Protocol of the Session on March 15, 2012

(Franz Maget (SPD): Wie wollen Sie das denn machen?)

Damit Eltern eine optimal auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Teilhabe an Arbeit ermöglicht wird, stellen wir mit der bundesweit besten Förderung sicher, dass unsere bayerischen Kommunen ein leistungsfähiges und qualitativ hochwertiges Kinderbetreuungsangebot bieten können. Mehr als eine Milliarde Euro stellt der

Freistaat jährlich für die Kommunen allein für die Betriebskostenförderung der Kindertageseinrichtungen zur Verfügung.

Weil junge Eltern zu Recht Wert auf die Qualität in der Kinderbetreuung legen, sorgen wir für kleinere Gruppen. Vom nächsten Kindergartenjahr an gilt der auf 1:11,0 abgesenkte Mindestanstellungsschlüssel. Erstmals übernehmen wir dabei auch den kommunalen Anteil dieser Verbesserung.

Gleichzeitig kommt der Einstieg in das kostenfreie dritte Kindergartenjahr, indem wir ab September 2012 die Eltern um 50 Euro monatlich und ab September 2013 um 100 Euro monatlich entlasten. Insgesamt sind es 185 Millionen Euro pro Jahr, die wir zur Stärkung der Kinderbetreuung drauflegen.

(Franz Maget (SPD): Das ist alles interessant für eine Regierungserklärung!)

Ich möchte nicht nur bei diesem Thema, aber doch an dieser Stelle den Sozialpolitikern in der CSU-Fraktion und auch in der Fraktion unseres Koalitionspartners, liebe Frau Meyer, ganz herzlich für die Zusammenarbeit in allen Bereichen der Sozialpolitik danken. Lieber Joachim Unterländer, jemand wie du mit deiner großen Erfahrung und Akzeptanz, nicht nur in der Fraktion, sondern auch bei den vielen Akteuren außerhalb, mit denen wir zu tun haben, ist für mich ein wichtiger Begleiter in all diesen Feldern. Danke dafür!

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Wir schaffen die Grundlagen gelingender Integration von Anfang an: mit einer um ein Drittel höheren finanziellen Förderung für jedes Kind mit Migrationshintergrund in Kindertageseinrichtungen, mit verpflichtenden Sprachstandsbeobachtungen, mit dem Sprachberaterprogramm und mit "Vorkurse Deutsch 240".

Ab Eintritt in die Grundschule gilt in Bayern: Familienministerium und Kultusministerium treffen sich vor Ort und beim Kind, zum Beispiel mit unseren Programmen der Hausaufgabenhilfe oder der Jugendsozialarbeit an Schulen. Gemeinsam mit den Kommunen wollen wir das jetzt schon bundesweit beste Netz an Jugendsozialarbeit an Schulen noch verstärken. Unser Ziel sind 1.000 geförderte JaS-Stellen in Bayern.

Die Absicherung des Ganztagsangebots für Schulkinder ist mir ein zentrales Anliegen. Eine gut funktionierende, bedarfsgerechte Ganztagesstruktur brauchen Familien nicht nur im Kindergarten, sondern erst recht für ihre Schulkinder. Ich ergänze den Ausbau der Ganztagsschulen mit dem Ausbau des Horts mit sei

nem eigenständigen Bildungsauftrag und seinem hochwertigen und flexiblen erzieherischen Angebot.

Im Interesse der Schüler und Eltern müssen sich Horte und Schulen noch besser verschränken lernen. Dazu bringt die aktuelle Überarbeitung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes wichtige Weichenstellungen.

Kein Land investiert so viel in den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren wie Bayern. Bei unserem hohen Tempo werden wir bis Ende 2013 den Kommunen insgesamt eine Milliarde Euro allein für den Bau neuer Krippenplätze zur Verfügung gestellt haben. Damit konnten die zuständigen Kommunen die Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren von 7 % im Jahr 2006 auf etwa 28 % und damit 90.000 Betreuungsplätze im Oktober 2011 vervierfachen. Ende 2013 werden im Landesschnitt für 36 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung stehen.

Das Betreuungsgeld kommt als Bundesleistung ab 2013 dazu. Es erleichtert die individuelle familiennahe Betreuung, die vielen Eltern von Ein- und Zweijährigen in dieser sensiblen Bindungsphase ihrer Kinder wichtig ist.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet nicht nur, Betreuungsangebote für Kinder zu schaffen. Die Lösung ist nicht die betriebsgängige Familie, sondern der familiengerechte Betrieb. Ich halte es für eine deprimierende Gedankenlosigkeit, wenn Arbeitgeberverbände auf Bundesebene immer wieder gegen das Elterngeld agitieren.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP - Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

- Ich rede hier nicht vom Betreuungsgeld; ich rede vom Elterngeld. - Wer eine ohnehin nur noch ein Jahr lang finanziell abgesicherte Auszeit fürs Kind als zu lang bezeichnet oder das Elterngeld sogar als "Fehlanreiz" bewertet, ignoriert in grober Weise nicht nur die Belange von Kindern, sondern reduziert junge Väter und Mütter auf rein betriebliche Produktionsfaktoren.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Familien haben ihr eigenes Hoheitsgebiet und dürfen nicht zu bloßen Resteverwertern der Arbeitswelt degradiert werden. Wer so tut, als sei der Fachkräftemangel allein mit Arbeitskraft der jungen Eltern zu lösen, setzt völlig falsche Prioritäten und ignoriert viel dringendere Handlungsbedarfe. Das Problem ist doch nicht die Elternzeit, sondern wie es danach weitergeht. Tatsache ist: Wer auch nur für eine gewisse Zeit

in Teilzeit arbeitet, wird meist nicht mehr in derselben Wertigkeit oder Verantwortungsebene eingesetzt. Weiterbildung wird bei Teilzeitbeschäftigten für genauso entbehrlich gehalten wie Personalentwicklung in Richtung Aufstieg.

Der unterwertige Einsatz von in Teilzeit arbeitenden Müttern ist die größte Ressourcenverschwendung des deutschen Arbeitsmarkts.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben zwar die Frauenerwerbsquote der Franzosen erreicht, in Bayern sogar überschritten - das wissen die wenigsten -, aber zwischen den erworbenen Qualifikationen und Bildungsabschlüssen der Frauen und ihrer tatsächlichen Beschäftigung klafft eine Lücke. Was nützt es uns, wenn Frauen hierzulande seit Jahren zwar Bildungsgewinnerinnen sind, ihre Kompetenzen aber nicht abgeholt werden und sie am Ende Karriereverliererinnen bleiben?

(Simone Tolle (GRÜNE): Wer hatte seitdem die Verantwortung?)

Über die Hälfte der regulär teilzeitbeschäftigten Frauen - fast 70 % - würde aktuell die vereinbarte Arbeitszeit gerne deutlich erhöhen, bekommt aber dazu nicht die Chance. Institute schätzen, dass man allein hierdurch ein zusätzliches Beschäftigungspotenzial deutschlandweit von bis zu 1,5 Millionen Vollzeitstellen gewinnen könnte.

Neben der unterwertigen Beschäftigung trägt auch die starke Segregation der Berufe in Deutschland dazu bei, dass der Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern rund 23 % beträgt. Wo Frauenberufe, beispielsweise die sozialen Berufe, deutlich geringer entlohnt werden als gleichwertige Männerberufe, steht einer modernen Arbeitswelt ganz offenbar noch das Rollenbild des die Familie ernährenden Mannes und der lediglich hinzuverdienenden Partnerin im Weg.

Was die Teilhabe von Frauen in Führungspositionen angeht: Wir brauchen Zielvereinbarungen für die Frauenförderung, und zwar auf allen Ebenen des Unternehmens und nicht nur in den Eliteetagen.

(Beifall bei der CSU)

Familienfreundlich sind Betriebe, die eine Kultur pflegen, in der Väter gerne in Teilzeit arbeiten. Die Familienverantwortung darf nicht als Schleppanker, sondern sollte als Düsenantrieb im beruflichen Werdegang wirken. Gelebte Familienverantwortung bringt nämlich ganzheitliche Managementqualitäten. Deshalb sind Eltern geborene Führungskräfte. Kein anderes Land sperrt sich gegen diese Erkenntnis so hartnäckig wie

Deutschland. Das halte ich für den größten Hemmschuh im Wettbewerb um die besten Chancen der Zukunft.

Hier muss noch viel passieren. Deshalb starte ich Mitte 2012 mit einem Konzept zur Begleitung modularer Lebensentwürfe, in das wir laufende Maßnahmen integrieren und mit dem wir auch Neues erproben. Wir werden Unternehmen die Möglichkeit bieten, sich in lebensphasenorientiertem Personalmanagement beraten zu lassen, und auch gemeinsam der Frage nachgehen, ob Maßnahmen, die einen Rechtsanspruch auf Aufstockung nach familienbedingter Teilzeitbeschäftigung vorsehen oder die Verpflichtung für die Unternehmen, sich Zielvereinbarungen nicht nur zur Frauenförderung, sondern auch zur vermehrten Teilzeitbeschäftigung von Vätern zu setzen, sinnvoll sein könnten.

Ob Mann oder Frau, ob jung oder alt: Bei uns haben Menschen mit Migrationshintergrund sehr gute Chancen, bundesweit sogar die besten. Auch wenn wir nun die Voraussetzungen für eine schnelle und transparente Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse schaffen werden: Prioritär muss uns beschäftigen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl junger Menschen mit Migrationshintergrund, die hier geboren, hier aufgewachsen, hier in die Schule gegangen und hier ausgebildet worden sind, Deutschland wieder den Rücken kehren und als Grund dafür angeben, sie hätten wegen ihres Namens hier nur zweitklassige Einstellungs- oder Aufstiegschancen. Das sollte gerade den Arbeitgeberverbänden, die ständig nach Zuwanderung rufen, zu denken geben.

(Beifall bei der CSU)

Denn wer den hier aufgewachsenen und bestens integrierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit Migrationshintergrund nur zweitklassige Chancen gibt, wird mit mehr Zuwanderung kein einziges Problem lösen.

(Beifall bei der CSU)

Um unsere Zukunftschancen tatsächlich nutzen zu können, brauchen wir auf dem Arbeitsmarkt nicht nur die viel beschworene Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte, sondern wir brauchen zuvörderst eine Willkommenskultur für unsere inländischen Potenziale,

(Beifall bei der CSU)

für junge Eltern, für ältere Arbeitnehmer, für Jugendliche mit Startproblemen, für Mitbürger mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderung.

Auch wenn die Zahl der arbeitlosen Menschen mit Behinderung in Bayern kontinuierlich sinkt, wollen wir nicht nachlassen, ihre Teilhabe am Arbeitsleben weiter zu verbessern. Mit dem Bund-Länder-Programm "Initiative Inklusion" und mit unserem neuen Sonderprogramm "Chancen schaffen II" sollen bis Ende 2013 über 1.000 neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Integrationsfirmen oder in Betrieben am ersten Arbeitsmarkt geschaffen werden. Mit dem Preis "JobErfolg" - dem Bayerischen Landtag und seiner Präsidentin Barbara Stamm danke ich für diese gemeinsame Initiative - zeichnen wir gemeinsam mit der bayerischen Behindertenbeauftragten alljährlich Arbeitgeber aus, die Menschen mit Behinderung vorbildlich beschäftigen.

Der Inklusionsgedanke unseres Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention muss auch im Leistungsrecht Niederschlag finden. Die Eingliederungshilfe muss zeitgemäß umgestaltet werden. Teilhabe zu gewährleisten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich zukünftig alle Ebenen, auch der Bund, stellen müssen. Ich werde daher noch im ersten Halbjahr den Vorschlag für ein steuerfinanziertes Bundesleistungsgesetz beim Bund einbringen.

Die Zahl der Senioren ab 65 Jahren wird bis zum Jahr 2030 um rund 35 % auf 3,3 Millionen ansteigen. Das sollten wir aber nicht als Belastung, sondern als Chance sehen. 3,5 Milliarden Stunden mit einem volkswirtschaftlichen Gegenwert von 41,3 Milliarden Euro erbringen die Sechzig- bis Fünfundachtzigjährigen mit ihrem Engagement in der Familie, in den Vereinen, in der Betreuung über Generationen hinweg und in der Pflege. Dieses enorme Engagement bereichert die Gesellschaft ideell und über den Generationenverbund der Familien hinaus.

(Beifall bei der CSU)

Da es für viele junge Menschen keinen gemeinsamen Lebensalltag mehr mit der Großelterngeneration gibt, ist es so wichtig, die bayerischen Mehrgenerationenhäuser zu erhalten. Wir ergänzen, wo nötig, die Bundesförderung, deren Fortsetzung wir erreichen konnten.

Ich will die Selbstbestimmung bis ins hohe Alter fördern. Deswegen brauchen kleine Kommunen unser Konzept "Marktplatz der Generationen". Wir fördern eine breite Angebotspalette an individuellen Wohnund Pflegeformen. Mit den vor zwei Wochen vorgelegten Eckpunkten für eine generalistische Pflegeausbildung kommt der Bund einer von Bayern seit Langem erhobenen Forderung nach. Damit wird neben der Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe auch erreicht, dass das gegenwärtig erhobene

Schulgeld für die Altenpflegeschülerinnen und -schüler hinfällig wird. Neben Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf müssen wir auch die Versorgung der Demenzkranken absichern. Auf Bundesebene ist der Referentenentwurf mit den Leistungsverbesserungen für demenziell erkrankte Menschen ein wichtiger erster Schritt. Die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs muss folgen. Die Stelle des bayerischen Pflegebeauftragten ist ein voller Erfolg. Er sichert Qualität und Transparenz. Mit über tausend Kontakten im Jahr ist er zu einer wichtigen Anlaufstelle geworden.

Wir wissen um das unersetzliche und verdienstvolle Engagement der Hospizbewegung in Bayern, der vielen ehrenamtlich tätigen Hospizhelferinnen und Hospizhelfer, die Schwerstkranken und Sterbenden ein würdevolles und selbstbestimmtes Ende ermöglichen. Dieses und jedes andere bürgerschaftliche Engagement braucht Anerkennung und Ermöglichungsstrukturen. Daher haben wir die Ehrenamtskarte, ein riesiges Engagement von Markus Sackmann, den Ehrenamtsnachweis und Koordinierungszentren geschaffen, mit denen wir das ehrenamtliche Engagement flächendeckend ausbauen wollen.

Die Unterstützung der Selbsthilfe hat in Bayern Tradition, aber relativ wenig bekannt sind noch Sozialgenossenschaften. Mein Ziel ist es, sie konzeptionell zu begleiten und zu fördern, sodass diese Organisationsformen die Kultur der Bürgergesellschaft bedarfsgerecht ergänzen. Bis 2020 sollen diese Organisationsformen in Bayern flächendeckend zur Verfügung stehen.

Kolleginnen und Kollegen, Bayern bietet beste Chancen für alle, die hier leben. Weil wir der nachfolgenden Generation die Chancen, die wir heute bieten, vererben wollen, ist der Schuldenabbau bis 2030 das richtige Ziel zum richtigen Zeitpunkt. Das sage ich auch ganz bewusst als Sozialministerin. Die Babyboomer sind auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit. Sie bescheren volle Sozialkassen und gute Steuereinnahmen. Wann also sollen wir mit dem Schuldenabbau beginnen, wenn nicht jetzt?

(Beifall bei der CSU)

Es wäre unsozial, das Gebot der Demokratie "Schuldenabbau ab jetzt" zu ignorieren und damit unseren weniger werdenden Kindern und Jugendlichen Schulden statt Chancen zu hinterlassen.