Protocol of the Session on March 27, 2012

Dr. Fahn fragt nach der Integration in Bayern - auch das ist wichtig: 125 Stunden. Günther Felbinger: Briefverkehr von staatlichen Behörden - eine zentrale Frage: 53 Arbeitsstunden. Ich sage es nur, weil von Ihrer Seite ein solcher Vorwurf erhoben wird. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits 3.856 Schriftliche Anfragen gehabt. In der vergangenen Legislaturperiode waren es insgesamt nur 2.900.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)

Ich will es nur sagen; das ist ja auch in Ordnung. Auch das wird alles beantwortet. Es ist aber lächerlich, heute eine Diskussion über die Frage zu führen, ob die parlamentarische Demokratie gefährdet ist.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Noch eine letzte Bemerkung zu dem Thema Regierungserklärung: Wir diskutieren das im Ältestenrat, Frau Präsidentin, in jeder Sitzung. Ich glaube, es ist schon richtig, dass die Regierung ihre Positionen zu den einzelnen Themen nicht draußen über die Medien darstellt, sondern dass sie mit diesen Themen ins Parlament kommt. Da ist der richtige Platz. Der Kollege König hat darauf hingewiesen. Ich bitte Sie auch darum, dass das so beibehalten wird. Ich halte es für falsch, wenn draußen über die Medien diskutiert wird. Aus Respekt vor dem Parlament ist es richtig, dass grundsätzliche Erklärungen zu einzelnen Themen hier im Parlament abgegeben werden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Lieber Kollege Streibl, ich weiß nicht, was Sie bei diesem Antrag geritten hat, in dem Sie von einer Gefährdung der parlamentarischen Demokratie sprechen und an deren Existenz auch noch zweifeln.

Wir sollten uns mit den zentralen Fragen des Landes beschäftigen. Dazu gehört der Haushalt, dazu gehört das Thema Breitband und dazu gehört das Thema Energiewende. Sich damit zu beschäftigen ist wesentlich klüger, als eine Aktuelle Stunde mit einem solchen Thema zu vergeuden.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die SPD-Fraktion darf ich jetzt Herrn Kollegen Güller das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich will gar nicht damit anfangen, die Diskussionen aus dem Ältestenrat und darüber, wer wann und wo in welchen Gremien was gesagt hat, hier fortzusetzen. Ich stelle eines fest: Im Ältestenrat hätten wir Verständnis dafür gehabt, dass Herr Minister Söder nach Berlin muss, wenn uns gesagt worden wäre, zu welchem Termin und auf wessen Einladung er dorthin muss und ob der Termin verschiebbar oder nicht verschiebbar ist. Genau auf diese Frage habe ich ausweislich des Protokolls keine Antwort bekommen.

(Georg Schmid (CSU): Das haben wir vorgetragen!)

Deswegen hat Kollege Streibl auch in einer gewissen Weise recht. Warum soll er seine Aktuelle Stunde, die Aktuelle Stunde der FREIEN WÄHLER, verschieben, wenn Sie nicht einmal sagen, zu welchem Termin und auf wessen Einladung Herr Söder nach Berlin fährt?

(Georg Schmid (CSU): Das ist begründet worden!)

Ich will jetzt nicht zu kleinteilig werden.

Herr Schmid, Sie haben gerade ein paar Beispiele für Schriftliche Anfragen gebracht, die entweder zu umfänglich sind oder von der Staatsregierung als Schmarrn abgetan werden. Der Staatsregierung steht es aber nicht zu, zu sagen, ob eine Anfrage Schmarrn ist oder nicht. Sie ist zu beantworten.

(Beifall bei der SPD)

Ich stelle fest, dass zum Beispiel eine ganz einfache Schriftliche Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema GBW innerhalb der Vier-Wochen-Frist nicht beantwortet worden ist. Wir haben diese Frage eingereicht, weil Herr Minister Söder behauptet hat, dass die Übernahme der Wohnungen durch den Freistaat laut einer Aussage der EU rechtlich nicht zulässig und auch stiftungsrechtlich nicht zulässig sei. Eine ganz einfache Anfrage wurde innerhalb der Vier-WochenFrist nicht beantwortet. Wir mussten die Beantwortung durch die Präsidentin anmahnen lassen, und erst nach sechs Wochen kam die Staatsregierung mit einer ganz lapidaren Antwort, selbstverständlich wäre das alles möglich und das würde auch im Gesetz stehen. Ich halte es für eine Missachtung des Parlaments, wenn die Staatsregierung Anfragen so lapidar beantwortet oder sie nur dann beantwortet, wenn sie ihr ins Konzept passen.

(Beifall bei der SPD)

Nur drei Anmerkungen genereller Art zum Thema Parlamentsverständnis der Staatsregierung.

Ich habe großes Verständnis dafür, dass es in dieser Legislaturperiode bereits 25 Regierungserklärungen brauchte, um Ihr Regierungshandeln zu erklären. Dafür habe ich vollstes Verständnis.

(Georg Schmid (CSU): Die wurden zum Teil auch von euch gefordert!)

25 Regierungserklärungen waren notwendig, und das meiste ist immer noch nicht erklärt. Ärgerlich ist dabei, dass Sie diese Regierungserklärungen immer genau dann ansetzen, wenn Medienbeteiligung zu erwarten ist, während alle anderen Anträge, die die Fraktionen stellen, auf andere Zeiten verschoben werden. Ich kritisiere nicht die Zahl der Regierungserklärungen. Ich kritisiere nur, dass Sie die verfassungsrechtliche Bestimmung, nach der die Staatsregierung zu jeder Zeit das Wort ergreifen darf, so auslegen, dass mit den Worten "zu jeder Zeit" auch die Uhrzeit gemeint ist. Das Parlament kann seine eigenen Anträge dann abends um zehn Uhr oder elf Uhr diskutieren. Sie nehmen sich aber die Prime Time um 14 Uhr nachmittags. Das ist der erste Punkt.

Ein zweiter Punkt. Als eine Missachtung des Parlaments betrachte ich auch das Verhalten des Herrn Ministerpräsidenten. Herr Detsch, teilen Sie es bitte dem Herrn Ministerpräsidenten auch mit. Wenn dieses Plenum hier mit einer Aktuellen Stunde oder auch einer Diskussion über einen Antrag zu tagen beginnt, kommt der Herr Ministerpräsident ziemlich genau fünf Minuten später, nachdem er draußen im Steinernen Saal Hof gehalten hat, damit die Journalisten nicht oben auf der Tribüne sitzen, sondern draußen danach lechzen, ob der Ministerpräsident irgendeine neue Kehrtwende in einer bundespolitischen Angelegenheit macht. Das halte ich für eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei der FDP)

Es wäre schön, wenn wir in Zukunft nicht so weitermachen würden.

Eine letzte Bemerkung. Der Kollege Streibl hat das Verhältnis zwischen Stimmkreis und Wahlkreis angesprochen. Daraufhin gab es einen Zwischenruf des Kollegen Georg Schmid, der gesagt, hat, der eine ist ein Stimmkreisabgeordneter und der andere ein Wahlkreisabgeordneter. Hierzu stelle ich klar und eindeutig fest: In der Bayerischen Verfassung gibt es keine Abgeordneten des Bayerischen Landtags erster und zweiter Klasse.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der FDP)

Wir sind alle gewählte Abgeordnete des bayerischen Volkes, und deswegen haben wir auch den gleichen Anspruch auf Information durch die Staatsregierung. Wir haben alle den gleichen Anspruch, Informationen zu bekommen, und auch die gleichen Möglichkeiten, dazu Stellung zu nehmen. Herr Kollege Schmid, Sie haben eindeutig das bestätigt, wie wir bei Anfragen von der Staatsregierung manchmal behandelt werden. Wir haben schon mehrfach nach den Unterschieden zwischen Stimmkreisabgeordneten und Wahlkreisabgeordneten gefragt. Wir haben immer wieder gefragt, ob es da zweierlei Recht gibt. Wir haben immer wieder die Antwort bekommen, dass es natürlich nicht zweierlei Recht gibt, sondern dass Stimmkreis- und Wahlkreisabgeordnete ganz genau gleich behandelt werden. Die Realität ist eine andere, und die haben Sie eindrucksvoll bestätigt, aber nicht im Sinne der parlamentarischen Demokratie.

(Beifall bei der SPD - Georg Schmid (CSU): Der andere, der hundert Kilometer weg ist, weiß doch nicht so gut Bescheid!)

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Gote das Wort.

Sehr verehrte, liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Klima im Landtag wird regelmäßig rauer, wenn es auf die Wahlen zugeht. Das kennen wir schon. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, kennen es noch nicht. Das ist ganz normal. Dass man aber, wie wir es jetzt erlebt haben, die Geschäftsordnung im Dissens zuungunsten der Opposition verändert, hat eine neue Qualität.

(Georg Schmid (CSU): Die ist doch nicht verändert worden! - Thomas Hacker (FDP): Erst habt ihr zugestimmt, dann habt ihr plötzlich eine Kehrtwende gemacht!)

An vielen kleinen Stellen merken wir, dass es diesmal besonders schlimm werden wird. Das ist nicht wirklich überraschend. Es ist die Arroganz der Mehrheit. Das kann ich gut verstehen.

(Georg Schmid (CSU): Das ist unfair!)

Sie haben eben wieder ein beredtes Beispiel dafür gegeben. Jetzt müssten Sie sich aber aufregen, Herr Kollege. Ich würde mir viel mehr Sorgen darüber machen, wie brüchig Ihre Mehrheit schon ist. Damit meine ich jetzt nicht meinen lieben Kollegen Thomas Hacker. Ich haue jetzt nicht auf die FDP ein. Das tun

andere schon zur Genüge. Wie brüchig die Mehrheit aufseiten der CSU-Fraktion ist, sieht man daran, wie oft Sie namentliche Abstimmungen beantragen müssen, weil Sie Ihre Leute im Parlament gar nicht mehr zusammenhalten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der letzten Sitzung provozierten Sie trotz eines offensichtlich eindeutigen Abstimmungsergebnisses einen Hammelsprung. Selbst dazu waren Sie nicht imstande. Herr Kreuzer musste aus der Regierung den Schriftführern noch beispringen und ihnen sagen, was zu tun ist. Darüber müssten Sie sich aufregen, das müsste Ihnen Sorge machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die CSU-Fraktion unterscheidet nur schwer zwischen Exekutive und Legislative. Da haben Sie mit der Aktuellen Stunde Recht. Auf ihrer Facebook-Seite bezeichnet sich die CSU-Fraktion selbst als Regierungsinstitution. Das kann sich schnell ändern. Das ist jetzt schon falsch. Vielleicht sollten Sie diesen Eintrag vorsorglich schon einmal ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Anfragen werden nicht oder nur unzureichend beantwortet. Das stimmt. Sie werden oft einfach nur frech beantwortet. Fristen werden nicht eingehalten. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz wird nicht eingehalten. Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Universitätsklinikagesetz. Es wurde uns überhaupt nicht zugeleitet. Es stand schon in der Zeitung. Die Universität Bayern e. V. und alle anderen haben schon Stellung genommen, wir haben es aber noch nicht einmal gehabt. Vom Minister wurde auch schon bestätigt, dass dieses Verfahren falsch war. Tischvorlagen müssen wir ertragen. Das hatten wir heute auch schon. Dass der Erklärungsbedarf dieser Staatsregierung ansteigt, kann ich gut nachvollziehen. Hundert Regierungserklärungen würden nicht reichen, um das Vorgehen dieser Regierung zu erklären.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie alle miteinander auf der Regierungsbank, die jetzt wieder nicht besetzt ist, und Sie in der Mehrheitsfraktion und in der Koalition haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Sie nutzen Ihre Mehrheit nämlich nicht mit Verstand.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie nutzen die Mehrheit ohne Verstand. Damit stoßen Sie nicht nur den Landtag, die Kolleginnen und Kollegen, vor den Kopf, sondern auch die Bürgerinnen und

Bürger. Die wollen keine Selbstdarstellung mehr. Die wollen Diskurs, Einbindung und Mitwirkung. Die wollen beteiligt werden. Die Bürger fordern eine Politik des Gehörtwerdens. Das ist heute angesagt: Eine Politik des Gehörtwerdens und keine Politik von oben herab. Herr Seehofer reist in die Schweiz, um zu lernen, wie Bürgerbeteiligung geht. Ich sage Ihnen: Das reicht nicht. Das können Sie hier im Landtag üben. Das können Sie hier umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Ihnen gelingt es noch nicht einmal, im Parlament einen demokratischen Entscheidungsprozess zu gestalten und durchzuführen.

Die Zeiten der allwissenden Staatsregierung hat es nie gegeben. Jetzt gibt es sie noch weniger. In Zukunft wird es sie auch nicht geben. Das wissen Sie eigentlich schon selbst. Nutzen Sie doch endlich die Expertise der Bürgerinnen und Bürger. Nutzen Sie die Expertise dieses Landtags, aller Kolleginnen und Kollegen hier im Haus. Beispiele gibt es viele. Wir haben Jahr für Jahr unzählige Anträge zur Energiewende gestellt. In der Hochschulpolitik folgen Sie uns mit der Öffnung der Hochschulen langsam. Wir könnten mit der Inklusion schon viel weiter sein, wenn Sie auf uns gehört hätten. In der Diskussion um die Kulturpolitik dackelt die CSU dem nach, was unser Kollege Dr. Sepp Dürr schon längst gefordert hat.