Protocol of the Session on April 18, 2012

Dass Sie konventionelle Landwirtschaft und Biobauern auf eine Stufe stellen, Herr Minister, ist nicht korrekt. Sie wissen genauso gut wie ich, dass eine Vielzahl von Untersuchungen belegten, dass Pestizidrückstände in Bioprodukten, wenn überhaupt, nur in einem verschwindend geringen Maße vorhanden sind im Vergleich zu konventionell erzeugten Produkten, ganz zu schweigen von den gesellschaftlichen Folgekosten. Biobauern verursachen weder eine erhöhte Nitratbelastung noch sind sie für Pestizidrückstände im Grundwasser verantwortlich. Damit ersparen sie der Wasserwirtschaft und den Bürgern hohe Kosten für Verdünnung und Beseitigung.

Ansonsten halte ich Ihr Landesprogramm zum Ökolandbau für gut. Allerdings hätte es einige Jahre früher kommen müssen; denn der Trend, dass die Nachfrage nach Biolebensmitteln stärker steigt als die Produktion, ist nicht neu. Wir haben inzwischen viele Marktanteile auf diesem Feld verloren. Ich muss zugeben, dass das Ziel einer Verdoppelung der Bioproduktion in Bayern bis zum Jahre 2020 durchaus ambitioniert ist. Es gab aber schon einen Ministerpräsidenten, der das auch erreichen wollte. Das ist nicht ganz gelungen. Unsere Unterstützung dafür haben Sie.

Noch eine Anmerkung dazu: Dass Sie das Bio-Kulap gekürzt haben, hat den Staat nicht reich und die Bio

bauern nicht arm gemacht, aber es war einfach das falsche Signal. Ich habe übrigens noch einen Vorschlag, wie Sie auf einfache und preiswerte Art und Weise etwas für den Ökolandbau in Bayern tun können: Stellen Sie doch die Kantinen in Ihrem Ministerium und in anderen staatlichen Behörden auf Biokost um. Das hätte Vorbildcharakter und damit Auswirkungen; denn wenn es beim Minister Bio gibt, dann muss das gut sein.

Auf die Gentechnikfreiheit gehen Sie leider nur in einem Satz ein, nämlich, dass die Menschen gentechnikfreie Lebensmittel wünschen. Sie nennen das im Zusammenhang mit dem unterstützenswerten Aktionsprogramm "Heimische Eiweißfuttermittel". Ich will offen sagen, dass das mehr als enttäuschend ist: kein Wort zur Gentechnikfreiheit in Bayern, kein Wort zu Nulltoleranz und kein Wort zur Gentechnikforschung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gentechnikfreies Soja aus Brasilien zu beziehen, ist derzeit noch kein Problem. Sie haben vor Kurzem erst eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Soja in Bayern, Deutschland und Europa herzustellen, dient dem Schutz der südamerikanischen Regenwälder. Entgegen den Beteuerungen unserer Gesprächspartner in Brasilien wird nach wie vor tropischer Regenwald für den Sojaanbau abgeholzt. Nach einer Meldung von AFP der letzten Tage wurden in den ersten drei Monaten dieses Jahres 388 Quadratkilometer Amazonas-Regenwald gerodet und damit dreimal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Noch etwas: Wenn wir einheimische Eiweißfuttermittel fördern wollen, dann dürfen wir den Grünlandumbruch nicht zulassen, sondern dann müssen wir das Grünland erhalten.

Zu Ihren Ausführungen zum verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen: Ihre Aussagen, wir könnten es uns in Bayern nicht mehr leisten, täglich mehr als 20 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche für den Bau von Straßen und Siedlungen zu verlieren, geht mir runter wie Öl. Ich darf Sie trotzdem fragen: Wer will eine dritte Startbahn? 1.000 Hektar für die Startbahn, 800 Hektar für die Ausgleichsflächen. Wer will eine Isentalautobahn? Wer setzt auf den Neubau von Straßen statt auf den Unterhalt bestehender? Wer hat erst vor Kurzem den Bau von Supermärkten auf der grünen Wiese erleichtert? Wenn ich es richtig sehe, waren das CSU und Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie in diesem Zusammenhang der Revitalisierung der Ortskerne klaren Vorrang einräumen, dann würde ich mich freuen, wenn wir uns auf eine Regel

einigen könnten: Wer einen Supermarkt auf der grünen Wiese baut, hat den Anspruch auf Städtebauförderung und eine Förderung im Rahmen der Dorferneuerung verwirkt. Es kann nicht sein, dass die Gemeinden durch den Bau von Einzelhandelsobjekten auf der grünen Wiese ihre Ortskerne entwerten und der Staat dann viel Geld dafür ausgibt, damit diese wiederbelebt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sprechen von einem intelligenteren Flächenausgleich und schlagen die Anerkennung ökologisch genutzter Flächen vor. Damit regen Sie gewissermaßen ein neues Geschäftsmodell für Biobauern an. Die Biobauern können sich dann die ökologisch bewirtschafteten Flächen gegen Bares als Ausgleichsflächen anrechnen lassen.

Herr Minister, Sie fordern weniger Flächenverbrauch, meinen aber lediglich weniger Ausgleichsflächen. Doch so geht das nicht. Dabei ist die Logik eigentlich einfach: Wenn wir keine Flächen versiegeln, brauchen wir auch keine Ausgleichsflächen. Das müssten eigentlich auch Sie verstehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um es in Zahlen zu formulieren: Seit 1980 fielen in Bayern 200.000 Hektar Land dem Siedlungs- und Straßenbau zum Opfer. Im gleichen Zeitraum wurden aber nur gut 45.000 Hektar Ausgleichsflächen ausgewiesen.

Herr Minister, leider lassen Sie sich hier vor den Karren einer erbärmlichen Aktion des Bayerischen Bauernverbandes spannen, bei dem es nicht um Flächeneinsparung, sondern lediglich um eine Ausweisung von weniger Ausgleichsflächen geht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Füracker, Sie sagen, weil wir auf den Nahrungsmittelmärkten so viele Überschüsse haben, sei es gut, Biogas und nachwachsende Rohstoffe zu fördern. Mit der gleichen Argumentation kann ich aber auch sagen: Dann macht es auch nichts, wenn wir Ausgleichsflächen wegnehmen, denn auch dadurch wird der Nahrungs- und Lebensmittelmarkt entlastet.

(Zuruf: Das ist etwas anderes!)

Sie haben vorhin nicht mit der Wertschöpfung argumentiert, nur damit, dass wir die Märkte entlasten.

Kommen wir auf die EU-Agrarreform zu sprechen. Ich finde es sehr schade, dass Sie sich nur auf die ökologischen Vorranggebiete einlassen und den Rest aus

sparen, obwohl wir wissen, dass die EU-Agrarpolitik in Bayern eine große Bedeutung hat und viele unserer Programme mit den dort eingesetzten Mitteln überstrahlt werden.

Die 7 % ökologischer Vorrangflächen sind nicht per se eine Flächenstilllegung. Ich kann es gerne anhand meines eigenen Betriebs erläutern: Wenn ich die Hecken und Landschaftselemente auf meinem Betrieb zusammenzähle, komme ich leicht auf 7 %. Es gibt in Bayern sicher viele Betriebe, bei denen es genauso ist. Es gibt natürlich auch Betriebe, die in den letzten 20 Jahren wegen des betrieblichen Wachstums alle Hecken beseitigt haben. Ich finde es gut so, dass diese Betriebe neue Hecken pflanzen müssen. Ich sehe die Vorrangflächen eher als Standortvorteil, da wir sicher mehr vorzuweisen haben als viele andere Bundesländer. Schließlich gibt es auch in der Schweiz seit zehn Jahren 7 % Vorrangflächen mit dem Ergebnis, dass es mit Ausnahme nur weniger intensiv genutzter Gebiete keinerlei Probleme gibt.

Einen Widerspruch sehe ich in Ihren Aussagen insofern, als Sie sagen, dass es im Waldbau 300 Jahre Philosophie der Nachhaltigkeit gebe. Gleichzeitig sagen Sie, dass man den ökologischen Nutzen des Waldumbaus für die Ausgleichsfläche anrechnen müsse. Wenn man schon 300 Jahre vorher nachhaltig gewirtschaftet hat und auch jetzt nachhaltig wirtschaftet, dann weiß ich nicht, wo der zusätzliche Nutzen sein soll.

Die Bergwaldoffensive wird von uns grundsätzlich unterstützt. Leider ist die Bergwaldoffensive in ihren Anfängen sehr erschließungslastig. Man hat für den Wegebau viermal soviel Fläche versiegelt wie neu aufgeforstet. Auch wenn dieses Verhältnis dem Start der Bergwaldoffensive geschuldet ist, müssen sich diese Verhältnisse deutlich ändern. Schließlich soll die Bergwaldoffensive kein Forstwege-Programm werden.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Die Mitarbeiter, die nur befristete Arbeitsverträge hatten, haben Sie mit der Entscheidung, ob diese Verträge verlängert werden, lange hängen lassen. Das ist nicht der richtige Umgang mit Mitarbeitern und dient nicht ihrer Motivation.

"Der Wald ist unser Schatz", da bin ich mit Ihnen einer Meinung. Aber Sie wissen, wie das mit Schätzen ist: Sie werden gerne geplündert. Bei aller Freude über die zunehmende Nutzung des Waldes als Energieträger und Baustoff müssen wir darauf achten, dass wir den Bogen nicht überspannen und nicht mehr nutzen, als nachwächst.

Ferner führen Sie an, dass es 700.000 Waldbesitzer gebe. Davon sind knapp 600.000 urbane Waldbesitzer, von denen viele nicht einmal wissen, wo ihre Wälder liegen. Damit haben wir ein wunderbares Programm der Flächenstilllegung im Wald, wenn wir nicht daran rühren. Es mag regional unterschiedlich sein, aber da gibt es ein Programm der Flächenstilllegung, ohne dass es etwas kostet und dazu etwas getan werden muss.

Herr Füracker, zu Ihrer Behauptung, wir wollten jedes Reh abschießen, sage ich Ihnen: Wir GRÜNE setzen uns dafür ein - da unterscheiden wir uns von der CSU -, dass dem Waldgesetz Genüge getan wird. Die Naturverjüngung der Hauptbaumarten muss ohne Schutz möglich sein. Aber das ist in vielen Revieren nicht der Fall. Es mag sich dabei im Flachland um einen minder schweren Fall handeln. Aber es kann auf Dauer nicht so weitergehen, dass die Hirsche im Schutzwald, in den der Staat jährlich Millionen steckt, wieder alles wegfressen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie preisen unsere Landwirtschaft als Garant für mehr Biodiversität und Artenvielfalt. Das mag für manche Teile Bayerns noch stimmen, für andere Teile stimmt dies aber nicht mehr. Herr Minister Brunner, wenn Sie von München nach Hause fahren, kommen Sie garantiert regelmäßig an Maissteppen und kilometerlangen Mais-Monokulturen vorbei. Sie haben mit Biodiversität und Artenvielfalt nicht mehr viel zu tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich zitiere aus einem Bericht zum Artenschutzprogramm des Landkreises Aichach-Friedberg. Darin wird ausgeführt: "Der Rückgang des Dauergrünlandes im Landkreis hält kontinuierlich an und konnte mit Ausnahme einiger Feuchtwiesen auch durch das Angebot von Extensivierungsprogrammen kaum mehr gebremst werden." Artenreiches Wirtschaftsgrünland sei nur selten zu finden, teilweise in verarmten Ausprägungen in isolierter Lage.

Die wichtigste Ursache für die Gefährdung und den Rückgang liegt einerseits in der höheren Nutzungsintensität, andererseits in der Nutzungsaufgabe oder ertragsarmen und schwierigen Bewirtschaftung. Herr Minister, jetzt haben wir das Grünland zum dritten Mal: erstens als CO2-Speicher für den Klimaschutz, zweitens als Eiweiß-Futtermittel und drittens als Garant der Biodiversität. Aber Sie bringen es nicht fertig, in Bayern ähnlich wie in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ein Verbot für den Grünlandumbruch zu erlassen.

Lassen Sie mich zur Bildung zwei Sätze sagen: Wir haben für Haupterwerbsbetriebe ein hervorragendes, aber für Nebenerwerbsbauern, die in Bayern in der Mehrzahl sind, ein völlig unzureichendes Bildungssystem. Bei den derzeit von Ihnen so hoch gelobten Ausbildungszahlen werden wir in den nächsten Generationen 30.000 Landwirte mit einer landwirtschaftlichen Grundausbildung - sprich einer Gehilfenprüfung haben. Da denken wir uns nichts; denn im Augenblick gibt es in Bayern 115.000 Landwirte, und in der nächsten Generation werden es ein paar weniger sein. Stellen Sie sich vor, was ein Handwerker zu seinem Berufsstand sagen würde, wenn nicht einmal ein Drittel der aktiven Betriebe eine Gehilfenprüfung oder ähnliche Qualifikation hätte. Die BiLa-Kurse haben mit einer halbwegs fundierten Berufsausbildung wenig zu tun. Die zwei Alp- und Almwirtschaftsakademien sind eher ein Schritt in die richtige Richtung, den wir aber noch konsequent ausbauen müssen.

Herr Kollege Sprinkart, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hallitzky?

Sehr geehrter Herr Kollege Sprinkart, wie bewerten Sie die Tatsache, dass der bayerische Ministerpräsident, während Sie sich jetzt abmühen, auf die Regierungserklärung des Agrarministers eine vernünftige Antwort zu geben, zusammen mit dem bayerischen Agrarminister und den leitenden Mitarbeitern des Ministeriums eine Privataudienz feiert und seit mehr als einer Viertelstunde nicht zuhört?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Zwischenfrage ist erlaubt, weil es sich nicht um eine Zwischenintervention handelt. Deswegen darf der Kollege antworten.

Herr Kollege Hallitzky, das Ergebnis wird sein, dass der Landwirtschaftsminister nach diesem Abgang relativ orientierungslos durch die Landschaft läuft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die BiLa-Kurse haben also mit einer fundierten Ausbildung wenig zu tun. Wir müssen für die Nebenerwerbsbetriebe konsequent eine Ausbildung anbieten, sonst können sie die rasante Entwicklung in der Landwirtschaft nicht mithalten.

Sie kündigen einen Forschungsschwerpunkt "artgerechte Tierhaltung" an. Wenn Ihre Aussagen zum

ökologischen Landbau ernst gemeint sind, erwarte ich auch einen Forschungsschwerpunkt "Ökolandbau".

Herr Minister, ich teile Ihre Meinung, dass die Energiewende gute Chancen für den ländlichen Raum bietet. Aber ob sie gleich ein Konjunkturprogramm wird, ist eine andere Frage. Wenn, dann wurde zumindest ein Teil dieses Konjunkturprogramms durch die überzogenen Eingriffe bei der Photovoltaikförderung mit Zustimmung der CSU - so viel zur Verlässlichkeit der CSU! - bereits wieder zurückgenommen. Dabei hätten auf den Dächern der Bauernhöfe, aber auch der Privathäuser noch so viel Photovoltaikanlagen Platz gehabt.

Tausend Windkraftanlagen im Staatsforst sind ein ambitioniertes Ziel, für das Sie unsere volle Unterstützung haben. Das gilt umso mehr, wenn der Großteil dieser Anlagen in Bürgerhand sein wird. Da müssen wir nur noch die Menschen vor Ort überzeugen, dass das gut ist.

Zum Thema wettbewerbsfähige Land- und Forstwirtschaft preisen Sie Ihre "grünen Zentren" an. Eines erscheint mir sicher: Die Reform der Verwaltungsreform, die Sie in den letzten beiden Jahren vollzogen haben, war nicht zielführend. Die Rückmeldungen aus den "grünen Zentren" zeigen eher das Bild von Mitarbeitern, die noch immer nicht verstehen, was dadurch eigentlich besser geworden sein soll.