Protocol of the Session on May 10, 2017

Das Gesetz bietet den Eltern von Kindern, die die Förderschule besuchen, mehr Mitsprache, erweitert im berufsbildenden Bereich die Bildungschancen der Schüler und verbessert weiter die Durchlässigkeit des bayerischen differenzierten Schulsystems. Daher findet es auch heute in der Zweiten Lesung die Zustimmung der CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat die Frau Kollegin Petersen von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wie schon bei der Ersten Lesung gesagt, ist der vorliegende Gesetzentwurf insgesamt unproblematisch, zumal er überwiegend redaktionelle Änderungen beinhaltet.

Inhaltlich geht es vor allem um die berufliche Bildung. Kollege Reiß hat schon darauf hingewiesen: Zum einen werden für die Aufnahme einer Teilzeitausbildung im Pflegebereich – für andere Berufsfachschulausrichtungen gibt es diese Möglichkeit leider und, wie ich hoffe, nochnicht – keine zusätzlichen Voraussetzungen mehr verlangt. Das macht Sinn, weil es keinen sachlichen Grund gibt, Teilzeitausbildung unnötig zu erschweren.

Gesundheit und internationale Wirtschaft werden als neue Ausbildungsrichtungen gesetzlich verankert. Das begrüßen wir, weil die Modellversuche dazu er

folgreich waren und weil sich so neue Berufsfelder für Auszubildende eröffnen.

Dass Befürchtungen laut werden, wie der Kollege Reiß eben gemeint hat, dass der Abschluss an einer Beruflichen Oberschule nicht gleichwertig mit dem Abitur wäre und daher nicht hinreichende Voraussetzungen für ein Medizinstudium böte, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Das wird sich zeigen; die Befürchtungen sind vielleicht nicht berechtigt.

Ich sehe allerdings bei einem anderen Aspekt ein Problem. Einerseits betonen wir immer, berufliche und akademische Ausbildung sind gleichwertig. Andererseits betonen wir genauso stark, dass gerade durch die Berufliche Oberschule die berufliche Ausbildung sogar zu akademischen Weihen führen kann. Deshalb sollten wir genauer überprüfen, ob wir letztlich nicht doch die berufliche Ausbildung einer akademischen Ausbildung unterordnen. Seien wir also etwas vorsichtiger im Sprachgebrauch.

(Beifall bei der SPD)

Wir finden es auch sinnvoll, dass an Fachoberschulen Vorklassen, die bisher schon modellhaft erprobt werden, künftig institutionalisiert sind. Das ist eine wichtige Hilfe beim Übergang von einer Schulform auf die andere. Selbstverständlich haben wir auch keine Einwände dagegen, dass künftig auch an Förderschulen Klassenelternsprecher gewählt werden können. So weit, so gut.

Eine Bemerkung halte ich für notwendig: Es genügt nicht, den Begriff "Berufliche Oberschule" zu stärken, sondern es gilt, die Berufliche Oberschule wie insgesamt die beruflichen Schulen zu stärken. Das ist dringend notwendig. Die im neuen Bildungspaket vorgesehenen zusätzlichen 50 Stellen in den Jahren 2018 und in 2019 genügen bei Weitem nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das ist leider nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass an beruflichen Schulen immer noch Pflichtunterricht ausfällt; von der Notwendigkeit individueller Förderung, die angesichts der zunehmenden Heterogenität der Schüler dringend geboten wäre, ganz zu schweigen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt also noch viel zu tun. Dem vorliegenden Gesetzentwurf stimmen wir zu. Aber wir werden an dem Thema dranbleiben; denn die berufliche Bildung ist es uns wert.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat der Kollege Prof. Dr. Piazolo von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie schon ausgeführt, gab es in der Ersten Lesung schon das Signal der breiten Zustimmung aller Fraktionen. Das war auch im Ausschuss so, und ich denke, daran ändert sich in der Zweiten Lesung nichts.

Wir jedenfalls werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Deshalb kann ich mich kurz fassen. Wir freuen uns, dass FOS und BOS die Aufmerksamkeit der Staatsregierung bekommen haben. Wir versuchen schon seit Längerem, gerade diese Schulart zu stärken. Wir haben heute einen Dringlichkeitsantrag der SPD und einen Nachzieher von uns zu diesem Thema zu behandeln. Ich stimme auch der Kollegin Petersen zu, dass es mehr Lehrer an diesen Schulen braucht. Das ist unbedingt notwendig.

Wir FREIEN WÄHLER begrüßen auch ausdrücklich, dass nun über die Berufsoberschulen auch der Weg zum Medizinstudium möglich ist. Ich hoffe, dass dort besonders die Bereitschaft wächst, später Hausarztpraxen sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich zu übernehmen. Vielleicht kann man in dieser Hinsicht schon früh werbend einwirken.

Ich bin nicht unbedingt ein Vorkämpfer für das Latinum im Medizinstudium – insofern, Herr Reiß, danke für die Klarstellung –, sondern bin ein Vorkämpfer für eine praktische Medizinausbildung und für eine Orientierung an den praktischen Herausforderungen dieses Berufes.

Insofern erfolgt unsere Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, und wir ermuntern die Staatsregierung, diese Schulform zu stärken – mit Lehrern, aber auch inhaltlich.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Gehring vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen. Die Zustimmung ist ein wichtiges Zeichen, welches das ganze Haus an die Fachoberschulen und Berufsoberschulen richtet. Wir

halten viel von dieser Schulart; wir unterstützen diese Schulart. Es ist wichtig, dass wir dieses Zeichen heute an die Schulgemeinschaft aussenden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Fachoberschule ist eine der am stärksten wachsenden Schularten in Bayern. Sie erfährt einen großen Zuspruch. Auch wenn wir heute nur über das Gesetz reden, müssen wir auch darüber reden, dass dieses Wachstum Probleme hinsichtlich der Lehrerversorgung aufwirft und es gerade an Fachoberschulen immer noch eine große Zahl von Lehrkräften mit befristeten Verträgen gibt, die nicht weiter an der Schule bleiben können. Hier gibt es noch viel zu tun. Dieses Gesetz ist vielleicht auch ein Auftrag an uns, viel zu tun.

Wir begrüßen, dass es die neuen Zweige Gesundheit und internationale Wirtschaft gibt. Sie haben sich in den Modellversuchen bewährt. Aber auch hier ist deutlich: Diese neuen Zweige haben nur dann einen Sinn, wenn sie nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch tatsächlich vor Ort umgesetzt werden. Wenn in der Vergangenheit neue Zweige eingeführt werden mussten, haben wir es erlebt, dass die Bedingungen seitens des Kultusministeriums so hoch sind, dass sie seitens der Schulen nicht erfüllt werden konnten. Wir brauchen dort Lösungen, wo pragmatisch vor Ort neue Zweige eingeführt werden müssen, sodass die Einführung zu schaffen ist. Sonst haben wir die neuen Zweige nur in den Ballungsräumen, aber nicht auf dem flachen Land in Bayern; doch auch dort brauchen wir diese neuen Zweige.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt gibt es auch über FOS und BOS einen Weg zum Medizinstudium. Das ist nur zu begrüßen. All denen, die gesagt haben, jetzt könne man Medizin ohne Abitur oder mit einem nur zweitwertigen Abitur studieren, ist klar entgegenzutreten. Wir dürfen das Abitur an der FOS und der BOS nicht schlechtreden. Wir müssen seine Stärke hervorheben. Ich denke, es wird großartige Mediziner geben, die vor ihrem Studium auf der FOS oder der BOS den Zweig Gesundheit belegt haben. Wir haben großartige Mediziner weiterhin nötig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir unterstützen den Teil in dem Gesetzentwurf, in dem es darum geht, die Möglichkeiten für die Pflegeausbildung zu erleichtern. Es gab einen alten Antrag von uns, dass es hier nicht mehr der Vorbedingung einer beruflichen Tätigkeit oder einer hauswirtschaftlichen Tätigkeit bedarf. Wir unterstützen auch die Möglichkeit von Klassenelternsprechern an den Förderschulen.

Generell muss man sagen: Wir sind mit dem Gesetzentwurf auf dem richtigen Weg. Ich hätte mir bei der Namensgebung vielleicht einen etwas größeren Schritt gewünscht, damit man versteht, was eine Berufliche Oberschule, eine Berufsoberschule und eine Fachoberschule ist, was die Unterschiede sind und was das Gemeinsame ist. Ich glaube, es wird nach wie vor schwer sein, das auseinanderzuhalten. Aber die Vielzahl der Begriffe und der Modelle ist ein bisschen das Problem der beruflichen Bildung. Warum gehen wir hier nicht etwas weiter und sagen "berufliches Gymnasium", um die Gleichwertigkeit dieses Weges mit dem Gymnasium deutlich zu machen? Das wäre, glaube ich, wichtig. Wir werden weiterhin für die Gleichwertigkeit kämpfen und dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. – Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/15166 und die Beschlussempfehlung des endberatenden Ausschusses für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen auf der Drucksache 17/16709. Der federführende Ausschuss für Bildung und Kultus empfiehlt Zustimmung. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung mit der Maßgabe zu, dass in Artikel 20 Absatz 2 Satz 4 die Angabe "Art. 6 Abs. 5" durch die Angabe "Art. 6 Abs. 4" ersetzt wird. Im Einzelnen verweise ich hierzu auf die Drucksache 17/16709. Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann ist so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch dagegen erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist so beschlossen. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel: "Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen".

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Isabell Zacharias, Franz Schindler u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes Studierende in die Hochschulleitung (Drs. 17/15338) Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Erste Rednerin ist die Frau Kollegin Zacharias von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Präsident, werte Anwesende, Kolleginnen und Kollegen! Unser Gesetzentwurf in der Zweiten Lesung ist eigentlich etwas ganz Entspanntes. Die Kolleginnen und Kollegen der CSU können sich hier und heute einen Ruck geben und doch zustimmen. Worum geht es? – Es geht uns darum, dass die größte Gruppierung an Universitäten und Hochschulen – das sind nicht die Professorinnen und Professoren, und das ist nicht der wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Mittelbau, sondern das sind die Studierenden – in den Hochschulleitungen keine Rolle spielen. Sie spielen keine Rolle, und das wollen wir ändern.

Wir wollen das insofern ändern, als wir in Anlehnung an die Uni Rostock, die Hochschule Potsdam und die Zeppelin Universität am Bodensee vorschlagen, eine Studierende oder einen Studierenden in die Hochschulleitung aufzunehmen. Das tut nicht weh. Jede Universität und jede Hochschule kann sich das im Rahmen ihrer Autonomie selber überlegen, ob die Legislatur ein Jahr beträgt, ob sie zwei Jahre beträgt und wie man das finanziert. Man kann sich auch frei überlegen, wie man die Bewerbungen laufen lässt und wie man die Findungskommission bildet. Eines ist auf jeden Fall deutlich: Der oder die Studierende in der Hochschulleitung würde die Sicht der Studierenden mit einbringen. Das wäre ein Gewinn für alle an den Hochschulleitungen Beteiligten, für den Präsidenten, für die Präsidentin und für alle Weiteren, die in der Hochschulleitung sitzen. Das wäre ein großer Gewinn.

Kolleginnen und Kollegen der CSU, ich kenne sehr wohl Ihre Ablehnung, um nicht zu sagen: schändliche Ablehnung. Sie sagen: Das können die Studierenden nicht, sie haben ja keine Verwaltungserfahrung. Das stimmt. Aber junge Leute können das lernen, so wie jeder, der in die Hochschulleitung berufen wird, in der

Regel auch keine Verwaltungserfahrung hat und ganz schnell lernen muss und kann. Junge Menschen können das. Trauen Sie ihnen mehr zu!

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Studierende können das, werte Kolleginnen und Kollegen der CSU. Jungen Menschen mehr Verantwortung zu übertragen, hat auch etwas damit zu tun, welches Menschenbild Sie haben. Ich finde es geradezu despektierlich zu glauben, dass die jungen Menschen für ein Studium gerade recht sind, aber die Verantwortung für eine ganze Hochschuleinrichtung nicht übernehmen können. Ich teile diese Auffassung grundsätzlich nicht.

Auch die Ansicht, dass dann eine Gruppe in der Hochschulleitung übermäßig vertreten wäre, teile ich nicht. Der oder die Studierende vertritt nicht die Interessen der Studierenden. Außer in Bayern haben sie ja eine AStA. Das ist die echte Studierendenvertretung. Sie bringen immer die Sichtweise der Studierenden ein und haben immer ihre ganze Hochschule oder Universität im Blick. Wenn Sie glauben, dass bei ihnen nur die Studierendengedankengänge funktionieren, würden Sie auch allen Professorinnen und Professoren unterstellen, nur an die Professorenschaft und zum Beispiel nicht an die größte Gruppierung, nämlich die Studierenden, zu denken. Das ist also auch kein Argument, das mich überzeugt.

Bernd Sibler, ich würde mich freuen, wenn wir es einfach einmal ausprobieren könnten. Wir haben ja die Experimentierklausel. Eigentlich könnte das jede Universität oder Hochschule bereits machen. Sie zögern noch; denn eine richtige Übung darin haben Sie nicht. Aber, geschätzter Kollege, lassen Sie uns doch einmal etwas ausprobieren in der Hochschullandschaft Bayern. Lassen Sie uns bitte einmal etwas ausprobieren! Dann macht es eine Universität oder eine Hochschule für angewandte Wissenschaften, sagen wir einmal, für drei Legislaturperioden, und dann schauen wir, wie das funktioniert und wie alle Beteiligten das Ergebnis finden. Das können wir doch einfach einmal ausprobieren. Wagen wir doch einmal etwas am Hochschulstandort Bayern. Wagen wir nicht nur eine neue Uni in Nürnberg, sondern wagen wir die echte Beteiligung von Studierenden in der Hochschulleitung. Das würde ich mir wünschen.

Die SPD-Landtagsfraktion bleibt dabei: Wir brauchen eine Mitsprache auf allen Ebenen. Solange wir in Bayern nicht eine Verfasste Studierendenschaft haben, Kolleginnen und Kollegen der CSU, brauchen wir das als Krücke. Wenn irgendwann einmal die SPD hier regieren wird, führen wir das so schnell ein, dass Sie gar nicht gucken können. Aber bis dorthin würde ich

das gerne ausprobieren wollen. Da wird nicht gelacht, sondern das ist eine ernste Angelegenheit. Ich würde gerne ausprobieren wollen, wie das ist, wenn junge Menschen mit ihrer oft auch anderen Sicht ihre Kompetenzen, ihre Fähigkeiten und ihr Herz für ihre Hochschuleinrichtung in die Hochschulleitung einbringen dürfen. Lassen Sie uns das ausprobieren. Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu! Er ist gut.

(Beifall bei der SPD)