Protocol of the Session on October 12, 2017

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Kollege Arnold.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um Probleme zu lösen, werden Verträge geschlossen, zumindest aber wird versucht, sich einer Problemlösung anzunähern. Die Problemlage seit 2012 bezog sich auf die Zulassung privater Anbieter auf dem Sportwetten- bzw. Glücksspielmarkt. Um sie zuzulassen, wurde das staatliche Wettmonopol für eine Experimentierphase von sieben Jahren ausgesetzt. Die damaligen wie die heutigen Ziele waren: Spielerschutz, Jugendschutz – ein ganz wichtiger Aspekt –, die Verhinderung von Glücksspiel- und Wettsucht, die Bekämpfung von Wettmanipulation – Stichwort: Hoyzer –, die Bekämpfung von Geldwäsche und – was für uns als Gemeinwesen besonders wichtig ist, da diese Aufgaben Behörden und Zuschüsse erfordern – eine umfassende Steuerpflicht. Richtige, wichtige und absolut konsensfähige Ziele sind das, damals wie heute. Aber damals wie heute ist in diesem Vertrag das absolute Verbot von OnlineWetten geregelt. Dabei handelt es sich um einen grauen, wenn nicht gar schwarzen Markt mit exponentiellen Zuwächsen jenseits von Steuern, jenseits aller genannten Ziele, weil diese eben nicht geregelt worden sind. Die Tatsache, dass sich die oben genannten wichtigen Maßgaben nicht widerspiegeln und außerdem nach verschiedenen Erkenntnissen etwa 90 bis 95 % aller Sportwetten jenseits der vom Glücksspielstaatsvertrag geregelten Verhältnisse ablaufen, zeigt, dass es sich möglicherweise um eine Regelung handelt, die an den konkreten, den tatsächlichen Lebenssachverhalten vorbeigeht.

2014 wurden 33 Millionen Euro aus der Zerlegung der Sportwettsteuer vom Freistaat Bayern vereinnahmt. Man muss sich einmal überlegen, was in dieser Zeit auf dem grauen Markt verdient worden ist. Die rechtstreuen Vereine und Verbände hatten nämlich in dieser Zeit keine Zuwächse erzielt, sondern Verluste hinzunehmen. Sie haben sich an die Vorgaben des Vertrages gehalten und mussten zusehen, wie andere großes Geld machten.

In einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs wurde eine sogenannte Kohärenz gefordert. Diese Kohärenz bedeutet, über alle Spielarten hinweg müssen gleiche Regeln gelten. "Über alle Spielarten hinweg" heißt aber nicht nur, dass das, was bislang geregelt worden ist, gilt, sondern hier ist auch der sogenannte graue Markt für Online-Wetten zu regeln, auf die ich gerade hingewiesen habe. In diesem Vertrag wird aber nichts geregelt. Vielmehr besteht das Problem nach wie vor, und das wird von der Kundschaft wahrgenommen, weshalb es hier auch diese exponentiell gesteigerte Teilnahme an den OnlineWetten gibt. Wie man all dem Herr wird, das ist im vorgelegten Vertrag nicht geregelt.

In diesem Vertrag, der diesem Problem nicht Herr wird, ist aber die Experimentierphase von sieben Jahren geregelt. Mein Vorredner hat versucht, die Sache sehr undramatisch darzustellen, aber eigentlich ist die Zeit durch Nichtstun verdaddelt worden. Die Gerichtsurteile wurden nicht aufgegriffen und umgesetzt. Die Konzessionen wurden nicht vergeben. Daraus nun die Konsequenz zu ziehen, dass die Konzessionen erweitert werden, um das Problem zu lösen, das ist ein einfacher Schluss, der aber nicht hilfreich ist. Auch die qualitativen Zugangskriterien sind wichtig, sie gehören, wie schon 2012, jetzt auf den Tisch.

Es mag sein, dass man bei der Bewältigung großer Probleme in kleinen Schritten vorangeht. Das meinen Sie wohl damit, wenn Sie allgemein davon sprechen, dass dieser Vertrag ein Schritt in die richtige Richtung sei. Aber auch kleine Schritte, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen mit dem richtigen Schuhwerk erfolgen. Seit fünf Jahren geht in diesem Bereich nämlich überhaupt nichts vorwärts. Jetzt aber will man tippeln. Um es einmal salopp zu sagen: Für diesen Schritt braucht man eine solide Trekkingausrüstung. Der Vertrag kommt im Prinzip aber in Badeschlappen daher. Es ist deshalb eigentlich ein Alibi, wenn man sagt, dass man hier etwas tut, während die wirklichen Probleme mit diesem Vertrag nicht angegangen werden.

Es ist richtig, viele Länder haben dem Vertrag zugestimmt, und es ist lange verhandelt worden. Wenn man auf dem richtigen Weg ist, aber die Ausrüstung nicht passt, dann kann man nicht einfach so weitermachen. Viele haben gefehlt. Eine umfassende Lösung oder ein großer Wurf ist dieser Vertrag jedenfalls nicht. Die Zeit der Alibis für die Zögerlichkeit ist vorbei. Deshalb lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken mit unbewältigten Problemen ohne Ende. Wir wollen uns nicht dafür haftbar machen lassen und einfach sagen: Der Vertrag kommt sowieso nicht in die Gänge, weil Schleswig-Holstein – das ist der letzte Punkt – aus bekannten Gründen wie eh und je die Zustimmung verweigert. Diesen Hinweis können Sie auch dem Fernsehen bei den Sportwetten entnehmen; da wird nämlich auf Schleswig-Holstein Bezug genommen. – Die SPD wird diesem Staatsvertrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Pohl.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir hier über einen Gesetzentwurf der Staatsregierung reden würden, Herr

Kollege Arnold, dann würden wir als Fraktion genauso wie Sie nicht zustimmen, weil wir sehen, dass dieser Entwurf mangelhaft und insbesondere unvollständig ist. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier geht es um die Zustimmung zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages, also zu einem Exekutivakt. Da verhält es sich schon etwas anders; denn was ist denn die Konsequenz, wenn dieses Parlament seine Zustimmung mehrheitlich verweigert? – Dann haben wir Stillstand und einen Rechtszustand, der von den Gerichten zu Recht als rechtswidrig bezeichnet wird. Dann stehen wir genau da, wo wir vor fünf Jahren standen.

(Horst Arnold (SPD): Und wo wir jetzt stehen!)

Auch ich beklage es ausdrücklich, dass man innerhalb von fünf Jahren nicht in der Lage ist, einen offensichtlich rechtswidrigen Staatsvertrag zu korrigieren. Staatssekretär Eck hat in der Ersten Lesung gesagt, man sei durch die Gerichtsurteile blockiert worden. Da frage ich mich, ob er die Gewaltenteilung verstanden hat. Wir haben doch als Gesetzgeber bzw. die Ministerpräsidenten haben doch die Möglichkeit, Recht zu setzen, also den unwirksamen, den fehlerhaften Staatsvertrag durch einen Staatsvertrag zu ersetzen, der dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht entspricht.

Ja, ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die Obergrenze ist etwas aus eurer genetischen DNA, aber sie funktioniert halt nicht immer. Und wenn man einen Staatsvertrag macht, in dem genau zwanzig Wettanbieter zugelassen werden, können Sie sich doch selber ausmalen, was passiert, wenn der Einundzwanzigste kommt, der mindestens so geeignet ist wie die zwanzig anderen. Er wird eine Konkurrentenklage anstrengen und fragen: Warum ich nicht, warum die anderen? – Deswegen ist es richtig und positiv, quantitative Kriterien durch qualitative zu ersetzen. Da sagen wir auch: Hier wird dieser Staatsvertrag in einem wichtigen Punkt verbessert.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der wesentliche Bereich wird wieder nicht geregelt, nämlich das Online-Glücksspiel. Es ist zum einen nicht den Kontrollmechanismen unterworfen, die wir alle hier aufgestellt haben, um die Menschen vor Glücksspielsucht zu schützen. Das war ein wesentlicher Antrieb, den wir immer hatten, und hier knicken wir ein und regeln diesen Bereich nicht.

Das Zweite ist, und das sage ich als Haushälter: Es kann doch nicht sein, dass die Wetten am grauen Wettmarkt unbesteuert laufen, während der geregelte Markt Steuern zahlt. Das geht einfach nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, und da muss weiter nachgebessert werden.

Das Argument, dass Schleswig-Holstein sich der Unterschrift verweigern wird, zählt allerdings nicht. Wir müssen schon eine sachliche Entscheidung treffen. Und wenn wir in vorauseilendem Gehorsam vor dem kleinen Schleswig-Holstein einknicken, dann müssen die Ministerpräsidenten eigentlich gar nicht verhandeln, wenn von vorneherein abzusehen ist, dass ein Land ausschert. Dieses Argument lassen wir nicht gelten.

Insgesamt sagen wir: Die vorgelegte Änderung des Glücksspielstaatsvertrages ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber er blendet wie gesagt die wirklichen Probleme aus. Deswegen appelliere ich an Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident: Verhandeln Sie den Glücksspielstaatsvertrag ein weiteres Mal nach. Die Online-Wetten müssen geregelt werden; das wird Sie dann in den nächsten Monaten – hoffentlich! – beschäftigen. Ansonsten gibt es heute eine Zustimmung von unserer Fraktion mit den genannten Bedenken, weil das, was vorliegt, besser ist als nichts. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Gehring.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anstelle des Kollegen Thomas Mütze möchte ich ein paar Worte sagen. Wir haben diesen Antrag in den Beratungen kritisiert und haben ihn auch im Ausschuss abgelehnt, weil uns die Regelungen nicht weit genug gehen. Der Kollege Pohl hat schon auf den Bereich der Online-Wetten und Online-Spiele hingewiesen, der nicht geregelt ist. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben im Zeitalter der Digitalisierung, und Digitalisierung macht vor dem Glücksspiel nicht halt. Warum gibt es hier also nicht die entsprechenden Regelungen? – Für uns steht der Spielerschutz ganz klar im Vordergrund. Wenn wir sehen, wie viele Menschen von der Spielsucht betroffen sind, wie viele Existenzen durch das Glücksspiel bedroht sind, muss uns der Spielerschutz ganz wichtig sein. Wir müssen ihn ganz voranstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir diskutieren hier über einen Staatsvertrag, der in allen Parlamenten beraten und von allen Parlamenten beschlossen wird. Er gilt nur, wenn ihm einstimmig zugestimmt wird. Schleswig-Holstein hat seine Zustimmung verweigert; die Einstimmigkeit ist nicht gegeben. Insofern muss dieser Staatsvertrag ohnehin neu verhandelt werden. Deswegen kann ich nur sagen: Wir werden ihn ablehnen und appellieren an die Staatsregierung: Verhandeln Sie diesen Glücksspiel

staatsvertrag neu! Er ist unzureichend. Schauen Sie, dass Sie das nächste Mal etwas Besseres erreichen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Als nächsten Redner bitte ich Herrn Staatsminister Herrmann. – Herr Minister, Sie sind dran!

(Staatsminister Joachim Herrmann: Ich stehe immer zur Verfügung, Frau Präsidentin! – Allge- meine Heiterkeit)

Na, das hoffe ich doch.

(Staatsminister Joachim Herrmann: Das ist selbstverständlich, ist mir eine Ehre! Guten Mor- gen!)

Guten Morgen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages soll die notwendige Regulierung des Sportwettenmarktes abgeschlossen werden, wie ich hoffe. Jedenfalls soll Klarheit für die Anbieter, aber auch für die Medien, für die Sportvereine und Sportverbände geschaffen werden.

Mit dem 2012 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag hatten sich die Länder im Bereich Sportwetten für eine zeitlich und im Umfang begrenzte Marktöffnung entschieden. Damit sollte natürlich gerade Glücksspielsucht verhindert werden; die Spieler sollten vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden, und der Schwarzmarkt sollte besser bekämpft werden. Dazu sollte nach einer umfassenden Prüfung der Veranstaltungen eine begrenzte Zahl von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten erteilt werden. Deshalb wurde zunächst in der Ausschreibung ein Konzessionsverfahren initiiert mit dem Ziel, zunächst einmal zwanzig am besten geeignete Bewerber auszuwählen. Allerdings – Sie wissen das, liebe Kolleginnen und Kollegen – konnten die zugesprochenen Konzessionen bis heute nicht wirklich erteilt werden, weil die hessischen Verwaltungsgerichte die Erteilung der Konzessionen bis zur Entscheidung in dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren untersagt haben. Im Wesentlichen haben die hessischen Gerichte die Übertragung der abschließenden Entscheidung an das Glücksspielkollegium und die zahlenmäßige Begrenzung der Konzessionen kritisiert. Die hessischen Gerichte haben also so entschieden. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof beispielsweise hat diese Kritik nicht geteilt. In einer solchen Situation und

angesichts der Zuständigkeiten der 16 Bundesländer ist es natürlich umso schwieriger, wenn die Gerichte in den Ländern zu unterschiedlichen Beurteilungen kommen. Wer überlegt, wie lange es dauern würde, bis eine höchstrichterliche Entscheidung auf Bundesebene herbeigeführt würde, weiß, dass da noch Jahre vergehen würden. Deswegen haben sich die Ministerpräsidenten geeinigt, eine weitere Änderung dieses Glücksspielstaatsvertrages herbeizuführen.

Ich kann dazu nur sagen: Ja, lieber Herr Kollege Arnold, in der Tat könnte ich mir auch manches anders vorstellen. Aber wir sind nun einmal in der Situation, in der wir sind: Entweder die 16 Länder einigen sich, oder wir landen ohnehin an dem Punkt, an dem der Bund irgendwann sagt: Die Länder sind offensichtlich nicht in der Lage, mit der Thematik richtig umzugehen. Dann wird sich die Frage stellen, ob der Bund das Ganze selber in die Hand nimmt. Jetzt liegt immerhin eine Einigung der 16 Ministerpräsidenten vor. Deshalb sollten wir das auch auf den Weg bringen.

Wesentlich sind drei Änderungen. Die erste ist: Die bisher vorgesehene Kontingentierung der Sportwettkonzessionen wird für die Dauer der Experimentierphase aufgehoben. Folglich brauchen wir kein Auswahlverfahren mehr, sondern es geht ab sofort nur noch darum festzustellen, ob ein Bewerber überhaupt geeignet ist. Wenn er die Eignungsvoraussetzungen erfüllt, kann er jetzt die vorläufige Konzession erhalten. Es muss nicht mehr entschieden werden, ob der eine besser geeignet ist als der andere. Die Experimentierphase wird bis 2021 verlängert, und durch eine Übergangsregelung wird ab Inkrafttreten des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags allen Bewerbern des bisherigen Konzessionsverfahrens, die darin die Mindestvoraussetzungen erfüllen, kraft Gesetzes die Veranstaltung von Sportwetten vorläufig erlaubt. Danach erhalten 35 Sportwettveranstalter eine vorläufige Erlaubnis.

Meine Damen und Herren, die im Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag vorgesehenen Änderungen sind aus meiner Sicht notwendig, um deutschlandweit ein insgesamt stimmiges und durchsetzbares Recht im Bereich Sportwetten zu schaffen. Ich bitte Sie daher, dem Antrag der Staatsregierung zu folgen und dem Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Der Abstimmung liegen der Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag auf Drucksache 17/16997 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf Drucksache 17/18320 zugrunde. Gemäß § 58 der Geschäftsordnung kann die Abstimmung nur über den gesamten Staatsvertrag erfolgen. Der federführende und endberatende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Zustimmung. Wer dem Staatsvertrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Herr Felbinger (fraktionslos) hat nicht mitgestimmt. Ich stelle das nur fest, damit es nicht hinterher wieder Ärger gibt. Damit ist dem Staatsvertrag zugestimmt worden.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Margit Wild u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Stärkung des Elternrechts durch Einführung der Elternentscheidung bei der Schullaufbahnwahl (Drs. 17/16366) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und stelle fest, dass 24 Minuten Redezeit vereinbart wurden. – Ich bitte den ersten Redner, den Kollegen Güll, zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Tagen habe ich erleben müssen, dass offensichtlich der Landtagswahlkampf bereits eröffnet ist; denn unser Herr Staatsminister – sein Platz ist leider leer – hat bei einem Lehrerverband bezüglich des Themas, das wir heute erörtern, die klare Aussage gemacht: Mit mir wird es keine Änderung beim Übertrittsverfahren geben. Es gab tosenden Beifall; aber damit wurde eine Entscheidung des bayerischen Parlaments vorweggenommen und das Thema in diesem ideologischen Bereich ohne Not aufgeladen.

Ich begründe, warum wir von der SPD glauben, dass das Übertrittsverfahren in Bayern dringend geändert werden muss, und verweise diesbezüglich auf unseren Gesetzentwurf, nach dem Artikel 7 Absatz 1 geändert werden soll. Ich zitiere mit freundlicher Genehmigung der Präsidentin Satz 3:

Um den Kindern die Übergänge zu erleichtern, arbeitet die Grundschule sowohl mit den Kinder

tageseinrichtungen als auch mit den weiterführenden Schulen eng zusammen.

Daran werden die folgenden Sätze 4 und 5 angefügt:

Zum Schulhalbjahr der vierten Klasse erstellen alle beteiligten Lehrkräfte eine die ganze Persönlichkeit des Kindes berücksichtigende Empfehlung für die weitere Schullaufbahn. Nach eingehender Beratung durch die Klassenlehrkraft, die qualifizierte Beratungslehrkraft der Grundschule und ggf. der angestrebten weiterführenden Schule entscheiden die Erziehungsberechtigten über die weitere Schullaufbahn ihres Kindes.

Dies wird in Artikel 44 noch bekräftigt. Daran sehen Sie, dass wir uns intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und nicht einfach etwas abschaffen wollen, ohne deutlich zu sagen, wie es anders gehen könnte und im Sinne der Kinder anders gehen muss.

Wie ist die Situation derzeit in Bayern? – Das soll an dieser Stelle noch kurz festgehalten werden. Wir haben in Bayern als einem von zwei Bundesländern noch die verbindliche, staatlich verantwortete Grundschulempfehlung. Das heißt, bei uns in Bayern entscheidet der Durchschnitt der Noten in drei Fächern über die Wahl des weiteren Schulwegs und der Schullaufbahn nach der Grundschule. Aus Sicht der SPD ist diese Regelung ein tiefer Eingriff in das Elternrecht, grundgelegt in Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Demnach gewähren – ich darf auch das anführen – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Elterngrundrechte den Eltern das prinzipielle Recht zu entscheiden, welche weiterführende Schule und insbesondere welchen Schultyp ihr Kind besucht. Das hat das Bundesverfassungsgericht so festgestellt. Ich darf in diesem Zusammenhang mit freundlicher Genehmigung zitieren:

Die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg des Kindes hat das Grundgesetz zunächst den Eltern als den natürlichen Sachwaltern für die Erziehung des Kindes belassen. Damit wird jedenfalls dem Grundsatz nach berücksichtigt, dass sich das Leben des Kindes nicht nur nach seiner ohnehin von den Umweltfaktoren weitgehend geprägten Bildungsfähigkeit und seinen Leistungsmöglichkeiten gestaltet, sondern dass hierfür auch die Interessen und Sozialvorstellungen der Familie von großer Bedeutung sind. Diese primäre Entscheidungszuständigkeit der Eltern beruht auf der Erwägung, dass die Interessen des Kindes am besten von den Eltern wahrgenommen werden. Dabei wird sogar die Möglichkeit in Kauf genommen, dass das Kind durch einen Entschluss der Eltern Nachteile erleidet,