Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine Daueraufgabe. Deswegen brauchen wir jetzt und in dieser Legislaturperiode die Hauptamtlichkeit. Die Argumentation der verschiedenen Vertreter der Regierungskoalition war, das in der nächsten Legislaturperiode zu machen oder wenn das Gesetz ausläuft. Das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz ist zum einen unbefristet, und zum anderen dauert es bis zur nächsten Legislaturperiode zu lange. Beim Büchergeld und beim Atomausstieg haben Sie auch schnell reagiert. Warum ausgerechnet hier nicht?
Der Spagat entsteht einerseits durch die vielen Anforderungen an sie, durch die vielen Anfragen bei der Behindertenbeauftragten und die vielen Initiativen im Landtag und andererseits wegen der wenigen Zeit, die sie dafür zur Verfügung hat. Das ist nachvollziehbar.
Wir werden dem Gesetzentwurf 16/9695 der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zustimmen und auch deren Antrag auf der Drucksache 16/9699. Der Gesetzentwurf der SPD geht weiter als der Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wir wollen das Amt der Behindertenbeauftragten wie das des Datenschutzbeauftragten beim Landtag angesiedelt wissen, weil es eine herausragende Funktion hat. Im Freistaat Bayern gibt es rund 1,2 Millionen schwerbehinderte Menschen. Das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung, also nicht wenige. Hinzu kommen die Familien, der berufliche und der gesellschaftliche Hintergrund sowie das Umfeld.
Der Landtag ist einerseits der Gesetzgeber, weshalb das Amt der Behindertenbeauftragten beim Landtag angesiedelt sein sollte. Andererseits sind viele Beratungen, Informationen und Stellungnahmen der Behindertenbeauftragten im Landtag nötig. Außerdem wollen wir die Unabhängigkeit des Amts, was damit verdeutlicht werden soll.
In den Bundesländern gibt es bezüglich der Hauptamtlichkeit oder der Ansiedlung beim Landtag unterschiedliche Regelungen. Keine ist wie die andere. Sie reichen von der Hauptamtlichkeit und der Ansiedlung beim Parlament bis zur Ehrenamtlichkeit in ganz wenigen Ländern, zu denen leider Bayern gehört.
Artikel 17 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes beinhaltet die Integration. Wegen der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich eine Veränderung in der Wertstellung, sodass der Begriff Inklusion hinzu
kommt. Das muss in den Artikel 17 aufgenommen werden, was eine inhaltliche Änderung und eine Klarstellung bedeutet. Deshalb schlägt die SPD-Fraktion die Neufassung vor.
Im sozialpolitischen Ausschuss hatten wir eine ausführliche Debatte. Alle Fraktionen sind für die Hauptamtlichkeit - die einen jetzt, die anderen später. Leider sagen CSU und FDP: Jetzt nicht. Sie verstecken sich hinter Regularien und verschieben die Änderung auf die nächste Legislaturperiode. Wir sagen, dass die Änderung jetzt nötig ist. Wir machen das mit unserem Gesetzentwurf deutlich; denn die hervorragende Arbeit von Frau Badura muss stärker unterstützt werden. Das geht nur mit der Hauptamtlichkeit und der Ansiedlung des Amtes beim Bayerischen Landtag.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, teile ich mit, dass für den Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/9699 von der CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden ist.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme das Ergebnis der Diskussion vorweg, die im sozialpolitischen Ausschuss des Bayerischen Landtags stattgefunden hat, wie Kollegin Steiger zu Recht dargestellt hat. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es überhaupt keine Notwendigkeit, über einen Antrag zu entscheiden, der in dieser Legislaturperiode keine Bedeutung hat. Was soll das Ganze? - Ich kann das nicht nachvollziehen; denn wir können gar nicht anders, als diese Ehrenamtlichkeit bis zum Ende dieser Legislaturperiode, also für die ausgeschriebene Zeitspanne aufrechtzuerhalten, auch aufgrund der Tatsache - das ist ein entscheidendes rechtliches Argument -, dass die Ausschreibung für dieses Amt des/der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung auf ehrenamtlicher Basis erfolgt ist. Sonst würden falsche Voraussetzungen geschaffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf zunächst auch darauf hinweisen, dass die Funktion der Behindertenbeauftragten natürlich mit der Interessenvertretung der Behindertenpolitik innerhalb der Staatsregierung verbunden ist, mit der Rolle des Ombudsmannes oder der Ombudsfrau in der Verwaltung, gegenüber den Parteien und Verbänden und auch in
nerhalb des Inklusionsprozesses. Natürlich haben wir als Parlament die originären Aufgaben in der Behindertenpolitik wahrzunehmen und die Entscheidungen hierzu zu treffen.
Ich möchte an dieser Stelle seitens meiner Fraktion der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung Irmgard Badura ausdrücklich ein herzliches Dankeschön für ihre wichtige Arbeit sagen.
Ich möchte auch ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein sehr herzliches Dankeschön sagen, die hier wertvolle Arbeit leisten und dies im Übrigen auch immer im Kontext mit den fachlich zuständigen Ressorts tun. Das überwiegend fachlich zuständige Ressort ist nun einmal das Bayerische Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie und Frauen. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch richtig, die Behindertenbeauftragte diesem Ressort zuzuordnen.
Im Bund gibt es unterschiedliche Modelle; darauf wurde bereits hingewiesen. Seit es das Institut des oder der Behindertenbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung auf Landesebene gibt, hat sich ein Modell entwickelt, das auch immer mit den Personen zu tun hatte, die diese Funktion wahrgenommen haben. Ich darf daran erinnern, dass der erste Behindertenbeauftragte, Gerhard Merkl, noch Staatssekretär im Sozialministerium war.
Dann kam Ina Stein, die noch im Hauptamt einen Beruf wahrgenommen hat. Frau Knochner übte auch zusätzlich eine Berufstätigkeit aus. Jetzt haben wir Irmgard Badura. Aus dieser spezifischen Situation heraus war ausdrücklich der Wunsch vorhanden - deswegen hat sich das bei uns auch so entwickelt -, dass die Behindertenbeauftragte ehrenamtlich tätig ist. Sie hat natürlich einen Mitarbeiterstab - ich habe mich bei ihren Mitarbeitern gerade bedankt -, die ihr zuarbeiten und wichtige Arbeit leisten. Ich habe mir vor der Aussprache in der Zweiten Lesung die Mühe gemacht, mich über die Situation im Bund und in den anderen Ländern zu informieren. Im Vergleich stehen wir beileibe nicht schlecht da. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang interessant, dass die neue Landesregierung in Baden-Württemberg, die bekanntermaßen aus den hier im Landtag befindlichen Oppositionsfraktionen besteht, -
Herr Kollege Unterländer, halten Sie es denn nicht für ein bisschen peinlich, wenn Sie sich einerseits bei der Behindertenbeauftragten für ihre Arbeit bedanken und andererseits ihrem Wunsch nach Hauptamtlichkeit nicht entsprechen wollen?
Frau Kollegin Ackermann, Sie wissen ganz genau, dass Frau Badura einerseits natürlich mittelfristig gerne eine Lösung in Richtung Hauptamtlichkeit hätte, dass sie andererseits aber die rechtlichen Verhältnisse in der Situation, in der sie sich befindet, ausdrücklich anerkennt und dass sie ihre Arbeit und ihr langjähriges Engagement für die Behinderten nicht davon abhängig macht und nicht abhängig gemacht hat, dass Hauptamtlichkeit besteht. Das genau unterscheidet sie von der Denke der GRÜNEN, die eindeutig in eine andere Richtung geht.
Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass man sich in Baden-Württemberg für das bayerische Modell entschieden hat, ist genauso bemerkenswert wie die Tatsache, dass beim Bund, in großen Kommunen und in Ländern wie Hessen und Sachsen Ehrenamtlichkeit vorgesehen ist. Wir sind hier beileibe nicht alleine. Die Qualität der Arbeit der Behindertenbeauftragten hängt nicht allein von der Hauptamtlichkeit ab. Wir müssen das auch im Zusammenhang mit der Situation anderer Beauftragter sehen; wir können die Behindertenbeauftragten nicht isoliert betrachten.
Vor diesem Hintergrund werden wir den Anträgen der Oppositionsfraktionen nicht zustimmen. In den Ausschussberatungen haben wir schon darauf hingewie
sen, dass die Diskussion in der neuen Legislaturperiode neu zu bewerten ist. Ich bitte Sie, die Anträge abzulehnen.
Danke schön, Herr Kollege Unterländer. Herr Professor Bauer, haben Sie sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet? - Gut, dann haben Sie das Wort. Bitte schön.
Herr Unterländer, Sie waren bei der Aussprache im Sozialausschuss dabei, in der Frau Badura das Wort ergriffen hat. Habe ich nicht richtig verstanden, dass Frau Badura ganz klar zu erkennen gegeben hat, dass die Zeit, die ihr im Ehrenamt zur Verfügung steht, nicht ausreicht, sondern dass eine hauptamtliche Stelle für die Arbeit, die sie macht, notwendig ist, auch vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention, die wir gemeinsam umsetzen wollen? Sie hat also gesagt, dass ihr die Zeit im Ehrenamt nicht mehr reicht, sondern dass die Aufgabe hauptamtlich ausgeübt werden muss, dass es auch nicht ausreicht, die Struktur erst 2014 zu ändern, sondern dass es unbedingt notwendig ist, die Aufgabe jetzt hauptamtlich wahrzunehmen. Habe ich das falsch verstanden, oder war ich in der falschen Veranstaltung?
Herr Kollege Dr. Bauer, das war eine Zwischenbemerkung in Frageform. Herr Kollege Unterländer, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Wenn Sie mir aufmerksam zugehört haben, was Sie ja immer tun, dann haben Sie feststellen können: Ich habe darauf hingewiesen, dass Frau Badura natürlich eine hauptamtliche Lösung bevorzugt, dass sie sich aber sehr wohl dessen bewusst ist, was im Moment aufgrund der rechtlichen Situation und aufgrund der Ausschreibung möglich ist. Ich habe auch gesagt, dass zum richtigen Zeitpunkt dann entschieden werden muss.
Danke schön, Herr Kollege Unterländer. Als Nächster hat Kollege Günther Felbinger das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Unterländer, es war sehr interessant zu verfolgen, wie Sie um eine
Zustimmung drum herumgeredet haben. Zum einen sehen Sie zum momentanen Zeitpunkt keine Notwendigkeit für ein Hauptamt, zum anderen sagen Sie, das Personal sei immer dem Amt angepasst worden. Sie vergleichen das Amt mit den entsprechenden Ämtern in andern Ländern. Bayern ist neben Hessen und Sachsen das einzige Flächenland, das keine hauptamtliche Beauftragte hat. Dazu muss ich Ihnen sagen: Man muss sich gesellschaftlichen Veränderungen anpassen, und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
Die beiden Gesetzentwürfe, die wir gerade beraten, zielen in die gleiche Richtung, allerdings mit unterschiedlichem Ansatz; das wurde von den Vorrednern bereits dargelegt. Wir haben unsere Zustimmung bereits im Oktober signalisiert. Die Fülle der Aufgaben, welche die Behindertenbeauftragte zu erledigen hat, ist nicht mehr im Ehrenamt zu bewältigen. Wie ich gerade gesagt habe: Wenn sich gesellschaftliche Veränderungen ergeben, muss man darauf auch reagieren. Die Politik kann nicht warten, bis die nächste Legislaturperiode beginnt.
Wir alle haben der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zugestimmt. Deshalb müssen wir uns auch in diesem Punkt bewegen. Wir Oppositionsparteien sind uns in dieser Frage einig. Der Regierungsfraktion stünde es gut an, sich gemeinsam mit uns auf den Weg zu begeben.
Inklusion kostet Geld. Das wissen wir alle. Sie ist nicht zum Nulltarif zu haben. Manchmal haben wir aber den Eindruck, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dass Sie nur schöne Worte sprechen, aber keine Taten folgen lassen. Die Inklusion muss auch finanziert werden. Ein Runder Tisch ist zwar recht und schön, am Ende müssen aber klare Ergebnisse und konkrete Maßnahmen herauskommen. Daran hapert es leider.