Protocol of the Session on May 30, 2017

Für die betroffenen sehbehinderten Menschen, die im Alltag einen ähnlich hohen Hilfebedarf haben wie blinde Menschen, ist diese jahrelange Verzögerung eine große Enttäuschung. Durch die benötigten technischen Hilfsmittel und die nötige Assistenz bei alltäglichen Verrichtungen sind sie einer hohen finanziellen Belastung ausgesetzt. Um es ganz deutlich zu machen: Wer noch 5 % Sehvermögen hat, kann deswegen noch lange nicht alles sehen, wenn er es nur nahe ans Auge hält. 5 % Sehvermögen heißt, dass man zum Beispiel nur am peripheren Rand des Sehfeldes sehen kann oder nur schemenhaft. Um am Leben teilzunehmen, brauchen diese Menschen Hilfe und Hilfsmittel. Diese haben Sie im Zweijahresturnus regelmäßig versagt.

Sie haben es ausgeführt, Herr Unterländer: Bayern war mal bundesweit Vorreiter bei der Einführung des Blindengeldes. 1949 hat Bayern als erstes Bundesland ein Pflegegeld für blinde Menschen eingeführt. 1995 trat dann das Bayerische Blindengeldgesetz in Kraft. Mittlerweile hinkt der Freistaat aber weit ärmeren Ländern hinterher. Es ist gut – da schließe ich mich meinen Vorrednern an –, dass jetzt zumindest mit der Einführung einer Leistung für die sehbehinderten Menschen nachgezogen wird; denn andere Bundesländer wie Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen

Anhalt haben längst Leistungen für hochgradig Sehbehinderte in ihren Landesblindengeldgesetzen verankert. Die Höhe des abgestuften Blindengeldes, die Sie vorschlagen, deckt sich ungefähr mit unseren Vorschlägen, die wir, wie ich schon sagte, in schöner Regelmäßigkeit vorgebracht haben.

Wir werden in der Debatte im Ausschuss aber Kritik an der Regelung zur Anrechnung von Pflegeleistungen anbringen. Sollte der Anrechnungsbetrag der Pflegeleistungen die Höhe des Teil-Blindengeldes überschreiten, soll den Leistungsempfängern lediglich ein Sockelbetrag in Höhe von monatlich 20 Euro verbleiben. Herr Hintersberger, Sie sprachen vorhin von der Unterstützung für Ihren Vorschlag durch den Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund. Aber Sie hätten in Ihrer Rede sagen sollen, dass der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund genau diese Regelung kritisiert. Das hätte ich mir gewünscht; denn genau das ist der Knackpunkt, über den wir noch reden müssen. Ein so geringer Betrag wie 20 Euro wird dem Zweck des Blindengeldes, einen Ausgleich für den behinderungsbedingten Mehrbedarf zu bieten, nicht gerecht. Da sehe ich wie meine Kollegin Deckwerth einen erheblichen Nachbesserungsbedarf. Warum Sie bei der Anrechnung bei Sehbehinderung eine andere Regelung treffen als bei blinden Menschen, kann ich nicht nachvollziehen. Selbst wenn ich das könnte, wäre die Höhe des Sockelbetrags mit 20 Euro viel zu gering. Für 20 Euro bekommt ein hochgradig Sehbehinderter nicht mal eine Taxifahrt von Würzburg in meinen Heimatort Kürnach. Wenn jemand aufgrund einer hochgradigen Sehbehinderung nicht Bus fahren kann, sind 20 Euro wirklich popelig wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich muss es noch einmal sagen: Dieser dauerhafte Hilfebedarf belastet diese Menschen schwer. Nur durch einen Nachteilsausgleich kann deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wesentlich verbessert werden. Das zeigen die positiven Erfahrungen mit dem Blindengeld für blinde und taubblinde Menschen, die wir bisher gemacht haben. Da Sie es aber in den Verhandlungen über das Bundesteilhabegesetz nicht geschafft haben, ein bundesweit einheitliches Blindengeld durchzusetzen, ist jetzt endlich der Punkt erreicht, an dem Sie sich bei einer Lösung auf Landesebene keine Verzögerung mehr leisten können. Herr Unterländer, Sie hatten vorhin vom Dunkelcafé geredet. Ich war vor ein paar Jahren im Dunkelcafé und erinnere mich sehr gut an einen jungen Mann, der Gitarre spielte. Er sagte, dass ihm, als er blind wurde, das Gitarrespielen geholfen hat. Ich frage mich, wie

viele Gitarrenstunden man sich im Monat von 20 Euro leisten kann.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende?

Vielleicht können wir in der Debatte im Ausschuss prüfen, ob diese Regelung wirklich sinnvoll und richtig ist, insbesondere da ich glaube, dass wir für den Gesamtansatz gar keine zwölf Millionen brauchen werden, sondern dass wahrscheinlich, wie wir vorgerechnet haben, acht Millionen Euro reichen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 2 b auf:

Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages (Zweiter Glücksspieländerungsstaatsvertrag) (Drs. 17/16997) - Erste Lesung

Den Staatsvertrag begründet Herr Staatssekretär Eck. Herr Eck, Sie sind dran.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Über dieses Thema haben wir schon oft diskutiert. Leider Gottes lag das nicht an uns.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): An wem sonst?)

Ich will den Sachverhalt hier deshalb nur stichpunktartig noch einmal vortragen. Der Glücksspielstaatsvertrag sieht seit 1. Juli 2012 die Zulassung privater Anbieter von Sportwetten vor. Das ist der Inhalt. Das staatliche Wettmonopol ist dazu während einer Experimentierphase für einen Zeitraum von sieben Jahren ausgesetzt. Der Staatsvertrag kann jedoch weiterhin nicht umgesetzt werden, weil die hessischen Verwaltungsgerichte die Erteilung der Konzessionen bis zu einer zeitlich nicht abschätzbaren Entscheidung in der Hauptsache aufgeschoben haben. Mit der vorliegenden Änderung des Staatsvertrags wird dieser Schwebezustand beendet. Für die Anbieter, die Zahlungs

dienstleister, die Medien und die Sportvereine und – verbände wird damit Klarheit geschaffen. Zugleich wird den Glücksspielaufsichtsbehörden endlich der Weg zur flächendeckenden Untersagung nicht erlaubter Angebote eröffnet.

Die Änderungen erfolgen in folgenden Punkten – ich habe sie eingangs schon angesprochen und erwähne sie nur stichpunktartig –:

Erstens. Die Kontingentierung der Sportwettenkonzessionen wird für die Dauer der Experimentierphase aufgehoben. Das ist eine klare, deutliche und sachliche Regelung.

Zweitens. Allen Bewerbern im Konzessionsverfahren, die im laufenden Verfahren die Mindestanforderungen erfüllt haben, wird die Tätigkeit vorläufig erlaubt. Drum herumzureden, würde uns in dieser Sache nicht weiterbringen

Drittens. Die bisher in der Zuständigkeit des Landes Hessen liegenden Aufgaben werden auf Wunsch Hessens – das betone ich ausdrücklich – auf andere Länder übertragen. Bei der Behördenorganisation bleibt es für das Konzessionsverfahren bei der ländereinheitlichen Entscheidung.

Das Verfahren hat lange gedauert. Das kann und muss man an dieser Stelle so sagen. Sie wissen, wie schwierig es jedes Mal ist, den mit den anderen Bundesländern erzielten Kompromiss einzuhalten. Damit wir jetzt rasch mit der Bekämpfung illegaler Sportwettenangebote beginnen können, bitte ich Sie ganz herzlich um Zustimmung zum Änderungsstaatsvertrag. Ich hoffe, dieses Thema gerafft und kompakt vorgetragen zu haben.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Ich eröffne nun die Aussprache und weise darauf hin, dass die Fraktionen nach der Geschäftsordnung 24 Minuten Redezeit haben. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Güller.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! "Endlich" kann man bei dieser Vorlage sagen. 2012 wurde der Staatsvertrag bereits abgeschlossen. Herr Eck hat darauf hingewiesen. Die Experimentierklausel war für sieben Jahre, also bis 2019, vorgesehen. Umgesetzt wurde bei den Sportwetten bisher, bis 2017, überhaupt nichts.

Die Begründung des Änderungsstaatsvertrags ist ein Offenbarungseid. Es heißt dort, dass die Regulierung

des Sportwettenmarktes überfällig ist und dass die fortschreitende Erosion des Ordnungsrechts beendet werden soll. Da staunt man in Bayern schon ein bisschen. Bei dieser Begründung stelle ich der Staatsregierung die Frage: Was haben Sie denn in den letzten fünf Jahren auf Bundesebene dazu beigetragen, dass diese Erosion nicht so lange dauert?

(Beifall bei der SPD)

Was haben Sie dazu beigetragen, dass der Staatsvertrag schon früher hätte geändert werden können? Wenn Sie sagen, der Staatsvertrag könne wegen der Urteile der hessischen Verwaltungsgerichte nicht umgesetzt werden, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Der Staatsvertrag kann nicht umgesetzt werden, weil in der hessischen Verwaltung seit Jahren geschludert wird. Das haben wir schon mehrfach hier im Bayerischen Landtag thematisiert. Herr Staatssekretär, ich möchte gar nicht wissen, was Sie gesagt hätten, wenn ein SPD-Ministerpräsident und nicht Herr Bouffier von der CDU für diesen Missstand verantwortlich gewesen wäre.

(Beifall bei der SPD)

Stattdessen haben Sie auch noch den Mantel des Schweigens ausgebreitet und ihm Unterstützung signalisiert. Wer ist denn vor Kurzem hier in München zusammen mit Innenminister Beuth aus Hessen stolz aufgetreten und hat die Aktivitäten zur Regulierung des Sportwettenmarktes verteidigt? Wer hat gesagt, es wird alles gut und wir bekommen die quantitative Beschränkung auf 20 Anbieter hin? Ihr Innenminister, Herr Herrmann, ist Hand in Hand mit dem hessischen Innenminister hier in München aufgetreten. Euch hätte ich hören wollen, wenn Hessen von der SPD regiert worden wäre. Wie das HB-Männchen wäre Herr Staatssekretär Eck hier herumgehüpft.

(Beifall bei der SPD)

Beschäftigen wir uns noch einmal kurz mit der Frage, wie es jetzt weitergeht. Gelingt es denn mit diesem Staatsvertrag, den Flurschaden, der in zweierlei Hinsicht schon entstanden ist, zu beheben? Der erste Flurschaden besteht in der steuerlichen Erosion. Wir hatten 2014 in Bayern aus der Zerlegung der Sportwettsteuer Einnahmen in Höhe von circa 33 Millionen Euro. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel mehr es gewesen wäre, wenn es den grauen Sportwettenmarkt nicht gegeben hätte, der auch von der Bayerischen Staatsregierung geduldet wurde, um den hessischen Freunden bloß nicht wehzutun.

Wie beheben wir den Flurschaden, den Sie bei den Sportvereinen und –verbänden angerichtet haben? Herr Eck hat es erfreulicherweise gerade schon ange

sprochen. Die Sportvereine und –verbände, die rechtstreu waren und sich nicht auf Verträge mit Sportwettenanbietern aus dem grauen Markt eingelassen haben, hatten in den vergangenen Jahren Verluste. Ich erwarte, dass Sie diese Verluste bei der Sportförderung der kommenden Jahre mit berücksichtigen und dass diese Vereine und Verbände einen kleinen Ausgleich aus den steigenden Sportwetteneinnahmen bekommen.

Wir werden uns im weiteren Verfahren den Staatsvertrag, unabhängig davon, ob wir zustimmen oder nicht, ganz genau anschauen. Wir werden genau nachfragen, wie die qualitativen Kriterien von den Sportwettenanbietern erfüllt werden sollen. Jetzt sollen an bis zu 35 momentan gemeldete Sportwettenanbieter Konzessionen vergeben werden. Diese qualitativen Kriterien sind erstens der Spielerschutz, zweitens der Jugendschutz, drittens die Verhinderung von Glücksspiel- und Wettsucht, viertens die Bekämpfung von Wettmanipulationen, fünftens die Bekämpfung von Geldwäsche und sechstens eine umfassende Steuerpflicht. Zudem stellt sich die Frage, ob die Sicherheitsleistung in Höhe von 2,5 Millionen Euro pro Anbieter ausreicht oder ob eine deutlich höhere Sicherheitsleistung vorgesehen werden muss.

Unbefriedigend ist nach wie vor, dass ein Bundesland nicht beteiligt ist, nämlich Schleswig-Holstein. Es macht nach unserer Auffassung wenig Sinn, den Sportwettenmarkt so zu regulieren. Dafür sind zugegebenermaßen nicht die anderen 15 Bundesländer verantwortlich, sondern die Ursache dafür ist, dass Schleswig-Holstein ausgebüxt ist.

Tendenziell steht die SPD diesem Änderungsstaatsvertrag positiv gegenüber. Einige Fragen sind in der Diskussion zu beantworten. Sie werden sie jetzt mitnehmen und uns im Verfassungsausschuss und in den mitberatenden Ausschüssen die erforderlichen Antworten geben. – Herzlichen Dank für Ihr Interesse.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Lorenz.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Dem Vorredner von der SPD, Herrn Güller, möchte ich sagen: An etwa drei Viertel der Landesregierungen ist die SPD beteiligt. Nach den letzten Wahlen sind es vielleicht ein paar weniger. Sie beklagen sich über einen Beschluss, den die Mehrheit Ihrer Kollegen – an fast allen Landesregierungen sind Sie beteiligt – einstimmig gefasst hat.

(Harald Güller (SPD): Ich habe von Hessen gesprochen!)

Deshalb finde ich Ihre Ausführungen schon etwas seltsam, und zwar unabhängig davon, wie man zu diesem politischen Kompromiss steht.

(Beifall bei der CSU)

Den Sachverhalt hat Herr Staatssekretär Eck schon erschöpfend dargestellt. Wir haben eine geringfügige Änderung des Glücksspielstaatsvertrages. Diese Änderung halte ich persönlich für richtig und äußerst sinnvoll. Jetzt werden für die Erteilung von Konzessionen bestimmte qualitative Kriterien aufgestellt, und die Konzessionen werden nicht auf eine bestimmte Zahl beschränkt. Das habe ich persönlich schon immer für richtig gehalten. Wichtig ist, dass die Kriterien eingehalten werden. Dass es jetzt 35 Konzessionen gibt statt 20, wie ursprünglich vorgesehen, ist eine äußerst sinnvolle Anpassung. Damit kann man erreichen, dass dieser Glücksspielstaatsvertrag auch angewandt wird. Das ist bisher gescheitert – und das war bisher auch einer der Hauptkritikpunkte an diesem Gesetz –, doch daran soll es jetzt nicht scheitern. Wichtig ist, dass die Kriterien erfüllt werden: dass der Spielerschutz gewährleistet ist, vertrauenswürdige Anbieter da sind und der Spieler die Sicherheit hat, er bekommt seinen Einsatz wieder. Ich persönlich meine, ob das nun 20, 23 oder 35 sind, das ist in der Tat nicht entscheidend. Ich bitte Sie insofern, den Änderungen einfach zuzustimmen, die alle 16 Bundesländer vorgeschlagen haben.

(Zuruf)

Oder 15. Auf jeden Fall sind fast alle Bundesländer beteiligt. Ich glaube, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn man Kritik an einzelnen Punkten hat, dann schließt das Kritik an anderen Punkten nicht aus, wie beispielsweise an der Entwicklung im OnlineBereich. Das schließt nicht aus, dass man hier weiter vorgeht. Wenn man das Richtige tut, soll man anderes Wichtiges nicht lassen. Wir müssen deshalb den Spielerschutz verstärken, aber wir müssen auch gegen den zunehmenden Schwarzmarkt im Internet vorgehen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bitte Sie, diesen einfach mitzugehen. – Das war es in aller Kürze.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Kollege Pohl.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Eck, ich finde es nicht besonders fair,