Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 10. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Am 14. Januar verstarb im Alter von 89 Jahren Herr Walter Alois Bauer. Herr Bauer gehörte dem Landtag von 1973 bis 1974 an und vertrat die SPD im Wahlkreis Oberbayern. Sein politisches und ehrenamtliches Engagement ging weit über sein Wirken im Landtag hinaus. Er war Stadtrat in Burghausen, Referent für Jugend und Sport, Kreisrat und dort zeitweise auch Fraktionsvorsitzender. Über viele Jahrzehnte hinweg gehörte er der Wasserwacht im Bayerischen Roten Kreuz an. Im Bayerischen Landtag engagierte er sich in den Ausschüssen für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Eingaben und Beschwerden. Er starb in seiner Heimat Mehring-Hohenwart. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen. Der Bayerische Landtag wird dem Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren. – Sie haben sich zum Gedenken an den Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen. –
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einen Glückwunsch aussprechen. Am 31. Januar feierte Herr Kollege Dr. Harald Schwartz einen halbrunden Geburtstag. Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.
Außerdem darf ich freundlich darauf hinweisen, dass die bayerischen Gärtner alle Kolleginnen und Kollegen heute mit einer namentlich gekennzeichneten und zugeordneten Orchidee beglückt haben. Wir bedanken uns bei den bayerischen Gärtnern für diesen Valentinsgruß.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Landesjustizkostengesetzes (Drs. 17/460) - Erste Lesung
Dieser Gesetzentwurf soll ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen überwiesen werden. Gibt es hinsichtlich des Zuweisungsvorschlags noch Änderungswünsche? – Das sehe ich nicht. Damit kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisung. Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Sehe ich keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Der Gesetzentwurf wird damit diesem Ausschuss zur Beratung zugewiesen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen - Wahlfreiheit G 9/G 8 (Drs. 17/13) - Zweite Lesung
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Erster Redner ist der Kollege Felbinger von den FREIEN WÄHLERN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Seit Tagen herrscht bildungspolitisches Chaos wegen gestrichener
und das G 8 ist seit zehn Jahren eine dieser Bildungsbaustellen. Deshalb wollen wir FREIEN WÄHLER, dass das ein Ende hat, und haben einen Gesetzentwurf zur Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 eingebracht. Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen eine weise Erkenntnis des neuen hessischen Kultusministers Alexander Lorz, die er vor zwei Tagen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gebracht hat, zur Kenntnis geben – ich zitiere –:
Ich gebe zu, wenn wir auf die Entwicklung jetzt zurückblicken, wäre es besser gewesen, wenn wir von Anfang an die Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 gelassen hätten. Dann hätte sich wahrscheinlich innerhalb von ein paar Jahren von selbst ein ausgewogenes Angebot ergeben.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen der CSU, wie Sie wissen, gehört Minister Lorz der CDU an und ist damit neben der Ministerin Kurth aus Sachsen der einzige verbliebene CDU-Minister, der sich überhaupt noch um die Schulen kümmert. Neben diesen beiden gibt es nur noch einen weiteren Unionsminister, der die Verantwortung für die Schulen hat: unseren Staatsminister Spaenle in Bayern, den ich jetzt herzlich begrüße. Ich muss aber leider feststellen: Während Minister Lorz aus Hessen selbstkritisch zurückschaut und einen Weg in die Zukunft beschreitet, stellt sich unser Staatsminister Spaenle stur und hält unbeirrt an seinem falschen Kurs zum Gymnasium fest.
Dass dieser Kurs falsch ist, untermauert auch ein Zitat des Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus vom 04.12.2013 in der "Mittelbayerischen Zeitung". Er sagt:
Das G 8 war ein Fehler. Die Politik wird das aber nicht eingestehen. Auch das Flexibilisierungsjahr in Bayern ist ja ein Flop, das hat keiner gewählt. Das war eine politische Schaufenstermaßnahme.
Herr Kultusminister Spaenle, wachen Sie endlich auf! Der bundesweite Trend ist eindeutig, und Ihr Argument mit dem Flächenstaat und der angeblichen Benachteiligung der ländlichen Räume durch die Wahlfreiheit der Gymnasien ist längst nicht mehr haltbar, denn genau das Gegenteil ist der Fall: In den ländlichen Räumen, beispielsweise in den Bezirken Niederbayern, Schwaben, Oberpfalz, gibt es ein eklatantes Auseinanderklaffen zwischen der Gymnasialeignung der Kinder und dem tatsächlichen Übertritt an das Gymnasium. Dazu stellt der Bildungsbericht Bayern 2012 fest – Zitat –: "Fast jedes zweite an die Realschule übertretende Kind ist gymnasialgeeignet."
Der bundesweite Trend geht zurück zum neunjährigen Gymnasium. Das wollen auch die bayerischen Bürgerinnen und Bürger, und ich muss ehrlich sagen: Ich wundere mich, dass unser Ministerpräsident – er ist noch nicht da –, der doch sonst so dreh- und wendefreudig ist und eine Koalition mit den Bürgern geschlossen hat, in dieser Sache nicht endlich die große Linie, die er immer gern vorzeichnet, auch seinem Staatsminister Spaenle vorgibt. In Bayern ist das Thema G 8/G 9 an allen Orten präsent, an denen Eltern und Schüler mit dem Gymnasium zu tun haben.
Nicht zuletzt haben sich bereits über 26.000 Menschen für das von uns angestrebte Volksbegehren ausgesprochen. Ein Volksentscheid ist wohl deswegen notwendig, weil die CSU vermutlich auch heute nicht bereit sein wird, eine Debatte ohne ideologische Scheuklappen und Vorfestlegungen zu führen. Aber heute hätten Sie noch die Möglichkeit umzukehren und unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ihr bisheriges Verhalten in dieser Diskussion ist enttäuschend; denn es kostet den bayerischen Gymnasiasten wiederum Zeit, die sie auf die Wahlfreiheit warten müssen.
Ich möchte eines deutlich feststellen: Wir FREIEN WÄHLER wollen keine Gemeinschaftsschule "light" mit Abituroptionen, wie sie SPD und GRÜNE anstreben, sondern weiterhin ein eigenständiges und starkes Gymnasium von Klasse 5 bis 13.
Wir wollen ein Gymnasium, das die notwendige Zeit zur Entschleunigung schafft, ein Gymnasium, das zu einem Universitäts- und Hochschulstudium befähigt und die Schülerinnen und Schüler studierfähig macht. Auch hierzu gibt es alarmierende Berichte. Der Altphilologe Gerhard Wolf von der Universität Bayreuth hat hierzu eine Befragung der Dozenten aller deutschen Hochschulen gemacht und stellt fest: "Verheerende Auswirkungen schreibe ich dem zutiefst inhumanen und leistungsfeindlichen Noten- und Tempo-Fetischismus unseres Schulsystems zu."
Meine Damen und Herren, wir wollen ein Gymnasium, das nicht nur Lerninhalte vermittelt, sondern auch die Persönlichkeiten unserer jungen Menschen bildet, das den schulischen Alltag entzerrt, das weniger Nachmittagsunterricht bringt und damit mehr Zeit für außerschulisches ehrenamtliches Engagement bietet.
Dass die Zeit reif ist, endlich wieder zur Alternative des neunjährigen Gymnasiums zurückzukehren, zeigt eine repräsentative Online-Umfrage des Bayerischen Rundfunks dieser Tage: Knapp 90 % haben dabei aktuell für den Kurs der FREIEN WÄHLER gestimmt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, es wird Zeit, dass Sie in sich gehen und sich heute anders entscheiden.
Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich dem nächsten Kollegen das Wort erteile, darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER zu diesem Gesetzentwurf namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt stehen noch mehrere Redner auf
der Rednerliste, sodass wir die nötige Zeit von 15 Minuten bis zum Abstimmungstermin einhalten können. Als nächster Redner hat der Kollege Lederer von der CSU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Wertes Präsidium, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Als ehemaliger Gymnasiallehrer und Mitglied des Bildungsausschusses freut es mich immer wieder, wenn sich Abgeordnete, Kolleginnen und Kollegen, vor Ort persönlich über die Auswirkungen und die Umsetzung der bayerischen Bildungspolitik informieren;
denn es ist wichtig, dass wir alle wissen, was Schüler, Lehrer und Eltern vor Ort über das denken, was wir hier im Landtag beschließen.
Vor Kurzem hat der Kollege Dr. Karl Vetter von den FREIEN WÄHLERN das Benedikt-Stattler-Gymnasium in Bad Kötzting besucht. Für den Kollegen Dr. Vetter war das sicherlich besonders interessant; denn der Schulleiter dieses Gymnasiums ist mit ihm zusammen neun Jahre lang im Gymnasium gewesen.
Der Besuch an diesem Gymnasium hatte natürlich das Thema G 8/G 9 zum Inhalt. In einem Pressegespräch sagte der Schulleiter zum Thema G 8:
Wir haben nur positive Erfahrungen mit der achtjährigen Gymnasialausbildung gemacht. Man muss nichts ändern, was so toll ist.
(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Dann darf er es behalten! Wir wollen eine Wahlfreiheit!)
Roith hob die Vorzüge des G 8 hervor und verwies dabei auf die Bedeutung von Persönlichkeitsbildung und außerschulischen Aktivitäten. Vetter pflichtete seinem langjährigen Freund insofern bei, dass er an diesem Vormittag in den Gesprächen mit Schülern, Elternvertretern und Lehrern einen ungetrübt positiven Eindruck gewonnen habe.