Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 108. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile vergeht leider kaum eine Plenarwoche, in der wir nicht auch schlimme Nachrichten von Anschlägen erhalten. Krieg, Gewalt und Terror gehören zum Alltag vieler Menschen in dieser Welt, und sie sind und bleiben eine ständige Herausforderung für die internationale Politik und unsere Demokratien. Auch am vergangenen Freitag kamen zwei Deutsche bei einem hinterhältigen Terrorangriff im ägyptischen Hurghada ums Leben. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörigen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie noch darüber informieren, dass Kollege Horst Arnold am 12. Juli 2017 zum stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion gewählt wurde.
Sehr geehrter Kollege Arnold, ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre neue Aufgabe. Sehr geehrter Herr Kollege Pfaffmann, Ihnen danke ich recht herzlich für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren.
Außerdem möchte ich noch bekannt geben, dass Herr Kollege Günther Felbinger mit Wirkung vom 11. Juli 2017 aus der Fraktion der FREIEN WÄHLER ausgetreten ist. Von nun an wird er seine Aufgaben als fraktionsloser Abgeordneter wahrnehmen.
Bevor wir nun in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einige Geburtstagsglückwünsche aussprechen. Jeweils einen halbrunden Geburtstag feierten am 9. Juli Herr Kollege Dr. Hans Jürgen Fahn und Herr Kollege Oliver Jörg sowie am 17. Juli Herr Kollege Thomas Huber. Heute feiert der Vorsitzende der SPDFraktion, Herr Markus Rinderspacher, Geburtstag. Allen Kollegen herzlichen Glückwunsch im Namen des gesamten Hauses und persönlich, weiterhin alles Gute und viel Erfolg bei Ihren jeweiligen politischen Aufgaben.
Auf der Ehrentribüne begrüße ich heute die Landtagspräsidentin von Brandenburg, Frau Britta Stark, mit ihrem Ehemann. Ich heiße Sie sehr herzlich willkommen!
Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Vorsprung durch Technik: Mit E-Mobilität in eine saubere Zukunft"
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Hat eine Fraktion das Benennungsrecht für mehrere Rednerinnen bzw. Redner, kann auf Wunsch der jeweiligen Fraktion eine ihrer Rednerinnen bzw. einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit erhalten. Dies wird auf die Anzahl der Redner der jeweiligen Fraktion angerechnet. Die fraktionslosen Abgeordneten Claudia Stamm und Günther Felbinger können jeweils bis zu zwei Minuten sprechen. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen.
Ich eröffne die Aussprache. Unser erster Redner ist Kollege Ludwig Hartmann. Bitte schön, Herr Hartmann.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Ich glaube an das Pferd: Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." – Das sagte 1916 der deutsche Kanzler Wilhelm II.
erzählen Sie uns etwas vom Pferd, nur bei Ihnen geht es diesmal nicht um ein Tier, sondern um den Diesel. Was Sie mit Wilhelm II. gemeinsam haben, ist die fatale Fehleinschätzung der technologischen Entwicklung. Dem Diesel gehört nicht die Zukunft. Der Diesel
Jeder weiß, dass die Autoindustrie in ihrer heutigen Form nicht überleben wird. Wir müssen darauf vorbereitet sein, die Umstrukturierung unserer Autoindustrie in den kommenden Jahren zu begleiten und zu kompensieren. – Das hat kein GRÜNER gesagt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese Worte stammen von Bundeskanzlerin Merkel, nachzulesen im "Spiegel".
Wer etwas genauer hinschaut, sieht ganz genau, in welcher schwierigen Lage die Autoindustrie in Deutschland ist. Daran ist sie aber auch selbst schuld. Statt saubere Autos zu entwickeln, sie marktreif zu machen, hat sie sich eine grüne Tarnkappe aufgesetzt, eine Tarnkappe mit einer betrügerischen Software, die falsche Abgaswerte vorgaukelt. Jetzt ist die Tarnkappe weg, und der Betrug ist offensichtlich.
VW, Audi und jetzt Daimler – das sind doch keine Einzelfälle. Das ist gewerbsmäßiger Betrug, der dort stattfindet. Millionen Kunden müssen das ausbaden. Sie haben gedacht, sie kaufen ein relativ sauberes Auto, und haben jetzt festgestellt, dass sie tatsächlich nach Strich und Faden belogen worden sind.
Am meisten leiden aber die Menschen in den Städten, deren Atemluft verdreckt wird. Hier wird mit der Gesundheit der Menschen gespielt. Die Ergebnisse der endlich veröffentlichten Studie, nach der in 25 % der Straßen in München die Grenzwerte nicht eingehalten werden, sind deutlich gravierender, als wir angenommen haben. Für uns GRÜNE geht Gesundheit vor.
Deshalb brauchen wir saubere Alternativen: mehr Bahnen, mehr Bus, mehr Platz für bessere Fahrradwege und natürlich auch mehr Raum für Fußgänger und Fußgängerinnen. Mit dem Thema hat sich heute das Kabinett beschäftigt, und ich finde, es ist ein Unding, dass der Ministerpräsident bis jetzt nicht anwesend ist.
Was Sie heute im Kabinett für diesen Bereich beschlossen haben, ist wirklich lächerlich. Das muss man so deutlich sagen. Sie nehmen beim U-BahnBau die Kürzung aus dem Jahr 2006 zurück, Sie geben Parkkunden des MVV einen Preisnachlass. Aber wenn man sich nach dem neuen Gutachten das
Ausmaß der dreckigen Luft in München anschaut, kann man feststellen: Das ist ungefähr so, als wenn die Feuerwehr zu einem Großbrand mit ein paar Eimern Wasser ausrückt.
Wir müssen endlich umdenken. Die Zukunft liegt in der Elektromobilität, auch wenn es viele von Ihnen bis heute nicht begreifen wollen. Das kann das Fahrrad mit Elektromotor sein, das ist die U-Bahn. – Leider ist Kultusminister Spaenle auch nicht im Haus. Es kann natürlich auch eine Trambahn mit Akkubetrieb durch den Englischen Garten sein.
Wer bei E-Mobilität nur an das Auto denkt, der denkt zu kurz. Natürlich geht es auch um das Auto, um den Diesel, der für die hohe Stickoxidbelastung in unseren Städten verantwortlich ist. Aber wie wird das Auto sauberer? – Mit einer neuen Software für alte Autos bestimmt nicht. Hier wird heute schon wieder viel mehr versprochen, als letztendlich eingehalten werden kann. Es reicht doch, dass uns die Autoindustrie einmal hinters Licht geführt hat; ein zweites Mal müssen wir uns das nicht bieten lassen.
Die Alternative heißt: Fahrverbote oder teure Nachrüstung, und zwar eine Nachrüstung, mit der die Grenzwerte dann wirklich und nicht nur auf dem Papier eingehalten werden. Auch ist für mich unstrittig, dass die Autokonzerne diese Kosten zu tragen haben.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Autoindustrie hat betrogen. In den Chefetagen war man sich sicher, dass die Bundesregierung und auch die Staatsregierung immer wieder ihre schützende Hand über die Autoindustrie halten, wenn es hart auf hart kommt, so wie damals, im Jahr 2015, als Ministerpräsident Seehofer gemeinsam mit der Bundeskanzlerin dafür gesorgt hat, dass es in der EU nicht zu schärferen Grenzwerten für Stickoxide kommt. Es wurde weggeschaut, wenn die Abgaswerte nicht eingehalten worden sind, wenn sie nicht mit den Werten im Prospekt übereingestimmt haben, auf den sich die Kunden verlassen haben. Und allen voran hat sich Ihr Verkehrsminister Dobrindt lieber mit einer sinnlosen Ausländermaut auseinandergesetzt, als für saubere Autos in diesem Land zu sorgen.
Heute stehen Sie vor den Trümmern Ihrer Industriepolitik: schlechte Luft in den Städten, betrogene Kunden und eine Automobilindustrie, die nach den Worten der Kanzlerin so nicht überlebensfähig ist. Es wird Zeit,
dass alle Beteiligten, die Autokonzerne und die Politik in Bayern, vor allem die Staatsregierung, endlich begreifen, dass der Umweltrabatt am Ende niemandem hilft, nicht der Umwelt und nicht der Autoindustrie.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Frage ist doch nicht, ob das saubere, abgasfreie Auto gebaut wird; die Frage ist doch, wo es gebaut wird. Wir GRÜNEN möchten, dass es in Bayern, in unserem Land, gebaut wird.
Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir einen ganz klaren Kurs hin zu sauberen Autos. Wir GRÜNE sagen: Ab 2030 dürfen nur noch abgasfreie Autos zugelassen werden. Und wissen Sie was? Wir finden immer mehr Verbündete. In Kalifornien werden ähnliche Vorschläge diskutiert. Frankreich hat angekündigt, ab 2040 nur noch abgasfreie Autos zuzulassen. Norwegen geht diesen Schritt bereits 2025. Dort hat übrigens heute schon jedes zweite neu zugelassene Auto einen Elektromotor. Volvo hat den Ausstieg aus dem Diesel angekündigt. Neue Modelle soll es nur noch mit Elektromotor geben. Porsche will den Diesel beerdigen. Dafür soll in den nächsten sechs Jahren jeder zweite Porsche elektrisch fahren. China führt Quoten für Elektroautos ein.
Wann gibt es in Bayern eine vernünftige und funktionierende Ladeinfrastruktur für Elektroautos? Wann geht die CSU-Regierung endlich vorbildlich voran und schafft für den staatlichen Fuhrpark mehr E-Fahrzeuge an? Die Polizei in Los Angeles hat im letzten Jahr 100 elektrische i3 von BMW angeschafft, die Feuerwehr in London 57. Wie viele sind es in Bayern? – Ganze 12 Fahrzeuge! Das ist ein Armutszeugnis.