Ferner möchte ich folgenden Punkt ansprechen, weil heute Kolleginnen immer wieder kritisiert haben, wir würden aus Heuchelei oder anderen Gründen keine echte Wahlfreiheit schaffen: Ich war heute beeindruckt von einem Interview unserer stellvertretenden Generalsekretärin Dorothee Bär, die das dritte Mal
Mutter wird. Dorothee Bär hat, so weiß man aus ihrer Biografie, einen anderen Weg gesucht. Sie hat gesagt - Zitat -: "Ich kämpfe dafür, dass sich andere Frauen nicht mehr rechtfertigen müssen für den Weg, den sie einschlagen." Diesen Mut achte ich sehr hoch. Das ist die echte Wahlfreiheit, die auch wir sicherstellen wollen.
Auch der folgende dritte Bereich ist besonders wichtig: Ich halte das Betreuungsgeld für richtig und notwendig. Sie haben vorhin gesagt, damit würden wir einen falschen Anreiz schaffen. Auch dieser Aussage möchte ich deutlich widersprechen. Dass man Hunderten bzw. Tausenden von Familien in Deutschland unterstellt, sie könnten ihre Kinder nicht richtig erziehen, halte ich für unsäglich und für eine Unverschämtheit. Diese Unterstellung und Stigmatisierung dieser Familien möchte ich nicht hinnehmen.
Darüber hinaus unterstellen Sie zwei Dritteln der Familien, die ihre Kinder nicht in eine Kinderkrippe geben wollen, dass sie nicht richtig erziehen könnten, den falschen Weg einschlügen, weil sie nicht diese Alternative wählten. Auch das kann ich nicht nachvollziehen und akzeptieren.
Ferner sprechen Sie davon, dass ein Kind, das nicht in die Kinderkrippe gehe, diese Bildungschancen nicht bekomme. - Wir sprechen hier von ein- und zweijährigen Kindern. Es geht hier um keine Diplomarbeit und weder um Englisch noch um eine Mathematikprüfung, wie Reserl Sem vorhin bereits betont hat, sondern um die Grundlagen. Wir wissen aus der Forschung - das wird wohl auch von Ihnen niemand bestreiten -, dass in diesem Zusammenhang vor allem die Bindung zu Personen wichtig ist; diese ist entscheidend.
- Nein, überhaupt nicht. Aber auch diejenigen, die sich entscheiden, ihr Kind nicht in die Krippe zu geben, sondern zu Hause oder im Familienkreis zu erziehen oder in die Nachbarschaftshilfe zu geben, haben sich das sehr wohl überlegt, weil auch sie eine Verantwortung übernehmen. Wir bieten in diesem Zusammenhang echte Wahlfreiheit.
Des Weiteren ist dankenswerterweise ausgeführt worden, dass das Betreuungsgeld nicht vor die Wahl stellt: Arbeit oder Betreuungsgeld - vielmehr geht beides zusammen.
- Natürlich gilt das. Es ist klipp und klar so, dass derjenige, der das Betreuungsgeld bekommt, sich selber entscheiden kann, wie er das Ganze organisiert. Die Frage ist nur, ob man eine staatliche Einrichtung oder einen Krippenplatz in Anspruch nimmt. Auch das stellen Sie immer wieder falsch dar. Selbstverständlich kann gearbeitet und eine Tätigkeit aufgenommen werden. Aber auch dabei ist die Wahlfreiheit gegeben, weil man als Mutter oder Vater selber entscheiden kann, wie man sich verhält. Sie wollen das den Eltern absprechen und die Familien dazu drängen, ihre Kinder in die Krippe zu geben, weil es nach Ihrer Ansicht ideologisch der einzig richtige Ansatz ist.
Frau Ackermann, ich gebe es beim dritten oder vierten Mal auf, es Ihnen zu erläutern; denn Sie haben uns wieder vorgeworfen, wir wollten das Betreuungsgeld einführen, um den vermeintlichen Fehlbedarf bei den Kinderkrippenplätzen zu kaschieren. Ich möchte Ihnen deutlich sagen: Das Deutsche Jugendinstitut hat im Jahr 2006 errechnet, dass wir für rund ein Drittel der Kinder unter drei Jahren einen Krippenplatz brauchen.
Des Weiteren wissen wir aus anderen Zusammenhängen, dass wir Nachholbedarf hatten. Christine Haderthauer ist heute nicht anwesend wegen einer lange geplanten Reise nach Schweden, auf der auch das Thema Betreuungsgeld erörtert wird. Als Christine Haderthauer und ich unser Amt antraten, lag in Bayern die Betreuungsquote bei 7 %, zwischenzeitlich beträgt sie 28 %. Nach den ersten Ergebnissen, die zwischenzeitlich aus drei fränkischen Regierungsbezirken vorliegen - ich kann es noch nicht für ganz Bayern sagen -, liegen wir in zwei von diesen drei Bezirken bei über 30 %. Damit haben wir unsere Quote also fast erreicht. Ich möchte den zuständigen Kommunen, die auf diesem Gebiet mit uns gemeinsam eine unglaubliche Aufholjagd betrieben haben, ausdrücklich danke schön sagen. Wir werden diese Quote am 1. August nächsten Jahres deutlich geschafft haben. Danke den Kommunen und allen, die dazu beigetragen haben!
Angeblich sei, wie Sie gesagt haben, die bayerische Wirtschaft auf Ihrer Seite und gegen das Betreuungsgeld. Ich darf Ihnen folgende Presseaussage vom 17. April zitieren: "Brossardt: ‚vbw’ entgegen SPDAussage nicht Kronzeuge gegen das Betreuungsgeld." Ich zitiere: Die vbw unterstützt alle Lösungsmodelle, mit denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert wird. In diesem Rahmen sind wir für einen weiteren Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder, vor allem für die Kinder unter drei Jahren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, nehmen Sie einfach zur Kenntnis: Die 340 Millionen des Bundes haben wir vollumfänglich eingesetzt. Zwischenzeitlich haben wir in unseren Haushalt weitere 600 Millionen Eigenmittel draufgelegt. Das ist die Erfolgsspur in Bayern. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Wir sind auf dem richtigen Weg.
Was mich ein wenig nachdenklich macht, sind die Zahlen, liebe Frau Kohnen, die Sie gebracht haben. Woher haben Sie diese Zahlen denn? Sie sprachen bei den Ganztagsangeboten von nur 5,9 % und wir stünden damit an letzter Stelle. Im Augenblick hören Sie mir leider nicht zu. Ich hätte allerdings doch ganz gerne von Ihnen gewusst, woher Sie diese 5,9 % nehmen. Wir liegen beim Ganztagsangebot derzeit bei knapp 30 %.
Wenn Sie mir Ihre Zahlen belegen können, gehe ich der Sache gerne nach. - Nun hören Sie mir wieder zu; dafür bedanke ich mich.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss noch ein paar Zahlen, um deutlich zu machen, dass wir es schaffen werden: Wir haben derzeit rund 85.000 Kinderkrippenplätze. Weitere 14.600 sind in der Entstehung. Probleme haben wir in München und Nürnberg; dort fehlen Tausende von Krippenplätzen.
Dort sind die Kinderkrippenplätze zudem sehr teuer. In diesem Bereich haben wir eine Fehlplanung der Kommunen, und dort hat die SPD das Sagen.
Demgegenüber haben wir insbesondere im ländlichen Bereich zahlreiche Kommunen, die eine Menge erreicht haben. Wir werden die Betreuungsquote von 30 % und mehr deutlich erreichen; das unterstreiche ich hier noch einmal. Möglicherweise schaffen wir das schon vor dem 1. August nächsten Jahres. Dafür ein Dankeschön in Richtung derer, die dafür zuständig sind.
Bayern hat gute Finanzierungskonditionen, mit denen die Kommunen ihren Rechtsanspruch erfüllen können, und zwar völlig losgelöst vom Betreuungsgeld. Für jeden Krippenplatz zahlt der Steuerzahler bei uns 1.000 Euro; künftig werden wir 100 Euro und später dann 150 Euro Betreuungsgeld zahlen. Wir wollen den Eltern, die sich gegen eine Krippe entscheiden, damit eine Unterstützung geben. Wir sehen im Betreuungsgeld ein Gegengewicht zum ideellen Sog hin zur Krippe, womit wir ein gesellschaftspolitisches Signal geben wollen.
Erlauben Sie mir zum Schluss eine Anmerkung aus einem Gespräch von heute Mittag. Eine auch jetzt anwesende Freiberuflerin hat mir heute Mittag erzählt, sie habe ihre Kinder großgezogen, ohne damals Betreuungsgeld zu erhalten. Sie wäre gerne in ihren Beruf wieder eingestiegen, konnte sich aber die Kinderkrippe bei ihrem Gehalt nicht leisten, weil die in München ausgesprochen teuer gewesen sei. Hätte sie ein Betreuungsgeld gehabt, so sagte sie mir, dann hätte sie es bei privater Betreuung Ihrer Kinder und mit Nachbarschaftshilfe geschafft, wieder in ihren Beruf einzusteigen.
Das ist die Aussage einer Frau, die sich echte Wahlfreiheit gewünscht hätte. Sie können darüber lachen und dagegen anschreien. Es ist die Wahrheit. Deshalb bitte ich Sie, die Anträge abzulehnen und unserer Auffassung zu folgen, dass das Betreuungsgeld Wahlfreiheit schafft. Ich danke Ihnen.
Herr Staatssekretär, ich bitte, noch einen Moment am Redepult zu bleiben. Es gibt noch einen Nachschlag. Ich habe mehrere Zwischenbemerkungen. Zunächst hat die Frau Kollegin Ackermann das Wort.
Herr Staatssekretär, ich möchte Ihnen noch einmal veranschaulichen, worin Ihre hoch gepriesene Wahlfreiheit besteht. Ihre Wahlfreiheit besteht darin, dass ich einerseits als Eltern mein Kind zu Hause behalten kann und Betreuungsgeld bekomme, andererseits auch eine Tages
mutter einstellen kann, egal welche Qualifikation sie hat, und auch dann das Betreuungsgeld bekomme.
Ich darf aber nicht mein Kind in die Krippe schicken; denn dann bekomme ich kein Betreuungsgeld. Das ist Ihre Wahlfreiheit.
Daran anschließend möchte ich Sie fragen, wie Sie sich als alleinerziehender Vater oder als ein Mensch, der wenig Geld hat, verhalten würden, wenn Sie einerseits 150 Euro bekämen und andererseits, wenn Sie ein Kind in die Einrichtung schicken, 300 Euro zahlen müssten. Wofür würden Sie sich entscheiden, Herr Staatssekretär?
Damit Sie nicht zu fröhlich werden, Herr Staatssekretär, möchte ich Ihnen sagen, dass in Nürnberg der schlechte Ausbau der Kinderkrippen darauf zurückzuführen ist, dass dort die CSU die Mehrheit hat.
Frau Kollegin Ackermann, es ist langsam nicht mehr erträglich, dass Sie ständig unterstellen, wir würden in Bayern auch nur einen einzigen Krippenplatz verhindern wollen. Es gibt kein Bundesland, das so viel Geld für den Krippenausbau wie der Freistaat Bayern zur Verfügung stellt, auch aus dem eigenen Haushalt.