Protocol of the Session on May 10, 2017

Wir sind dabei, unsere Drogenpolitik immer wieder den Gegebenheiten anzupassen, und werden das weiterhin tun. Ich denke nur an Crystal Meth, um dieses Stichwort zu nennen. Wir haben ein Telefon eingerichtet, an das sich Betroffene und ihre Angehörigen wenden können; denn wir haben gemerkt, dass hier ein Bedarf ist, und haben darauf reagiert. In der Oberpfalz gibt es Projekte, die sich speziell mit Crystal Meth auseinandersetzen. Es ist immer wieder wichtig, die Zahlen und Fakten genau zu analysieren und dann geeignete Maßnahmen zu ergreifen, sei es im präventiven Bereich oder sei es eben auch im Bereich der Behandlung. Da werden wir auch nicht locker lassen. In diesem Sinne achten wir bei unserer Drogen- und Suchtpolitik sehr darauf, was angesagt ist. Wir handeln dann aber nicht in einer plötzlichen Reaktion, sondern wollen gemeinsam weiterkommen. Einige Anträge der Opposition heute halten wir da aber nicht für zielführend.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Sie haben es, glaube ich, schon gesehen: Wir haben eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Sonnenholzner. Bitte schön.

Frau Staatsministerin, kein Mensch hier in diesem Raum und darüber hinaus hat je behauptet, dass Drogenkonsumräume das Allheilmittel sind, das alle Drogentoten verhindern kann. Aber sie

sind eben genau ein Baustein, um Tote zu verhindern, und – das habe ich vorhin auch schon genannt – ein Baustein, um die Hygiene zu verbessern, was ja für Sie als Ärztin ebenso wie für mich eine Qualität an sich sein müsste.

Selbstverständlich gibt es keine wissenschaftliche Studie, die einen Zusammenhang in Zahlen vernünftig beweist. Wie wollen Sie es denn machen? Wollen Sie zwei Abhängige nehmen, den einen animieren, er soll sich den goldenen Schuss zu setzen, und dem anderen sagen: Du drückst am Ostbahnhof, und dann schauen wir einmal, wer tot ist und wer nicht tot ist. Das geht ja gar nicht. Das wird immer vage bleiben, und das wird sich auch mit Zahlen nie beweisen lassen. Aber schon die Vernunft und die Erfahrungen mit den Drogenkonsumräumen, in denen tatsächlich schon reanimiert wurde – das kann man ja beweisen –, zeigen, dass es das wert ist. In meinen Augen sind es wirklich nur ideologische Scheuklappen, die das verhindern.

Von Ihnen will ich hier und heute wissen, ob Sie meinen, dass der Bayerische Bezirketag etwas falsch macht. Er hat sich in zwei Fachtagen und in einer jahrelangen Diskussion ganz intensiv mit diesem Thema beschäftigt und sich darüber Gedanken gemacht. Er ist mehrheitlich – auch mit den Stimmen von CSU-Mitgliedern – zu der Bewertung gekommen, dass genau diese Drogenkonsumräume ein wichtiger Bestandteil der bayerischen Drogen- und Suchtpolitik sein sollten.

Sie hätten mich falsch verstanden, wenn Sie meinen, ich hätte gesagt, der Bezirketag macht etwas falsch. Das habe ich ja überhaupt nicht thematisiert. Mir geht es nur um den Zusammenhang zwischen Drogenkonsumräumen und der Anzahl der Drogentoten, den Sie immer ein Stück weit herstellen. Wenn Drogenkonsumräume wirklich ein Allheilmittel wären,

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das habe ich nicht gesagt!)

müsste ein solcher Zusammenhang auch gegeben sein. Das sehen wir eben nicht. Ich habe vorhin Hamburg und Berlin genannt, wo es Drogenkonsumräume gibt und es trotzdem, auf 100.000 Einwohner bezogen, die meisten Drogentoten gibt.

(Zuruf der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner (SPD))

Diese Zahl müsste doch abnehmen, und das sehen wir nicht. Warum sind auch nur sechs Bundesländer und nicht mehr auf den Zug mit Drogenkonsumräumen aufgesprungen, wenn das Konzept so überzeugend wäre?

Bayern ist ja nicht das einzige Bundesland, das nicht mitmacht. Schauen Sie sich auch einmal weltweit um. Dieses Konzept ist vor 30 Jahren einmal eingeführt worden. Warum hat es sich, wenn es so klasse wäre, weltweit nicht durchgesetzt? Es gibt nun einmal nur 100 rogenkonsumräume, und das sind nicht viele. Ich kann deswegen nur sagen: Mich überzeugt das nach wie vor nicht. Wir sind weiter gegen Drogenkonsumräume.

(Beifall bei der CSU)

Einen kleinen Moment bitte. Es gibt eine weitere Zwischenbemerkung: Kollege Leiner hat sich auch noch gemeldet. Bitte schön.

Frau Ministerin, Sie haben natürlich bei mir eine Gegenrede hervorgerufen. Es geht um nichts anderes als um die Möglichkeit, Drogenkonsumräume einzurichten. Es gibt weder eine Aufforderung, sie einzurichten, noch gibt es den Hinweis, dass es dann eventuell weniger Drogentote gibt. Aber Drogenkonsumräume sind eine Möglichkeit, die Kommunen ziehen können, wenn sie es denn in ihrer Eigenverantwortung wollen. Sie können sagen: Jawohl, in meiner Stadt, in meiner Kommune will ich so etwas. Ich sage Ihnen, bei der Anzahl von Drogentoten, ganz egal, wie wir sie rechnen, ist mir jede Möglichkeit recht, Drogentote zu verhindern. Da ist bei Ihnen wieder rechtsfreier Raum, und es fällt die ideologische Klappe. Das bedauere ich außerordentlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben meine Begründung gehört. Ich glaube, es bedarf keiner weiteren Argumentation.

(Beifall bei der CSU – Josef Zellmeier (CSU): Jawohl!)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Damit wird die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Die Anträge werden dazu wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/16775 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte. – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Das sehe ich nicht. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/16793 – das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FREIE WÄHLER und SPD. Gegenstimmen bitte. – CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/16794 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

Und schließlich: Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/16795 – das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte. – CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Gibt es keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Klarheit schaffen, Freistaat muss in der Verantwortung bleiben! Unterbringung anerkannter Flüchtlinge nicht einfach auf Kommunen abwälzen! (Drs. 17/16776)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Angelika Weikert, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) Kommunen nicht alleine lassen tragfähige und faire Lösung für sogenannte Fehlbeleger finden! (Drs. 17/16796)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Unterbringung anerkannter Flüchtlinge: Verantwortung wahrnehmen! (Drs. 17/16797)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Hanisch. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein

altes bayerisches Sprichwort sagt: Den Letzten beißen die Hunde. Genau diese Angst haben derzeit viele Kommunalpolitiker und viele Bürgermeister, wenn es um die Unterbringung anerkannter Asylbewerber geht. Meine Damen und Herren, dabei schien dieses Problem bereits gelöst. In einem Gewaltakt sondergleichen – das muss man lobend erwähnen – haben der Staat, die Kommunen und die Bürger draußen mitgeholfen, dass das Problem Flüchtlinge, das sicherlich ein sehr akutes und ein sehr großes Problem war, vernünftig gelöst werden konnte. Die Kommunen haben auch nie gefragt: "Sind wir zuständig?", sondern sie haben erkannt, dass geholfen werden muss, dass etwas getan werden muss. In einem Gewaltakt, bei dem alle zusammengearbeitet haben, ist dieses Problem bis heute einigermaßen vernünftig gelöst worden.

Nun gibt es das Problem: Wer ist zuständig, wenn diese Flüchtlinge jetzt plötzlich anerkannt sind und nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, sondern auf dem freien Markt untergebracht werden müssten? Da schwebte über den Kommunen immer noch das Damoklesschwert des Obdachlosengesetzes. Dann gab es aber dankenswerterweise ein Schreiben des Innenministeriums, das klargestellt hat, dass diese anerkannten Flüchtlinge nicht so behandelt werden, als würden sie unter das Obdachlosengesetz fallen. Auch das Sozialministerium hat klar zu erkennen gegeben: Diese Leute werden nicht auf den Wohnungsmarkt losgelassen, sondern diese Leute werden in ihren Unterkünften zumindest vorübergehend verbleiben können.

Meine Damen und Herren, welches Problem haben wir jetzt? Die kommunalen Spitzenverbände haben sich mit dem Ministerium zusammengesetzt, und das Ministerium hat ganz klar gesagt, dass es davon ausgeht, dass diese anerkannten Asylbewerber nicht auf Dauer in diesen Gemeinschaftsunterkünften bleiben können, sondern dass die Kommunen mehr oder weniger verpflichtet sind, diese Leute aufzunehmen. Wir sprechen hier nicht von ein paar Leuten, die aufgenommen werden sollen. Fachleute gehen davon aus, dass es Ende des Jahres etwa 70.000 Menschen allein in Bayern sein werden, die plötzlich von den Kommunen auf dem Wohnungsmarkt untergebracht werden müssten. Ich glaube, das ist angesichts des angespannten Wohnungsmarktes, den wir in Bayern weitestgehend haben, ein schier nicht lösbares Problem.

Wir FREIE WÄHLER haben dabei zwei Probleme. Wir haben zum einen die Situation, dass etwa zwei Drittel der Gemeinden Bayerns bereit waren, Asylbewerber aufzunehmen. Es gab Gemeinden, die gesagt haben: Nur her damit; ich werde helfen, und ich bringe diese

Leute auch unter. Es gab auch Kommunen, die gesagt haben: Nein, Asylbewerber bei mir nicht.

Die Zahlen, die im Raum schweben, sind: Gut 30 %, also ein Drittel, der Kommunen Bayerns haben gesagt: Wir nehmen keine Asylbewerber auf. Dort gibt es auch keine Asylbewerber. Jetzt taucht das Problem auf, dass die Kommunen, die bisher diese Leute bereitwillig aufgenommen und untergebracht haben, plötzlich diejenigen sind, die bestraft werden, weil sie jetzt für diese Leute Wohnungen suchen müssen, während die anderen Gemeinden, die bisher keine Flüchtlinge aufgenommen haben, dieses Problem nicht haben. Meine Damen und Herren, das wollen wir in dieser Form nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, ein zweites Problem steht im Raum, das nicht zur Verbesserung der Situation beiträgt. Angesichts der Flüchtlingsmassen, die wir in Bayern haben, ist es verständlich, dass das Ministerium am freien Wohnungsmarkt nicht jede Menge Wohnungen unter dem Mietpreis oder zum ortsüblichen Mietpreis angeboten bekommen hat, sondern dass, je nach Kommune unterschiedlich, deutlich höhere Mietpreise zu bezahlen waren. Wenn die Kommunen jetzt diese Wohnungen übernehmen sollten oder sie oder aber auch die Asylbewerber direkt in diese Mietverträge einsteigen sollten, dann liegen die Quadratmeterpreise eben über dem Mietspiegel des jeweiligen Ortes, was zusätzlich belastet. Das ist etwas, das auch sehr schwer zu "handlen" sein wird.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, da sind einige Problemchen dabei. Wir haben große Probleme damit, die Kommunen jetzt weitestgehend allein zu lassen. Wir meinen, der Staat darf sich nicht der Verantwortung entziehen. Wir können die volle Zuständigkeit für die Wohnungen nicht auf die Kommunen abwälzen. Das lehnen wir ganz entschieden ab, selbst wenn dies mit einer Übergangsphase langsam vor sich geht. Das kann nicht der Weg sein.

Wir sind der Auffassung, dass wir vernünftige Lösungen finden müssen. Alle drei vorliegenden Anträge gehen in die gleiche Richtung. Insofern handelt es sich um etwas, das von denjenigen, die aus der Praxis kommen und die in den Kommunen daheim sind, auch als Problem erkannt wird.

Wir haben in dieser Situation auch Lösungsmöglichkeiten. Wir haben Kommunen, in denen es Wohnraumbörsen gibt – siehe Passau. Das ist ein Modell, das die Kommunen sicherlich in Angriff nehmen könnten. Wir haben auch jetzt schon Integrationslotsen. Der Freistaat Bayern ist ja auch bereit, solche Integrationslotsen in die Welt zu setzen. Wir brauchen aber

trotzdem für die Renovierung leerstehender Wohnungen Renovierungs- und Sanierungsprogramme, damit das schnell über die Bühne gehen kann und Wohnungen zur Verfügung gestellt werden können. Soweit die Kommunen gezwungen sind, Wohnungen neu zu bauen, brauchen wir für den Neubau von Wohnungen bessere Förderungsmöglichkeiten.

Wir sind nicht der Auffassung, dass ein Fehlbeleger automatisch Obdachloser wird. Da können wir nicht mitgehen. Diese Gesetzesauslegung teilen wir in dieser Form nicht. Das wäre zu einfach.

Das Asylproblem war noch nie ein Problem der Kommunen. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und als solches auch erkannt und gelöst worden. Wenn es jetzt darum geht, anerkannte Asylbewerber unterzubringen, kann dies nicht plötzlich ein Problem allein der Kommunen werden. Das können wir nicht mittragen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Viele Kommunen sind jetzt schon am Ende ihrer Möglichkeiten, weil die finanzielle Ausstattung der Kommunen in Bayern nicht überall gleich ist und manche Kommune große Probleme hat, ihre Aufgaben zu erfüllen. Wir meinen, die Verantwortung muss grundsätzlich beim Staat bleiben. Die Kommunen werden mithelfen, so wie sie das auch bisher getan haben. Deshalb bitten wir den Staat, das Ministerium, sich noch einmal mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammenzusetzen, die jetzt die Entwürfe und die groben Vorstellungen des Ministeriums vorliegen haben und sich dazu äußern werden, und auf der Basis zu verhandeln, dass die Verantwortung generell beim Staat bleibt. Die Kommunen werden mithelfen. Das haben sie gezeigt, und das werden sie auch in dieser Situation zeigen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Hubert Ai- wanger (FREIE WÄHLER): Bravo!)

Danke schön, Kollege Hanisch. – Für die SPD-Fraktion darf ich Kollegin Weikert das Wort erteilen. Bitte sehr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge haben wir von der SPD, aber auch die FREIEN WÄHLER und die GRÜNEN, mit Dringlichkeitsanträgen belegt. Dieses Thema ist kein Thema, das den Freistaat Bayern plötzlich und unvorhergesehen überrascht. Es ist ein Thema, das sich bereits in den Jahren 2012/2013, als die Flüchtlingszahlen noch nicht so hoch waren wie in den Jahren 2015/2016, angekündigt hat. Wir haben lange Zeit – ich kann mich noch gut daran erinnern – beklagt,