Hier geht es um eine Zwischenbemerkung, nicht um einen Disput zwischen allen Fraktionen. – Vielen Dank, Herr Kollege Häusler. – Jetzt darf ich Herrn Staatsminister Brunner das Wort erteilen.
(Ruth Müller (SPD): Schauen wir mal, was aus dem Baby geworden ist! – Volkmar Halbleib (SPD): Es geht um Ihr Kind, Herr Staatsminister! Haben Sie das gehört?)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es positiv, wenn man sich so mit der gesunden Ernährung unserer Kinder auseinandersetzt. Das ist ganz in meinem Sinne. Inhaltlich brauche ich dazu nichts mehr zu sagen; denn Frau Brendel-Fischer hat es auf den Punkt gebracht. Sie hat auch die Beweggründe unserer Bemühungen deutlich gemacht.
Ich darf aber schon, auch in aller Bescheidenheit, in Erinnerung rufen, was wir alles zum Wohl unserer Kinder, aber auch im Interesse unserer bäuerlichen Landwirtschaft tun. Wir haben in den letzten Jahren verschiedene Mosaiksteine mit Aktionen und mit Förderprogrammen unterstützt. Denken Sie an unser Programm "Erlebnis Bauernhof". Das hat doch auch den tieferen Sinn, die Erzeuger und die Verbraucher, die Urproduktion und gerade die junge Generation näher zusammenzubringen. Sie soll ein realistisches Bild von der Lebensmittelerzeugung bekommen und davon, wie Urprodukte veredelt werden. Vom Korn zum Brot, vom Gras zur Butter oder zum Käse – wenn Kinder das mit allen Sinnen erleben dürfen, dann schätzen sie diese heimischen Produkte ganz besonders. Unser gemeinsames Ziel muss es doch sein, dass die Kinder wieder mehr Achtung vor der Schöpfung haben, auch mehr Respekt vor hochwertigen Nahrungsmitteln.
Denken Sie an unser Schulfruchtprogramm. 640.000 Kinder bekommen einmal in der Woche kostenlos möglichst heimisches Obst und Gemüse. Natürlich würde ich das am liebsten täglich anbieten, aber das ist auch eine Frage des Geldes. Ich möchte Appetit machen auf heimische Produkte. Wenn es uns hier wie in der Umweltbildung gelingt, dass die Kinder das Verhalten der Eltern positiv beeinflussen, dann sind wir auf dem richtigen Weg.
Ich möchte, dass ab 1. Februar das Schulfruchtprogramm zu einem Schulfrühstücksprogramm erweitert wird. Dann werden nämlich auch verschiedene heimische, regionale konventionelle Produkte oder Bio-Produkte angeboten werden können. Darüber hinaus ist natürlich die Schulverpflegung von Bedeutung. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, nehmen Sie zur Kenntnis: Die Angebote, die wir jetzt für die Schulverpflegung bereitstellen, sind das Ergebnis einer einvernehmlichen Vereinbarung zwischen dem Freistaat, den Kommunen und der Schulfamilie. Sie wollten in Eigenverantwortung selbst entscheiden, was angeboten wird. Dass wir an den Schulen über
durchschnittlich viele Bio-Produkte anbieten, entspringt dem Interesse der Schulfamilie. Ich denke, das ist der richtige Weg. Wir sollten nicht vorschreiben, was die Kinder essen sollen. Wichtig ist mir vielmehr, dass wir gesunde, vollwertige Nahrungsmittel zur Verfügung stellen. Ein gutes, ein gesundes Essen, das ist für mich auch ein Bildungsauftrag, um den Kindern beizubringen, dass sie eigenverantwortlich für ihr Wohl sind, dass wir hier nicht vonseiten des Staates Vorschriften machen.
Darüber hinaus verweise ich auf die fachliche Begleitung und unsere acht Vernetzungsstellen, die unsere Schulen professionell, kostenlos und individuell beraten, wenn diese es wünschen. Dieses Beratungsangebot wird gut angenommen.
Abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Sengl, der Unterschied ist, dass Sie versuchen, Menschen mit Gewalt glücklich zu machen.
In diesem Sinne, meine ich, ist der Antrag nicht zielführend. Deswegen bedanke ich mich bei meiner Fraktion dafür, dass er abgelehnt wird.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen, bitte! – CSU, FREIE WÄHLER und Kollege Felbinger (fraktionslos).
Eine Gegenstimme bei den GRÜNEN habe ich nicht gesehen. – Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Systematische Erfassung von Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer (Drs. 17/16980)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 24 Minuten. Erster Redner ist Kollege Ganserer. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben eine besorgniserregende und nicht akzeptable Entwicklung in unserer Gesellschaft, nämlich die Zunahme gewalttätiger Angriffe auf Staatsbedienstete. Ein Großteil der Übergriffe findet dabei auf Polizistinnen und Polizisten statt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNEN und auch ich persönlich verurteilen solche Angriffe aufs Schärfste.
Wie eine Schriftliche Anfrage von mir auf der Drucksache 17/15794 ergeben hat, betrifft es aber nicht nur Polizistinnen und Polizisten; auch Staatsbedienstete in anderen Verwaltungsbereichen werden Opfer von Gewalt. Auch hier steigen die Zahlen: Im Jahr 2010 waren noch 81 Fälle zu verzeichnen, im Jahr 2015 waren es schon 260. Wir sind der Überzeugung: Jedes Opfer ist eines zu viel. Der Dienstherr muss sich vor seine Beschäftigten stellen. Wir brauchen insgesamt mehr Gewaltprävention. In gefährdeten Bereichen muss eine systematische Risikobewertung der Arbeitsplätze erfolgen, und das Personal muss auch entsprechend für Konfliktsituationen geschult werden. Mir persönlich ist wichtig, dass auch in anderen Bereichen jeder Fall vom Dienstherrn konsequent zur Anzeige gebracht wird, wie es bei der Polizei üblich ist.
Mich hat überrascht, dass das CSU-geführte Kultusministerium bei der Beantwortung meiner Anfrage keine Zahlen liefern konnte und die Antwort schuldig geblieben ist. Es war als einziges Ministerium nicht in der Lage, die Fallzahlen von Angriffen auf Staatsbedienstete zu erheben. Dabei muss man sagen, dass es genug Meldungen gibt, denen zufolge auch Lehrkräfte psychischer Gewalt oder Stalking ausgesetzt sind. So hat zum Beispiel der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Bildung und Erziehung im Novem
ber 2016 eine repräsentative Studie veröffentlicht, an der auch 500 bayerische Lehrkräfte teilgenommen haben. Danach sind 6 % der Lehrkräfte schon einmal Opfer tätlicher Angriffe geworden; fast ein Viertel war von Bedrohungen, Beleidigungen und anderen Formen psychischer Gewalt betroffen. Aber jenseits dieser einen Studie, die vom Lehrerverband in Auftrag gegeben worden ist, gibt es keine wirklich belastbaren Zahlen.
Wir fordern deswegen in unserem Berichtsantrag, dass auch im Schulbereich die Übergriffe systematisch erfasst werden. Wir werden dabei vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband unterstützt. Mit einem Schreiben an die Mitglieder des Bildungsausschusses und des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes hat sich der BLLV ausdrücklich unseren Forderungen angeschlossen und an die Ausschussmitglieder appelliert, unserem Antrag zuzustimmen.
Umso überraschter war ich dann davon, dass die Mitglieder der CSU-Fraktion in den Ausschüssen die bayerischen Lehrerinnen und Lehrer mit diesen Angriffen alleine lassen wollen und unseren Antrag abgelehnt haben. Das überrascht mich schon. Ich finde, das Thema ist viel zu ernst; hier kann man einen wichtigen Antrag der Opposition aus parteitaktischen Überlegungen nicht einfach ablehnen und blockieren.
Damit verweigern Sie die notwendige Fürsorge gegenüber unseren Staatsbediensteten. Deswegen möchte ich noch einmal an Sie appellieren: Wenn Sie meinen, dass die Bürokratie zu aufwendig wäre, nachdem wir eine detaillierte Aufschlüsselung der einzelnen Fälle vorgesehen haben, sind wir zu einem Kompromiss gerne bereit. Wie schon im Ausschuss vorgeschlagen, könnten wir den Antrag auf den ersten Absatz verkürzen. Er würde dann lauten:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer an allen bayerischen Schulen systematisch zu erfassen und dem Landtag jährlich zu berichten.
Das ist nicht mehr und nicht weniger als das, was alle anderen Ministerien machen; sie erfassen die Fälle systematisch.
Das wäre ein Kompromissangebot. Wenn Sie dem nicht zustimmen, bin ich schon überrascht. Ich appelliere deswegen noch einmal an Sie: Nehmen Sie die Fürsorgepflicht gegenüber unseren Staatsbediensteten ernst, schwenken Sie auf den Weg der Vernunft
ein, stimmen Sie unserem Antrag zu; denn Gewalt gegen Lehrkräfte darf in Bayern kein Tabuthema sein.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorneweg in aller Deutlichkeit zu sagen: Gewalt gegen Lehrer, egal ob psychisch, physisch oder durch Cyber-Mobbing, ist in keinem Fall hinnehmbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist auch kein Thema für parteipolitische Manöver; dafür ist es nämlich viel zu ernst.
Es ist natürlich Ihr gutes Recht, Ihren Antrag, der im Ausschuss abgelehnt wurde, hier noch einmal zu diskutieren. Ich hoffte, Sie wollten hier nicht versuchen, den Eindruck zu vermitteln, die CSU nehme die Situation nicht ernst genug und habe Ihren Antrag deshalb im Ausschuss abgelehnt – einen Antrag, der ausschließlich die systematische Erfassung von Gewalt an Lehrkräften und einen jährlichen Bericht darüber zum Inhalt hat. So einfach ist es nämlich nicht.
Wir haben Ihren Antrag auch nicht einfach abgelehnt und das Thema ad acta gelegt. Das Gegenteil ist der Fall. Eine zuverlässige und vollständige Erfassung dieser Daten kann durchaus schwierig sein. Damit meine ich gar nicht einmal den Verwaltungsaufwand, den dies bei mehr als 100.000 staatlichen Lehrkräften an über 6.000 Schulen jährlich bedeutet. Nein, ich meine, das System Schule ist eben anders zu betrachten als andere Bereiche der Staatsverwaltung. Dabei denke ich insbesondere an das Lehrer-SchülerVerhältnis. Hier Abgrenzungen zu treffen, fällt eben manchmal nicht so leicht wie beispielsweise bei der Polizei. Es handelt sich meist nicht um einen zufälligen Einzelkontakt zwischen Täter und Opfer, sondern die Gewalt geschieht im täglichen Arbeitsumfeld des Lehrers. Und deshalb müssen wir sehr sensibel mit den persönlichen Daten der Lehrkräfte umgehen.
Schließlich muss man die Rolle der einzelnen Lehrkraft im Kollegium kennen und berücksichtigen. Hier soll ja keine klassische Opferrolle entstehen. Deswegen braucht auch der Lehrer die Möglichkeit, sich vertrauensvoll an eine Person oder an eine passende Stelle zu wenden. Eventuell sollten seine Daten auch nicht weitergegeben werden, wenn er das wünscht.
Weil uns das Thema so wichtig ist, haben wir gleich in der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses einen
eigenen Antrag eingebracht, den Sie interessanterweise gar nicht erwähnt haben. Trotzdem haben Sie ihm dankenswerterweise zugestimmt. Dieser Antrag geht weit über eine rein zahlenmäßige Erfassung hinaus. Er trägt den Titel: "Gewalt gegen Lehrkräfte ist nicht hinnehmbar – Unterstützungs- und Präventionsangebote in den Mittelpunkt rücken". Mit diesem Antrag wurde die Staatsregierung beauftragt, über die bestehenden Unterstützungsangebote und Präventionsmaßnahmen und deren Inanspruchnahme zu berichten. Diese Herangehensweise halten wir für wesentlich zielführender. So erhalten wir Auskunft darüber, welche Angebote von Betroffenen besonders gut angenommen werden und in welchem Umfang das der Fall ist. Dadurch können wir Rückschlüsse auf die Art und die Anzahl der Vorfälle ziehen.
Unsere Kernfrage muss doch sein, liebe Kolleginnen und Kollegen: Was nützt den Betroffenen? Wovon haben sie wirklich etwas? – Einen konkreten Nutzen haben sie, wenn wir ableiten können, welche Angebote besonders erfolgreich sind, welche nicht funktionieren und wo wir gegebenenfalls noch nachbessern müssen.