Ernährung beeinflussen die körperliche Gesundheit der Schülerinnen und Schüler. Die Interpellation nimmt aber auch die seelische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler unter die Lupe und nennt hierzu Maßnahmen. Die bayerische Schule vergisst diesen Aspekt nicht, und das ist gut und richtig; denn es sind Körper, Seele und Geist, die im Gleichgewicht sein sollten. Jeder Mensch sollte in allen drei Bereichen gleichermaßen gesund sein, damit es ihm gut geht. Dies ist wichtig, damit auch der junge Mensch ein Gleichgewicht hat. Die Interpellation nennt dankenswerterweise alle drei Bereiche. Als Aspekt für die psychische Gesundheit wird beispielsweise die mobbingfreie Schule genannt.
Ich möchte noch auf ein paar Punkte zum Thema Bewegung eingehen. Lieber Herr Kollege Piazolo, es war unpassend, wirklich unpassend, dass Sie sich hier über die Volkstänze lustig gemacht haben.
Das ist keine Komik, sondern das ist ein Bestandteil der Tradition unserer Heimat, unseres Freistaats.
Eine gute Ernährung ist entscheidend; denn sie dient zur Vorbeugung von verhaltensbedingten Erkrankungen wie Adipositas oder Diabetes Typ 2, aber auch von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die weiterhin Todesursache Nummer eins in Deutschland sind. Ich habe leider keine Zeit mehr, die psychische Gesundheit anzusprechen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass der Freistaat aktuell das Suchtverhalten von Kindern und Jugendlichen an Schulen repräsentativ untersuchen lässt.
Meine Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich ein Dankeschön sagen an alle, die sich tagtäglich für die Gesundheit der Schülerinnen und Schülern verdient machen. Es sind die Lehrerinnen und Lehrer, die die Schule als echten Lern- und Übungsort für die Gesundheit ausgestalten. Ich möchte aber auch denen danken – –
Ich möchte auch all denen danken, die diese Interpellation durchgeführt haben: den Ministerien, die sich viel haben einfallen lassen und diese Interpellation zu einem Standardwerk für Präventionsanstrengungen gemacht haben, zu einem Handwerkszeug für alle Präventions- und Gesundheitspolitiker. Dafür möchte ich herzlich danken. Ihnen sage ich für Ihre Aufmerksamkeit "Vergelts Gott".
Danke schön, Herr Seidenath. Bitte bleiben Sie noch für eine Zwischenbemerkung, zu der sich Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo gemeldet hat.
Herr Kollege Seidenath, vielleicht haben Sie nicht richtig zugehört. In jedem Fall möchte ich die Gelegenheit nutzen, eines klarzustellen: Ich habe selbstverständlich nicht gesagt, dass traditionelle Tänze komisch sind. Sie gehören zur Tradition Bayerns, sie sind sehr wichtig. Ich habe vielmehr gesagt: Ich finde die Antwort des Ministeriums komisch. Wenn man auf Defizite im Schul- und Sportunterricht verweist, dann heißt es in der Antwort: Na ja, vielleicht haben wir ein bisschen wenig Sportunterricht, aber es gibt andere Möglichkeiten im Unterricht, beispielsweise traditionelle Tänze, oder man kann im Religionsunterricht, wenn man über die Schöpfung redet, das auch in Bewegung machen, oder man kann im Mathematikunterricht, wenn man über Geometrie redet, das bewegt
gestalten. – Dazu habe ich gesagt: Das finde ich komisch. Das reicht mir auch nicht, um fehlenden Sportunterricht zu entschuldigen. So viel zur Klarstellung.
Herr Kollege Piazolo, ich habe Ihnen genau zugehört. Sie haben deutlich gesagt, dass es nicht einer gewissen Komik entbehrt, wenn in der Antwort von Volkstänzen die Rede ist.
Ich nehme Ihre Klarstellung gerne als Entschuldigung an, wenn Sie nämlich mit uns übereinstimmen, dass Volkstänze tatsächlich zur Tradition unseres Freistaats gehören.
Diese eineinhalbminütige Zeitspende – vielen Dank dafür – gibt mir Gelegenheit, noch auf ein wichtiges Programm hinzuweisen. Es wird in der Interpellation genannt und ist für uns alle sehr wichtig, nämlich das Programm "Gute gesunde Schule Bayern". Dieses Landesprogramm ist für die Schülerinnen und Schüler wegweisend, aber auch für die Lehrerinnen und Lehrer; denn sie können das Thema Gesundheitsbildung und Ernährung in einen größeren Zusammenhang stellen. Damit wird es zu einem Anliegen der gesamten Schulfamilie, dass über diese Themen gesprochen wird. Schülerinnen und Schüler können gemeinsam mit den Eltern und den Lehrkräften die alltägliche Schulpraxis möglichst gesundheitsfördernd gestalten. "Gute gesunde Schule" ist ein wegweisendes Landesprogramm, das gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium durchgeführt wird, mit einigen Krankenkassen wie der AOK, der Barmer GEK und dem Verband "Kommunale Unfallversicherung in Bayern". Das zeigt, dass die schulische Gesundheitsförderung gebündelt und koordiniert wird. Die Ressourcen werden gefördert und auf diese Weise mit neuen Impulsen versehen.
Im Übrigen sei hier zum Thema Ernährung noch das "EU-Schulobst- und -gemüseprogramm" erwähnt, in dessen Rahmen an die Schülerinnen und Schüler regelmäßig wöchentlich kostenlos Obst und Gemüse ausgeteilt wird. Auch das ist ein wichtiger Punkt für das Einüben einer gesunden Ernährung. Über 97 % der Schülerinnen und Schüler in den Grund- und För
derschulen erhalten über das "EU-Schulobst- und -gemüseprogramm" kostenlos regionales und saisonales frisches Obst und Gemüse und lernen dies folglich kennen. Das ist für ein gesundes Aufwachsen enorm wichtig. Deshalb noch einmal mein Dank an die Staatsregierung für diese Programme! Ich wünsche denen viel Glück und Erfolg, die diese Programme in die Lebenswirklichkeit umsetzen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was das Thema Schwimmen angeht, so zeigen die Antworten der Staatsregierung zur Interpellation, dass auf diesem Gebiet wirklich noch viel zu tun ist, wenn es wirklich so ist, wie die Staatsregierung es immer wieder bekräftigt, dass nämlich das Schwimmenlernen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und keine rein private Aufgabe. Ich habe mich auch deshalb zu diesem Tagesordnungspunkt gemeldet, weil wir gestern im Innenausschuss eine Diskussion zur Schwimmfähigkeit hatten. Der Innenausschuss ist für das Thema Sport federführend zuständig. Wir haben dort nicht zum ersten Mal darüber gesprochen.
Warum setzen wir GRÜNE und andere aus der Opposition das Thema immer wieder auf die Tagesordnung? – In bayerischen Gewässern starben – das sind Zahlen von der DLRG, der Deutschen LebensRettungs-Gesellschaft – bis Ende August dieses Jahres 62 Menschen; deutschlandweit waren es 297 Menschen. Insofern gibt es keinen Grund, in dem Bemühen um mehr Sicherheit im und am Wasser nachzulassen; denn um die Schwimmfähigkeit ist es wirklich weithin schlecht bestellt.