Die Herausforderungen sind enorm, aber auch die Chancen. Bei den erneuerbaren Energien wollen wir schneller höhere Anteile erreichen. Konkret wollen wir den Anteil der Stromversorgung in den kommenden zehn Jahren auf rund 50 % verdoppeln.
Insgesamt gilt es, das derzeitige Potenzial an technischer Bioenergie in Bayern unter Effizienzgesichtspunkten vollständig auszuschöpfen.
Meines Erachtens sollten wir uns bei der Förderung der Erzeugung von Biogas ausschließlich auf die Verwertung organischer Rest- und Abfallstoffe in Verbindung mit Kraft-Wärme-Kopplung konzentrieren. Dabei sollte möglichst die komplette Restwärme genutzt werden. Bei den Reststoffen müssen die Fördersätze entsprechend angepasst werden. Bei Gülle sind bereits erste Schritte bei den Kleinanlagen bis 75 Kilowatt eingeleitet worden.
Dies alles bedeutet aber auch die Überprüfung des nicht mehr zeitgemäßen Nawaro-Bonus. Die bereits aufgezeigte Flächenkonkurrenz bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln mit der daraus resultierenden Pachtpreisproblematik würde gemindert bzw. nicht mehr auftreten. Dies ist auch im Sinne vieler landwirtschaftlicher Betriebe.
Weitere Chancen liegen in der energetischen Verwertung von Holz. Hier gilt es insbesondere, auch Potenziale der Kurzumtriebsplantagen und Holzmobilisierung aus dem Kleinprivatwald zu nutzen. Mit dem bayerischen Energiekonzept sind hierzu entsprechende Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. Die Energieagentur "Energie innovativ" mit ihrer Geschäftsstelle im Wirtschaftsministerium ist hierbei die zentrale Anlaufstelle für Wirtschaft, Wissenschaft, Kommunen und Privatpersonen.
Lassen Sie mich zu einem anderen wichtigen Thema kommen: Ernährung und Ernährungsbewusstsein. Gesunde Ernährung und Bewegung halten fit, sind gesundheitsfördernd und machen Spaß. Falsche Ernährungsgewohnheiten hingegen, die in früher Jugend geprägt werden, führen zu erheblichen volkswirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Konsequenzen. Jeder Bürger ist für sich selbst verantwortlich; aber wir wollen nicht, dass durch Fehlverhalten unser Staatshaushalt für die kommenden Generationen belastet wird.
Der Aufbau bereichsübergreifender Partnerschaften und lokaler Aktivierungsnetze trägt dazu bei, das Zusammenspiel zwischen Ernährung und Landwirtschaft in der Gesellschaft bewusster zu machen, und geht damit in die richtige Richtung. Mit dem Kompetenzzentrum "Ernährung" wird Ernährungsbildung ganzheitlich vermittelt und stellt damit einen wesentlichen Schritt in die richtige Richtung dar.
Aber die Gesamtthematik geht darüber hinaus. Bei zunehmendem Ernährungsbewusstsein ergeben sich nämlich auch Chancen für die bayerische Landwirtschaft. Es zeigt sich bereits, dass regionale Produkte an Beliebtheit gewinnen. Auch der Biomarkt ist nach wie vor ein wachsender Markt. Die Verbraucher schätzen Lebensmittel, die in regionaler Erzeugung
produziert werden und aus artgerechter Haltung stammen. Wir wollen daher, dass neben der Forcierung von Agrarexporten, unter anderem durch die Marketingagentur, auch die regionale Vermarktung von Agrarprodukten durch entsprechende Initiativen vorangetrieben wird.
In diesem Zusammenhang brauchen wir aber eine Verbraucherethik. Aus der Bevölkerung werden Ansprüche an die Landwirtschaft gestellt; aber die Bereitschaft, für entsprechende Produkte mehr zu zahlen, ist vergleichsweise gering. Deshalb müssen wir dafür werben, dass die Menschen die Leistungen, die sie einfordern, auch bezahlen.
Auch müssen wir uns mit Fragen des Konsumentenverhaltens befassen. Sowohl aus ethischen als auch aus ökonomischen und ökologischen Gründen müssen wir Strategien entwickeln, um die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln zu verringern. Der Wert von Lebensmitteln muss stärker ins Bewusstsein gerückt werden. Aktuelle Aktionen wie Magerjoghurt für 29 Cent bei Lidl sind dabei nicht hilfreich. So war die Diskussion um das Mindesthaltbarkeitsdatum im vergangenen Jahr richtig und sehr wichtig. Wir müssen das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in deren eigene Urteilsfähigkeit weiter stärken. Es gilt außerdem, Regelungen für Handel und Industrie kritisch zu hinterfragen und bestimmte gesetzliche Beschränkungen bzw. Handelsnormen zu überprüfen.
Es gibt inzwischen sehr viel mehr Einzelhaushalte als früher. Um ein Gesamtbild zu erhalten, muss auch der Bereich Landwirtschaft in die Bewertung einbezogen werden. Die Sicherheit unserer Lebensmittel hat höchste Priorität. Ehec hat uns vor Augen geführt, dass für die Lebensmittelsicherheit nicht die Belastungen mit chemischen Produkten, beispielsweise mit Dioxin, das Hauptproblem sind, sondern die Keimbelastungen. Deswegen müssen wir dem Bereich Hygiene einen viel höheren Stellenwert einräumen als bisher.
Der Vermeidung von Antibiotikaresistenzen muss hohe Priorität eingeräumt werden. Wir haben daher die Staatsregierung aufgefordert, auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass Maßnahmen zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der landwirtschaftlichen Tierhaltung entwickelt werden. Wir brauchen nach meiner Auffassung auf europäischer Ebene ein Tierwohl-Label auf freiwilliger Basis, wie es von vielen gefordert wird. Dieses zeichnet Tierhaltung mit einem höheren Tierschutzstandard aus. Die Menschen, die diesen fordern, haben dann die Wahl und werden dann auch entsprechend mehr für diese Produkte zahlen.
Bayern ist das Land der Wälder. Der Wald dient der Erholung; er ist ein artenreicher Lebensraum und speichert das klimaschädliche Gas Kohlendioxid. Der Wald hat aber auch große wirtschaftliche Bedeutung. Die Forst-, Holz- und Papierbranche zählt nach wie vor zu den fünf wichtigsten Wirtschaftszweigen. Mit einem Gesamtumsatz von rund 37 Milliarden Euro und rund 190.000 Beschäftigten ist sie eine Schlüsselbranche gerade im ländlichen Raum.
Ziel ist es heute, unsere vielfältigen und leistungsfähigen Wälder insgesamt nachhaltig zu erhalten und weiterzuentwickeln, und dieses Ziel lässt sich nicht durch Flächenstilllegungen erreichen, wie es zunächst mit 5 % Herausnahme in der bundesweiten Waldstrategie vorgesehen war. Angesichts der sich weltweit ständig weiter verknappenden Rohstoffsituation und der Energiewende können wir es uns nicht mehr leisten, Flächen aus der Nutzung zu nehmen und im Gegenzug den Rest dafür vielleicht sogar noch intensiver zu bewirtschaften.
Ziel muss es vielmehr sein, die Wälder flächendeckend, nachhaltig und naturnah zu bewirtschaften und aus Gründen des Klimawandels beim Waldumbau weiter voranzukommen.
Zum Wald gehört auch das Wild. Wir müssen überlegen, wie wir dem zunehmenden öffentlichen Interesse an einem gesunden und artenreichen Wildbestand auch besser gerecht werden. Es besteht schließlich eine gewachsene Beziehung zwischen Wald und Wild; mit beiden ist verantwortungsvoll umzugehen. Das Wild und damit auch das Rotwild sind integraler Bestandteil des Wald-Ökosystems.
Deshalb wollen wir das Wild für die Bevölkerung wieder erlebbar machen. In Bayern können wir stolz auf das Rotwildvorkommen sein, aber dies gibt es nicht überall. Doch das Rotwild lebt in großräumigen Biotop-Verbundsystemen und nicht in beschränkten Gebieten. Hierfür werden wir uns einsetzen.
- Der Herr Vocke schreibt meine Reden nicht. - Das lernfähige Rotwild verlässt die Einstände auch bei Tageslicht, wenn es Wildruhezonen hat. Somit lässt sich Rotwild nicht nur im Fernsehen, sondern auch in der freien Natur erleben.
Zur Thematik Wald und Wild gefallen uns die Vorschläge aus Niedersachsen sehr gut. Hier haben sich alle Beteiligten - die Landesregierung, die Landesjä
gerschaft, die Jagdgenossen, die privaten Waldbesitzer sowie die Vertreter der öffentlichen Forstbetriebe erfolgreich zusammengesetzt und abschließend eine Erklärung unterzeichnet, wonach Wald und Wild zusammengehören.
Als Maßnahmen zu Verbiss- und Schälschäden sind zur Verjüngung der Hauptbaumarten regelmäßig gemeinsame Waldbegänge mit den Jagdpächtern vorgesehen. Dies ist meines Erachtens der richtige Schritt in die richtige Richtung.
Wichtig ist mir als Sprecher für den ländlichen Raum auch die Entwicklung des ländlichen Raums: Wie wird sich der Strukturwandel in Tempo und Umfang entwickeln, welche regionalen Unterschiede sind zu erwarten?
Wir alle wissen, dass wir vor erheblichen demografischen Veränderungen in den kommenden Jahren stehen, mit Auswirkungen in allen Lebensbereichen. Als aktive Antwort auf die Bevölkerungstrends hat die Bayerische Staatsregierung im November 2011 den "Aktionsplan demografischer Wandel" beschlossen. Hier geht es vor allem darum, im besonders betroffenen Raum die Infrastruktur zu stärken. Das halte ich für eine Grundvoraussetzung für die ländliche Entwicklung. Auch wollen wir den kommunalen Finanzausgleich in Bayern noch passgenauer für Kommunen mit abnehmender Einwohnerzahl gestalten. Ferner wird die eigenverantwortliche Entwicklung der Regionen und ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Regional-Management unterstützt.
Gerade in die strukturschwachen Gebiete fließen beträchtliche Mittel. Dies sind insbesondere Mittel der regionalen Wirtschaftsförderung, der Technologieförderung, der Breitbandförderung, der Tourismusförderung, der Dorferneuerungs- und Städtebauförderung und auch von LEADER. Jeder, der im ländlichen Raum lebt, weiß, wie wichtig diese Maßnahmen sind, und es zeigt auch, welche Priorität der ländliche Raum bei uns zu Recht genießt. Wir wollen im Sinne aller den ländlichen Raum nachhaltig stärken.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Brunner, ich habe Ihrer Rede aufmerksam und durchaus wohlwollend zugehört, denn Sie sind wirklich ein sympathischer Mensch. Leider muss ich konstatieren: Sie haben Ihre Chance verpasst. Sie haben die Chance verpasst, wirklich einen konkreten Blick in die Zukunft zu werfen; Sie haben die Chance verpasst, mehr als den Versuch zu unternehmen, dass Wort "Zukunft" so oft wie möglich in Ihrer Rede unterzubringen. Leider haben Sie sich wieder in Ankündigungen und schönen Worten erschöpft.
Das beginnt beim Titel Ihrer Rede. Darin heißt es: "Menschen gewinnen". Das ist bestenfalls zweideutig. Was meinen Sie damit? Sollen die Menschen im ländlichen Raum gewinnen? Dann erwarte ich mir eine Rede zum Thema regionale Wertschöpfung, zum Thema Verbesserung der Verdienstmöglichkeiten und vieles andere. Dazu haben Sie nichts ausgeführt. Oder meinen Sie, Sie möchten Menschen gewinnen, die im ländlichen Raum leben und dort wohnen bleiben? Dann erwarte ich mir von Ihnen auch, dass Sie die Abwanderung, den Kampf gegen Abwanderung und die Möglichkeiten, im ländlichen Raum Arbeitsplätze zu schaffen, ansprechen. Auch dazu haben Sie nichts gesagt.
Herr Minister, lassen Sie mich in Ergänzung meiner Kollegin Noichl noch einige Bereiche aus Ihrer Rede herausgreifen.
Ich fange mit dem Thema der Energiewende an. Sie sprechen sehr richtig davon, dass die Energiewende zu einem Konjunkturprogramm für den ländlichen Raum werden kann. Das sagen wir seit vielen Jahren. Das ist richtig, aber das funktioniert natürlich nur, wenn Sie hierbei auch ansprechen, dass es nur zu einer regionalen Wertschöpfung kommt, wenn sich die Energiewende in der Hand der Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit den Kommunen vor Ort vollzieht und wir hier nicht nur die Stellfläche für auswärtige Investoren bieten.
Was sagen Sie zum Thema Energiewende? Sie reden zum einen - das war Ihnen am wichtigsten davon, dass Sie das Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe in "Zentrum für die bayerische Energiewende" umbenennen wollen. Nun hat es in der Bayerischen Staatsregierung Tradition, Dinge, die
man nicht ändern will, zumindest umzubenennen. Das erweckt den Anschein von Aktivität, ohne dass etwas besser wird. Die Mittelschulen sind dafür das klassische Beispiel.
Aber auch hier erwarte ich von Ihnen Inhalte und Substanz. Wer erledigt die zusätzlichen Aufgaben, die dieses Zentrum bewältigen soll? Werden dafür andere Aufgaben des Zentrums gestrichen, oder wird es dort mehr Personal geben? Wer, bitte, bezahlt dann diesen Mehraufwand an Personal? Welche Zeitschiene haben Sie sich vorgestellt, um das Personal den neuen Aufgaben adäquat anzupassen? Hier allein auf das angebliche Wohlwollen des Finanzministers zu verweisen, erscheint mir doch sehr dünn.
Herr Minister, Sie sprechen von dem Potenzial von tausend Windrädern im Staatsforst. Das hören wir gerne. Uns fehlt nur eine Antwort darauf, wie diese Windräder dort auch gebaut werden. Sie reden sehr richtig vom Konsens, der mit den Bürgern hergestellt werden muss; ich verweise aber darauf, dass in jeder Bürgerinitiative gegen Windräder gerade Ihre Parteifreunde konsequent an der vordersten Front agieren. Vielleicht reden Sie mit denen auch einmal.
Momentan werden gerade das Landesplanungsgesetz und die Landesentwicklung debattiert. In diesem Bereich gäbe es viele Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger zu verankern. Leider geht der Weg hier genau in die gegenteilige Richtung.
Ich habe vorhin davon gesprochen, dass es nur ein Konjunkturprogramm für den ländlichen Raum wird, wenn wir einen Dreiklang zwischen regionaler Erzeugung, regionalem Eigentum an den Produktionsanlagen und regionaler Verteilung der erzeugten Energien zum Beispiel durch regionale Stadtwerke erreichen. Nur wenn alles in einer Hand ist, kann auch die Wertschöpfung in der Region bleiben. Der Windpark in Neumarkt in der Oberpfalz ist genau das, was wir nicht wollen. Wir haben die Windräder, und das Geld geht nach Oberbayern. - Entschuldige, Ludwig: an die Energiewende Oberbayern. Das ist nicht unsere Vorstellung von regionaler Wertschöpfung. Auch insoweit brauchen wir klare Richtlinien.
(Beifall bei der SPD - Tobias Thalhammer (FDP): Unternehmer wie Max Bögl vor Ort sind sehr intensiv mit dabei!)