Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Helga Schmitt-Bussinger, Isabell Zacharias u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes (Einführung des Schatzregals) (Drs. 17/4481) - Zweite Lesung
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Vereinbarung im Ältes tenrat 24 Minuten. Die Verteilung der Redezeit setze ich als bekannt voraus. Die fraktionslose Abgeordnete Claudia Stamm kann bis zu zwei Minuten sprechen. – Die erste Rednerin ist Frau SchmittBussinger. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema "Einführung eines Schatzregals" beschäftigt den Bayerischen Landtag bereits seit Jahrzehnten, leider bisher ohne jeglichen Erfolg. Auch in dieser Wahlperi ode, 2014, hat die SPDFraktion bereits die Initiative ergriffen und einen Gesetzentwurf zu dem Thema ein gebracht. 2014 schien im Anschluss an die Erste Le sung eine gemeinsame, gute Lösung in greifbarer Nähe. Ich zitiere Sie, Herr Minister Spaenle, als Sie am 02.12.2014 gesagt haben:
Wir sind in der Tat dabei, eine Änderung dieser strategischen Grundhaltung vorzunehmen … Wir werden die Thematik im kommenden Jahr ange hen … Bayern erwägt den Strategiewechsel in vollem Umfang.
Sie haben das 2014 gesagt. Herr Minister Spaenle, das müssen Sie mir und der SPDFraktion schon er klären. Wie sieht der Strategiewechsel aus? Was haben Sie denn seit 2014 in die Wege geleitet? Ich habe davon noch nichts bemerkt. Aber ich lasse mich von Ihnen gern eines Besseren belehren. Herr Kolle ge Goppel nährte gar die Hoffnung auf eine gemein same Lösung, als er sagte: Ich glaube, dass wir ge meinsam etwas Ordentliches beschließen.
Es wurde eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einge richtet. Diese hat fast eineinhalb Jahre getagt, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Wir waren uns grundsätzlich darüber einig, dass es sinnvoll ist, wenn Bodendenkmäler und bewegliche Denkmäler in das Eigentum des Landes übergehen, bzw. diese vor Ort oder in der Region der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Wir waren uns auch grundsätzlich darüber einig, dass in allen Bundesländern das gleiche Recht gelten sollte.
An dieser Stelle gilt ein herzliches Dankeschön den Kollegen Goppel, Jörg, Steinberger und Bauer für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Leider gab es dann am Ende doch kein grünes Licht aus der CSUFraktion.
Die gemeinsame Lösung scheiterte letztendlich an der Frage der Entschädigung der Finder bzw. der Grundstückseigentümer. Das ist mir zumindest zuge tragen worden. Ich möchte betonen, dass auf unserer
Seite große Bereitschaft bestand, Ihrem Anliegen, Kolleginnen und Kollegen der CSU, entgegenzukom men. Wir sind bereit gewesen, eine großzügige Lö sung zu finden. Ich bedauere ausdrücklich, dass wir keine gemeinsame Lösung gefunden haben. Damit werden wir möglicherweise auch keine Änderung beim Umgang mit archäologischen Funden erreichen.
Kolleginnen und Kollegen, es ist unbestritten, dass Handlungsbedarf besteht. Nach wie vor bereiten Raubgrabungen und der Handel mit illegal erworbe nen Funden große Probleme. Der SPDGesetzent wurf sieht vor, dass ein ausgegrabener archäologi scher Fund automatisch in das Eigentum des Freistaats übergeht. Gibt der Finder den Fund bei der Behörde ab, wozu er bereits jetzt verpflichtet ist, er hält er einen angemessenen Finderlohn. So wollten wir es in unserem Gesetzentwurf regeln.
Das wesentliche Ziel ist letztendlich, dass wertvolle Kulturgüter dem Freistaat und damit der Allgemeinheit erhalten bleiben und nicht in dunklen Kanälen ver schwinden. Nach bisherigem Recht wird ein Fund Ei gentum von Finder und Grundstücksbesitzer. Die bei den teilen sich den Erlös, der bei einem möglichen Verkauf erzielt wird. Außerdem gilt eine Regelung, die eigentlich undenkbar ist. Ein Finder erhält sogar eine Entschädigung, wenn eine Grabung illegal war. Daher begünstigt die bisher gültige bayerische Regelung Raubgrabungen. Bei der Suche nach lukrativen Fun den werden oftmals Bodendenkmäler zerstört. Mit der in Bayern gültigen Regelung wird dem Handel mit ille gal erworbenen Schatzfunden Vorschub geleistet. Ex perten wie die Fachleute der Deutschen Gesellschaft für Ur und Frühgeschichte beurteilen das Schatzre gal, so wie wir es einführen möchten, als ein wirksa mes Instrument zur Vorbeugung gegen Raubgrabun gen und gegen den Handel mit illegal erworbenen Kulturgütern. Nach Aussagen der Experten könne ein solches Gesetz nur dann seine Wirkung entfalten, wenn es in allen Bundesländern gleichermaßen gelte. Das ist ein weiteres wichtiges Argument. In allen Bun desländern außer in Bayern gilt das Schatzregal be reits. Die Sonderregelung in Bayern führt dazu, dass Raubgrabungen in anderen Bundesländern sozusa gen legalisiert werden, indem der Fundort falsch an gegeben wird. Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht hinnehmbar.
Fakt ist: Erstens. Die Gesetzesänderung ist eine wich tige Maßnahme zur Verhinderung von Raubgrabun gen. Zweitens. Sie trägt zur Vermeidung von Fundver schleppungen bei. Drittens. Sie ist ein wesentlicher Beitrag dazu, dass Funde der Allgemeinheit erhalten bleiben. Deswegen brauchen wir diese klare Rege lung. Wir brauchen eine bundeseinheitliche Regelung. Herr Minister Spaenle, wir brauchen einen Strategie
wechsel in vollem Umfang, so wie Sie gesagt haben. Dazu wäre unser Gesetzentwurf geeignet. Wir bitten Sie deshalb nochmals um Zustimmung zu diesem Ge setzentwurf.
Vielen Dank. – Für die nächste Worterteilung darf ich dem Kollegen Dr. Goppel das Wort erteilen. Bitte schön.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Selten habe ich ein Thema während meiner Zeit im Parlament so oft und so lange mit Ihnen beraten. Wie Sie wissen, bin ich schon sehr lange im Parlament. Am Ende dieser Beratungen bin ich im Prinzip etwas ratlos darüber, weshalb wir einen Sachverhalt gesetzlich regeln sollen, von dem wir aus der Erfahrung des Tages wissen, dass er nur äußerst selten oder gar nicht vorkommt. Wenn ein wirklicher Schatz gefunden wird, dann wird dies in der Öffent lichkeit so intensiv diskutiert, dass keiner diesen Schatz verschwinden lassen kann und niemand die sen verschwinden lässt. Ich erinnere nur an die Bo denschätze und Funde, die es in Ingolstadt gegeben hat. Trotzdem wird im Parlament immer wieder darü ber diskutiert, ob wir uns in Besitzregelungen einmi schen sollen, die seit Jahrhunderten bestehen. Bitte vergessen Sie nicht, die Hadrianische Teilung ist nichts Neues, sondern gilt seit etwa zwanzig Jahrhun derten für alle; diese Regelung kann man nachsehen.
Wir haben lange diskutiert. Frau Kollegin SchmittBus singer, ich möchte gerne zugestehen, dass die ge führten Debatten sehr fruchtbar und zielführend gewe sen sind. Wir haben in allen Positionen, bis auf die Frage der Eigentumsregelung, Einigkeit erzielt. Wir hätten in den anderen fünfzehn kleinen, aber durch aus wichtigen Punkten gemeinsam anschließen kön nen. Das ist nicht gelungen, weil am Ende die Mehr heit meiner Kollegen ausdrücklich darauf bestanden hat, dass diese Besitzzuweisung, wenn im Boden etwas gefunden wird, den Eigentümer nicht benach teiligen darf. Diesen Standpunkt kann man vertreten, man muss es aber nicht. Diesen Standpunkt kann man auch als überfällig ansehen. Das macht die SPD. Darin unterstützen Sie die GRÜNEN. Ich will die bei den Fraktionen deswegen nicht angreifen. Das ist eine Frage, wie man mit dem Eigentumsrecht des Menschen umgeht. Die können wir zur Einschätzung des Absenders bewenden.
Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Eigen tumsrecht des Besitzers eines Grundstückes aus schlaggebend dafür ist, ob wir enteignen oder nicht; Sie sagen: ob der Besitz auf den Staat übergeht, braucht die Garantie, dass jemand das Grundstück
schon vor 1.500 Jahren besessen hat. So kann man das sehen. Man kann aber genauso gut auch sagen, dass der Boden, der sozusagen ohne eine entspre chende Widmung verkauft wird, dann dem neuen Eig ner gehört und Funde ihm dann auch zuzueignen sind. Die Mehrheit in der Fraktion hat ausdrücklich in der Richtung entschieden: Der besitzanzeigende Vor gang ist der, der den Eigentümer in den Entschädi gungsvordergrund rückt.
Bei einer Nichtregelung, wie wir sie nun kommen sehen, weil wir uns nicht einigen konnten – das möch te ich ausdrücklich sagen: Sich nicht einigen zu kön nen, heißt nicht, dass die Schuld ganz allein bei einer Seite liegt, sondern dass sich zwei hartnäckige "Pin kel" gegenübersitzen und keiner einen Schritt weicht –, ist natürlich die Frage, wie mit dem Finder und wie mit Raubgrabungen umzugehen ist, die ja zivilrecht lich jederzeit eingeklagt werden können. Wenn das gesetzlich vorweg geregelt ist, ist der Weg, dass sich ein Besitzer oder der Staat einklagt, ein Stückchen umständlicher. Hier ist die Frage, was nachrangiger ist: der Besitz eines Einzelnen oder das, was die Ge meinschaft will? – Wir gehen davon aus, dass das Ei gentumsrecht des Einzelnen vorrangig ist. "Wir" heißt: die Kollegen aus meiner Fraktion, die mehrheitlich ge sagt haben: An der Stelle gibt es kein Weitergehen. Sie wissen, dass ich in dieser Frage durchaus bereit war, den nächsten Schritt zu tun.
Dann war da der Streit über die Prozentzahl: Wie viel muss und wie viel muss nicht abgeführt werden? Sehr schnell hat sich herausgestellt, dass eben diese Frage nicht einvernehmlich zu klären war. "Sehr schnell" heißt anderthalb Jahre – nicht vergessen! Es hat lange gedauert, wir haben lange hin und her ver handelt. Wir haben uns dann aber darauf verständigt, dass wir wegen dieses einen Punktes nicht gleichzie hen können. Sonst wären wir ein ganzes Stück weiter.
Vielleicht hilft eine Zeit des Nachdenkens, die wir uns verordnen, um in einer weiteren Legislaturperiode diese Frage auszuklammern und all die anderen, die wir schon geklärt haben, zu regeln. Sie müssen das nicht tun, aber ich kann das doch einmal anregen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Volkmar Halbleib (SPD): Sie schätzen den Kollegen Roos deutlich jünger ein, )
Ich wollte nur ausdrücklich sagen: Die Zusammenset zungen ändern sich in allem und jedem, auch in den anderen Ländern. Die Behauptung, dass wir mit Raubgrabungen zu tun haben, die bei uns im Land ganz anders behandelt werden als anderswo, und dass deshalb die Standorte falsch angegeben wer den, ist durch die wissenschaftliche Entwicklung durchaus weitgehend widerlegt. Das einfach so anzu geben, ist schwierig.
Lassen Sie mich ein Letztes sagen: Wir haben in den letzten Jahren eine Reihe von Entscheidungen getrof fen; an manchen war ich im Rahmen der Tätigkeit als Staatsminister beteiligt. Wir haben mit dem Denkmal Viewer und anderen Dingen durchaus dafür gesorgt, dass die Misserfolgsquote bei sogenannten Raubgra bungen angewachsen ist. Es ist also nicht möglich, einfach zu behaupten, da würden andere die besse ren Vorschläge gemacht haben. Es waren einfach an dere.
Man kann nicht beim Eigentumsrecht Einschränkun gen und Einschnitte machen, wenn man weiß, dass es andere gerechtere Methoden gibt. Sie wachsen zu und mit der Zeit auf. Die Frage war, ob wir an dieser letzten Stelle noch einmal nachgeben. Ich möchte ausdrücklich feststellen, dass auch wir auf eine ge meinschaftliche Regelung ungern verzichten und auf die nächsten Möglichkeiten zur Einigung warten. Ein griffe in das Eigentumsrecht sind aber nach wie vor etwas, was wir im politischen Sinne nicht akzeptieren.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Goppel. – Der nächste Redner ist der Kollege Prof. Dr. Bauer für die FREIEN WÄHLER. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf der SPDFraktion wurde außer in den Beratungen im Aus schuss für Wissenschaft und Kunst auch in der von Ihnen, Herr Kollege Dr. Goppel, schon angesproche nen interfraktionellen Arbeitsgruppe ausführlich und intensiv diskutiert. Auch ich sage Frau SchmittBus singer herzlichen Dank, die die Federführung in die Hand genommen hat, aber auch Herrn Dr. Goppel, Herrn Jörg und Frau Steinberger. Bei Ihnen möchte ich mich bedanken; denn es waren doch einige Stun den, die wir zusammengesessen sind. Leider waren diese Bemühungen um eine fraktionsübergreifende Lösung nicht von Erfolg gekrönt. Die Mehrheitsfrak tion hat praktisch im letzten Moment, auf den letzten
Metern der Zielgerade, die Einigung verhindert. Ich muss gestehen, dass mich diese Entwicklung betrof fen gemacht hat nach all der Zeit und all dem Enga gement der Beteiligten. Die Ablehnung dieses ge meinsam erarbeiteten Eckpunktepapiers kann ich bis heute nicht verstehen.
Ich nehme das, was Sie gerade gesagt haben, aber gerne auf, Herr Dr. Goppel: Sie haben eine Brücke gebaut. Vielleicht kann man in der nächsten Periode, Frau SchmittBussinger, die schon einvernehmlich verhandelten 15 Punkte, wie Sie gesagt haben, auf den Weg bringen und verabschieden, wobei man das Eigentumsrecht vorerst ausklammert, wenn sich keine Einigung abzeichnet. Aber es ist sehr bedauerlich, dass es in dieser Legislaturperiode noch nicht ge klappt hat. Wir alle wissen: Bayern ist das letzte Bun desland, das noch kein Schatzregal hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sollte man noch einmal betonen, und das sollte uns auch zum Nachdenken bewegen; denn die Eigentumsrech te in den anderen Bundesländern sind genauso wie hier in Bayern; sie werden dort auch hoch geschätzt, und trotzdem hat man eine Lösung gefunden. An die ser Stelle appelliere ich für die FREIEN WÄHLER noch einmal an Sie, zu einer Einigung zu kommen.
Im Freistaat Bayern dürfen sich – das ist nach wie vor Stand der Dinge – Finder und Grundstücksbesitzer den Fund teilen. Der Freistaat Bayern und damit alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns haben erst einmal gar nichts von den gefundenen Schätzen. Das hat uns in diesem Abwägungsprozess letztendlich auch dazu bewogen, unsere Position zu ändern.
Sie wissen, wir hatten eingangs eine recht offene Mei nung. Wir waren von der Hadrianischen Teilung sehr angetan. In der Diskussion haben wir uns bewegt. Wir würden diesen Weg gerne weiter und bis zum Ende gehen. Letztlich bleibt heute nur der Ankauf durch den Staat. Ich möchte nicht, dass kulturell wertvolle Funde in privaten Sammlungen verschwinden oder einfach verhökert werden. Es gibt heute mit dem Internet ganz andere Verbreitungsmöglichkeiten als in den letzten Jahrhunderten oder auch in den letzten 20 Jahren. Das sollte man bedenken. Ziel muss es doch sein, dass die gefundenen Schätze als Kulturgü ter für jedermann zugänglich sind, dass jedermann sie anschauen kann und sich an ihnen erfreuen kann. Sie der Nachwelt zu erhalten, ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe, auch, sie nötigenfalls zu restaurieren, aus zustellen und der Öffentlichkeit zugänglich zu ma chen. Ich bitte die Mehrheitsfraktion, dies abzuwägen.
Ich wünsche mir ein Weitermachen. Frau Schmitt Bussinger, ich möchte Sie ausdrücklich ermuntern, auf diesem Weg weiterzugehen und nicht nachzulas sen. Vielleicht ist das ein gangbarer Weg. Vielleicht schaffen wir es auch noch in dieser Legislaturperiode, etwas zustande zu bringen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Unser Ab stimmungsverhalten ist klar; denn wir waren in dem Prozess schon viel weiter: Zu dem vorliegenden Ge setzentwurf müssen wir uns leider enthalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! 15 Bundesländer in Deutschland haben die Regelung eines Schatzregals in ihr Denkmalschutzgesetz aufgenommen. Bayern ist das letzte Bundesland, das sich dieser wirklich sinn vollen Regelung verschließt. Leider – wir haben es in der Diskussion vernommen – wird das auch in Zu kunft so sein.