Protocol of the Session on October 12, 2017

Wenn ich dann höre, dass die erheblichen Vorfälle dem Schulleiter und dem Ministerium oder dem Ministerialbeauftragten gemeldet werden müssen, dann kann ich dem Kollegen Gehring nur recht geben. Ich war Schulleiterin. Ein Lehrer wird sich das hundertmal überlegen, weil ich als Chef derjenige bin, der ihn beurteilt. Ich will doch keine Weicheier an meiner Schule. Das wird er doch aushalten, dass er da mal ein bisschen Gewalt erfährt.

(Widerspruch bei der CSU)

Das ist sowas von beliebig, wenn der Schulleiter feststellen muss, was er weiterleitet. Auch ein Lehrer wird sich eine Meldung hundertmal überlegen. Entschuldigung, wenn ich ein Schulleiter bin, der noch Karriere machen will, dann werde ich auch dem Ministerium nicht unbedingt melden, wie es an meiner Schule zugeht. So ist es.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist eine Unterstellung!)

Das ist keine Unterstellung, das ist Erfahrung.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Das ist Unterstellung!)

Nein! Dann gehen Sie hinaus in die Schulen, dann reden Sie mit den Schulleitern, und dann sehen Sie: Das ist so.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Daher unterstützen wir natürlich diesen Antrag. Wir unterstützen im Übrigen auch das Manifest "HALTUNG ZÄHLT" des BLLV, und wir unterstützen das Festhalten daran. "HALTUNG ZÄHLT" ist wunderbar. Auch das vernachlässigen wir nicht. Aber dass man sich weigert zu erfassen, was an den Schulen in puncto Gewalt gegen Lehrer los ist, ist einfach unprofessionell.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gottstein. – Jetzt hat der Herr Staatssekretär Eisenreich das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema "Gewalt gegen Lehrkräfte" und Gewalt allgemein an Schulen wird im Ministerium sehr ernst genommen. Das können Sie uns wirklich abnehmen. Gewaltprävention und die Förderung sozialen Verhaltens sind elementare Bestandteile sowohl des Unterrichts als auch des schulischen Alltags. Nicht zuletzt die Werteinitiative hat die Haltung der Bayerischen Staatsregierung deutlich gemacht. Gewalt gegen Lehrkräfte wird nicht geduldet.

(Beifall bei der CSU)

Die Lehrerbefragung von Forsa im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung von 2016 zeigt: Die Schulleitungen nehmen sich mit großer Mehrheit des Themas "Gewalt gegen Lehrkräfte" ausreichend an. Das ist keine Studie von uns, sondern des VBE. Dennoch sage ich: Jeder Fall von Gewalt an Schulen ist einer zu viel. Deswegen nehmen wir das wirklich sehr ernst. Wir haben in Bayern ein ganzes Maßnahmenpaket, um zu erreichen, dass sich alle Beschäftigten in Bayern sowohl körperlich als auch psychisch entsprechend wohlfühlen, weil dieses körperliche und psychische Wohlsein ein hohes Gut ist. Den betroffenen Lehrkräften wird daher individuell im Rahmen eines gegenseitigen Vertrauensverhältnisses und mit einem vielfältigen Präventions- und Unterrichtsangebot geholfen.

Zahlreiche Präventions- und Unterstützungsmöglichkeiten sowie Ansprechpartner stehen zur Verfügung. Ich nenne die Personalverantwortlichen, zum Beispiel Schulleiter, aber auch das Schulamt und die Regierungen bis hin zum Kultusministerium. Weitere Personen des Vertrauens in einer ganzen Reihe von Funktionen haben insoweit ebenfalls eine wichtige Aufgabe. Dazu gehören zum Beispiel die Personalvertretungen, die Gleichstellungsbeauftragten und die Schwerbehindertenvertretungen. Wir haben staatliche Schulberatungsstellen, Schulpsychologen und für ganz beson

dere Fälle das Kriseninterventions- und Bewältigungsteam bayerischer Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, KIBBS.

Wir ermöglichen es den Lehrkräften, selbst zu entscheiden, ob sie sich an jemanden wenden, wem sie sich anvertrauen und welche Hilfestellungen sie haben möchten. Das kann man nämlich nicht verordnen. Man kann die Lehrkräfte nicht bevormunden, sondern man muss Angebote schaffen. So kann den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Lehrkräfte am besten entsprochen werden.

Daneben erhalten die Lehrkräfte im Rahmen der Lehrerfortbildung auf verschiedenen Ebenen umfangreiche Präventionsangebote. Es gibt auch rechtliche Hilfestellungen durch entsprechende ministerielle Bekanntmachungen, zum Beispiel wenn Strafbehörden informiert werden sollen.

Insgesamt werden im Schulbereich zahlreiche Projekte und Präventionsprogramme zur Stärkung der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler und gegen Gewalt angeboten; einige sind genannt worden, zum Beispiel "Prävention im Team".

Das Ganze steht im Zusammenhang mit dem großen Thema der Wertebildung bzw. Werteerziehung an bayerischen Schulen. Hierzu bestehen zahlreiche Kooperationen mit externen Partnern und Verbänden, ob im Sport – heute Nachmittag stand eine Interpellation zu diesem Thema auf der Tagesordnung –, in der Jugendarbeit oder mit der Polizei. Wir haben wirklich viele Partner, mit denen wir im Team zusammenarbeiten. In die gewaltpräventiven Maßnahmen sind auch die Lehrkräfte eingebunden. Das bayerische Mobbingpräventionsprojekt "Mobbingfreie Schule – Gemeinsam Klasse sein!" ist Bestandteil des groß angelegten landesweiten Lehrerfortbildungsprojekts "Schule als Lebensraum – ohne Mobbing".

Wir setzen bei diesem wichtigen Thema auf Prävention und Hilfe. Eine systematische Fallzahlenerfassung von Gewalttaten gegen Lehrer halten wir hingegen nicht für zielführend.

Das breit gefächerte Hilfesystem ist – das ist wirklich wichtig – auf eine vertrauensvolle und individuelle Unterstützung der Lehrkräfte ausgerichtet.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Danke schön, Frau Kollegin. – Eine verpflichtende Datenerfassung könnte Lehrkräfte davon abhalten, sich Rat und Hilfe zu holen. Zudem sollen die bereits bestehenden verwaltungstechnischen Belastungen der Schulen nicht verstärkt werden. Eine Befragung würde nach unserer Ansicht einen hohen Aufwand

bedeuten, aber keinen Mehrwert für die betroffenen Lehrkräfte bieten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Lehrkraft zu sein ist in einer sich wandelnden Gesellschaft, in der sich die Umgangsformen generell ändern und in der die Hemmschwellen leider sinken, eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit. Deswegen bieten wir den Lehrkräften auch insoweit jedwede Unterstützung an. Dem Thema Gewalt gegen Lehrkräfte werden wir uns auch künftig intensiv widmen. Unser Fokus liegt hierbei auf einer vertrauensvollen individuellen Unterstützung. Es geht um Hilfe entsprechend dem jeweiligen Bedarf.

Vor diesem Hintergrund sollen die bestehenden Präventions- und Unterstützungsangebote gemäß dem Antrag der CSU-Landtagsfraktion erfasst und im Überblick dargestellt werden. Diesen Auftrag setzen wir sehr gern um. Über das Ergebnis würden wir gern mit dem Hohen Haus diskutieren. Sollten sich aus dieser Zusammenstellung Optimierungsmöglichkeiten ableiten lassen, sind wir gern bereit, unser bestehendes Maßnahmenkonzept entsprechend zu erweitern bzw. um neue Maßnahmen zu ergänzen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir erst diese Zusammenstellung vornehmen und dann auf deren Grundlage über dieses wichtige Thema noch einmal intensiv diskutieren. – Danke schön.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/16980. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Die Gegenstimmen, bitte! – Die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich gebe zu guter Letzt noch das Ergebnis der letzten namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Kreuzer, Zellmeier, Freller und anderer und Fraktion (CSU) betreffend "Bürokratieabbau für kleine und mittlere Unternehmen weiter vorantreiben", Drucksache 17/18466, bekannt. Mit Ja haben 71 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 54. Es gab keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Wir sind am Ende der Tagesordnung angelangt. Ich danke für die konstruktive Mitarbeit, beende die Sitzung und wünsche ein gutes Nachhausekommen. – Danke schön.